Skript Teil 2 (Upload 08.04.2014) - Dr. Ingendahl, Rust und Steinkuhl

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Arbeitsrecht im Betrieb
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Rechtsbeziehungen
Privater
• Bürgerliches Gesetzbuch BGB
• Handelsgesetzbuch HBG
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Rechtsbeziehungen Privater
• Subjekte: Inhaber von Rechten
– Natürliche Personen
– Personengesellschaften: GbR, OHG, KG
– Juristische Personen: GmbH, Aktiengesellschaft
• Objekte: Gegenstand von Rechten
– Absolute Rechte: Abwehransprüche gegen jedermann
• Körper & Gesundheit, Eigentum , Besitz, Urheberrechte
– Relative Rechte: Ansprüche (nur) gegen Vertragspartner
• Verträge: Begründen Ansprüche
– Vertragsfreiheit: Abschluss- und Gestaltungsfreiheit
– Durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen
– Vertragstypen mit standardisierten Regelungen
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Träger von Rechten, Arbeitgeber
• Natürliche Person
– Rechtsfähigkeit mit Geburt
– eingetragener Kaufmann e.K.
• Juristische Personen
§ 1 BGB
§ 2 HGB
Vertretung durch
– Eingetragener Verein, § 21 BGB Vorstand
– Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH
+ Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)
Geschäftsführer
– Aktiengesellschaft AktienG
Vorstand
– Stiftungen, Genossenschaft
Vorstand
Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Handelsregister
• Gewerkschaften: Rechtsfähigkeit aus Art.9 II GG
Ohne Eintragung in staatliches Register
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Arbeitsrecht im Betrieb
2G
Personengesellschaften
Vertretung durch
• Gesellschaft bürgerlichen Rechts, § 705 BGB
• Gemeinsamer Zweck: beliebig
alle Gesellschafter
• Handelsgesellschaften:
• Offene Handelsgesellschaft OHG § 105 HGB
Gemeinsamer Zweck: Betrieb eines Handelsgewerbes
jeden Gesellschafter allein
• Kommanditgesellschaft
KG
§ 161 HGB
den Komplementär
• Sonderform: GmbH & Co KG
Geschäftsführer der GmbH
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Absolute Rechte:
1. Besitz, § 854 BGB =
Tatsächliche Gewalt über eine Sache
2. Eigentum =
Umfassendes Herrschaftsrecht
§ 929 Übertragung durch Einigung + Übergabe
§ 985 Herausgabeanspruch gegen den Besitzer,
z.B. Arbeitsmittel + Geschäftsunterlagen
nach Ende des Arbeitsverhältnisses
§ 1004 Unterlassungsanspruch gegen Störer
• Streikaufruf durch Betriebsrat über Intranet
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Immaterielle absolute Rechte:
• Patent PatentG
ArbeitnehmererfindungsG
– Neu & Erfindungshöhe: Beträchtlicher Fortschritt
– Nutzungsrecht durch Lizenzvertrag
• Gebrauchsmuster GebrauchsmusterG
– Geringere Anforderungen an Fortschritt
• Marke: MarkenG Wort- oder Bildmarke
Alle: Eintragung beim Deutschen Patentamt
• Urheberrechte:
Jedes Werk der Kunst
– Bücher, Film, Fotografie, Musik, Baukunst, Tanz usw.
– Grds. auch im „world wide web“
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Relative Rechte: Ansprüche
A
§ 433 BGB
Verkäufer
B
Käufer
Kaufpreis
Gegenstand
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Vertragstypen des BGB
§ 433 Kaufvertrag
§ 491 Darlehen
Gegenstand gegen Kaufpreis
Rückgabe vertretbarer Sachen
Arbeitgeberdarlehen
§ 516 Schenkung
Verfügung unentgeltlich
§ 535 Miete, Pacht, Leihe Rückgabe derselben Sache
§ 576 Werkmietwohnungen
§ 611 Dienstvertrag Dienste gegen Vergütung
Grundform des Arbeitsvertrages
§ 631
§ 662
§ 765
§ 779
Werkvertrag
Werk= Erfolg gegen Werklohn
Auftrag, Geschäftsbesorgung
Bürgschaft
Einstehen für fremde Schuld
Vergleich
Ungewissheit +
gegenseitiges Entgegenkommen
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Vertragsschluss durch zwei
übereinstimmende Willenserklärungen :
§ 145 Angebot muss unter Anwesenden
sofort angenommen werden
§ 147 Annahme: Akzeptieren ohne Änderung
Auslegung:
1. Willenserklärungen, § 133: Nach Empfängerhorizont
2. Verträge, § 157 :
- Wortlaut nach Treu und Glauben
- mit Rücksicht auf die Verkehrssitte
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Willenserklärungen Wirksamkeit
§ 104 Geschäftsfähigkeit
- ab 18 Jahre
- außer dauernder Geschäftsunfähigkeit
§ 106 Beschränkte Geschäftsfähigkeit 7–17 Jahre
Vertragsschluss wirksam nur mit
§ 107 Einwilligung
oder
§ 108 Genehmigung der gesetzlichen Vertreter
§ 113 Ermächtigung zu Arbeitsverhältnissen:
Für Rechtsgeschäfte zur Eingehung /Aufhebung
unbeschränkt geschäftsfähig
Anwendung auf Berufsausbildungsverhältnisse streitig
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Willenserklärungen: Grundsatz
Formfreiheit – Ausnahmen:
§ 126 Schriftform Urkunde mit Namensunterschrift
für § 623 Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch
a) Kündigung b)Aufhebungsvertrag
§ 1 Abs. 2 TVG
Tarifvertrag
§ 77 Abs. 2 BetrVG Betriebsvereinbarung
§ 127 Vereinbarte Form, in Arbeitsvertrag:
a) Schriftform für Änderung
b) Doppelte Schriftform: Auch für Verzicht
auf Schriftformerfordernis
§ 128 Notariell: Grundstücksgeschäfte, GmbH - Anteile
§125 Folge bei Formmangel: Nichtigkeit
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Kündigungserklärung, schriftlich:
• Auslegung, § 133 BGB:
– Nicht notwendig Wort „Kündigung“, jedoch
– Wille zur Beendigung des Vertrages erkennbar
• Wirksamwerden mit Zugang, § 130 BGB:
– Unter Abwesenden: Empfänger hat normalerweise
die Möglichkeit zur Kenntnisnahme:
• Einwurf in Briefkasten: Vormittags bis 12:00 Uhr
• Übliche Zeit der Postzustellung
BAG 22.3.2012– 2 AZR 224/11
– Nachweis:
• Deutsche Post:
• Bote
= Zeuge
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Einschreiben / mit Rückschein
Einwurf in Briefkasten oder
persönliche Übergabe
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Verträge: Unwirksamkeitsgründe
§ 134 Gesetzliches Verbot:
- Beider-(nicht ein-) seitige Verbotsgesetze:
BGH 2013: Handwerkervertrag bei Verstoß SchwarzarbeiterG:
Vorsätzlicher Verstoß Unternehmer, den Besteller kennt
und bewusst zu eigenem Vorteil ausnutzt
- Nicht ?: Arbeitsvertrag bei Schwarzgeldabrede
§ 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft: Wucher
- Auffälliges Missverhältnis Leistung + Gegenleistung
-- grds. doppelter Marktpreis, z.B. Zinsen 12% statt 6 %
-- Lohn: weniger als 2/3 des tariflichen / üblichen Entgeltes
- Zwangslage, Unerfahrenheit, Mangel an Urteilsvermögen
oder erhebliche Willensschwäche
- Ausbeutung der Schwächung, Indiz: Missverhältnis
BAG 22.04.2009 - 5 AZR436/08
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Anfechtung Willenserklärungen wegen
§119 BGB Irrtums über
Abs. 1
Abs. 2
§ 121
Abgabe der Erklärung oder
den Inhalt der Erklärung
Eine verkehrswesentliche Eigenschaft,
- Schwerbehinderung: nein
- Approbation des angestellten Arztes: ja
Anfechtungsfrist: unverzüglich =
» Ohne schuldhaftes Zögern“
§123 BGB Täuschung falsche Angaben in Bewerbung
§ 124
§ 142
oder Drohung mit empfindlichen Übel
Anfechtungsfrist: 1 Jahr
Wirkung: Unwirksam von Anfang an
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(Stell-) Vertretung, §§ 164 ff BGB
§ 164 Abgabe einer
Prüfungsschema:
eigenen Willenserklärungen
für einen anderen
mit Vertretungsmacht
Wirkung unmittelbar für den Vertretenen
§ 174 Kündigung (einseitiges Rechtsgeschäft)
durch Vertreter: Unwirksam, wenn
- Erklärender keine Vollmacht vorgelegt
- Empfänger „unverzüglich“ zurückweist
(§ 121 „unverzüglich“ = ohne schuldhaftes
Zögern BAG: Binnen 1 Woche)
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Vollmacht
• Rechtsgeschäftlich:
– formfrei, zu Beweiszwecken: schriftlich
– Duldungs- und Anscheinsvollmacht
• Gesetzliche:
–
–
–
–
Geschäftsführer für GmbH, § 35 GmbHG
Vorstand für Verein und Aktiengesellschaft
Komplementär für KG, §§ 125, 164 HGB
Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes
• Gesetzlich normiert:
– Prokura, § 49 HGB – Anmeldung Handelsregister
– Handlungsvollmacht, § 54 HGB
– Ladenangestellter, § 56 HGB
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Treu und Glauben, § 242 BGB
• Neben vertragliche Hauptpflichten bestehen
– Mitwirkungs-, Schutz- + Aufklärungspflichten
• Unzulässige Rechtsausübung: Außerhalb KSchG:
Kleiner Kündigungsschutz
–
–
–
–
–
Versprechen oder widersprüchliches Verhalten
Kündigung offensichtlich willkürlich
zur Unzeit
in ehrverletzender Form oder
Diskriminierend, insbes. Verstoß gegen AGG
• Verwirkung:
– Zeitmoment: erheblicher Zeitablauf,
grds. nicht bei kurzer Verjährung
– Umstandsmoment = Vertrauenstatbestand aus Verhalten
als Grundlage für Vertrauensbildung
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Leistungsstörungen: Verzug
Leistungsverzug:
z.B. AG mit Lohnzahlung
§ 286 Abs. 1 Fällige Forderung und Mahnung
oder
Abs. 2 Fälligkeit kalendermäßig bestimmt
Folge: Schadensersatz + § 288 Zinsen
Annahmeverzug:
des Arbeitgebers
§ 294 Grundsätzlich: Arbeitnehmer muss seine Arbeit
so wie geschuldet tatsächlich anbieten
§ 242 Ein Angebot ist entbehrlich, wenn Arbeitgeber
sich auf das fehlende Angebot nicht berufen
kann, z.B. nach außerordentlichen Kündigung
Folge § 615 BGB: Verzugslohn ohne Arbeit
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Annahmeverzug des AG:
§ 294 BGB Tatbestands- Voraussetzungen:
- AN - Angebot der Arbeitsleistung:
- Wie geschuldet: Am rechten Ort + Zeit
- Entbehrlich, wenn AG bereits abgelehnt hat,
insbes. a.o. Kündigung, Freistellung
- Leistungswille und –fähigkeit des AN
- Nichtannahme durch AG
§ 615 BGB + Betriebsrisiko:
– keine Nachleistungspflicht
– Anrechnung
• ersparte Aufwendungen
• anderweitiger Verdienst, ggf. böswillig unterlassen
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Einreden:
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Berücksichtigung nur, wenn
vom Schuldner erhoben:
• Verjährung,
§§ 194, 199 I, 214
– Jedes relative Recht,
z.B. Lohnanspruch
– Frist: Jahresende + 3 Jahre, aus 2013 am 31.12.2016
• Zurückbehaltungsrecht, § 273 BGB:
– Schuldner hat selbst einen fälligen Anspruch
– gegen den Gläubiger
– aus dem selben rechtlichen Verhältnis
Folge: Schuldner kann eigene Leistung verweigern
Arbeitsverweigerung Arbeitnehmer, § 273 BGB:
- Nur, wenn Lohnrückstand erheblich, und zwar
- sowohl nach Höhe als auch nach Dauer
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Einwendungen:
Untergang von Ansprüchen durch
•
•
•
•
•
§ 362
Erfüllung
§ 387
Aufrechnung
§ 397
Erlass
Insolvenz:
Restschuldbefreiung
Arbeitsrecht: Verfallklausel in
– Tarifvertrag:
Schriftlich in 2 Monaten
– Arbeitsvertrag: BAG mindestens 3 Monate
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Fall: Geschuldete Arbeitszeit
Frau AT ist seit 2006 bei der I GmbH als Angestellte
beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag erhält AT „für
die Erfüllung ihrer Aufgaben“ ein Jahresgehalt von
95.000 € brutto, sowie eine vom Unternehmenserfolg abhängige Tantieme. Mit Schreiben vom
10.11.2010 forderte I dazu auf, täglich mindestens
7,6 Stunden zu arbeiten und eine Wochenarbeitszeit von 38 Stunden einzuhalten. Im Dezember 2010
arbeitet AT insgesamt 19,8 Stunden, vom 1. bis 19.
Januar 2011 insgesamt 5,51 Stunden.
AT meint, das Maß ihrer Arbeitsleistung sei die
geschuldete Arbeitsleistung. Sie erhebt Klage zum
Arbeitsgericht auf Feststellung, dass sie nicht zur
Ableistung von 38 Stunden wöchentlich verpflichtet
ist. Mit Erfolg?
BAG 15.05.2013 – 10 AZR 325/12
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Lösung: Geschuldeten Arbeitszeit bei
Fehlen ausdrücklicher Vereinbarung
Der Arbeitsvertrag enthält keine genaue Bezifferung des Umfangs der Arbeitszeit.
Dann ist anzunehmen, dass die Parteien die
betriebsübliche Arbeitszeit vereinbaren wollen.
Dies entspricht dem Vertragswillen verständiger
und redlicher Vertragspartner. Ein Vollzeitarbeitnehmer muss mangels anderer Anhaltspunkte
davon ausgehen, dass er in gleichem Umfange
wie andere Vollzeitarbeitnehmer zur Arbeit
verpflichtet ist, §§ 133, 157 BGB.
Ergebnis: AT ist verpflichtet, die übliche Arbeitszeit
für Vollzeitarbeitskräfte einzuhalten.
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Fall: Konkludente Vereinbarung
Herr J war bis zum 30.6.2011 für die Firma A als
„Leiter IT“ tätig. Sein Arbeitsvertrag vom 22.12.
1995 enthält folgende Vergütungsvereinbarung:
„J erhält ein Bruttogehalt von 120.000 DM p.a.,
das in 12 monatlichen Teilbeträgen ausgezahlt
wird. Bei erfolgreicher Zusammenarbeit im 1. Jahr
zahlt A zusätzlich eine Tantieme von 10.0000 DM.“
A zahlte jährlich eine Tantieme, in den Jahren
2004 bis 2006 erhielt J jeweils 34.103 €.
J verlangt für die Jahre 2007 bis 2010 Tantiemen in
gleicher Höhe. Zurecht? BAG 17.04.2013 - 10 AZR 251/12
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Lösung: Vereinbarung Tantieme
1. Schriftlicher Arbeitsvertrag: Nur für 1. Jahr
2. Betriebliche Übung:
a) Wiederholte, mindestens 3- malige Zahlung ohne
Freiwilligkeitsvorbehalt
b) Enthält kollektives Element: Bezieht sich auf eine
Vielzahl oder zumindest eine abgrenzbare Gruppe von Arbeitnehmern, ohne dass individuelle
Besonderheiten die vertraglichen Beziehungen
gestalten.
3. Ergebnis: Zurückverweisung zur Auflärung:
a) Individueller Tantiemeanspruch kann durch eine
schlüssige/konkludente Abrede entstanden sein,
b) über deren Höhe der Arbeitgeber nach billigem
Ermessen zu entscheiden hat, § 315 BGB
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Fall: Schwangere Schwangerschaftsvertretung
Frau F schließt mit der S – AG einen auf 2 Jahre befristeten Arbeitsvertrag als Schwangerschaftsvertretung. Einen Monat nach Beschäftigungsbeginn setzt
F die S- AG in Kenntnis, dass sie schwanger ist und in
wenigen Monaten ein Kind gebären wird.
Die S-AG ficht den Arbeitsvertrag wegen arglistiger
Täuschung an. F sei ihre Schwangerschaft bei
Abschluss des Arbeitsvertrages bekannt gewesen.
Sie hätte niemals eine Schwangere als Schwangerschaftsvertretung eingestellt.
Besteht das Arbeitsverhältnis fort?
LAG Köln 11.10.2012 - 6 Sa 641/12
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Lösung: Schwangere Schwangerschaftsvertretung
1. Kündigung: Keine Zustimmung, § 9 I MuSchuG
2. Anfechtung wg. verschwiegener Schwangerschaft
1. Verkehrswesentliche Eigenschaft, § 119 Abs. 2 BGB
2. Täuschung mit Arglist, § 123 BGB:
1.
2.
3.
Verschwiegen:
Frage S-AG: Recht zu lügen?
Offenbarungspflicht?
Auf unzulässige Frage!
Rechtliche Wertung des Grundgesetz und AGG:
Schwangere Frauen würden durch eine Offenbarungspflicht wegen ihres Geschlechtes diskriminiert.
BAG 06.02.2003 - 2 AZR 621/01
Ergebnis: Kein Anfechtungsgrund,
das Arbeitsverhältnis besteht fort.
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Fall: Insich- (Vertrag-)Geschäft
G ist Geschäftsführer der Hochbau GmbH. Anlässlich
der Auslieferung seines neuen Dienstwagens möchte
er seinen bisherigen Dienstwagen für seinen Sohn
erwerben, der demnächst 18 Jahre alt wird und
bereits seinen Führerschein macht. Als er den schriftlichen Kaufvertrag aufsetzt, kommen ihm Bedenken.
Abwandlung:
G ist verwitwet. Die Hochbau GmbH soll mit seinem
Sohn einen Ausbildungsvertrag abschließen.
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Arbeitgeber
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Arbeitnehmer
§ 164
Vollmacht
In fremdem Namen
Vertreter
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2S
Lösung: Insich- (Vertrag-)Geschäft
Ein Vertrag kommt zustande, wenn sich Verkäufer und
Käufer über Gegenstand und Preis einig werden.
Die GmbH wird von ihrem Geschäftsführer vertreten.
Fraglich ist, ob der Geschäftsführer die GmbH auch
bei einem Vertrag mit sich selbst vertreten kann.
§ 181 BGB: Satzung und Eintragung ins Handelsregister
• Abwandlung:
Fraglich ist, ob der Geschäftsführer bei einem
Vertragsschluss gleichzeitig die GmbH und seinen
Sohn vertreten kann.
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2S
Fall: Schadensersatzanspruch Verfall
Frau T war seit dem 1.7.1996 bei ihrem Schwiegervater
B beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war eine 3- monatige
Verfallfrist für „alle beiderseitigen Ansprüche aus dem
Arbeitsverhältnis“ vereinbart.
Ab dem 16.11.09 war T krank. B kündigt, im Kündigungsschutzprozess einigen sich die Parteien auf die
Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.05.2010.
Nun erstattet T Strafanzeige gegen den Vorgesetzten
E wegen Beleidigung und sexueller Belästigung. Am
30.08.2010 erhebt T Klage beim Arbeitsgericht auf
Zahlung eines Schmerzensgeldes von 5.000 €. Die
Klage wird B am 09.09.2010 zugestellt.
Hat die Klage Erfolgsaussichten?
BAG 20.06.2013 – 8 AZR 280/12
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2S
Lösung: Schadensersatzanspruch Verfall
1. B muss für Verschulden seines Mitarbeiters E einstehen, § 278 BGB.
2. Verschärfungen bei Vorsatz:
a) Die Haftung wegen Vorsatz kann dem Schuldner
nicht im Voraus erlassen werden, § 276 III BGB.
b) Die Verjährung wegen Vorsatz kann nicht im
Voraus erleichtert werden, § 202 BGB .
3. Die Auslegung der Vereinbarung der Ausschlussfrist
ergibt, dass sie Ansprüche wegen vorsätzlicher und
grob fahrlässiger Pflichtverletzung nicht erfasst.
4. Ergebnis: Die Vorwürfe müssen aufgeklärt werden:
Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht
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• Unterzeichnung der Kündigung weder
– durch offenkundig Bevollmächtigten des
Arbeitgebers
( insbes.
Geschäftsführer, Leiter Personalabteilung)
– noch Vorlage einer Vollmacht
• Folgen, § 174 BGB:
– Empfänger kann Kündigung binnen einer
Woche zurückweisen.
– Kündigung ist dann unwirksam, keine
Heilung oder Genehmigung
• Neue Kündigung erforderlich,
• die Arbeitsverhältnis erst später beendet
• Solange ist Arbeitgeber in Annahmeverzug
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Kündigung durch Vertreter
Wer muss einer von ihm unterschriebenen Kündigung
eine schriftliche Vollmacht des Vertretenen beifügen?
1. Abteilungsleiter Rechnungswesen GmbH
Ja
2. Filialleiter einer Einzelhandelskette
Ja
3. Kaufmännischer Leiter einer GmbH & Co KG Nein
4. Personalleiter einer GmbH
Nein
5. Prokurist einer AG? , ppa. § 54 HGB
Nein
6. Geschäftsführer einer GmbH? Organ, bei
nein
bei mehreren grds. Gesamtvertretung, dann alle
7. Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen
Rechts?
Grds. alle Gesellschafter
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Fall: Kündigung unter einer Bedingung:
• „Wir kündigen fristgerecht zum 28.02.2014, falls Sie nicht bereit
sind, ab dem 09.12.2013 zu folgenden anderen Bedingungen
weiterzuarbeiten…..“
• Kündigung sind bedingungsfeindlich. Bei Gestaltungsrechten kann Erklärungsempfänger keine Ungewissheit / Schwebezustand zugemutet werden. Eine unzulässige Bedingung
macht die Kündigung unwirksam.
• Unbedenklich sind nur:
– Rechtsbedingungen,
• z.B. "außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung.“
Außerordentliche Kündigung wird unbedingt, die ordentliche Kündigung unter der Bedingung ausgesprochen,
dass die außerordentliche Kündigung unwirksam ist.
– Potestativ- Bedingung: Hängt vom Willen des Erklärungsempfängers ab /versetzen ihn nicht in eine ungewisse Lage
• z.B. Änderungskündigung: Kündigung bei gleichzeitigem
Angebot der Fortsetzung des Vertrages zu veränderten
Bedingungen, die Erklärungsempfänger annehmen kann.
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2S
Fall: Verwirkte Schwerbehinderung
Die G- AG beschäftigt seit dem 29.08.1989 Frau A in
ihrem Betriebsteil in K bei der Herstellung von Gummidichtungen für die Automobilindustrie.
Mit Schreiben vom 29.11.2006 kündigte die G-AG A
zum 30.6.2007, weil sie die Produktion K schließt und
teilweise nach Ungarn verlagert. A erhebt 15.12.2006
Kündigungsschutzklage. Den Gütetermin 23.1.2008
nimmt A selbst wahr. Dann beauftragt sie Rechtsanwalt R, der mit fristgerechtem Schriftsatz vom 2.03.2008
geltend macht, A sei gem. Bescheid des Versorgungsamtes vom 31.9.1988 zu 50 % schwerbehindert. Im
Kammertermin 4.5.2008 macht die G-AG geltend, ihr
sei die Schwerbehinderung erst durch den Schriftsatz
vom 02.03.2008 bekannt geworden.
Hat A mit ihrer Klage Erfolg?
BAG 09.06.2011 – 2 AZR 703/09 und 23.02.2010 – 2 AZR 659/08
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Lösung: Verwirkte Schwerbehinderung
1. Kündigungsschutz Schwerbehinderte, § 85 SGB
IX: Kündigung nur mit Zustimmung der Hauptfürsorgestelle = Landschaftsverband Rheinland
: Lag nicht vor.
2. Berufen auf Schwerbehinderung: Grundsätzlich
unabhängig von Kenntnis des Arbeitgebers.
3. Verwirkung: Kennt der AG bei Ausspruch der
Kündigung die Schwerbehinderung nicht, muss
der Arbeitnehmer ihn binnen 3 Wochen
informieren. Danach kann AN sich auf den
Kündigungsschutz nicht mehr berufen.
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