Arbeitsrecht im Betrieb 7 - Dr. Ingendahl, Rust und Steinkuhl

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Arbeitsrecht im Betrieb
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Betriebsverfassungsrecht
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Betriebsverfassungsrecht =
Kollektives Arbeitsrecht
• Betriebsrat (BR):
–
–
–
–
Einbindung der Arbeitnehmer
in die Führung des Unternehmens durch
Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte
auf der Ebene des Betriebes
• Aufgaben des BR, § 2 Abs. 1 BetrVG:
•
•
•
•
Vertrauensvolle Zusammenarbeit mit AG
Beachtung geltender Tarifverträge
Ziel: Wohl von Arbeitnehmern & Betrieb
Friedenspflicht: Kein Streikrecht
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Arbeitnehmer, § 5 BetrVG
• Alle Arbeitnehmer + Auszubildenden, Abs. 1
• Ausgrenzungen, Abs. 2:
– Organvertreter juristischer Person,
– Personengesellschafter,
– Enge Verwandte,
Nr. 1
Nr. 2
Nr. 5
• Leitende Angestellte, Abs. 3: Grds. nicht
• Berechtigung zu Einstellungen+ Entlassungen
• z.B. Prokura, §§ 48 ff HGB
• Leiharbeitnehmer
BAG 13.03.2013 – 7 ABR 69/11
• Bleiben Angehörige im Verleiherbetrieb, § 14 I AÜG
• Sind im Entleiher-Betrieb nicht wahlberechtigt
• In der Regel Beschäftigte zählen aber bei den
Schwellenwerten des Entleihers gem. § 9 mit
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Betriebsrat: Wahl
• Bestellung des Wahlvorstands, § 1 WO
– durch den Betriebsrat, § 16 BetrVG
– betriebsratlos, § 17 BetrVG: Durch
• Betriebsversammlung: Einladung 3 AN, Abs. 3
• Gesamt- oder Konzernbetriebsrat, Abs. 1
• Arbeitsgericht, Abs. 4
• Wahlgrundsätze: Demokratisch
• § 14: Geheim + unmittelbar
• § 20: Behinderungs- + Beeinflussungsverbot
• § 21: Amtszeit 4 Jahre, 01.03.-31.05.2010 bis 2014
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Betriebsrat: Wahl
• Wählerliste, § 2 WO:
• Aufstellung durch Wahlvorstand mit Mehrheit, Abs. 1
• Am Wahltag Mitarbeiter über 18 Jahre(Voll- o. Teilzeit)
des Betriebsinhabers + innerhalb betrieblichen
Organisation eingesetzt oder zur Arbeitsleistung
überlassen, § 7 BetrVG
• Auskünfte von AG, Abs. 2
• Eintragung konstituiert aktives+ passives Wahlrecht,
Abs. 3
• Auslegung im Betrieb, Abs. 4
• Einspruch binnen 2 Wochen: Nur durch AN, § 4 WO 4
• Entscheidung durch Wahlvorstand unverzüglich
• Anrufung Arbeitsgericht: Beschlussverfahren
• Wahlausschreibung, § 3 WO
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Betriebsverfassung BetrVG:
• Betriebsrat:
• Gewählte Mitglieder - bis Erlöschen, § 24
• Ersatzmitglieder rücken nach , § 25 I für
– endgültig ausgeschiedene Mitglieder, § 24
z.B. durch Beendigung Arbeitsverhältnis
– zeitweilig verhinderte Mitglieder
• Geschäftsführung des Betriebsrates:
– § 26
– § 33
BR wählt Vorsitzenden, bei Verhinderung
vertritt ihn der Stellvertreter, auch bei
Entgegennahme von Erklärungen des AG
Beschlüsse: Grds. einfache Mehrheit
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Tätigkeit des Betriebsrats, § 37
• Ehrenamtlich = Unentgeltlich
• Während der Arbeitszeit:
– Arbeitsbefreiung, soweit
• Betriebsratssitzung oder
• für BR- Aufgaben erforderlich: Beurteilungsspielraum
– Meldepflicht AN: Ab- + Anmeldung von Arbeit:
•
•
•
•
•
Nicht notwendig persönlich, auch mündlich
Grds. ohne Spezifizierung der beabsichtigten Tätigkeit
Mit voraussichtlicher Dauer der Abwesenheit
Nach Beendigung: Rückmeldung
Bedienen Zeiterfassung bei Verlassen des Betriebs
BAG 29.06.2011, 7 ABR 135/09
– Arbeitgeber:
• Kann Dringlichkeit der Arbeit prüfen und
• bei betrieblichen Notwendigkeiten die Unabkömmlichkeit des
Mitarbeiters und eine zeitliche Verschiebung geltend machen
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Betriebsverfassung BetrVG:
• Kosten der BR- Tätigkeit: Trägt AG, § 40
– Räume, Sachmittel, PC mit Internet, Schulungen
– Kinderbetreuungskosten BAG 23.06.2010 – 7 ABR 103/108
• Hinzuziehung durch AN gegenüber AG: Zur
– Erläuterung des Arbeitsentgelts und Erörterung
Leistungsbeurteilungen und Möglichkeiten
beruflicher Entwicklung, § 82 II
– Einsicht in Personalakte, § 83 Abs. 1
– Beschwerderecht: An AG und an BR, § 84 I
• Betriebsversammlung, §§ 42 ff BetrVG:
– Keine Funktion nach außen
– Kein Weisungsrecht gegenüber dem Betriebsrat
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Mitwirkung des Betriebsrates:
• § 74 Zusammenarbeit mit AG, Friedenspflicht
– § 75 Überwachung Diskriminierungsverbot
– § 76 Bildung Einigungsstelle
– § 78 Betriebsratsmitglieder: Verbot zu
stören, benachteiligen, begünstigen
– § 80 Viele allgemeine Aufgaben
• § 79 Verschwiegenheitspflicht BR Mitglieder
• § 81 Unterrichtungs- & Erörterungspflicht AG
• § 82 Anhörungs- & Erörterungsrecht AN
• Hinzuziehung Mitglied des BR
• § 83 Einsicht in Personalakten
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Betriebsvereinbarung, § 77
• Privatrechtlicher Vertrag zwischen AG und BR zu
•
•
•
•
betriebsverfassungsrechtlichen Themen.
Abschluss nach Regeln des BGB AT:
– Vertretung BR durch Vorsitzenden
– Bei Verstoß gg. höherrangiges Recht: Nichtigkeit
– Schriftform, § 125 BGB
– Bekanntgabe: keine Wirksamkeitsvoraussetzung,
AN kann sich aber auf Unkenntnis berufen
Durchführung durch Arbeitgeber, Abs. 1: Pflicht
In Fällen erzwingbare Mitbestimmung:
Durchsetzung durch Einschaltung der Einigungsstelle
Geltung, Abs. 5: - Unbefristet
- Kündigungsfrist 3 Monate
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Betriebsvereinbarungen, § 77
• Tarifverträge: Vorrang + Sperrwirkung, Abs. 3:
– BR hat Regelungsbefugnis wie Tarifparteien
– Ausnahme: Arbeitsentgelt + –bedingungen,
die durch Tarifvertrag geregelt sind oder
üblicherweise geregelt werden
• Verhältnis zum Arbeitsvertrag: Unabdingbar =
Abs. 4: Geltung
– unmittelbar: Werden Inhalt der Arbeitsverträge
– zwingend:
• AN kann nur mit Zustimmung BR verzichten
• Disposition nur durch Betriebsparteien
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Betriebsvereinbarung, Beispiele:
Arbeitszeit, z.B. Gleitzeit, Überstunden
Einheitliche Arbeitskleidung
Arztbesuche während der Arbeitszeit
Rauch- und Alkoholverbote
Reaktionen auf Alkoholverdacht:
– Definition Verdachtsmomente
– Alkoholtest auf Wunsch des Mitarbeiters
• Bei krankhafter Alkoholabhängigkeit:
Mitarbeiter soll sich innerhalb von 6 Monaten
einer Rehabilitationsmaßnahme unterziehen
• Suchterkrankungen
• Tor-, Taschen- und Schrankkontrollen
•
•
•
•
•
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Freiwillige Mitbestimmung, § 88
durch Betriebsvereinbarungen:
• Allzuständigkeit BR für Regelung der
Arbeitsbedingungen
• Gegenstände, als Beispiele:
– Unfallverhütung
– Sozialeinrichtungen
– Vermögensbildung
– Integration & Bekämpfung von Rassismus
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Soziale Mitbestimmung
Kern der Beteiligungsrechte
• § 87 Erzwingbarer Mitbestimmung
– Enumerativen Fälle: Grds. nur kollektive
Tatbestände, jedenfalls Z. 3
– Beschränkung Direktionsrecht des AG: Wirksam
nur mit Zustimmung des BR, grds. auch in Eilfällen
– Initiativrecht des Betriebsrats
• § 88 Freiwillige Mitbestimmung durch
Betriebsvereinbarung
• § 89 Mitwirkung bei der Gestaltung des Arbeits- +
Umweltschutzes
– Incl. Unterstützung der zuständigen Behörden
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Erzwingbare Mitbestimmung, § 87 I
• Ordnung des Betriebs + Verhalten AN,
Nr. 1
• Arbeitszeit: Beginn, Ende + Verteilung,
Nr. 2
– Klassisch: Rauch- und Alkoholverbote
– Kollektiver betriebliche Ordnung mit Betriebsbußen
und Ordnungsstrafen
– Arbeitsnotwendige Maßnahmen mitbestimmungsfrei
– Gleitende o. Vertrauensarbeitszeit, Schichtsystem
• Vorübergehende Verkürzung/ Verlängerung d.
betriebsüblichen Arbeitszeit,
Nr. 3
– Allgemeine Kurzarbeit + Überstunden /-schichten
• Aufstellung Urlaubsgrundsätze und –plan, Nr. 5
• Einführung/Anwendung technischer Einrichtungen, Nr. 6, z.B. Arbeitnehmerüberwachung
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Erzwingbare Mitbestimmung, § 87 I
• Verhütung von Arbeitsunfällen + Berufskrankheiten sowie Gesundheitsschutz, Nr. 7
– Beachtung der UVV
– Gefährdungsbeurteilung, § 5 ArbSchuG
• Sozialeinrichtungen,
Nr. 8:
– Nicht bereits Personalverkauf
– Nur wenn Zweckgebundenes Sondervermögen
• Betriebliche Lohngestaltung,
Nr. 10
• Akkord- und Prämiensätze,
Nr. 11
– Nicht Lohnbestandteile, insoweit Sperrwirkung TV
– Aber über- und außertarifliche Leistungen
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Gestaltung der Arbeit
Humanisierung der Arbeitswelt
• § 90 Unterrichtungs- und Beratungsrechte über
Planungen
– (Um-) Bauten Betriebsstätten
– technische Anlagen
– Arbeitsverfahren und –plätze, insbesondere
Bildschirmarbeitsplätze, neue Technologien +
Qualitäts-Management-Systeme ISO 9000
• § 91 Erzwingbare Mitbestimmung bei gesicherten
arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen,
z.B. Arbeitsstättenrichtlinien, DIN, VDE, VDI
Jedoch: Keine Mitbestimmung bei Umsetzung
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Beteiligung in allgemeinen
personellen Angelegenheiten
• Personalplanung, § 92 Abs. 1: Informationspflicht über
Personal- Bedarfs-, Deckungs-, Entwicklungs- + Einsatzplanung
• Beschäftigungssicherung, § 92 a:
Vorschlagsrecht, Beratung
• Stellenausschreibung, § 93 : Kann BR verlangen, auch bei
Besetzung mit Leiharbeitnehmer
BAG 15.10.2013 – 1 ABR 25/12
• Personalfragebogen, Beurteilungsgrundsätze, § 94:
Zustimmung erforderlich
• Auswahlrichtlinien, § 95: Zustimmung erforderlich
• Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer, § 104:
Initiativrecht
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Personelle Einzelmaßnahme § 99
• Arbeitgeber mit mehr als 20 Arbeitnehmern
• muss vor jeder
–
–
–
–
Einstellung
Ein- und Umgruppierung
Versetzung
Einsatz Leiharbeitnehmer nicht nur vorübergehend
• den Betriebsrat umfassend unterrichten
• Zustimmungsverweigerungsrecht des BR
– nur in enumerativen Fällen, Abs. 2, z.B. Gesetzesverstoß
• Arbeitgeber kann Ersetzung durch Arbeitsgericht
beantragen, Abs. 4
• Geschlossene Verträge ohne Zustimmung wirksam
• Aufhebungsanspruch, § 101
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Vorläufige pers. Maßnahme, § 100
• Personelle Maßnahme i.S.d. § 99
– ist aus schlichen Gründen
– dringend erforderlich
• Verfahren bei Sofortvollzug: Unverzüglich
– unterrichtet Arbeitgeber den Betriebsrat
– teilt Betriebsrat ein Bestreiten dem
Arbeitgeber mit
• Aufrechterhalten bei Bestreiten: Nur wenn
Arbeitgeber innerhalb von 3 Tagen das
Arbeitsgericht anruft
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Anhörung Betriebsrat, § 102
1. Vor jeder Kündigung, auch außerhalb KSchuG in
- Kleinbetrieb bis 10 Mitarbeiter
- Wartezeit 6 Monate
2. Unterrichtung: Anhörung
a) des Betriebsratsvorsitzenden, § 26 II 2
- nur bei Verhinderung: an Stellvertreter
- im Betrieb oder empfangsbereit
b) formfrei, dringend empfohlen: schriftlich
3. Inhalt, ausführlich über:
–
–
–
–
Sozialdaten: Personalien, Familienstand, Kinder
Betriebszugehörigkeit und Kündigungsfrist
Ausgeübte Tätigkeit und Verdienst
Kündigungsgründe, subjektive Determinierung:
• Alle für den Entschluss erheblichen Gründe
• Soziale Rechtfertigung: Abmahnungen, Sozialauswahl usw.
– Art der Kündigung: außerordentlich oder ordentlich
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4. Anhörungsfrist, Abs. 2:
- ordentliche Kündigung : 1 Woche
- außerordentliche K.
: 3 Tage
Verkürzung: nur wenn nach interner Beratung
abschließende Äußerung des Betriebsrates
5. Widerspruch des Betriebsrats:
a) nur in den Fällen des Abs. 3
b) schriftlich
c) Folge bei ordentlicher Kündigung:
– Weiterleitung an Arbeitnehmer
– Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zur
rechtskräftigen Entscheidung Arbeitsgericht
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Beschränkung durch Anhörung
• Art der Kündigung:
– Keine Auslegung der außerordentlichen als
ordentliche Kündigung
• Soziale Rechtfertigung der Kündigung:
– nur durch mitgeteilte Gründe (ausschöpfen)
– Nachschieben:
• Allgemein: Nur wenn bei Kündigung vorlagen,
dem Arbeitgeber aber nicht bekannt waren.
• Betriebsrat- Anhörung muss zu den weiteren
Gründen nachgeholt werden, eine neue
Kündigung ist aber nicht erforderlich
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Fehlerhafte Willensbildung BR
• Anforderungen Beschlussfassung, § 33:
– Sitzung des Betriebsrats
• Weder Videokonferenz noch schriftliche Abstimmung
• Ordnungsgemäße Ladung mit Tagesordnung
– Beschlussfähigkeit: Mehrheit der Betriebsratsmitglieder
– Persönlich anwesend:
• Bei Verhinderung Vertretung durch Ersatzmitglieder
• Vertrauensschutz AG in ordnungsgemäße
Willensbildung:
– Sofern AG von ordnungsgemäßer Beschlussfassung ausgehen kann
– Kein Problem bei Abwarten der Anhörungsfrist
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Kündigungsschutz BRMitglieder
• Ordentliche Kündig. unzulässig, §15 KSchG
Abs. 1: Betriebsrat
Nachwirkung 1 Jahr
Wahlbewerber bis Bekanntgabe Ergeb
Abs. 3: Wahlvorstand Nachwirkung 6 Monate
Abs. 3a: Einlader zu Betriebsversammlung
bis Bekanntgabe Wahlergebnis
• Außerordentliche Kündig. , §103 BetrVG:
– Nur mit Zustimmung des Betriebsrats
• Einholung: Formell wie Anhörung
• Beschränkung auf Gründe in Anhörung
– Ersetzung durch Arbeitsgericht
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Leitende Angestellte:
• Qualifizierende Merkmale, § 5 Abs. 4
– Berechtigung zu Einstellungen +Entlassungen
– z.B. Prokura, §§ 48 ff HGB
• Herausnahme aus Betriebsverfassung und
in Sprecherausschussgesetz:
– Anhörung vor Kündigung nicht § 102 BetrVG ,
– sondern Sprecherausschuss, § 31 SprAG
• Kündigungsschutzgesetz, § 14 II:
– Keine Begründung Auflösungsantrag, § 9
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1.
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Zusätzliche Betriebsräte:
• Gesamtbetriebsrat, §§ 47 ff:
Bei mehreren Betriebsräten
• Konzernbetriebsrat, §§ 54 ff:
Verbundene Unternehmen i. S. d. § 18 AktG
2.
Untergliederungen:
• Jugend- + Auszubildendenvertretung, §§ 60 ff
• Schwerbehindertenvertretung, §§ 93 ff SGB IX
• Wirtschaftsausschuss, §§ 106 ff:
– Bestellung + Zusammensetzung durch Betriebsrat
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Gewerkschaften im Betrieb:
• Duales System:
– Gewerkschaften
– Betriebsverfassungsorganen, insbes. Betriebsrat
• Im Betrieb vertretenen Gewerkschaft:
– Initiativrechte:
Bildung von Betriebsräten, §§ 14 Abs. 3, 17 a
Bestellung Wahlvorstand, mit Gewerkschaftsfunktionär
Verstöße durch Betriebsverfassungsorgane, § 23 I
Erzwingung Betriebsversammlung, § 42 Abs. 4
– Vertrauensleute: Interessenvertreter und Sprecher der
Gewerkschaftsmitglieder, beraten den Betriebsrat
– Zutrittsrecht zum Betrieb, § 2 Abs. 2, z.B. Werbezwecke
•
•
•
•
• Rechtsvertretung durch Gewerkschaftssekretäre:
– Geltendmachung Ansprüche von Mitgliedern
– & Vertretung vor dem Arbeitsgericht
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„Betriebs“- Begriff:
• Unabhängig von Unternehmen als Rechtsträger
• Arbeitsrechtlich (allgemein):
– In einer Betriebsstätte (räumliche Nähe)
werden
– materielle & immaterielle Betriebsmittel und
– Mitarbeiter
– für arbeitstechnische Zwecke
– zusammengefasst, geordnet eingesetzt und
– von einem einheitlichen Leitungsapparat
gesteuert: Einheitliche Entscheidung in
personellen und sozialen Angelegenheiten
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Betriebs- Begriff:
• Bedeutung für:
– Kündigungsschutzgesetz:
• Mitarbeiteranzahl
• Sozialauswahl: Einzubeziehende Mitarbeiter
– BetrVG: Je Betrieb ein Betriebsrat
• Einrichtung Betriebsrat, Voraussetzungen:
– Betrieb
– Mindestens 5 Arbeitnehmer
– Von denen drei wählbar sind
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Fall: Ein Betriebsrat für alle
Die Wohlfahrtspflege Oberbayern gGmbH betreibt
Seniorenzentren, Kindergärten sowie pädagogische
und psychiatrische Einrichtungen mit 2.200 Mitarbeitern in 90 Einrichtungen. Die Hauptverwaltung
mit einer zentralen Personalrechtsabteilung ist in
München. Mit Wahlausschreibung vom 27.03.2006
rief der Wahlvorstand zur Wahl eines gemeinsamen
Betriebsrates für die Hauptverwaltung und 20 Einrichtungen mit jeweils mindestens 5 Arbeitnehmern
auf. Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses
beantragt der Arbeitgeber, die Wahl für unwirksam
zu erklären, § 18 Abs. 2 BetrVG.
Wie wird das Arbeitsgericht entscheiden?
BAG, Beschluss 09.12.2009 – 7 ABR 38/08
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Lösung: Ein Betriebsrat für alle
Betriebsratsfähige Organisationseinheiten i.S.d. § 18 Abs. 2
BetrVG sind:
1. Betriebe gem. § 1 Abs. 1: In einer Betriebsstätte verfolgen
Arbeitnehmern von einem Leitungs-apparat gesteuert mit
Betriebsmitteln fortgesetzt arbeitstechnische Zwecke.
2. Selbständige Betriebsteile, § 4 Abs. 1 S. 1: Auf den Zweck des
Hauptbetriebes ausgerichtete und dessen Organisation
eingegliederte Einheit mit einer den Einsatz der Arbeitnehmer
bestimmenden Leitung: Abgrenzbar und ein Mindestmaß
organisatorischer Selbständigkeit, insbesondere eine den
Einsatz der Arbeitnehmer steuernden Leitung (Ausübung
Weisungsrecht).
3. Auslegung: Hauptverwaltung und Einrichtungen sind jeweils
selbständige Betriebe i.S. des § 1 Abs.. 1 BetrVG.
Ergebnis: In jeder Einrichtung hätte ein Betriebsrat gewählt
werden müssen.
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7S
Erzwingbare Mitbestimmung
• Beispiele zu § 87 BetrVG:
– Kollektiver betriebliche Ordnung mit Betriebsbußen und
Ordnungsstrafen, Nr. 1:
Bußordnung & Verhängung
– Abmahnung:
• Bloße Warnung: Keine Mitbestimmung
• Jedoch wenn Sanktion beabsichtigt
– Bereitschaftsdienst + Rufbereitschaft: Nr. 2
• Ausgestaltung, nicht Einführung
– Kurzarbeit oder Überstunden:
Nr. 3
• Rechtsfolgen:
– Zustimmung beseitigt nur die kollektivrechtliche Schranke,
Wirksamkeit nach Arbeitsvertrag erforderlich!
– Verweigerung macht Anordnung auch gegenüber
dem Arbeitnehmer unwirksam
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7S
Fall: Betriebsvereinbarung
Frau M war bis Mitte 2009 in einer Brotfabrik beschäftigt, die in 2008 von GL 1 auf GL 2 übergegangen ist.
Bei GL 1 bestand eine Betriebsvereinbarung über die
Gewährung von Bonuszahlungen. Danach entscheidet die Geschäftsleitung zu Anfang jeden Jahres, ob
sie den AN als freiwillige Leistung einen Bonus zahlt.
Am 28.01.2009 beschließt der Vorstand GL 2, für 2008
keinen Bonus auszuschütten.
Frau M klagt gegen GL 2 auf Zahlung eines angemessenen Bonus. Hilfsweise will sie Schadensersatz, da GL
2 die Entscheidung für 2008 bereits Anfang 2008 hätte
treffen und bekanntmachen müssen.
Hat die Klage Erfolgsaussichten?
BAG vom 13.12.2011 1 AZR 432/10
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7S
Lösung: Betriebsvereinbarung
1. Anspruch auf Bonus:
1. Die Betriebsvereinbarung ist auf GL 2 übergegangen, §
613 a BGB.
2. Sie gibt aber keinen Anspruch auf Bonus, sondern lässt
dem Arbeitgeber die freie, ungebundene Entscheidung. GL 2 hat wirksam entschieden, keinen Bonus für
2008 zu zahlen. Ergebnis: Kein Anspruch auf Bonus.
2. Anspruch auf Schadensersatz:
1. GL 2/1 hätte Anfang 2008 entscheiden müssen. Er hat
diese Verpflichtung verletzt, § 280 I BGB.
2. GL 2/1 hat die Pflichtverletzung zu vertreten, § 276 I BGB.
3. Frau M hat durch die Verzögerung aber keinen Schaden
in ihrem Vermögen erlitten, insbes. keinen Anspruch auf
Bonus.
Ergebnis: M hat keinen Anspruch auf Schadensersatz
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7S
Fall: Leiharbeitnehmer bei Amazon
Amazon Bad Hersfeld beschäftig 65 Leiharbeitnehmer ab dem 1.3.2013. Die Beschäftigung im Hinblick auf das Ostergeschäft ist bis
zum 31.03. befristet. Dann sollen die Hälfte der
Leiharbeitnehmer in ein festes Beschäftigungsverhältnis übernommen werden. Der Betriebsrat erfährt davon und widerspricht der
a) Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
b) Ihrer Übernahme in ein festes
Arbeitsverhältnis.
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Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Leiharbeitnehmer bei Amazon
1.
2.
3.
4.
5.
AG hat BR über personelle Einzelmaßnahmen zu
unterrichten, insbes. über Einstellungen, § 99 Abs. 1
Die Arbeitsaufnahme von Leiharbeitnehmern ist
Einstellung (h.M.), da Eingliederung in den Betrieb,
jedenfalls die Übernahme in Festbeschäftigung.
Betriebsrat kann Zustimmung nur in den Fällen des Abs.
2 verweigern, insbes. bei Gesetzesverstoß
Mitteilung der Verweigerung binnen 1 Woche mit
Gründen, dann Fiktion Zustimmung, Abs. 4.
Arbeitgeber kann Ersetzung der Zustimmung beim
Arbeitsgericht beantragen, Abs. 5,
a) Beweislast: BR für Formalien, ArbG für Nichtvorliegen
b) § 100: Dringlichkeit und keine Weigerungsgründe
c) Arbeitsgerichts Bad Hersfeld, Hinweis in Güteverhandlung:
Entscheidung bis zum 31.03.2013 nicht möglich, so dass
Erledigung der Hauptsache eintreten wird.
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Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Anhörung Betriebsrat vor Kündigung
Der G – GmbH mit 25 Mitarbeitern möchte Arbeitnehmer A
kündigen, der 2012 abgemahnt wurde, weil er am 04.04.
2012 ohne Entschuldigung 2 Stunden verspätet zur Arbeit
erschienen ist. Der Geschäftsführer teilt dem Betriebsrat die
Personaldaten von A mit, d.h. Namen, Geburtsdatum und
Familienstand, den Arbeitsplatz im Betrieb und das Einstellungsdatum, sowie dass eine Behinderung nicht bekannt
sei. Als Grund für die geplante ordentliche Kündigung gibt
der G-GmbH „verhaltensbedingte Gründe“ an und
schildert als Anlass, dass der A am 05.07.2013 erst um 09:10
Uhr und damit eine Stunde und zehn Minuten zu spät bei
der Arbeit erschienen ist, ohne dass eine Krankmeldung
oder Entschuldigung vorgelegen hätte. Der Betriebsrat
stimmt der Kündigung zu.
G-GmbH kündigt nun außerordentlich, hilfsweise
fristgerecht. Sind die Kündigungen wirksam?
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Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Anhörung bei Wartezeitkündigung
Bei einer Kündigung in der Probezeit bzw. in den
ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses, die auf ein
personenbezogenes Werturteil gestützt wird, muss
dem Betriebsrat nur dieses Werturteil des
Arbeitgebers, ohne es zu substantiieren oder zu
begründen, mitgeteilt werden. Es ist ausreichend,
wenn der Arbeitgeber mitteilt:
Der Arbeitnehmer habe sich „während der Probezeit
nicht bewährt“ und sei „nicht geeignet, die ihm
übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu
erfüllen“ oder „nach unserer allgemeinen, subjektiven
Einschätzung genügt die Arbeitnehmerin unseren
Anforderungen nicht“ oder der Arbeitnehmer habe
die „in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt“.
BAG 12.09.2013 - 6 AZR 121/12
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Fall: Zustimmung Betriebsrat zur Kündigung
Das Vorstandsmitglied H der Pharma AG bespricht
am 01.06.2004 mit mehrere Betriebsratsmitglieder,
dass angestellte Kraftfahrer K unerlaubt mit einer
Kleingaststätte selbständig ist und aus diesem
Grunde fristlos, hilfsweise fristgerecht gekündigt
werden solle.
1. Alle Betriebsratsmitglieder äußern sich
zustimmend, Pharma AG kündigt K am 02.06.2004.
2. Der Betriebsrat berät über das Anhörungsschreiben vom 01.06. abschließend am 04.06. und
beschließt, nicht zu widersprechen. Pharma AG
kündigt K am 07.06.2004 fristlos, hilfsweise
fristgerecht .
BAG 03.04.2008 - 2 AZR 965/06
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7S
Lösung: Zustimmung BR zur Kündigung
1. Die Unterrichtung mehrerer BRMitglieder erfüllt
nicht die Anforderung einer BRAnhörung, insbes.
keine Beschlussfassung in Betriebsratssitzung.
Zustimmende Äußerung ist - für Arbeitgeber
offensichtlich - nicht ordnungsgemäß.
Die Kündigung vom 02.06.2004 ist mangels
ordnungsgemäßer Anhörung unwirksam.
2. Kündigung vom 07.06.2004: Die Anhörungsfrist
läuft an diesem Tag erst ab. Nach abschließender
Beratung des Betriebsrats am 04.06. kann die
Kündigung (vorzeitig) ausgesprochen werden.
Kündigung ist formell wirksam.
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Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Kündigung eines Betriebsrats
Spedition S GmbH: Ein Fahrer erfährt Freitagnacht,
dass er Samstag operiert werden muss. Er will die
persönlichen Sachen aus der Sattelzugmaschine
(SMZ) holen und findet diese nicht auf dem Platz.
Auf Strafanzeige S ermittelt die Polizei über das
Betriebshandy den Standort in einem Industriegelände. Dort wird der Disponent A am Sonntag
Abend festgenommen, als er die SMZ zum Platz
zurückfahren will. Der volle Tank von 750 l ist leer. A
ist seit 6 Jahren beschäftigt und Mitglied des
Betriebsrats.
Der Betriebsrat stimmt seiner fristlosen Kündigung
am Montag zu, S kündigt am Dienstag
außerordentlich.
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Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Kündigung Betriebsrats
1. Nur außerordentliche Kündigung mit
Zustimmung des Betriebsrates
2. Zustimmung ordnungsgemäß:
a) Sitzung mit Anwesenheit aller Mitglieder,
für den zu Kündigenden das Ersatzmitglied
b)Unterrichtung des Betriebsrats über die
Gründe der außerordentlichen Kündigung
3. Kündigungsschutzprozess: Berücksichtigt
werden nur Gründe, zu denen der Betriebsrat angehört wurde.
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Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Kündigungsschutz des Ersatzmitgliedes
1. Der besondere Kündigungsschutz gem. § 15
KSchuG, § 103 BetrVG gilt für Ersatzmitglieder
nur soweit und solange sie ein verhindertes
ordentliches Betriebsratsmitglied vertreten.
Maßgeblich ist der Zugang der Kündigung.
2. Nach Beendigung des Vertretungsfalles
besteht nur der nachwirkende Kündigungsschutz gem. § 15 Abs. 1 S. 2 KSchuG.
BAG vom 27.09.2012 - 2 AZR 955/11
3. Der Kündigungsschutz des Betriebsrates
besteht im Vertretungsfall durchgehend.
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7S
Fall: Rückkehr zur Klöckner AG
Leonard Arbeiter ist 1999 mit Abspaltung der Klöckener International GmbH aus Klöckner Stahlhandel
ausgeschieden. Nach Verkauf an Al Bragandhi in
2004 kehrt er ohne sozialen Besitzstand zu Klöckner
Stahlhandel zurück. Im Arbeitsvertrag mit umfassenden Befugnissen wird er als „Leitender Angestellter“ bezeichnet.
An seinem 1. Arbeitstag bekommt er auf dem Weg
in die Chefetage im Aufzug Platzangst und gesteht
dem Personalchef, von Kunden „fördernde
Zuwendungen“ erhalten zu haben. Er wird nach
Hause geschickt, um seine kranke Frau zu pflegen.
Nach Anhörung des Sprecherausschusses wird er 3
Wochen später mit 2- Wochen- Frist gekündigt.
Hat die Kündigungsschutzklage Aussicht auf Erfolg?
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7S
Lösung: Rückkehr zur Klöckener AG
• Abspaltung + Betriebsübergang § 613 a:
Bei Rückkehr kein sozialer Besitzstand
• Kündigungsgrund:
– Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 299 StGB,
Dienstbezug obwohl bei alter Arbeitgeberin
– Kein Kündigungsschutz während Probezeit 6 Monate
– Anhörung BR: Sprecherausschuss, wenn leitender
Angestellter
– BAG: Einweisung in Arbeitsbereich erforderlich, hier jedoch
Einführung „bereits im Aufzug“ gestoppt.
• Kündigungsschutzprozess:
– Im Kammertermin:
– Kündigungsgrund:
Probezeit war abgelaufen
nein
• a.o., § 626 II:
2-Wochenfrist vorbei
• Kündigungsschutzgesetz: Kein Grund Verhaltensbedingt
– Vergleich: Beendigung AV gegen Abfindung 40.000 €
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7S
Fall: Internes Recruitment-Center
Arbeitgeberin unterhält 390 Filialen. Ihr Verkaufs-gebiet
ist in 15 Regionen eingeteilt, jeder Region ist ein
Recruitment- Center angegliedert. Die Filialleiter teilen
dem jeweiligen Center die zu besetzenden Stellen mit.
Das zuständige Recruitment- Center prüft alle
Bewerbungen; die, die die geforderten Kriterien
erfüllen, übermitteln es der Filialleitung. Die trifft die
Auswahlentscheidung und führt das
Anhörungsverfahren nach § 99 BetrVG durch, wobei
sie den Betriebsrat über alle bei ihr eingegangenen
Bewerbungen informiert und ihm alle ihr vorliegen-den
Bewerbungsunterlagen zur Verfügung stellt.
Der Betriebsrat hält dies für unzulässig. Er verlangt, dass
ihm die Unterlagen aller Bewerber zur Verfügung
gestellt werden.
LAG Schleswig - Holstein 29.22.2012 – 5 TaBV 8/12
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7S
Lösung: Internes Recruitment-Center
Der Betriebsrat hat gem. § 99 I BetrVG Anspruch auf
Auskunft über alle Bewerber und Aushändigung der
Bewerbungsunterlagen.
Das interne Recruitment- Center trifft eine Vorauswahl
unter den Bewerbern + unterbreitet einen Besetzungsvorschlag, z.B. um ein bundeseinheitliches Unternehmenskonzept zu wahren. Diese „Vorauswahl“ umgeht
die Mitbestimmung des Betriebsrats + ist rechtswidrig.
Nicht erheblich ist, dass diese Verfahrensweise bei der
Fülle der Bewerbungen effizient und sinnvoll ist.
Anders, wenn AG ein externes Personalberatungsunternehmen beauftragt, die Stelle auszuschreiben +
aus den Bewerbungen Besetzungsvorschläge zu
unterbreiten: AG muss dem Betriebsrat nur Auskunft
über die Bewerber geben, die Personalberatung
vorschlägt.
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