Arbeitsrecht im Betrieb 6 - Dr. Ingendahl, Rust und Steinkuhl

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Arbeitsrecht im Betrieb
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Gewerkschaften
& Tarifverträge
Arbeitnehmerüberlassung
& Scheinselbständigkeit
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Koalitionsfreiheit Art 9 Abs. 3 GG
Gewährleistet für jedermann
• das Recht, zur Förderung der Arbeits- und
Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen
zu bilden
• Schutz der Grundrechtsträger
– Gewerkschaften, incl. koalitionsspezifischer
Betätigung, Art. 9 III 1 GG, .
• Werberecht
• Organisation von Streiks
– Arbeitgeberverbände
• Grundrecht auf Streik
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Schutzbereich der Koalition:
• Individuelle Koalitionsfreiheit:
– gründen, beitreten, Mitglied bleiben
– Tätigkeit in gewerkschaftlichen Organen
– Inanspruchnahme Schutz der Tarifverträge
• Kollektive Koalitionsfreiheit:
– Bestands- Garantie
– Koalitionsspezifische Betätigungen, insbes.
• Tarifautonomie: Regelung des Arbeitslebens
vorrangig durch Tarifverträge
• Recht zum Arbeitskampf
• Information und Werbung von Mitgliedern
im Betrieb durch Gewerkschaftsmitglieder
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Deutscher Gewerkschaftsbund DGB
Mitgliedsgewerkschaften:
IG Metall
Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft
IG Bergbau, Chemie, Energie
IG Bauen – Agrar – Umwelt
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft
Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten
Gewerkschaft der Polizei
Daneben bestehen viele Einzelgewerkschaften, z.B.
die Gewerkschaft der Flugsicherung
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Gewerkschaften:
• Zusammenschluss von Arbeitnehmern zur
- Verbesserung der Arbeitsbedingungen
- Durchsetzen höherer Löhne: Streikrecht
• Schließen mit Arbeitgeber & AG-Verbänden
Tarifverträge: Regelung Arbeitsbedingungen
für ihre Laufzeit mit Friedenspflicht
– Mantel-/ oder Rahmentarifverträge
– Entgelttarifverträge
• Streik:
Suspendiert Pflichten Arbeitsvertrag:
– Arbeitspflicht
– Lohnzahlung
• Streikkasse:
Finanziert den Lohnausfall
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Anerkennung einer Gewerkschaft:
•
•
•
•
•
Privatrechtliche Vereinigung
freiwillig zusammengeschlossen
demokratisch organisiert
Bereitschaft zu Tarifverträgen
Unabhängig von
– Gegner sowie
– Staat, Kirche und Parteien
• Anzahl der Mitglieder vermittelt Durchsetzungskraft gegen Arbeitgeber /-verband
• Verfolgt Vereinigungszweck des Art. 9 Abs. 3
GG: Wahrung und Förderung der Arbeits- und
Wirtschaftsbedingungen
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Streik-& Tarifrecht
• Industrielle Entwicklung: Streiks
– sind nötig, um die Unterlegenheit der einzelnen
Arbeitnehmer abzumildern
– dienen der Verbesserung der Arbeits- und
Lebenssituation, dem sozialen Fortschritt
• BAG: Ohne Streikrecht wären
Tarifverhandlungen „kollektives Betteln“
• Unverzichtbarkeit des Streiks gegen Ansichten:
– Gehört in Mottenkiste des Klassenkampfes
– In einer vernetzten Wirtschaft verursachen schon
kleine Streiks Riesenschäden
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Tarifverträge:
• Abschluss:
– Rechtliche Grundlage: Koalitionsfreiheit, Art. 9 II GG,
gewährleistet Bildung von Vereinigungen zur Wahrung
und Förderung der Arbeits- + Wirtschaftsbedingungen.
– Gesetzlicher Rahmen: Tarifvertragsgesetz (TVG)
• Parteien:
– Arbeitgeberseite:
• Arbeitgeber (§ 2 Abs. 1 TVG) o. Vereinigungen AG
• Handwerksinnungen (§ 54 Abs. 3 Nr.1 HwO)
• Innungsverbände (§ 82 Nr. 3 HwO)
– Arbeitnehmerseite:
• Tariffähige Gewerkschaft oder
• Spitzenorganisation = Zusammenschluss von
Gewerkschaften, § 12 TVG
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Tarifverträge: Inhalte
• Schuldrechtlicher Teil TVParteien: - Durchführung
– Friedenspflicht: Verbot Arbeitskampfmaßnahmen
• Normativer Teil = Regelt Arbeitsverhältnis:
• Abschluss-, Inhalts- & Beendigungsnormen
von Arbeitsverhältnissen, z.B: Arbeitsentgelte,
Kündigungsverbote + –fristen:
– Gelten unmittelbar & zwingend, §§ 3 I, 4 I TVG
– Abweichende Abmachungen nur, wenn durch
Tarifvertrag gestattet o. zugunsten AN, § 3 III TVG
• Arbeitsbedingungen: Angelegenheiten über
individuelle Arbeitsverträge hinaus, z. B.
– Einführung Kurzarbeit
– Wöchentliche Arbeitszeit, Pausen, Überstunden
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Arbeitskampfrecht: Streik
• Instrument der Tarifautonomie: Streikziel
– in Tarifvertrag regelbar oder
– Regelung der Folgen einer
• Betriebsstillegung oder –verlagerung
• Ausgliederung oder Privatisierung
– Friedenspflicht bei geltenden Tarifverträgen
• Streikaufruf Gewerkschaft nach Urabstimmung:
– Suspendiert Hauptpflichten aus Arbeitsverhältnis:
• Arbeitspflicht und
• Lohnanspruch ruhen
– Arbeitsniederlegung:
• Gewerkschafts- Mitglieder: Verpflichtet
• Nichtorganisierte: Berechtigt
• Kein Kurzarbeitergeld, §§ 174, 146 SGB III
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Arbeitskampfrecht
• Betriebsrat:
– Friedenspflicht, § 74 BetrVG
– darf seine Sachmittel nicht nutzen
• Gegen- Maßnahmen des Arbeitgebers:
– Aufrechterhaltung der Produktion
• Politik der offenen Tür
–
–
–
–
Maßnahmen gegen Streikende
Bei Fernwirkungen: Lohnverweigerung
Stilllegung: Suspendierung der Arbeitswilligen
Aussperrung: Nur Abwehraussperrung , wenn
Solidarität der Arbeitgeber bedroht ist
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Tarifvertragsgesetz:
• § 1 Tarifvertrag der
• § 2 Tarifvertragsparteien (Koalitionen):
– Gewerkschaften & Spitzenverbände
– Arbeitgeber & Arbeitgebervereinigungen, § 3
– Tarifgebundenheit = Legitimation Normsetzung
Vertragsparteien Mitglieder der Tarifvertragsparteien:
– Arbeitnehmer in Gewerkschaft
– Arbeitgeber in Verband, nicht „Ohne Tarifbindung“
• § 4 Wirkung des Tarifvertrages: Gesetzesgleich
– Unmittelbar: Rechte und Pflichten im Arbeitsvertrag
– Zwingend: Durch Vertrag / Einigung nicht verzichtbar
• § 5 Allgemeinverbindlichkeit
– Erklärung durch Bundesminister Arbeit und Soziales
– Bei Tarifbindung > 50 % & öffentlichem Interesse
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Wann gilt ein Tarifvertrag im
Arbeitsverhältnis?
• Allgemeinverbindlichkeitserklärung
durch Bundesministerium für Arbeit und
Soziales, § 5
• § 4 Abs. 1 TVG: Beide Arbeitsvertragsparteien sind tarifgebundenen:
• Arbeitgeber: Mitglied im Arbeitgeberverband
• Arbeitnehmer: Mitglied der Gewerkschaft
• Nachwirkung, § 4 Abs. 5: Nach Aufhebung TV
bis Neuregelung
• Bezugnahme Arbeitsvertrag:
• Gleichstellung mit Gewerkschaftsmitgliedern
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Bezugnahmeklauseln ArbeitsV
• Arbeitsvertrag verweist auf Tarifverträge
• Vorteile für Arbeitgeber
– tarifgebundenen: Einheitliche Regelungen, unabhängig von Gewerkschaftszugehörigkeit der AN
= mindert den Anreiz zum Gewerkschaftsbeitritt
– nicht tarifgebundene: Erspart betriebliche
Vergütungsordnung
• Arten der Bezugnahme:
– Statisch: Verweist auf den Tarifvertrag, der zum
Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags gilt
– Dynamische: Bezug auf die jeweils gültige
Fassung eines Tarifvertrags, Jeweiligkeitsklausel
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Allgemeinverbindlicherklärung
• Voraussetzungen, § 5 Abs. 1 TVG:
– Antrag einer Tarifpartei,
– Rechtswirksamer Inlandstarifvertrag
– Tarifgebundene Arbeitgeber beschäftigen
mindestens 50 % der Arbeitnehmer (entfällt?)
– Öffentliches Interesse
• Wirkungen, § 5 Abs. 4 TVG:
– Ausweitung der Tarifbindung auf Außenseiter
= Einschränkung der negativen Koalitionsfreiheit
– Gesetzesgleich normativ
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Allgemeinverbindliche
Tarifverträge: 502 von 72.800
• Baugewerbe
– Bauhauptgewerbe: Bundesrahmentarifvertrag
– Sowie Dachdecker, Fliesenleger, Gerüstbauer,
Maler & Lackierer
– Mit Sozialkassen:
Schlechtwetter, Urlaub
• Bäckerhandwerk, Frisörhandwerk
• Hotel- und Gaststättengewerbe NRW
– Sowie Wach- und Sicherheitsgewerbe
• Öffentlicher Dienst:
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TVöD
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Mindestlöhne durch
• Tarifverträge:
– Allgemeinverbindlicherklärung, § 5 TVG
– Erstreckung, §§ 3 ff AEntG
• Rechtsverordnungen gem.
–
–
–
–
§ 7 AEntG
§§ 10 ff AEntG, z.B. im Pflegebereich:
§ 3 a AÜG: Auf Vorschlag Tarifparteien
§ 4 Abs. 3 Mindestarbeitsbedingungengesetz
• Koalitionsvertrag „Große Koalition“: 8,50 €
– Allgemeine gesetzliche Mindestlohnregelung
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Branche
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Mindestlöhne
• Bauhauptgewerbe:
West 11,05 €/Std.
2013
Ost
10,25 €/Std.
• Dachdecker
11,55 €/Std.
• Elektrohandwerk Montage
10,00 €/Std.
• Gerüstbau, seit 1.8.2013
10,00 €/Std.
• Maler- und Lackierer
12,00 / 9,75 €/Std.
• Abfallwirtschaft:
8,68 €/Std.
• Bergbauspezialgesellschaften
• Frisörhandwerk, seit 08/2013
• Gebäudereinigung:
Nur bis 31.12.2013
• Pflegebranche:
8,75 / 7,75 €/Std.
• Wach- & Sicherheitsgewerbe:
7,00 –8,75 €/Std.
• Gastronomie: EntgeltTV av
8,35€/Std.
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Vermeidung Arbeitsverhältnis
• Arbeitnehmerüberlassung: Fremde
Arbeitnehmer befristet ausleihen
• Outsourcen: Übertragung von Arbeitsschritten auf selbständige
– Dienstnehmer,
z.B. Buchhaltung
an Steuerberater
– Werkunternehmer, z.B. Rohbau
an Bauunternehmer
Abgrenzung § 7 Abs. 1 SGB IV
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Arbeitnehmerüberlassung
Arbeitgeber
Verleiher
Arbeitnehmer
Überlassungsvertrag
Eingliederung
Entleiher
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Arbeitnehmerüberlassung:
• Arbeitsvertrag
– Arbeitnehmer und
– Leiharbeitgeber = Verleiher
zwischen
• Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen
– Leiharbeitgeber und
– Entleiher
• Eingliederungsverhältnis
– Vertragsarbeitnehmer und
zwischen
– Entleiher
BAG 18.01.2012 – 7 AZR 723/10
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ArbeitnehmerüberlassungsG
• Verleiher bedarf der Genehmigung des
Landesarbeitsamtes, § 1
– Anderenfalls Arbeitsverhältnis zwischen AN +
Entleiher, § 10 I AÜG:
Folgen für Lohnansprüche und Kündigung
• Entleiher entledigt sich Arbeitnehmerschutz, jedoch:
– Anspruch auf gleiche Arbeitsbedingungen +
Entgelt, § 10 IV:
„equal pay“
• Überlassung nur „vorübergehend“, § 1
Abs. 1 S. 1
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Leiharbeitnehmer Zurechnung Betrieb
• Verleiher, § 14 I AÜG
BAG v. 10.10.2012, 7 ABR 53/11
Betriebsrat: Aktives + passives Wahlrecht , §§ 7 II , 8 BetrVG
Kündigungsschutz: Mehr als 10 Mitarbeiter, § 23 I KSchG
•
•
• Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung,
BAG 24.01.2013 - 2 AZR 140/12; 20.06.2013 – 2 AZR 271/12
• Entleiher:
• Betriebsgröße: Soweit Leiharbeitnehmer einen regelmäßigen Beschäftigungsbedarf (Sockelarbeit) decken
– Zahl Betriebsratsmitglieder, § 9 BetrVG BAG 13.3.2013 - 7
ABR 69/11
– Kleinbetrieb, § 23 I KSchG, BAG 24.01.2013 – 2 AZR 140/12
• hindern betriebsbedingte Kündigung, wenn BAG 15.12. 2011 –
2 AZR 42/10
– nicht nur vorübergehend o. als Personalreserve eingesetzt,
– sondern auf Dauer- Arbeitsplatz mit ständigem, nicht
schwankenden Sockelarbeitsvolumen
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Outsourcen
Arbeitgeber
Arbeitnehmer
Werk- oder
Dienstvertrag
Selbständiger
Unternehmer
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Outsourcing
• Begriff: Ausgliederung von Teilbereiche des
Leistungsprozesses in Werk-/ Dienstverträge
• Abgrenzung:
– Werkvertrag: Unternehmer schuldet Werk = Erfolg
– Dienstvertrag: Dienstleistung
– Arbeitsvertrag: Dienstleistung mit Eingliederung
• Anerkennung, wenn tatsächlich durchgeführt:
– Eingliederung in eigene Arbeitsorganisation:
• Bestimmung Arbeitsbedingungen und - zeit
• Ausübung des Weisungsrechts
– Unternehmerisches Risiko:
• Eigenes Werkzeug und Arbeitsmittel
• Zahlung für Leistung (Aufmaß), nicht für Zeit (Stunden)
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Fremdpersonal in Werk-und
Dienstverträgen
• Maßgeblich nicht Vereinbarung oder Bezeichnung, sondern praktische Durchführung:
– Eingliederung in Arbeitsorganisation:
• Ausübung des Weisungsrechts und Kontrollen
• Bestimmung Arbeitsbedingungen und -zeit
– Unternehmerisches Risiko:
• Eigenes Werkzeug und Arbeitsmittel
• Zahlung für Leistung (Aufmaß), nicht für Zeit (Stunden)
• Gewährleistung
• Arbeitnehmer in Organisation des Bestellers:
– Arbeitnehmerüberlassung, § 10 AÜG
– ohne Genehmigung: Arbeitsvertrag mit Entleiher
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Arbeitskampf gegen Fraport AG
Die Gewerkschaft für Flugsicherung e.V. hat auf dem
Frankfurter Flughafen 200 Mitglieder in der Vorfeldkontrolle, Vorfeldaufsicht und Verkehrszentrale. Februar 2012
führt sie einen Streik mit dem Ziel einer Lohnerhöhung
von bis zu 70 Prozent und die Verbesserung von Arbeitsbedingungen. Für einzelne der Forderungen gilt noch ein
Tarifvertrag.
1. Als der Flugverkehr nahezu zum Erliegen kommt,
beantragt die Fraport AG (11.000 Beschäftigte) beim
Arbeitsgericht Frankfurt eine einstweilige Verfügung auf
Unterlassung. Mit Erfolg?
2. Nach Ende des Streiks erheben die
a) Fraport AG
b) Lufthansa AG
Millionenklagen gegen die Gewerkschaft für
Flugsicherung. Mit Erfolg?
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Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Arbeitskampf Gewerkschaft für Flugsicherung
e.V. gegen die Fraport AG im Februar 2012
1. Einstweilige Verfügung: Untersagung des Streiks.
Verstoß gegen Friedenspflicht, da auch Forderungen
durchgesetzt werden sollten, zu denen noch ein Tarifvertrag galt. Einzelne Forderungen unter Friedenspflicht machen den Streik insgesamt rechtswidrig.
Arbeitsgericht Frankfurt 29.02.2012 - 9 Ga 24/12
2. Schadensersatzklagen gegen Gewerkschaft
abgewiesen:
a) Lufthansa: Nur Drittbetroffene / nicht bestreikt
b) Fraport: Streik hätte ohne die beanstandeten
Forderungen keinen anderen Verlauf genommen
(rechtmäßiges Alternativverhalten)
Hessisches Landesarbeitsgericht 05.12.2013 - Sa 592/13
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• Tarifeinheit(bis 2010): Ein Betrieb =ein Tarifvertrag
– Bei Bindung Arbeitgeber an verschiedene Tarifverträge verdrängt der speziellere Tarifvertrag den
anderen.
– Begründung: Übergeordneten Prinzipien der
Rechtssicherheit und -klarheit + praktikable Lösung.
BAG 14.6.1989 - 4 AZR 200/89 + 5.9.1990 - 4 AZR 59/90
Soll gem. Koalitionsvertrag GROKO Gesetz werden.
• Tarifpluralität:
Betrieb wird von verschiedenen
Tarifverträgen erfasst, die Gewerkschaften für Arbeitsverhältnisse derselben Art geschlossenen haben.
– Arbeitgeber ist an beide Tarifverträge gebunden.
– Für jeden AN gilt nur ein Tarifvertrag: TV, der Inhalt,
Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen
ordnet, ist kraft Mitgliedschaft in der vertragsschließenden Gewerkschaft anzuwenden.
BAG 27.1.2010 - 4 AZR 549/08 + 23.6.2010 - 10 AS 2/10 u. 10 AS 3/1
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Fall: Streikaufruf im Intranet
Die K GmbH betreibt ein Krankenhaus mit 870
Beschäftigten. Nach ihrer Anordnung ist die
Nutzung des Intranets ausschließlich dienstlichen
Zwecken vorbehalten. Mitarbeiter A ist Betriebsratsvorsitzender und Mitglied von ver.di.
Für den 13. April 2011 rief ver.di zu einem Warnstreik bei K auf. Diesen Aufruf leitete A über das
Intranet an alle Arbeitnehmer weiter und rief die
Beschäftigten auf, sich an dem Streik zu beteiligen. Er signierte mit „Für die ver.di Betriebsgruppe“ und fügte seinen Namen an.
K verlangt von A , solche Aufrufe in Zukunft zu
unterlassen. Zurecht?
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Tarifverträge und BGB AT
•
•
•
•
•
Zwischen Gewerkschaft + Arbeitgeber/-verband
Vertrag über Löhne oder Arbeitsbedingungen
durch Einigung, § 145 BGB: Angebot und Annahme
Vertragsbindung, § 1 TVG: Friedenspflicht
Streik:
1. Ist an sich unerlaubte Handlung, § 823 BGB
Verletzt Gewerbebetriebe als absolutes Recht
2. Rechtfertigung durch Streikrecht,
nicht wenn (eine Forderungen in) Friedenspflicht
• Rechtsfolgen:
– Unterlassungsanspruch
– Schadensersatz: Nicht sofern auch bei rechtmäßigem
Verhalten entstanden
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Lösung: Streikaufruf im Intranet
I. Schutz individuelle Koalitionsfreiheit, Art. 9 Abs. 3 GG:
1.
2.
Gilt nur für Gewerkschaften,
nicht für andere Arbeitnehmervereinigungen,
insbes. nicht für Betriebsräte.
II. Betriebsräte:
1.
2.
3.
§ 2 Abs. 2 BetrVG: Wahrnehmung der Interessen
der Arbeitnehmer und des Betriebes.
§ 74 Abs. 2 S. 1 BetrVG: Arbeitskampfrechtliches
Neutralitätsgebot, aber kein Unterlassungsanspruch.
Jedoch Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers
aus § 1004 BGB (Besitzschutz)
BAG 15.10.2013 – 1 ARB 31/12
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Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Kann der Betriebsrat die Beschäftigung
von Leiharbeitnehmern verhindern?
• Verbot der „nicht vorrübergehenden“
Arbeitnehmerüberlassung, § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG
• Verstoß begründet kein Arbeitsverhältnis mit
dem Verleiher. § 10 AÜG gilt nur für die fehlende AÜG –Genehmigung. BAG 10.12. 2013 – 9 AZR 51/13
• Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, §
99 Abs. 2 BetrVG, § 14 Abs. 3 AÜG, wenn
– der LeihAN länger als „vorübergehend“/„ohne
zeitliche Begrenzung“ statt einer Stammkraft
beschäftigt werden soll. BAG 10. 7.2013 – 7 ABR 91/11
• Aufgabenbezogen: Bei objektiv dauerhaft anfallender
Arbeit darf Leiharbeitnehmer nur zu deren aushilfsweiser
Wahrnehmung herangezogen werden.
BAG 08.01.2014 – 3 Ta BV 43/14
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6S
Equal Pay in der Leiharbeit
• Verleiher muss Leiharbeitnehmer die beim
Entleiher übliche Arbeitsbedingungen + entgelt gewähren, § 10 IV 1 AÜG
vorrangig jedoch Tarifvertrag, § 10 IV 2
• Tarifgemeinschaft Christlicher
Gewerkschaften für Zeitarbeit und
Personalserviceagenturen
• War nie tariffähig
BAG 23.05.2012 - 1 AZB 58/11
• Abgeschlossene Tarifverträge wirkungslos
• Übliches Entgelt geschuldet, § 612 Abs. 2 BGB
• Entleiherhaftung „wie selbstschuldnerischer
Bürge“ für Sozialversicherungsbeiträge, § 28 e
II 1 SGB IV
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Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Fall: Arbeits - oder Werkvertrag?
U wurde für das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) seit 2005 aufgrund von 10 „Werkverträgen“
tätig. Im letzten Vertrag vom 23.3./1.4.2009 ist die
„Vorarbeit für die Nachqualifizierung der Denkmalliste für
die kreisfreie Stadt und den Landkreis Fürth“ vereinbart.
Abhängig vom Standort der Ortsakten konnte die Tätigkeit nur in den Dienststellen des BLfD erbracht werden,
einen Schlüssel besaß U nicht. U hat regelmäßig von 7:30
bis 17:00 Uhr gearbeitet, über einen PC mit persönlicher
Benutzerkennung hatte er Zugang zu den Eingabemasken. Der Termin zur Fertigstellung wurde anhand von
Erfahrungswerten kalkuliert und auf den 30.11.2009 festgelegt. Die Vergütung von 31.200 € incl. Umsatzsteuer
durfte U nach Abschluss der Bearbeitung bestimmter
Gebiete in Beträgen von 5.200 € abrechnen.
U macht geltend, er stünde in einem Arbeitsverhältnis.
BAG 25.09.2013 – 10 AZR 282/12; 17.04.2013 - 10 AZR 272/12
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Lösung: Arbeits- oder Dienst-/Werkvertrag?
Kriterien für Arbeitsverhältnis:
• Grad der persönlichen Abhängigkeit
• Weisungsrecht: Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort
der Tätigkeit, § 106 GewO
• Äußeres Erscheinungsbild: Typischer Einsatzbereich von
Arbeitnehmern
• Eingliederung: Ausübung der Weisungsrechte und
Kontrollen durch Einsatzbetrieb
• Leistung persönlich zu erbringen
• Material / Werkzeug des Einsatzbetriebes
• Werk- bzw. Dienstleistungen nicht bestimmbar
• (Abschlags-) Zahlungen: Von Leistungserfolg
unabhängige bzw. auf Stundenbasis
• Gewährleistung vertraglich ausgeschlossen
• Lösung: Wertende Gesamtbetrachtung: Arbeitsverhältnis
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6S
Fall: Diebels - Empfangsdienst
Frau Freundlich arbeitet für die Wachdienst
Niederrhein GmbH, Moers. Sie wird als einzige
Mitarbeiterin bei der Firma Diebels, Issum im
Empfangsdienst eingesetzt. Dort wurde sie von
Mitarbeitern der Wachdienst Rheinland GmbH
in ihre Aufgaben eingewiesen, auf die Diebels
auch den Pförtner, die Poststelle und die
Kantine outgesourct hat. Teilweise arbeitet sie
nach Vorgaben der kaufmännischen
Mitarbeiter der Brauerei.
Als Diebels den Empfangsdienst wieder selbst
übernimmt, kündigt Wachdienst Niederrhein
ordentlich.
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Lösung: Diebels - Empfangsdienst
Frau Freundlich wurde von Ihrem Arbeitsgeber
WD Niederrhein GmbH weder in ihre Beschäftigung eingewiesen, noch kontrolliert. Diese
prägenden Arbeitgeberaufgaben hat der WD
Rheinland GmbH übernommen.
Rechtsfolgen: ANÜberlassung von Frau Freundlich an den WD Niederrhein. Da der WD Niederrhein keine Erlaubnis § 1 AÜG hat, sind sowohl
der Arbeitsvertrag als auch der Überlassungsvertrag zwischen den WD´s unwirksam, § 9 Z. 1.
Der Arbeitsvertrag wird zwischen Frau F und
dem Entleiher WD Niederrhein fingiert, § 10 AÜG.
Dieser Arbeitsvertrag besteht ungekündigt fort!
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