gesamt - Dr. Ingendahl, Rust und Steinkuhl

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Transcript gesamt - Dr. Ingendahl, Rust und Steinkuhl

Arbeitsrecht im Betrieb
Dr. jur. Joachim Ingendahl
4. Vorlesung
Sommersemester 2014
Stand 15.08.2014
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Abkürzungen Allgemein
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AG
AGB
AN
a.o.
ArbG
AV
BA
BAG
BG
BR
event.
ff
G
Gf
gg.
grds.
i.d.R.
IG
LAG
MA
MTV
o.
s.
Std.
TV
UVV
VO
Arbeitgeber
Allgemeine Geschäftsbedingungen
Arbeitnehmer
außerordentlich/-e
Arbeitsgericht
Arbeitsvertrag
Bundesanstalt für Arbeit
Bundesarbeitsgericht
Berufsgenossenschaft
Betriebsrat
eventuell
fortfolgende
Gesetz
Geschäftsführer
gegen
grundsätzlich
in der Regel
Industriegewerkschaft
Landesarbeitsgericht
Mitarbeiter
Manteltarifvertrag
oder
siehe
Stunde
Tarifvertrag
Unfallverhütungsvorschriften (BG)
Verordnung
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Arbeitsrecht im Betrieb
Abkürzung
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AGG
AEntG
ArbMedVV
ArbSchG
ArSiG
ArbZG
BGB
BBiG
BDSG
BEEG
BetrVG
BUrlG
EntgFG
GewO
GG
GmbHG
HGB
InsO
JSchG
KSchG
MuSchG
NachwG
SGB
SGG
TVG
TzBfG
0
Gesetz
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
Arbeitnehmerentsendegesetz
Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge
Arbeitsschutzgesetz
Arbeitssicherheitsgesetz
Arbeitszeitgesetz
Bürgerliches Gesetzbuch
Berufsbildungsgesetz
Bundesdatenschutzgesetz
Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz
Betriebsverfassungsgesetz
Bundesurlaubsgesetz
Entgeltfortzahlungsgesetz
Gewerbeordnung
Grundgesetz
Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz
Handelsgesetzbuch
Insolvenzordnung
Jugendschutzgesetz
Kündigungsschutzgesetz
Mutterschutzgesetz
Nachweisgesetz
Sozialgesetzbuch
Sozialgerichtsgesetz
Tarifvertragsgesetz
Teilzeit- und Befristungsgesetz
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Arbeits- & Organisationspsychologe
Ihr beruflicher Einsatz erfolgt in Personalabteilungen. Aus organisatorischen und Kostengründen
müssen Personalverantwortliche das arbeitsrechtliche Tagesgeschäft überwiegend ohne fachanwaltliche Begleitung bewältigen. Nur wenn Sie die
beteiligen Akteure, ihre Aufgaben & Rechte, die
wesentlichen Rechtsvorschriften und einschlägige
Rechtsprechung kennen & anwenden, können Sie
den sozialen Frieden schonen, indem Sie
1.
kompetent reagieren sowie
2.
rechtssichere Entscheidungen treffen,
die Ihre Mitarbeiter nachvollziehen und
ggf. einer Überprüfung durch die
Arbeitsgerichte standhalten.
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Vor-& Nachbereitung Vorlesung
• Power – Point Datei:
– Als Skript & wöchentlich aktuell auf Homepage
– mit Lernkarten (Übersicht, Strukturen, Details & Fällen)
– für Vorbereitung (empfohlen) & Nacharbeit (erforderlich)
• Arbeitsmittel:
– Wichtige Arbeitsgesetze, 21. Auflage 2014/2015 mit
• Hinweisreitern, nur auf Gesetze, beschriftet
• ausschließlich handschriftlichen Anmerkungen im Buch
zugelassenes Hilfsmittel in Abschlussklausur
– Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 14. Auflage 2011, für
Dauer der Arbeitsgemeinschaften Entleihe aus Bibliothek
• Arbeitsgemeinschaften:
– 3 – 5 Teilnehmer
– 2 – 3 Stunden, einmal wöchentlich
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Beteiligte im Arbeitsrecht
1.
2.
3.
4.
5.
6.
1.
2.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Arbeitsvertrag:
Arbeitgeber
Arbeitnehmer
Direktionsrecht
Existenzielle Abhängigkeit
Sozialversicherungen, Behörden:
Krankenkassen & Pflegekassen
Deutsche Rentenversicherung mit Prüfdienst
Bundesanstalt für Arbeit + Arbeitsämter
Berufsgenossenschaft: Arbeitsunfälle und -sicherheit
Finanzämter
Abführung der Lohnsteuer
Zoll
Bekämpft Schwarzarbeit
Betriebsrat: Mitbestimmung AN zum Wohl des Betriebs
Gewerkschaften: Arbeitsbedingungen,
insbes. Löhne durch Tarifverträge
Arbeitsgerichte: Anwendung GG,Gesetze,TV
Gesetzgeber: Arbeitsrechtliche Gesetze
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Arbeitsrecht im Betrieb
Vorlesung Thema
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
0
Grundgesetz: Staatsgewalten, öffentl. &privates Recht
BGB Allg.T, Verträge, juristische Pers., absolute Rechte
Dienst- und Arbeitsverträge im Zivil- & SozialversR
Sozialversicherungen & Sozialgesetzbücher SGB
Allgemeiner Kündigungsschutz & -klage
Gewerkschaften & Tarifverträge, AN-Überlassung
Betriebsrat: Betriebsvereinbarung, Beteiligungsrechte
Direktionsrecht & Arbeitsgesetze
Arbeitsverträge: Gestaltungen und Grenzen
Recruting & Diskriminierungsverbote des AGG
Arbeitsschutz & -sicherheit
Kranke Mitarbeiter & Gesundheitsförderung
Wiederholung & Vertiefung: Kündigungsschutz
WuV: Rechtsträger & Rechte
1. Probeklausur
WuV: Rechtsmittel & -wege
2. Probeklausur
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Grundgesetz &
Staatsgewalten
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Arbeitsrecht im Betrieb
1
Bundes- Republik Deutschland
• Republik: Staatsform = Keine Monarchie
• Bundesstaat: 16 Länder, NRW, Bayern, HH usw.
Demokratie: Die Staatsgewalt (kratie =
Herrschaft) geht vom Volke (= Demos-) aus
• Wahlen: Direkt & unmittelbar, Mehrheitsprinzip, jede Stimme zählt grds. gleich
• Urteile: „Im Namen des Volkes“
Verfassung: Grundgesetz
• Verfassungsgeber:
Das Volk
• Erlass: Verfassungsgebende Versammlung
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Arbeitsrecht im Betrieb
1
Gewaltenteilung im Grundgesetz
• Art. 70 ff
Gesetzgebung
Legislative
- Bundestag, -rat, -präsident
- Länderparlamente
• Art. 83 ff
Verwaltung
Exekutive
- Bundesministerien
- Länderverwaltungen
nach öffentlichem Recht
Gerichte
Judikative
- Gerichtsbarkeiten
- Rechtszüge
• Art. 92 ff
http://www.bundestag.de/dokumente/rechtsgrundlagen/grundgesetz/index.html
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Arbeitsrecht im Betrieb
Grundgesetz:
Schutz des Bürgers vor Staat
1
Grundrechte:
Ausstrahlung auf AG
• Art. 2
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Freie Entfaltung, Schutz der körperlichen
Integrität: Weder Eingriff noch Untersuchung
Art. 3
Gleichheit, insbes. Männer + Frauen
Arbeitsrechtliche Gleichbehandlung
Art. 4
Glaubens- u. Gewissensfreiheit
(siehe AGG)
Art. 5
Freie Meinungsäußerung, Pressefreiheit
Art. 6
Ehe und Familie
Art. 8
Versammlungsfreiheit, insbes. Demonstrationen
Art. 9
Vereinigungsfreiheit:
Abs. 3 Gewerkschaften und Streikrecht
Art. 12
Berufsfreiheit, freie Arbeitsplatzwahl
Art. 14
Eigentum
Art. 19
Gesetzesvorbehalt: Einschränkung von Grundrechten nur durch ein Gesetz
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Arbeitsrecht im Betrieb
1
Zusammenwirken der Gewalten
• Gesetze: Rahmen und Strukturen des
Zusammenlebens in der Gesellschaft
– Verbindlich für alle
– Nicht systematisch, sondern Spiegel des politischen
Willens in seiner historischen Entwicklung
– Durchsetzung durch Verwaltung & Gerichte
• Verwaltung: Gesetzesvollzug
– Wahrnehmung der Aufgaben, z.B. Steuern einnehmen
– Repressiv:
Verteidigung gegen Verstöße
• Gerichte:
– Auf Klage: Anwendung der Gesetze, auch Aufsicht
– Bundesverfassungsgericht: Kein „rechtsfreier Raum“
Sonderstatus als
Hüter der Verfassung
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Arbeitsrecht im Betrieb
1
Europäische Gemeinschaft „EU“
• Grundgesetz:
•
•
Staatsziel,
Art. 23: Vereinigtes Europa
Hoheitsrechte , Art. 24: Übertragung auf zwischenstaatliche Einrichtungen
•
•
Wahl durch alle EU- Bürger
Rechtsetzungen durch:
• Europäisches Parlament:
–
–
Rechtsverordnungen: Unmittelbare Bindung
Richtlinien:
Auftrag an Nationale Gesetzgeber , z.B. GleichbehandlungsR
• Europäische Kommission:
– Executive – wie Regierung
– Alleiniges Initiativrecht im Gesetzgebungsverfahren
• Europäischer Gerichtshof EuGH, Luxemburg:
•
Anrufung nur durch nationale Obergerichte
• Arbeitnehmer- Freizügigkeit: Jeder Unionsbürger kann
ungeachtet seines Wohnortes in jedem Mitgliedsstaat
eine Beschäftigung aufnehmen und ausüben.
– Willkommens- und Integrationskultur
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Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Organe des Bundes:
• Bundestag
Wird vom Volk gewählt
• Bundeskanzler
Bundestag gewählt
• Bundesregierung Bundeskanzler ernennt die Minister
= Kabinett
• Bundesrat
Vertretung der Bundes-Länder
• Bundespräsident Von Bundesversammlung gewählt
Gesetzgebungsverfahren:
• Bundesregierung bringt Gesetzesvorlagen ein
• Bundestag
beschließt mit Abstimmungsmehrheit
der Regierungsparteien
• Bundesrat
muss teilweise zustimmen
• Bundespräsident unterzeichnet,eigenes Prüfungsrecht
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Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Verwaltungen des
• Bundes
– Bundesministerien, z.B. Auswärtiges Amt, Finanzen
– Bundeseigene Verwaltung, z.B. Bundeswehr, Zoll
• Landes: Polizei, Finanzämter, Regierungspräsidium
• Kommunale: Städte, Kreise & Gemeinden
Verwaltungsaufbau:
• Historisch gewachsen über alle drei Ebenen
• Grds. auf kommunaler Ebene, z.B. Schulen,
Gewerbeämter
• Land: Rechtsaufsicht
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Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Streik im öffentlichen Dienst
• Gewerkschaft Verdi:
• Angestellte & Arbeiter, nicht Beamte
• Verwaltungen von Bund, Ländern,
Städten & Gemeinden
• Streikrecht, Art. 9 Abs. 3 GG:
• Zur Regelung von Arbeitsentgelten,
insbes. Lohnstrukturen und sonstigen
Arbeitsbedingungen
• In Tarifverträgen, hier „Tarifvertrag für
den öffentlicher Dienst - TVöD“
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Arbeitsrecht im Betrieb 1
Rechtsweggarantie – 3. Gewalt
• Art. 19 IV GG: Grundrecht auf effektiven
Rechtsschutz gegen öffentliche Gewalt
• Unabhängig von finanziellen Mitteln:
Prozesskostenhilfe
• Verbot überlanger Verfahrensdauern
• Eilrechtsschutz
• Grundsätzlich aufschiebende Wirkung
von Widerspruch und Klage
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Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Öffentliches Recht
• Strafrecht
Strafgesetzbuch
• Rechtsverhältnisse staatlicher Stellen zum
untergeordneten Bürger
– Öffentliches Recht
– Sozialrecht
– Steuerrecht
Arbeitsschutzrecht ArbZG, ASiG
Sozialgesetzbücher u.a.
Abgabenordnung, EStG u.a.
Privatrecht
• Rechtsverhältnisse zwischen Bürgern
Bürgerliches Gesetzbuch
• Sonderprivatrecht:
– Gesellschaftsrecht
– Handelsrecht
– Arbeitsrecht
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
Handelsgesetzbuch
der Arbeitsverhältnisse
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Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Rechtsschutz durch Instanzenzüge
Zivilgerichte:
Klagen unter Privaten
•
•
•
•
•
auch Strafgerichtsbarkeit
aus Arbeitsverhältnissen
Amtsgerichte incl.
Landgerichte incl.
Oberlandesgerichte
Bundesgerichtshof
Arbeitsgerichte
Familien-, Insolvenzgerichte
Kammern für Handelssachen
Weitere Gerichtsbarkeiten:
•
•
•
•
Verwaltungsgericht mit Ober-, BundesSozialgericht
mit Landes-, BundesFinanzgericht
und Bundesfinanzhof
Bundesverfassungsgericht und Verfassungsgerichtshöfe der Länder: Stehen über Gesetzgeber
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Arbeitsrecht im Betrieb 1 S
Rechtszüge
Berufung
Revision
Zivilgerichtsbarkeit
Amtsgericht
Landgericht
Strafkammern
Einschl. Familiengericht
Landgericht
OberlandesG
nein
BGH
Arbeitsgericht
LandesarbeitsG BAG
Sozialgericht
Finanzgericht
Verwaltungsgericht
LandesSozG
Handelsregister
Insolvenzgericht
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Strafkammern
Schöffengericht
BSozG
BFH
Oberverwaltungs- BVerwG
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Arbeitsrecht im Betrieb
Arbeitsrecht
1S
• Sonderrecht der unselbständigen = abhängigen
Arbeitnehmer
• Arbeitsgesetze: Zwingender Rahmen für Beschäftigung von Arbeitnehmern = Arbeitnehmerschutz
• Arbeitsgerichte:
– Selbständiger Zweig der Zivilgerichtsbarkeit
– Zuständig für Streitigkeiten aus Arbeitsverhältnissen
• Sozialversicherungen: Zwangs- Mitgliedschaft
knüpft an bestehendes Arbeitsverhältnis:
– Gesamt- Sozialversicherungs– Beiträge zu Renten, Arbeitslosen-, Kranken-& Pflegeversicherung
– Streitigkeiten vor Sozialgerichte
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Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Koalitionsvertrag „Große Koalition“
Gesetzgebung Arbeitsrecht bis 2017
• Allg. gesetzlicher Mindestlohn zum 01.01.2015: 8,50 €/Std.
• Mindestlohn alle Branchen gem. ArbeitnehmerentsendeG
• Allgemeinverbindlich- Erklärung nach Tarifvertragsgesetz:
Besonderes öffentlichen Interesseses genügt. Tarifgebundene
AG müssen nicht mehr mindestens 50 % aller AN beschäftigen.
• Arbeitnehmerüberlassung: „Überlassung von AN vorübergehend“ im AÜG wird auf eine Höchstdauer von 18 Monaten
konkretisiert. Abweichungen in Tarifverträgen möglich.
• Scheinselbständigkeit, Missbrauch von Werkvertragsgestaltungen: Rechtswidrige Vertragskonstruktionen bei Werkverträgen zulasten von AN müssen verhindert werden. Die
Kontroll- + Prüftätigkeit bei Schwarzarbeit ist zu konzentrieren
und effektiver zu gestalten.
• Teilzeitrecht: AN, die sich z. B. wegen Kindererziehung o. Pflege
von Angehörigen zu einer Teilzeitbeschäftigung entschieden
haben, können zur früheren Arbeitszeit zurückkehren.
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Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Arbeitsgesetzgebung aktuell
• Mindestlohngesetz MiLoG: Ab 01.01.2015 8,50 €/Std.
– Ausnahmen:
– Pflicht zur Aufzeichnung Arbeitszeiten, § 17
• Tarifeinheit durch Gesetz,
– Koalition/DGB gegen Streikmacht der Spartengewerkschaft
– Widerstand u.a. der Ärzte
• Allgemeinverbindlich- Erklärung nach Tarifvertragsgesetz:
Besonderes öffentlichen Interesseses genügt. Tarifgebundene
AG müssen nicht mehr mindestens 50 % aller AN beschäftigen.
• Arbeitnehmerüberlassung: „Überlassung von AN vorübergehend“ im AÜG wird auf eine Höchstdauer von 18 Monaten
konkretisiert. Abweichungen in Tarifverträgen möglich.
• Scheinselbständigkeit, Missbrauch von Werkvertragsgestaltungen: Rechtswidrige Vertragskonstruktionen bei Werkverträgen zulasten von AN verhindern.
•
Gesetzgeber zurückhaltend: BAG sozial schützend &ausgleichend
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Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Grundrechte und Arbeitsrecht:
• Art. 3 GG: Gleichheitsgrundsatz
• Abs. 1: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Abs. 2: Männer und Frauen sind gleichberechtigt.
Abs. 3: Niemand darf wegen seines Geschlechts,
seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache,
seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner
religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
• Ungleichbehandlung nur aus sachlichem Grund
• Arbeitsrechtliche Gleichbehandlung, z.B. equal pay
• Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz:
Diskriminierungsverbot, § 1 AGG
• § 75 BetrVG: Behandlung der Mitarbeiter
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Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Arbeitnehmerdatenschutz:
• Recht des Arbeitnehmers auf „informationelle
Selbstbestimmung“ aus
• Schutz allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 2 II 3 GG
• § 75 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz
• Personalakten: Arbeitgeber
– Beschränktes Recht, Informationen über AN zu
erheben, verarbeiten und zu nutzen: Nur soweit
• rechtmäßig erworben
• zur Begründung, Durchführung o. Beendigung des
Arbeitsverhältnisses erforderlich, § 32 BDSG.
– muss sorgfältig verwahren & vertraulich behandeln
– darf keine Detailinformationen zur Gesundheit des AN
erheben, was er mit Einwilligung erfährt, darf kein
regulärer Teil der Personalakte sein, sondern muss
besonders gesichert werden.
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1S
Ausstrahlung Grundrechte auf
Arbeitsverhältnis: Verpflichtung AG
• Gleichheit, Art. 3:
•
•
•
•
Minderheitenschutz,
Frauenförderung
Glaubensfreiheit, Art. 4:
• Kündigung wegen Kopftuch am Arbeitsplatz
• Mahlzeiten ohne Schweinefleisch in Kantine
Meinungsfreiheit, Art. 5: Sachliche Kritik auch
gegenüber Arbeitgeber
Familie, Art. 6: - „Zölibatsklausel“ in AV unwirksam
• Kein Fragerecht nach Familienplanung
• Keine Pflicht zur Mitteilung einer Schwangerschaft
Berufsfreiheit, Art. 12: Freie Verwertung des eigenen
Wissens nach Arbeitsplatzwechsel
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Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Arbeitsrecht Europäische Union
• EU-Politik darauf ausgerichtet
– hohe Beschäftigungsraten und starken
Sozialschutz zu erreichen,
– die Lebens- + Arbeitsbedingungen zu verbessern,
– den sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten
• Ziele:
– Sozialen Fortschritt zu fördern und
– Lebens- + Beschäftigungsbedingungen zu
verbessern
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Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Arbeitsrecht Europäische Union
• Arbeitnehmerfreizügigkeit: Mobilität
• Gleichbehandlung, Diskriminierungsverbot:
– EU Länder, Männer/Frauen, Alter, Behinderung u.a
– Unmittelbar & mittelbar
• Mindest- Arbeitsbedingungen:
– Arbeitszeiten, Teilzeitarbeit, z.B. 20 Tage Urlaub
– Befristete Beschäftigungsverträge
– Entsendung von Arbeitnehmern
• Sicherheit & Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz: Verbesserungen Arbeitsunfälle + Berufskrankheiten
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Arbeitsrecht im Betrieb
1S
Europäischer Gerichtshof Luxemburg
• Zuständig: Für Auslegung nationalen Rechts
nach übergeordnetem Europäischen Recht
• Vorabentscheidungsersuchen: Hat ein Gericht
Zweifel hinsichtlich Auslegung oder Gültigkeit einer
nationalen Rechtsnorm, kann es den EuGH anrufen.
• Zu Urlaubsansprüchen gegen BAG :
– 20.01.2009: Bei langfristiger Erkrankung verfällt
Urlaub nicht am Jahresende (Schultz – Hoff)
– 12.06.2015: Urlaubsansprüche sind auch nach
dem Tod des AN – an die Erben – abzugelten
gegen BAG 12.03.2013 - 9 AZR 532/11
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Rechtsbeziehungen
Privater
• Bürgerliches Gesetzbuch BGB
• Handelsgesetzbuch HBG
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Arbeitsrecht im Betrieb
2
Rechtsbeziehungen Privater
• Subjekte: Inhaber von Rechten
– Natürliche Personen
– Personengesellschaften: GbR, OHG, KG
– Juristische Personen: GmbH, Aktiengesellschaft
• Objekte: Gegenstand von Rechten
– Absolute Rechte: Abwehransprüche gegen jedermann
• Körper & Gesundheit, Eigentum , Besitz, Urheberrechte
– Relative Rechte: Ansprüche (nur) gegen Vertragspartner
• Verträge: Begründen Ansprüche
– Vertragsfreiheit: Abschluss- und Gestaltungsfreiheit
– Durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen
– Vertragstypen mit standardisierten Regelungen
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Arbeitsrecht im Betrieb
2
Träger von Rechten, Arbeitgeber
• Natürliche Person
– Rechtsfähigkeit mit Geburt
– eingetragener Kaufmann e.K.
• Juristische Personen
§ 1 BGB
§ 2 HGB
Vertretung durch
– Eingetragener Verein, § 21 BGB Vorstand
– Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH
+ Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)
Geschäftsführer
– Aktiengesellschaft AktienG
Vorstand
– Stiftungen, Genossenschaft
Vorstand
Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Handelsregister
• Gewerkschaften: Rechtsfähigkeit aus Art.9 II GG
Ohne Eintragung in ein staatliches Register
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Arbeitsrecht im Betrieb
2G
Personengesellschaften
Vertretung durch
• Gesellschaft bürgerlichen Rechts, § 705 BGB
• Gemeinsamer Zweck: beliebig
alle Gesellschafter
• Handelsgesellschaften:
• Offene Handelsgesellschaft OHG § 105 HGB
Gemeinsamer Zweck: Betrieb eines Handelsgewerbes
jeden Gesellschafter allein
• Kommanditgesellschaft
KG
§ 161 HGB
den Komplementär
• Sonderform: GmbH & Co KG
Geschäftsführer der GmbH
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Arbeitsrecht im Betrieb
2
Absolute Rechte = Gegen jeden
1. Besitz, § 854 BGB =
Tatsächliche Gewalt über eine Sache
2. Eigentum =
Umfassendes Herrschaftsrecht
§ 929 Übertragung durch Einigung + Übergabe
§ 985 Herausgabeanspruch gegen den Besitzer,
z.B. Arbeitsmittel + Geschäftsunterlagen
nach Ende des Arbeitsverhältnisses
§ 1004 Unterlassungsanspruch gegen Störer
• Streikaufruf des Betriebsrats über Intranet
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Arbeitsrecht im Betrieb
2
Immaterielle absolute Rechte:
• Patent PatentG
ArbeitnehmererfindungsG
– Neu & Erfindungshöhe: Beträchtlicher Fortschritt
– Nutzungsrecht durch Lizenzvertrag
• Gebrauchsmuster GebrauchsmusterG
– Geringere Anforderungen an Fortschritt
• Marke: MarkenG Wort- oder Bildmarke
• Eingetragenes Design DesignG
Alle: Eintragung beim Deutschen Patentamt
• Urheberrechte:
Jedes Werk der Kunst
– Bücher, Film, Fotografie, Musik, Baukunst, Tanz usw.
– Grds. auch im „world wide web“
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Relative Rechte: Ansprüche
A
§ 433 BGB
Verkäufer
B
Käufer
Kaufpreis
Gegenstand
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Vertragstypen des BGB
§ 433 Kaufvertrag
§ 491 Darlehen
Gegenstand gegen Kaufpreis
Rückgabe vertretbarer Sachen
Arbeitgeberdarlehen
§ 516 Schenkung
Verfügung unentgeltlich
§ 535 Miete, Pacht, Leihe Rückgabe derselben Sache
§ 576 Werkmietwohnungen
§ 611 Dienstvertrag Dienste gegen Vergütung
Grundform des Arbeitsvertrages
§ 631
§ 662
§ 765
§ 779
Werkvertrag
Werk= Erfolg gegen Werklohn
Auftrag, Geschäftsbesorgung
Bürgschaft
Einstehen für fremde Schuld
Vergleich
Ungewissheit +
gegenseitiges Entgegenkommen
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Vertragsschluss durch zwei
übereinstimmende Willenserklärungen :
§ 145 Angebot muss unter Anwesenden
sofort angenommen werden
§ 147 Annahme: Akzeptieren ohne Änderung
Auslegung:
1. Willenserklärungen, § 133: Nach Empfängerhorizont
2. Verträge, § 157 : - Wortlaut nach Treu und Glauben
- mit Rücksicht auf die Verkehrssitte
Abstraktionsprinzip: Zu unterscheiden sind
1. schuldrechtlich: Verpflichtungsgeschäft
2. dinglich:
Verfügung = Eigentumsübertragung
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Willenserklärungen Wirksamkeit
§ 104 Geschäftsfähigkeit
- ab 18 Jahre
- außer dauernder Geschäftsunfähigkeit
§ 106 Beschränkte Geschäftsfähigkeit 7–17 Jahre
Vertragsschluss wirksam nur mit
§ 107 Einwilligung
oder
§ 108 Genehmigung der gesetzlichen Vertreter
§ 113 Ermächtigung zu Arbeitsverhältnissen:
Für Rechtsgeschäfte zur Eingehung /Aufhebung
unbeschränkt geschäftsfähig
Berufsausbildung: Siehe §§ 10, 11 BBiG
Jugendarbeitsschutzgesetz: Zulässig erst ab 15. Lebensjahr
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Willenserklärungen & Verträge:
Grundsatz Formfreiheit–Ausnahmen:
§ 126 Schriftform Urkunde mit Namensunterschrift
a) § 623 Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch
- Kündigung -Aufhebungsvertrag
b)Tarifvertrag,
§ 1 Abs. 2 TVG
c) Betriebsvereinbarung, § 77 Abs. 2 BetrVG
§ 127 Vereinbarte Form, in Arbeitsvertrag:
a) Schriftform für Änderung
b) Doppelte Schriftform: Auch für Verzicht
auf Schriftformerfordernis
§ 128 Notariell: Übertragung Grundstücke, GmbH - Anteile
§125 Folge bei Formmangel: Nichtigkeit
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Kündigungserklärung, schriftlich:
• Auslegung, § 133 BGB:
– Nicht notwendig Wort „Kündigung“, jedoch
– Wille zur Beendigung des Vertrages erkennbar
• Wirksamwerden mit Zugang, § 130 BGB:
– Unter Abwesenden: Empfänger hat normalerweise
die Möglichkeit zur Kenntnisnahme:
• Einwurf in Briefkasten: Vormittags bis 12:00 Uhr
• Übliche Zeit der Postzustellung
BAG 22.3.2012– 2 AZR 224/11
– Nachweis:
• Deutsche Post:
• Bote
= Zeuge
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Einschreiben / mit Rückschein
Einwurf in Briefkasten oder
persönliche Übergabe
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Verträge: Unwirksamkeitsgründe
§ 134 Gesetzliches Verbot:
- Beider-(nicht ein-) seitige Verbotsgesetze:
BGH 2013: Handwerkervertrag bei Verstoß SchwarzarbeiterG:
Vorsätzlicher Verstoß Unternehmer, den Besteller kennt
und bewusst zu eigenem Vorteil ausnutzt
- Nicht ?: Arbeitsvertrag bei Schwarzgeldabrede
§ 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft: Wucher
- Auffälliges Missverhältnis Leistung + Gegenleistung
-- grds. doppelter Marktpreis, z.B. Zinsen 12% statt 6 %
-- Lohn: weniger als 2/3 des tariflichen / üblichen Entgeltes
- Zwangslage, Unerfahrenheit, Mangel an Urteilsvermögen
oder erhebliche Willensschwäche
- Ausbeutung der Schwächung, Indiz: Missverhältnis
BAG 22.04.2009 - 5 AZR436/08
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Arbeitsrecht im Betrieb
2
Anfechtung Willenserklärungen wegen
§119 BGB Irrtums über
Abs. 1
Abs. 2
§ 121
Abgabe der Erklärung oder
den Inhalt der Erklärung
Eine verkehrswesentliche Eigenschaft,
- Schwerbehinderung: nein
- Approbation des angestellten Arztes: ja
Anfechtungsfrist: unverzüglich =
» Ohne schuldhaftes Zögern“
§123 BGB Täuschung falsche Angaben in Bewerbung
§ 124
§ 142
oder Drohung mit empfindlichen Übel
Anfechtungsfrist: 1 Jahr
Wirkung: Unwirksam von Anfang an
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Arbeitsrecht im Betrieb
2
(Stell-) Vertretung, §§ 164 ff BGB
§ 164 Abgabe einer
Prüfungsschema:
eigenen Willenserklärungen
für einen anderen
mit Vertretungsmacht
Wirkung unmittelbar für den Vertretenen
§ 174 Kündigung (einseitiges Rechtsgeschäft)
durch Vertreter: Unwirksam, wenn
- Erklärender keine Vollmacht vorgelegt
- Empfänger „unverzüglich“ zurückweist
(§ 121 „unverzüglich“ = ohne schuldhaftes
Zögern BAG: Binnen 1 Woche)
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Arbeitsrecht im Betrieb
2
Vollmacht
• Rechtsgeschäftlich:
– formfrei, zu Beweiszwecken: schriftlich
– Duldungs- und Anscheinsvollmacht
• Gesetzliche:
–
–
–
–
Geschäftsführer für GmbH, § 35 GmbHG
Vorstand für Verein und Aktiengesellschaft
Komplementär für KG, §§ 125, 164 HGB
Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes
• Gesetzlich normiert:
– Prokura, § 49 HGB – Anmeldung Handelsregister
– Handlungsvollmacht, § 54 HGB
– Ladenangestellter, § 56 HGB
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2
Treu und Glauben, § 242 BGB
• Neben vertragliche Hauptpflichten bestehen
– Mitwirkungs-, Schutz- + Aufklärungspflichten
• Unzulässige Rechtsausübung:
Kleiner Kündigungsschutz - außerhalb KSchG
–
–
–
–
–
Versprechen oder widersprüchliches Verhalten
Kündigung offensichtlich willkürlich
zur Unzeit
in ehrverletzender Form oder
Diskriminierend, insbes. Verstoß gegen AGG, trotz § 2 IV
• Verwirkung von Ansprüchen:
– Zeitmoment: erheblicher Zeitablauf,
grds. nicht bei kurzer Verjährung
– Umstandsmoment = Vertrauenstatbestand aus Verhalten
als Grundlage für Vertrauensbildung
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Arbeitsrecht im Betrieb
2
Leistungsstörungen: Verzug
Leistungsverzug:
z.B. AG mit Lohnzahlung
§ 286 Abs. 1 Fällige Forderung und Mahnung
oder
Abs. 2 Fälligkeit kalendermäßig bestimmt
Folge: Schadensersatz + § 288 Zinsen
Annahmeverzug:
des Arbeitgebers
§ 294 Grundsätzlich: Arbeitnehmer muss seine Arbeit
so wie geschuldet tatsächlich anbieten
§ 242 Ein Angebot ist entbehrlich, wenn Arbeitgeber
sich auf das fehlende Angebot nicht berufen
kann, z.B. nach außerordentlichen Kündigung
Folge § 615 BGB: Verzugslohn ohne Arbeit
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Arbeitsrecht im Betrieb
2
Annahmeverzug des AG:
§ 294 BGB Tatbestands- Voraussetzungen:
- AN - Angebot der Arbeitsleistung:
- Wie geschuldet: Am rechten Ort + Zeit
- Entbehrlich, wenn AG bereits abgelehnt hat,
insbes. a.o. Kündigung, Freistellung
- Leistungswille und –fähigkeit des AN
- Nichtannahme durch AG
§ 615 BGB + Betriebsrisiko:
– keine Nachleistungspflicht
– Anrechnung
• ersparte Aufwendungen
• anderweitiger Verdienst, ggf. böswillig unterlassen
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Arbeitsrecht im Betrieb
Einreden:
2
Berücksichtigung nur, wenn
vom Schuldner erhoben:
• Verjährung,
§§ 194, 199 I, 214
– Jedes relative Recht,
z.B. Lohnanspruch
– Frist: Jahresende + 3 Jahre, aus 2013 am 31.12.2016
• Zurückbehaltungsrecht, § 273 BGB:
– Schuldner hat selbst einen fälligen Anspruch
– gegen den Gläubiger
– aus dem selben rechtlichen Verhältnis
Folge: Schuldner kann eigene Leistung verweigern
Arbeitsverweigerung Arbeitnehmer, § 273 BGB:
- Nur, wenn Lohnrückstand erheblich, und zwar
- sowohl nach Höhe als auch nach Dauer
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Arbeitsrecht im Betrieb
2
Einwendungen:
Untergang von Ansprüchen durch
• § 362
• § 387
• § 397
Erfüllung, insbes. Zahlung
Aufrechnung mit Gegenforderung
Erlass bzw. Verzicht
– z.B. Ausgleichsquittung bei Beendigung
des Arbeitsvertrages
• Insolvenz:
Restschuldbefreiung
• Arbeitsrecht: Verfallklausel = Anspruch
schriftlich geltend machen, Frist
– Tarifvertrag:
Grds. 2 Monaten
– Arbeitsvertrag: BAG mindestens 3 Monate
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: Sprachunkundiger Arbeitnehmer
P ist Portugiese mit Wohnsitz in Portugal und der deutschen Sprache nicht mächtig. Nach auf portugiesisch
geführten Verhandlungen stellte ihn Spedition H 2009
als Kraftfahrer im internationalen Transport für monatlich 900 € brutto ein. Beide Parteien unterzeichneten
einen Arbeitsvertrag in deutscher Sprache, der in § 12
beiderseitige Ausschlussfristen enthält: 3 Monate zur
schriftlichen Geltendmachung, bei Ablehnung/ Nichterklärung 2 Monate zur gerichtlichen Geltendmachung. Nach Ende des Arbeitsverhältnisses am 31.3.2011
macht P mit Schreiben vom 13.4.2011 das Entgelt für
Dezember 2010 geltend und reicht am 12.05.2011
Klage ein. Mit Erfolg? BAG 19.03.2014 – 5 AZR 252/12
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Lösung: Sprachunkundiger Arbeitnehmer
1. Vertragsschluss:
1. Arbeitsvertragsangebot & Zugang, § 130 Abs. 1
BGB: Auslegung objektiver Inhalt
2. Annahme durch P, auch wenn nicht verstanden
3. Ausschlussfrist § 12
2. Wirksamkeit:
1. Allgemeine Geschäftsbedingung, § 305 Abs. 2
2. Eingeschränkte Kontrolle im Arbeitsrecht, § 10
Abs. 4 S. 2
3. Überraschende Klausel § 305 c Abs. 1: Die Vereinbarung von Verfallklauseln entspricht einer
weitverbreiteten Übung im Arbeitsleben,
Mindestfrist Arbeitsvertrag BAG: 3 Monate.
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: Geschuldete Arbeitszeit
Frau AT ist seit 2006 bei der I GmbH als Angestellte
beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag erhält AT „für
die Erfüllung ihrer Aufgaben“ ein Jahresgehalt von
95.000 € brutto, sowie eine vom Unternehmenserfolg abhängige Tantieme. Mit Schreiben vom
10.11.2010 forderte I dazu auf, täglich mindestens
7,6 Stunden zu arbeiten und eine Wochenarbeitszeit von 38 Stunden einzuhalten. Im Dezember 2010
arbeitet AT insgesamt 19,8 Stunden, vom 1. bis 19.
Januar 2011 insgesamt 5,51 Stunden.
AT meint, das Maß ihrer Arbeitsleistung sei die
geschuldete Arbeitsleistung. Sie erhebt Klage zum
Arbeitsgericht auf Feststellung, dass sie nicht zur
Ableistung von 38 Stunden wöchentlich verpflichtet
ist. Mit Erfolg?
BAG 15.05.2013 – 10 AZR 325/12
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Lösung: Geschuldeten Arbeitszeit bei
Fehlen ausdrücklicher Vereinbarung
Der Arbeitsvertrag enthält keine genaue Bezifferung des Umfangs der Arbeitszeit.
Dann ist anzunehmen, dass die Parteien die
betriebsübliche Arbeitszeit vereinbaren wollen.
Dies entspricht dem Vertragswillen verständiger
und redlicher Vertragspartner. Ein Vollzeitarbeitnehmer muss mangels anderer Anhaltspunkte
davon ausgehen, dass er in gleichem Umfange
wie andere Vollzeitarbeitnehmer zur Arbeit
verpflichtet ist, §§ 133, 157 BGB.
Ergebnis: AT ist verpflichtet, die übliche Arbeitszeit
für Vollzeitarbeitskräfte einzuhalten.
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: Konkludente Vereinbarung
Herr J war bis zum 30.6.2011 für die Firma A als
„Leiter IT“ tätig. Sein Arbeitsvertrag vom 22.12.
1995 enthält folgende Vergütungsvereinbarung:
„J erhält ein Bruttogehalt von 120.000 DM p.a.,
das in 12 monatlichen Teilbeträgen ausgezahlt
wird. Bei erfolgreicher Zusammenarbeit im 1. Jahr
zahlt A zusätzlich eine Tantieme von 10.0000 DM.“
A zahlte jährlich eine Tantieme, in den Jahren
2004 bis 2006 erhielt J jeweils 34.103 €.
J verlangt für die Jahre 2007 bis 2010 Tantiemen in
gleicher Höhe. Zurecht? BAG 17.04.2013 - 10 AZR 251/12
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Lösung: Vereinbarung Tantieme
1. Schriftlicher Arbeitsvertrag: Nur für 1. Jahr
2. Betriebliche Übung:
a) Wiederholte, mindestens 3- malige Zahlung ohne
Freiwilligkeitsvorbehalt
b) Enthält kollektives Element: Bezieht sich auf eine
Vielzahl oder zumindest eine abgrenzbare Gruppe von Arbeitnehmern, ohne dass individuelle
Besonderheiten die vertraglichen Beziehungen
gestalten.
3. Ergebnis: Zurückverweisung zur Auflärung:
a) Individueller Tantiemeanspruch kann durch eine
schlüssige/konkludente Abrede entstanden sein,
b) über deren Höhe der Arbeitgeber nach billigem
Ermessen zu entscheiden hat, § 315 BGB
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: Schwangere Schwangerschaftsvertretung
Frau F schließt mit der S – AG einen auf 2 Jahre befristeten Arbeitsvertrag als Schwangerschaftsvertretung. Einen Monat nach Beschäftigungsbeginn setzt
F die S- AG in Kenntnis, dass sie schwanger ist und in
wenigen Monaten ein Kind gebären wird.
Die S-AG ficht den Arbeitsvertrag wegen arglistiger
Täuschung an. F sei ihre Schwangerschaft bei
Abschluss des Arbeitsvertrages bekannt gewesen.
Sie hätte niemals eine Schwangere als Schwangerschaftsvertretung eingestellt.
Besteht das Arbeitsverhältnis fort?
LAG Köln 11.10.2012 - 6 Sa 641/12
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Lösung: Schwangere Schwangerschaftsvertretung
1. Kündigung: Keine Zustimmung, § 9 I MuSchuG
2. Anfechtung wg. verschwiegener Schwangerschaft
1. Verkehrswesentliche Eigenschaft, § 119 Abs. 2 BGB
2. Täuschung mit Arglist, § 123 BGB:
1.
2.
3.
Verschwiegen:
Frage S-AG: Recht zu lügen?
Offenbarungspflicht?
Auf unzulässige Frage!
Rechtliche Wertung des Grundgesetz und AGG:
Schwangere Frauen würden durch eine Offenbarungspflicht wegen ihres Geschlechtes diskriminiert.
BAG 06.02.2003 - 2 AZR 621/01
Ergebnis: Kein Anfechtungsgrund,
das Arbeitsverhältnis besteht fort.
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: Insich- (Vertrag-)Geschäft
G ist Geschäftsführer der Hochbau GmbH. Anlässlich
der Auslieferung seines neuen Dienstwagens möchte
er seinen bisherigen Dienstwagen für seinen Sohn
erwerben, der demnächst 18 Jahre alt wird und
bereits seinen Führerschein macht. Als er den schriftlichen Kaufvertrag aufsetzt, kommen ihm Bedenken.
Abwandlung:
G ist verwitwet. Die Hochbau GmbH soll mit seinem
Sohn einen Ausbildungsvertrag abschließen.
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Arbeitsrecht im Betrieb
Arbeitgeber
2S
Arbeitnehmer
§ 164
Vollmacht
In fremdem Namen
Vertreter
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Lösung: Insich- (Vertrag-)Geschäft
Ein Vertrag kommt zustande, wenn sich Verkäufer und
Käufer über Gegenstand und Preis einig werden.
Die GmbH wird von ihrem Geschäftsführer vertreten.
Fraglich ist, ob der Geschäftsführer die GmbH auch
bei einem Vertrag mit sich selbst vertreten kann.
§ 181 BGB: Satzung und Eintragung ins Handelsregister
• Abwandlung:
Fraglich ist, ob der Geschäftsführer bei einem
Vertragsschluss gleichzeitig die GmbH und seinen
Sohn vertreten kann.
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
• Unterzeichnung der Kündigung weder
– durch offenkundig Bevollmächtigten des
Arbeitgebers
( insbes.
Geschäftsführer, Leiter Personalabteilung)
– noch Vorlage einer Vollmacht
• Folgen, § 174 BGB:
– Empfänger kann Kündigung binnen einer
Woche zurückweisen.
– Kündigung ist dann unwirksam, keine
Heilung oder Genehmigung
• Neue Kündigung erforderlich,
• die Arbeitsverhältnis erst später beendet
• Solange ist Arbeitgeber in Annahmeverzug
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Kündigung durch Vertreter
Wer muss einer von ihm unterschriebenen Kündigung
seine schriftliche Vollmacht?
1. Abteilungsleiter Rechnungswesen GmbH
Ja
2. Filialleiter einer Einzelhandelskette
Ja
3. Kaufmännischer Leiter einer GmbH & Co KG Nein
4. Personalleiter einer GmbH
Nein
5. Prokurist einer AG?
ppa. § 54 HGB
Nein
6. Geschäftsführer einer GmbH? Organ, bei
nein
bei mehreren grds. Gesamtvertretung, dann alle
7. Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen
Rechts?
Grds. alle Gesellschafter
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: BER – Chefplaner RP 25.06.2015
Die Pannenserie um den Berliner Großflughafen reißt
nicht ab: Der im Mai gefeuerte Chefplaner der
Entrauchungsanlage, der Angestellte Alfredo di
Mauro, war gar kein Ingenieur, sondern in seiner
Ausbildung nur Bauzeichner.
Flughafenchef Hartmut Mehdorn hatte Anfang Mai
erklärt, dass die Zusammenarbeit mit dem 52Jährigen beendet sei. Er habe die Anlage in ihrer
nicht funktionsfähigen Form geplant. Bereits im Frühjahr 2012 galt die Entrauchungsanlage als Hauptursache für den geplatzten Eröffnungstermin des
Flughafens.
Wie hätten Sie als BER-Personalchef das Arbeitsverhältnis beendet?
Hat BER Schadensersatzansprüche?
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Lösung: BER - Chefplaner
1. Kündigung: Außerordentlich, § 626 BGB
2. Anfechtung des Arbeitsvertrage wg.
1. Arglistiger Täuschung, §123 BGB
2. Irrtum verkehrswesentliche Eigenschaft, §
119 II
Grds. mit Rückwirkung auf Vertragsschluss
3. Schadensersatz:
1. Kündigung, § 628 Abs. 2
2. Anfechtung aus § 823 BGB
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: Kündigung unter einer Bedingung:
• „Wir kündigen fristgerecht zum 28.02.2015, falls Sie nicht
bereit sind, ab dem 09.12.2013 zu folgenden anderen
Bedingungen weiterzuarbeiten…..“
• Kündigung bedingungsfeindlich: Bei Gestaltungsrecht kann
Erklärungsempfänger keine Ungewissheit / Schwebezustand
zugemutet werden. Die bedingte Kündigung ist unwirksam.
• Unbedenklich sind nur:
– Rechtsbedingungen,
• "außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung.“
Die außerordentliche wird unbedingt, die ordentliche
Kündigung unter der Bedingung ausgesprochen, dass
die außerordentliche unwirksam ist.
– Potestativ- Bedingung: Hängt vom Willen des Erklärungsempfängers ab /versetzen ihn nicht in eine ungewisse Lage
• z.B. Änderungskündigung bei gleichzeitigem Angebot
der Fortsetzung des Vertrages zu geänderten Bedingungen, die Erklärungsempfänger annehmen kann
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Anfechtung: Eigenkündigung
+ Aufhebungsvertrag
1. § 119 Abs. 1 BGB:
a)Erklärungsirrtum: Abgabe einer Erklärung
b)Inhaltsirrtum, z.B. bloße Entschuldigung gemeint
2. § 123 BGB: Drohung AG mit fristloser Kündigung
ist nur dann ein empfindliches Übel, wenn verständiger
Arbeitgeber a.o. Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung
ziehen durfte
BAG 28.11.2007 – 6 AZR 1108/06
3. Unbeachtlich:
a) Irrtümer über Rechtsfolgen, z.B. steuer- und sozialversicherungsrechtliche, z.B. Sperrzeit
b) Unkenntnis Sonderkündigungsschutz
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Fall: Verwirkte Schwerbehinderung
Die G- AG beschäftigt seit dem 29.08.1989 Frau A in
ihrem Betriebsteil in K bei der Herstellung von Gummidichtungen für die Automobilindustrie.
Mit Schreiben vom 29.11.2006 kündigte die G-AG A
zum 30.6.2007, weil sie die Produktion K schließt und
teilweise nach Ungarn verlagert. A erhebt 15.12.2006
Kündigungsschutzklage. Den Gütetermin 23.1.2008
nimmt A selbst wahr. Dann beauftragt sie Rechtsanwalt R, der mit fristgerechtem Schriftsatz vom 2.03.2008
geltend macht, A sei gem. Bescheid des Versorgungsamtes vom 31.9.1988 zu 50 % schwerbehindert. Im
Kammertermin 4.5.2008 macht die G-AG geltend, ihr
sei die Schwerbehinderung erst durch den Schriftsatz
vom 02.03.2008 bekannt geworden.
Hat A mit ihrer Klage Erfolg?
BAG 09.06.2011 – 2 AZR 703/09 und 23.02.2010 – 2 AZR 659/08
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Arbeitsrecht im Betrieb
2S
Lösung: Verwirkte Schwerbehinderung
1. Kündigungsschutz Schwerbehinderte, § 85 SGB
IX: Kündigung nur mit Zustimmung der Hauptfürsorgestelle = Landschaftsverband Rheinland
: Lag nicht vor.
2. Berufen auf Schwerbehinderung: Grundsätzlich
unabhängig von Kenntnis des Arbeitgebers.
3. Verwirkung: Kennt der AG bei Ausspruch der
Kündigung die Schwerbehinderung nicht, muss
der Arbeitnehmer ihn binnen 3 Wochen
informieren. Danach kann AN sich auf den
Kündigungsschutz nicht mehr berufen.
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Arbeitsrecht im Betrieb
3
Dienstverträge &
Arbeitsverhältnisse
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Arbeitsrecht im Betrieb
3
Dienst- und Arbeitsvertrag
• (Freier) Dienstvertrag , §§ 611 ff BGB
• Dienste jeder Art gegen vereinbarte Vergütung
• Grund- und Auffangtatbestand auch für den
• Arbeitsvertrag: Arbeitnehmerbegriff
– Durch privatrechtlichen Vertrag
– Arbeit gem. Eingliederung in Betrieb des AG &
Weisungsgebundenheit, § 106 GewO
– Soziale Abhängigkeit: Lebensunterhalt des AN
– Konflikte zwischen Vertragsfreiheit + zwingendem
Arbeitsrecht =Arbeitnehmerschutz durch Gesetze
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Arbeitsrecht im Betrieb
3
Arbeitsverhältnis Zivilrecht,
Grundlage §§ 611 ff BGB:
Arbeitsverträge:
• Vertragsfreiheit: Angebot + Annahme
• Formfrei:
Nachweisgesetz:
– AG muss vorunterzeichneten Entwurf vorlegen
– Wirkung: Deklaratorisch, Gegenbeweis möglich
• Schlüssig durch
Eingliederung
Einfühlungsarbeitsverhältnis:
- Bloßes Beobachten der Arbeit, Probieren
- Ohne Eingliederung in Arbeitsabläufe
- Maximal 3 - 5 Tage
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Arbeitsrecht im Betrieb
3
Dienst- und Arbeitsvertrag
• Vergütung, § 612 BGB:
• Ob:
Gilt als stillschweigend vereinbart =
Fiktion, wenn Vergütung üblich
• Höhe: Übliche Vergütung, insbes. Tarifvertrag
• Weihnachtsgeld:Ggf. Prämie für zukünftige Betriebstreue
• Vereinbarter Lohn:
• Grds. brutto geschuldet
• Nettolohnvereinbarung:
– Nur bei ausdrücklicher Vereinbarung der Parteien
– Nicht aus § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV
BAG 21.09.2011 - 5 AZR 629/10
• Tantieme nach Ertragslage & individueller Leistung:
– Leistungsbestimmung durch Arbeitgeber, § 315 BGB
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Arbeitsrecht im Betrieb
3
Vorleistungspflicht Arbeitnehmer
• Vergütung nach Leistung der Dienste, § 614:
• Ohne Arbeit grds. kein Lohn
• Fälligkeit am Monatsende / bis zum 10. /15.
des Folgemonats
• Annahmeverzug des Arbeitgebers, § 615 :
• Tatsächliches Arbeitsangebot des AN, § 294:
– Zur rechten Zeit am rechten (Arbeits-) Ort
– Arbeitsleistung angeboten
– Auch bei regelmäßiger Arbeitszeit erforderlich
BAG 18.04.2012 – 5 AZR 248/11
• Ausnahmsweise genügt wörtliches Angebot:
– Ablehnungserklärung / Kündigung des AG
– Mitwirkungshandlung AG, Unzumutbarkeit für AN
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Arbeitsrecht im Betrieb
3G
Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“
Ausnahmen:
BGB
• Annahmeverzug des Arbeitgebers
§§ 293, 295, 615
• Kündigung, a.o, Freistellung durch AG =
als Verzicht auf Arbeitsangebot,
§ 297
• Zurückbehaltungsrecht
§ 273
• Gegenanspruch des Schuldners
• Lohnanspruch Arbeitnehmer: Nach Höhe + Zeit erheblich
• Fehlender AG- Schutz gegen Belästigung
§ 14 AGG
• Entgeltfortzahlung,
EntgFG
• an gesetzlichen Feiertagen
§2
• bei Krankheit mit (Teil-) Arbeitsunfähigkeit
§3
• Urlaub:
• 4 Wochen, bei 6- Tage- Woche 24 Tage, § 3 BUrlG
• 5 Tage
Schwerbehindertenurlaub,
§ 125 SGB IX
• Arbeitsvertragliche o. tarifliche Regelung: Häufig 30 Tage
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Arbeitsrecht im Betrieb
3
Maßregelungsverbot, § 612 a:
• Arbeitnehmer
• übt seine Rechte zulässig aus
– Auslegung: Nicht nur aus Arbeitsvertrag
• Benachteiligende Maßnahme, z.B.
– Kündigung , Abmahnung
– Beschäftigung mit sinnlosen Arbeiten
• des Arbeitgebers = AG – Funktion: Auch
Entleiher bei Arbeitnehmerüberlassung
• Rechtsfolge: Maßnahme unwirksam
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Arbeitsrecht im Betrieb
3G
Betriebsübergang, § 613 a BGB
• Durch Rechtsgeschäft: Verkauf, Erbgang
• Übergang von Betriebsmitteln:
• Produktionsbetrieb: Sächliche Betriebsmittel
• Handel + Dienstleistung = Betriebsmittelarm:
Übernahme der identitätsprägenden Sachkunde
• Nicht bloße Funktions- Nachfolge
• Übernahme und wesentliche Beibehaltung
des Wertschöpfungszusammenhangs:
•
•
•
•
Arbeitnehmer
Kunden – + Lieferantenbeziehungen
Telefon- Nummer, e-mail-Adresse
Betriebliche Tätigkeiten: Ähnlich + nicht unterbrochen
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Arbeitsrecht im Betrieb
3G
Rechtsfolgen § 613 a:
• Erwerber tritt in Arbeitsverhältnisse ein
• Veräußerer oder Erwerber: Unterrichtung
der Arbeitnehmer, Abs. 5
– in Textform, § 126 b über
– Umstände des Übergangs + Auswirkungen auf
Arbeitsplatz, gem. Z. 1- 4 , wenn
– unzureichend: Widerspruchsfrist beginnt nicht
bis zur zeitlichen Grenze der Verwirkung
• Widerspruchsrecht Arbeitnehmer, Abs. 6:
– Frist: 1 Monat
– Folge: Arbeitsverhältnis bleibt beim Veräußerer,
+ Veräußerer kündigt betriebsbedingt
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Arbeitsrecht im Betrieb
3
Weitere Rechtsfolgen § 613 a
• Haftung des Veräußerers, Abs. 2:
Ein Jahr für Schulden des Erwerbers
• Kündigungsverbot, Abs. 4 S. 1: Wenn
Betriebsübergang für Kündigung ursächlich
• Weitergeltung Kollektiv- Vereinbarungen:
– Tarifvertragsnormen + Betriebsvereinbarungen
mit Rechten + Pflichten Arbeitsvertragsparteien
– gelten als Inhalt des Arbeitsvertrages weiter +
– dürfen ein Jahr nicht zu Lasten der Arbeitnehmer geändert werden
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Arbeitsrecht im Betrieb
3
Anwendungsfälle, § 613 a BGB
• Unternehmensübernahme durch „Asset Deal“
• Einzelübergang der Vermögensgegenstände
• Bei Anteilsübergang kein Rechtsträgerwechsel
• Bewachungsdienstleister: Betriebsmittelgeprägt,
wenn Gebrauch der Betriebsmittel durch Auftraggeber vorgeschrieben ist. BAG 23.5.2013 – 8 AZR 207/12
• Outsourcing „outside ressource using“
– Ausgliederung von Aufgaben, die nicht zum
Kerngeschäft gehören
– Beispiele: Reinigungsdienst oder Kantinen
• Nicht: Bloßer Funktionsübergang ohne
– wesentliche Teile der Belegschaft oder
– Übergang identitätsprägender Betriebsmittel
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Arbeitsrecht im Betrieb
3
Übertragung von Abteilungen
• § 613 a BGB: Betrieb oder Betriebsteil
• Betriebsteil: Identifizierbare wirtschaftliche und
organisatorische Teileinheiten eines Betriebes,
BAG 13. Oktober 2011 – 8 AZR 455/10
• beim früheren Betriebsinhaber,
• die beim Erwerber im Wesentlichen fortbesteht
• Betriebsteil muss auch beim neuen Inhaber
Mächtigkeit haben
• Übertragung in Stufen / Tranchen:
– Wesentlicher Teile der Belegschaft oder
– Übergang identitätsprägender Betriebsmittel
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Arbeitsrecht im Betrieb
Vorübergehende
3
Verhinderung § 616
• AN ist für verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit
an der Dienstleistung gehindert: max. 5 Tage
• Durch in seiner Person liegenden Grund:
–
–
–
–
Subjektive, persönliche Leistungshindernisse
Arztgang, der während Arbeitszeit erforderlich ist
Familiäre Ereignisse (Hochzeit, Geburt, Begräbnis)
Pflege erkrankter naher Angehöriger, insbes. Kinder
• Ohne Verschulden
• Anrechnung anderer Bezüge
• Vertraglich abdingbar
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82
Arbeitsrecht im Betrieb
3
Arbeitgeber:
• Pflichten bzw. Obliegenheiten:
– Einrichtung des Arbeitsplatzes
– Zuweisung der Arbeit
• Fürsorgepflichten:
– Schutzmaßnahmen, § 618 BGB, unabdingbar, § 619
» Räume
Heizung, Hygiene ArbeitsstättenVO
» Gerätschaften Arbeitsschutz
Unfallverhütung UVV
– Nebenleistungs- und Schutzpflichten, § 242 BGB:
» Leben und Gesundheit der AN
» Eigentum und Vermögen des AN
» Schikane- und Mobbingverbot
• Weisungsrecht, § 106 GewO:
– Bestimmung von
– Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung
– nach billigem Ermessen
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83
Arbeitsrecht im Betrieb
3G
Schadensersatz in Verträgen
§ 280 bei Pflichtverletzung
- Ersatz des kausalen Schadens
-
Abs. 1 S. 2: Außer, wenn nicht zu vertreten
§ 276 Schuldner muss vertreten:
- Vorsatz: Wissen und Wollen des Erfolges
- Fahrlässigkeit, Abs. 2: Außerachtlassung
der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt
- Garantie oder Risikoübernahme
§ 278 Schuldner verantwortlich für seine
- gesetzlichen Vertreter (GmbH für Gf)
- Erfüllungsgehilfen = AG für Arbeitnehmer
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84
Arbeitsrecht im Betrieb
3G
Ersatzpflicht ohne Vertrag, § 823
• Verletzung
von Körper, Gesundheit,
Eigentum, Gewerbebetrieb
• Rechtswidrig:
Keine Rechtfertigung, insbes. durch
Notwehr, Einwilligung, Streik
• Verschulden: Vorsatz oder Fahrlässigkeit
• Folge: Schädiger schuldet Schadensersatz
• Haftung für Verrichtungsgehilfen, § 831 BGB:
– Deliktische Haftung für den zur Verrichtung
Bestellten,
– nicht wenn sorgfältig ausgewählt +
überwacht
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Arbeitsrecht im Betrieb
3G
Privilegierte Haftung Arbeitnehmer, §§ 280, 276, 619 a BGB:
• Früher: Schadensgeneigte Arbeit
• Schadensteilung mit Arbeitgeber nach
Grad des Verschuldens
– Leichte Fahrlässigkeit
: Arbeitgeber allein
– Mittlere Fahrlässigkeit
: Schadensteilung
– Grobe Fahrlässigkeit
: Arbeitnehmer
+ Vorsatz
allein
• Mitverschulden des Arbeitgebers, § 254 BGB
• bei Teilnahme am Straßenverkehr: AN haftet
nur für Selbstbeteiligung in Kaskoversicherung
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Arbeitsrecht im Betrieb
3
Fristen ordentliche Kündigung, § 622
Abs. 1 4 Wochen zum 15. oder Ende
des Kalendermonats
Abs. 2 Verlängerung für Arbeitgeber S. 1
nach Dauer des Arbeitsverhältnisses:
- 2 Jahre: 1 Monat zum Monatsende
- 5 Jahre: 2 Monate zum Monatsende
……
- 20Jahre: 7 Monate zum Monatsende
S. 2 „Nichtberücksichtigung vor 25. Lebensj.“:
Wegen Verstoß gg. Europarecht unanwendbar!
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Arbeitsrecht im Betrieb 3
Fristen ordentliche Kündigung, § 622
Abs. 3 In vereinbarter Probezeit: 2 Wochen
Abs. 4 Kürzere Fristen nur in Tarifvertrag
Abs. 5 Arbeitsvertragliche Verkürzungen:
- Einstellung zur vorübergehenden Aushilfe bis 3 Monate: Mindestfrist 1 Tag
- In Kleinbetrieben bis 20 AN:
Mindestfrist nur 4 Wochen
Außerordentliche Kündigung aus wichtigem
Grund, § 626 Abs. 1 BGB: Sofortige Beendigung,
wenn Abwarten der Kündigungsfrist unzumutbar.
Eine Kündigung "zum nächsten möglichen Termin" ist nicht zu
unbestimmt.
BAG 20.06.2013 - 6 AZR 805/11
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Arbeitsrecht im Betrieb
3
Beendigung Arbeitsvertrag
Nur schriftlich, § 623 BGB:
• Kündigung (ordentlich /außerordentliche)
• Einvernehmlich durch Aufhebungsvertrag
Stillschweigende Verlängerung, § 625
• Dienstverhältnis nach Beendigung fortgesetzt
mit Wissen des Arbeitgebers
• kein unverzüglicher Widerspruch
• Auslaufen Befristung: Arbeitsvertrag unbefristet
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Arbeitsrecht im Betrieb
3
Arbeitsverweigerung wg. Lohnverzug
• § 273 Abs. 1 BGB: Der Schuldner, der aus demselben
Rechtsverhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht,
einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger hat,
kann die geschuldete Leistung grds. verweigern, bis
ihm die gebührende Leistung bewirkt wird.
• Das Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers
wg. einem fälligen Lohnanspruch beschränkt § 242
BGB. Der AN darf die Arbeit nicht verweigern, wenn
– der Rückstand verhältnismäßig geringfügig ist,
– nur eine kurzfristige Verzögerung zu erwarten ist,
– dem Arbeitgeber ein unverhältnismäßig großer
Schaden droht oder
– der Lohnanspruch auf andere Weise gesichert ist,
insbesondere Insolvenzgeld, § 165 SGB III .
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Arbeitsrecht im Betrieb
3S
Fall: Pflichtteil von Stiefmutter
Der 72-jährige Vater stellt am 03.05.2011
seine 48-jährige Tochter T in seiner GmbH
mit bislang 9 Mitarbeitern als Bürokauffrau
ein. Weitere Geschäftsführerin ist seine 2.
Ehefrau. Am 05.01.2012 verstirbt der Vater
plötzlich und unerwartet. Er hat die 2. Ehefrau als Alleinerbin eingesetzt. Als T ihren
Pflichtteilsanspruch, § 2303 BGB, durch
Rechtsanwalt erhebt, kündigt Geschäftsführerin mit Schreiben vom 10.02.2012
ordentlich zum 15.03.2012.
Hat die Kündigungsschutzklage der Tochter
vor dem Arbeitsgericht Aussicht auf Erfolg?
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Arbeitsrecht im Betrieb
3S
Lösung: Pflichtteil von Stiefmutter
1. Kündigungsschutzgesetz: Nicht anwendbar, da
nicht mehr als 10 Mitarbeiter, § 23 I 3 KSchG.
2. Die Kündigung könnte nach § 612 a BGB unwirksam
sein:
a) Fraglich, ob auch die Geltendmachung von
Rechten, die mit dem Arbeitsverhältnis nichts zu
tun haben (hier Pflichtteilsrecht), erfasst werden:
so AK 5. Aufl. 2012.
b) Die Kündigung ist eine Benachteiligung.
c) Die Kausalität der Geltendmachung des Pflichtteilsrechtes für die Kündigung ist im Prozess vor
dem Arbeitsgericht ggf. schwer nachweisbar.
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Arbeitsrecht im Betrieb
3S
Siemens (S)- BenQ
• Siemens verkauft seine Mobiltelefon- Produktion an
taiwanesischen Weltmarktführer für Scanner BenQ :
– 06.06.2005 Vorvertrag mit BenQ Corporation, Taiwan
– 29.08.2005 Unterrichtungsschreiben S an Mitarbeiter: Übertragung
– 30.08.2005 an BenQ Mobile GmbH & Co. OHG: Gesellschaftsvertrag
- Gesellschafter: Zwei GmbHs, Stammkapital je 25.000 €
- kein Hinweis auf Ausscheiden Siemens aus Altersversorgung
– 16.09.2005 Eintragung ins Handelsregister
– 20.09.2005 Kaufvertrag: S überträgt 2.000 Patente+ zahlt 350 Mio. € zum
Ausgleich übernommener Schulden incl. Pensionszusagen
– 30.09.2005 Übertragung des wirtschaftlichen Teilbetriebs
• Insolvenz BenQ :
– 30.09.2006: Eigenantrag
• Mitarbeiter:
01.01.2007: Eröffnung
– 13.03.2007 Formschreiben : Widerspruch gg. Übergang Arbeitsverhältnisse
– klagen
gegen Siemens auf Fortbestehen ihrer Arbeitsverträge
BAG 23.07.2009 - 8 AZR 538/08
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Arbeitsrecht im Betrieb
Siemens
3S
§ 433
Arbeitsvertrag
BenQ
Widerspruchsrecht
Arbeitnehmer
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Arbeitsrecht im Betrieb
3S
BAG zu Siemens - BenQ:
• Belehrung unzureichend
• Identität der Betriebserwerberin
• Grund für Übergang: Schuldrechtlicher Vertrag
• Rechtliche Folgen AN: Beschränkung Betriebsrenten
auf Erwerber
• Fortgeltung Tarifverträge + Betriebsvereinbarungen:
als Arbeitsvertrag oder weiterhin kollektivrechtlich
• Widerspruchsrecht:
– Kollektive Ausübung, Beratung IG Metall
– Nicht verwirkt:
• Zeitmoment: AN hat längere Zeit nicht geltend gemacht, ggf.
bereits nach 5-6 Monaten, BAG 17.20.2013 – 8 AZR 974/12
• Umstandsmoment: Und den Eindruck erweckt, er wolle sein
Recht nicht mehr geltend machen
• Ergebnis: Widerspruch wirkt auf Betriebsübergang zurück
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Arbeitsrecht im Betrieb
3S
Fall: Schadensersatz wegen Trunkenheit
A ist verheiratet, keine Kinder. Seit dem 02.04.2007 ist A
bei der Spedition S GmbH als Fahrer mit einem Bruttomonatslohn von 2.726 € beschäftigt. Mit Schreiben
vom 27.04.2007 hat S GmbH den A hingewiesen, dass
am Arbeitsplatz ein absolutes Alkoholverbot herrsche.
Am 28.06.2008 kam A gegen 3:20 Uhr mit dem LKW bei
trockener Fahrbahn von Autobahn ab, fuhr auf Grass,
schleuderte in Richtung Mittelleitplanke und prallte
wieder zurück. Der LKW stürzte um und verlor Ladung.
Um 5:15 Uhr wurde eine Blutalkoholkonzentration von
0,94 Promille festgestellt. A wurde wegen fahrlässiger
Trunkenheit im Straßenverkehr zu 35 Tagessätzen
verurteilt.
S GmbH verlangt von A den Ersatz ihres Schadens von
17.522,25 €. Zurecht?
BAG 15.11.2012 – 8 AZR 705/11
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Arbeitsrecht im Betrieb
3S
Lösung: Schadensersatz wg. Trunkenheit
• Schadensteilung nach Grad des
Verschuldens
– Grobe Fahrlässigkeit : AN grds. alleine
• Haftungserleichterungen, § 254:
• Straßenverkehr: Nur Selbstbeteiligung in
Kaskoversicherung (hier Ausschluss)
• Verdienst in deutlichem Missverhältnis
zum Schadensrisiko: Keine starre Haftungsobergrenze, z.B. 3- facher Monatslohn
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Arbeitsverhältnisse im
Arbeitsrecht und
Sozialversicherungsrecht
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Arbeitnehmer- Schutz:
• Zivilrecht:
– Arbeitsgesetze, zu Lasten AN grds.nicht abdingbar
– Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten
• Sozialversicherungsrecht:
– Daseinsvorsorge durch Mitgliedschaft in
»
»
»
»
Arbeitslosenversicherung
Krankenversicherung
Rentenversicherung
Pflegeversicherung
SGB III
SGB V
SGB VI
SGB XI
Arbeitslohn
Krankheit
Altersarmut
Pflegefall
– Gesamtsozialversicherungsbeiträge
» Je zur Hälfte zu Lasten AG und AN
• Steuerrecht: Lohnsteuer
– AN schuldet, AG behält ein + führt an Finanzamt ab
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Arbeitnehmerbegriff des BAG:
• Aufgrund privatrechtlichen Vertrages
– Öffentlich-rechtlich: Beamte, Richter, Soldaten
– Nicht: 1-Euro–Jobs, stufenweise
Wiedereingliederung, §74 SGB V, Ehrenamtliche
• In persönlicher Abhängigkeit gegen Entgelt
• Verpflichtung zu fremdbestimmter Arbeit:
Weisungsgebundenheit,§ 106 GewO hinsichtl.
– Inhalt und Durchführung
– Zeit und Dauer
– Ort
der Tätigkeit
• Gesamtwürdigung
– des wirklichen, objektiven Geschäftsinhaltes &
– der tatsächlichen, praktischen Durchführung
– unabhängig von Bezeichnung & Vereinbarung
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Sozialversicherungspflicht:
• § 7 Abs. 1 SGB IV Alle Sozialversicherungen:
Beschäftigung ist die
• nichtselbständige Arbeit insbes. in einem
Arbeitsverhältnis
• Gesamtabwägung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände
• Fallgruppenbildung – Typisierung
BayLSG 28.05.2013 – L 5 R 863/12
• § 2 Abs. 1 Z. 9 SGB VI Rentenversicherung:
• Keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer
• + auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen
Arbeitgeber tätig
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Sozialgesetzbücher SGB
• SGB I
• SGB II
Allgemeiner Teil
Grundsicherung für Arbeitssuchende:
Arbeitslosengeld II – Harz IV
• SGB IV Gemeinsame Vorschriften
– Meldung Sozialversicherung, § 28 a: Zur KK
– (Gesamt-) Sozialversicherungsbeiträge, § 28d
• SGB VII Gesetzliche Unfallversicherung
• SGB IX Schwerbehindertenrecht
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Arbeitsrecht im Betrieb
4G
In allen Arbeitsverhältnissen: Gesamt-
Sozialversicherungsbeiträge zur
• Arbeitslosenversicherung:
SGB III
• Bundesanstalt für Arbeit
• Rentenversicherung:
SGB VI
– Träger: Deutsche Rentenversicherung
– Prüft beim Arbeitgeber alle 3/4 Jahre Abführung
der Gesamtsozialversicherungsbeiträge
– Sozialversicherungsausweis, § 18 h SGB IV
• Krankenversicherung:
SGB V
– Freie Krankenkassenwahl
• Pflegeversicherung – Pflegekassen
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SGB XI
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Arbeitslosengeld II- Harz IV
• Grundsicherung für Arbeitssuchende, SGB II:
Gleichstellung der Arbeitssuchenden mit
Sozialhilfeempfängern
• Träger:
• Kommunen = Kreisfreie Städte & Kreise:
– Unterkunft, Wohnung
– Kinderbetreuung
• Bundesanstalt für Arbeit:
– Sicherung des Lebensunterhaltes
– Arbeitsmarktbezogen: Eingliederung in Arbeit
– Sozialversicherung
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Arbeitslosengeld II / Harz IV
Bedarfsorientiert:
&
Niedrigere Sätze
strengere Regeln:
• Unterhalt in Bedarfsgemeinschaften:
– In Ehe- und Lebensgemeinschaften wird
– Einkommen des Partners berücksichtigt
• Schonvermögen, keine Verwertung:
– Selbstgenutztes Einfamilienhaus oder
Eigentumswohnung:
Bis ca. 200.000 €
– Sparvermögen:
Bis 5.000 €
– Pkw:
Nein
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Arbeitsförderungsrecht SGB III
•
•
•
•
•
•
Träger: Bundesanstalt für Arbeit
Finanzierung der Arbeitslosenversicherung
Arbeitsvermittlung, § 35
Eingliederung, Berufsvorbereitung usw. , § 44 ff
Kurzarbeitergeld, §§ 95 ff, 104: Bis 12 Monate
Arbeitslosengeld I, §§ 136 ff
• Mit Beiträgen Renten-, Kranken- & Pflegeversicherung
• Insolvenzgeld, §§ 165 ff:
– Deckt 3 Monate Rückstand
– Finanzierung: Umlage Arbeitgeber, § 358
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Arbeitsförderungsrecht SGB III
• Eingliederung, § 44
• Förderung der Berufswahl und -ausbildung:
• Berufsorientierung + -einstiegsbegleitung, § 48
• Berufsvorbereitung, § 51 ff
• Berufsausbildungsbeihilfe, § 56
• Berufsausbildung, § 73
• Berufliche Weiterbildung, § 81
• Abs. 4: Bildungsgutschein
• Behinderte Menschen:
• Teilhabe am Arbeitsleben, §§ 112 ff
• Gründungszuschuss, § 93: Arbeitnehmer beendet
Arbeitslosigkeit und macht sich selbständig
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Arbeitsrecht im Betrieb
4G
Arbeitslosengeld I
• Bewilligungs- Voraussetzungen, § 137:
– Arbeitslosigkeit o. berufliche Weiterbildung, § 139
– Meldung als arbeitssuchend + verfügbar, § 141
– In letzten 2 Jahren mind. 12 Monate beschäftigt, §142
• Dauer, § 147: 6 - 24 Monate
• Höhe,§ 149: 67 bzw. 60 % vom Nettoentgelt
• Sperrzeit, § 159: Ruhen des Anspruches wegen
– Versicherungswidrigen Verhaltens
• Arbeitsablehnung ohne wichtigen Grund
• Verletzung von Mitwirkungs- und Meldepflichten
• Verschuldeter Verlust des Arbeitsplatzes
– Dauer, Abs. 3 : grds. 12 ggf. 6 / 3 Wochen
Durchführungsanweisung der Bundesanstalt für Arbeit
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
ALG I: Sperrzeit, § 159 SGB III
• Verschuldeter Verlust d. Arbeitsplatzes:
• AG-Kündigung wg. vertragswidrigem Verhalten
• Arbeitsaufgabe, insbes. AN - Kündigung
Aufhebungsvertrag
• Aufhebungsvertrag unschädlich:
– Bei drohender betriebsbedingten Kündigung
– AN erhält Abfindung im Rahmen § 1 a KSchG
– Keine offenkundige Rechtswidrigkeit der
beabsichtigten Kündigung
Bundessozialgericht vom 02.05.2012 – B 11 AL 6 /11 R
• Arbeitslosengeld II / Harz IV: Nur Kürzung
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Arbeitsrecht im Betrieb
4G
Keine Sperrzeit bei ALG I, wenn
• Arbeit nicht versicherungspflichtig, z.B. Aushilfe
• Vergleich im Kündigungsschutzprozess:
Beendigung betriebsbedingt
Bundessozialgericht 17.10.2007 - B 11a AL 51/06 R
• Abwicklungsvereinbarung: Bloße Regelung der
Folgen einer (wirksamen) Kündigung
• Wichtiger Grund für Aufhebungsvertrag:
– Arbeitgeber hätte betriebsbedingt gekündigt +
zahlt eine Abfindung von 0,25 – 0,5 bruttoMonatsentgelten je Beschäftigungsjahr.
– AN hat Anschlussbeschäftigung
– Arbeit macht AN krank
– Insolvenz des Arbeitgebers
Durchführungsanweisung der Bundesagentur für Arbeit:
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Arbeitsrecht im Betrieb 4
Kurzarbeit, § 95 ff SGB III
• Einführung nur bei Vereinbarung in Arbeitsoder Tarifvertrag
• Erheblicher Arbeitsausfall, § 96:
– Wirtschaftliche Gründe oder
unabwendbares Ereignis
– Vorübergehend
– Nicht vermeidbar
– Mindestens 1/3 d. AN mehr als 10 % d. Lohnes
•
•
•
•
Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig
Anzeige Arbeitsausfall an örtl. Arbeitsamt, § 99
Dauer: Maximal 12 Monate
Berechnungs-, Auszahlungs-, Aufzeichnungs- und
Anzeigepflichten, § 320
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Krankenversicherung SGB V
• Träger: Krankenversicherungen, freie KK- Wahl, § 173
• Krankheit, § 44 = § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz:
• Arbeitsunfähigkeits- Richtlinien, §§ 92 I Nr. 7, 81 III Nr. 2:
Vom Arzt objektiv vorzunehmende Gesundheitsbewertung:
Zuletzt ausgeübte Tätigkeit kann aufgrund der Erkrankung
- nicht mehr oder
- nur unter Gefahr der Verschlimmerung ausgeübt werden
• Behandlung der Krankheiten, § 27; Freie Arztwahl, § 76
• Krankengeld, §§ 44:
– 70 % des letzten brutto- Entgeltes, § 47
– Für längstens 78 Wochen innerhalb von 3 Jahren
– Auch während „stufenweiser Wiedereingliederung“, § 74
• Medizinischer Dienst, §275: Gutachterliche Stellungnahme
– Abs. 1 a bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit
– Arzt übermittelt ergänzende Auskünfte, § 7 AURichtlinie
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Stufenweise Wiedereingliederung,
74 SGB V
• Unterfall begrenzten Arbeitsunfähigkeit: Keine
Arbeitsfähigkeit für den geschuldeten Zeitraum
• Ärztliche Empfehlung: Zeitlich gestufte
Wiedereingliederung medizinisch sinnvoll
• Krankenkasse: Anordnung und Krankengeld
• Grds. keine Mitwirkungspflicht AG/Anspruch AN
• nur Schwerbehinderte/Gleichgestellte, § 81 IV Z.1 SGB IX
• Arbeit zum Zwecke der Rehabilitation, nicht zur
Erfüllung der vertraglichen Arbeitspflicht
– Kein Lohnanspruch, Urlaubsgewährung usw.
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Rentenversicherung SGB VI
• Träger: Deutsche Rentenversicherung
• Versicherungspflichtig:
• Beschäftigte, § 1,
– auch Z. 9: Nur ein Auftraggeber, keine AN
• Selbständig Tätige, § 2
• Rehabilitation:
• Medizinisch, § 15: grds. max. 3 Wochen
• Beruflich, § 16: Verweis auf SGB IX
• Wiedereingliederung in das Erwerbsleben
+ Sicherung Erwerbsfähigkeit, § 31
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Rentenversicherung SGB VI:
• Altersrente, §§ 35 - 40:
• Regelaltersgrenze: 67/ 65 Jahre
• Wartezeit: 35 / 45 / 25 Jahre
• Ist kein Kündigungsgrund, § 41
• Hinterbliebenenrente:
– Witwen, § 46
– (Halb-) Waisen, § 48
• Erwerbsminderungsrente, § 43:
• Unfähig 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein
• Ohne Berücksichtigung der Lage am
Arbeitsmarkt
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Arbeitsrecht im Betrieb
Gesetzliche
4
Unfallversicherung SGB VII
• Träger: Berufsgenossenschaft
• Beitragspflicht: Arbeitgeber allein
• Versicherungsfall:
• Arbeitsunfall, § 8
• Berufskrankheit, § 9:
– Erleidet Versicherter bei versicherter Tätigkeit,
– Bundesregierung durch RechtsVO bestimmt
(nur physische, nicht psychisch, z.B. burn out)
• Verletztengeld, § 45 statt Krankengeld
auch an geringfügig Beschäftigte
• Unfallrente, § 56 Abs. 1:
Ab Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 %
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Privilegierte Haftung im
Arbeitsverhältnis, SGB VII
• Für Personenschäden der Arbeitsnehmer:
– Arbeitsunfälle
– Berufskrankheiten
• haften nur bei Vorsatz
– der Unternehmers, § 104
– die Arbeitnehmer untereinander, § 105
– andere im Betrieb tätige Personen, § 106
Grund: Berufsgenossenschaft ist gesetzliche
Unfallversicherung mit alleiniger Beitragspflicht
des Arbeitgebers.
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Behinderte Menschen, SGB IX
• Beschäftigungspflicht Arbeitgeber, § 71 I:
• Ab 20 Arbeitsplätzen
• Auf mindestens 5 %
• Ausgleichsabgabe, § 77:
• Selbst errechnen + mit Anzeige abführen, § 80 II
• Ansprüche Schwerbehinderte:
• Zusatzurlaub: 5 Tage, § 125 I
– Nicht für Gleichgestellte, § 68 III
• Anspruch auf angemessene Beschäftigung mit
Verwertung ihrer Fähigkeiten + Kenntnisse,
Arbeitsplatz mit technischen Hilfen, § 81 IV
• Schwerbehindertenvertretung, §§ 94 ff
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Feststellung der Behinderung,
§ 69 SGB IX:
• Auf Antrag an das Versorgungsamt
• Feststellung durch Bescheid:
• Körperliche o. geistige Beeinträchtigungen
• des Grades der Behinderung, GdB
• In 10er –Schritten von 20 bis 100
• Entspricht Minderung der Erwerbstätigkeit, MdE
• Versorgungsmedizinische Grundsätze: Grad der
Schädigungsfolgen GdS. Ärztliche Feststellung
• Kündigungsschutz auch bei
• offensichtlicher Behinderung und
• nachträglicher Anerkennung durch Bescheid
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Kündigungsschutz § 85 SGB IX
• Körperliche Voraussetzungen:
• Schwerbehinderung:
Mindestens 50 % GdB
– Nachweis, § 90 (2a), auch nachträglich
– Offenkundigkeit genügt, BAG 1985, 7 AZR 373/83
• oder Gleichstellung, § 68 III:
– Mindestens 30 % GdB und
– Antrag an Bundesanstalt Arbeitsamt
• Erst nach Wartefrist 6 Monate, § 90 I 1
• Nicht bei auslaufender Befristung
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Arbeitsrecht im Betrieb
4
Kündigungsschutz SGB IX
• Zustimmungserfordernis, § 85
• Antrag an Landschaftsverband Rheinland (LVR)
• Feststellungen durch örtliche Fürsorgestelle: Städte
und Kreise
• Entscheidung durch LVR
• Entscheidung Integrationsamt LVR, § 87:
• Freies, aber pflichtgebundenes Ermessen, § 88:
Fürsorgegesetz zum Erhalt des Arbeitsplatzes
• Einschränkung des Ermessens, § 89:
– Abs. 1: „Muss“ bei Betriebsaufgabe
– „Soll“ bei wesentlicher Betriebseinschränkung
– Abs. 2: Sicherung eines anderen Arbeitsplatzes
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Arbeitsrecht im Betrieb
4S
SchwarzarbeitsbekämpfungsG
Legaldefinition, § 1 Abs. 1 SchwarzArbG:
•
•
•
•
•
Als
Arbeitgeber
Arbeitnehmer
Sozialhilfe
Gewerbeinhaber
Handwerker
Nichterfüllung der
Meldung Sozialversicherung
steuerliche Pflichten
Mitteilungspflichten
Anzeige § 14 GewO
Eintragung Handwerksrolle
Schutz des Systems der Pflichtmitgliedschaft
aller Arbeitnehmer in Sozialversicherungen:
• § 266 a StGB Abführung Arbeitnehmeranteile
Steuerhinterziehung, insbes. der Lohnsteuer
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Arbeitsrecht im Betrieb 4 S
Geringfügige Beschäftigung
§ 8 SGB IV
• Geringfügig entlohnt: Entgelt bis 450 €/Monat
•
•
Incl. laufenden + einmaligen Einnahmen
–
–
Sonderzahlungen: Umrechnung und Addition
Geschuldete Beiträge zu Sozialversicherungen
–
–
Pauschalsteuer , § 40 a I und II EStG
Pauschalbeiträge Kranken- + Rentenversicherung
Ohne vom Arbeitgeber übernommener
• Kurzfristig:
• Längstens
oder
2 Monate
50 (volle) Arbeitstage
• Mehrere Beschäftigungen: Zusammenrechnen
• Gleitzone, § 20 II SGB IV: Entgelt 450,01 bis 800 €
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123
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Was ist „Phantom- Lohn“?
Wenn der Arbeitgeber einen
- gesetzlichen Mindestlohn oder
- allgemeinverbindlichen Tariflohn
unterschreitet,
wird der Berechnung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge der
geschuldete Lohn zugrunde gelegt,
und zwar unabhängig von den
Zahlungen an den Arbeitnehmer.
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124
Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Scheinselbständigkeit:
• Abgrenzung - abhängiger Beschäftigung von
- selbständiger Tätigkeit
• Vertragsverhältnis der Parteien:
–
–
–
–
Weisungsfrei
Nicht eingegliedert
Unternehmerrisiko
Maßgeblich: Wie es tatsächlich vollzogen wurde
» Aus der tatsächl. Durchführung als gewollt ergibt
» Ausübung von Weisungsrechten
BSG v. 25.01.2006 – B 12 KR 30/04 R ; 29.08.2012 – B 12 KR 14/10 R
• Risiken des Arbeitgebers:
– Schuldner Sozialversicherungsbeiträge 4 Jahre
– Rückgriff beim AN: Nur 3 Monate, §§ 28d, 28g
SGBIV
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Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Statusfeststellung AN/ Gewerbe
• Auf Antrag AG/AN, § 7 a SGB IV: Statusfeststellung durch Bescheid des Rentenversicherungsträgers
gleichwertig neben LSG NRW 2.7.2013 - L1 KR 572/11
Betriebsprüfung durch Krankenkasse als
Einzugsstelle, § 28 h Abs. 2 SGB IV:
– Entscheidung über Versicherungspflicht und
Beitragshöhe
• Beide Verfahren:
– Amtsermittlung
– Gesamtwürdigung aller Umstände
– Bescheid, Widerspruch, Klage zum SG
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Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Fall: Nicht hauptamtliche Lehrkraft in JVA
• Gesamtwürdigung
– des wirklichen, objektiven Geschäftsinhaltes und
– der tatsächlichen, praktischen Durchführung
– unabhängig von Bezeichnung und Vereinbarung
• Schriftlicher Vertrag: Verpflichtung zu
– Aufbauunterricht durchschnittlich 13 Wochenstunden zu
45 Minuten
– gemäß Lehrplan, bei Bedarf in den Ferien
• Weisungsgebundenheit der Tätigkeit hinsichtl.
– Inhalt und Durchführung
– Zeit und Dauer
– Ort
BAG v. 15.02.2012 – 10 AZR 301/10
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Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Fall: Freiberuflicher OP- Pfleger
• Für Selbständigkeit:
–
–
–
–
- Gewerbeanmeldung, Steuererklärung
Eigene höchste Qualifikation, Büro, Ehefrau Aushilfe
Anlagevermögen: OP- Schuhe, Büroausstattung
Kundenstamm, Akquise, Entscheidung Auftragsannahme
Unternehmerrisiko, Gründungszuschuss Gewerbe von BA
• Für abhängige Beschäftigung:
– Tätigkeit eingegliedert in Betriebsorganisation +
abläufe: Fremdbestimmte Arbeitsfolge im OP- Team
– Kein eigenständiger, abgrenzbarer Leistungsbereich,
Arbeitsergebnis o. Abrechenbarkeit
– Keine Haftung gegenüber Patienten
– Bezahlung: Festes Stunden- / Tageshonorar
-
• Rechtsklarheit + -sicherheit:
– Typus eines abhängig beschäftigter OP- Pfleger
– Kein Grund für Abweichung
BSG 25.04.2012 – B 12 KR 24/10 R; BayLSG 28.5.2013 – L 5 R 863/12
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Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Ansprüche gegen die
Berufsgenossenschaft wegen
Erkrankung durch Mobben?
• Arbeitsunfall, § 8:
Kein plötzliches Ereignis
• Berufskrankheit, § 9:
Bei keiner Berufsgruppe ein
besonders erhöhtes Risiko
• Klage abgewiesen
Landessozialgericht vom 2012,
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Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Fall: Gerüstabsturz
Fa. Gerüstbau GmbH erledigt alle Gerüstarbeiten
auf den Solvay- Werken. Am 11.03.2013 rüstet sie ein
Bürogebäude ein, das von 2 auf 3 Etagen aufgestockt werden soll. Am 11.04.2013 erhöhen ihr
Vorarbeiter V mit dem Gerüstbauer B und Helfer H
das Gerüst um eine Etage. Am 12.04.2013 beginnt
die Zimmerfirma Z GmbH mit dem Aufsetzen des
neuen Dachstuhls. Um 7:15 Uhr bricht der Geselle G
durch ein Gerüstbohle, stürzt 4,50 m ab und verletzt
sich schwer.
Der Geschäftsführer der Gerüstbaufirma B beruft
sich gegenüber G und Z GmbH darauf, das Gerüst
sein noch nicht freigegeben gewesen. Er meint,
weder seine GmbH noch seine Mitarbeiter müssten
haften. Hat er Recht?
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Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Lösung Gerüstabsturz:
Ansprüche aus Verletzungen bei
Arbeitsunfall, § 8: Ausgeschlossen
• eines Gerüstbauers gegen
• eigenen Arbeitgeber (Unternehmen), § 104
• Kollegen = im Betrieb tätigen Personen, § 105
• Zimmerer gegen
• Gerüstbaufirma und
• Ihre Mitarbeiter, § 106
• Streitige Freigabe: Erheblich nur für
• Strafrechtliche Verantwortung (Vorarbeiter V?)
• Ggf. Rückgriff der BG
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Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Zustimmungsverfahren
• Zuständig: Hauptfürsorgestelle
• Entscheidung: Landschaftsverband Rheinland LVR
• Feststellungen örtliche Fürsorgestelle: Städte+ Kreise
• Antragserfordernis:
• Nach 6 Monaten Arbeitsverhältnis, § 90
• jede Kündigung ordentlich , § 85
außerordentlich, § 99
• Grundsatz: Mündliche Verhandlung
• Entscheidungs- Fristen:
• Ordentliche Kündigung:
Soll in 4 Wochen
• Außerordentliche Kündigung: Binnen 2 Wochen
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Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Zustimmungsverfahren:
• Entscheidung Integrationsamt:
• Ermessen: Abwägung Interessen AG Behinderter
nicht aus Gründen der Behinderung
• Sollvorschrift Zustimmung, § 89 S. 2:
bei wesentlicher Betriebseinschränkung
• Fristen für Ausspruch der Kündigung:
• Ordentlich: Innerhalb eines Monats, § 88 III
• Außerordentlich: Unverzüglich, auch nach 2
Wochen, § 91 V
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Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Rechtsmittel, § 69 SGB IX
• Bescheid des Versorgungsamtes über Grad
der Schädigungsfolgen (GdS)
• nach versorgungsmedizinischen Grundsätzen
• Widerspruch
• Widerspruchsbescheid
• Klage zum Sozialgericht:
• Nur sachgerechte Ausübung des Ermessens:
– Aufhebung, wenn Ermessenfehler
– Stattgabe nur , wenn Ermessensreduktion auf Null
• Auf Antrag des Behinderten: Bestimmter Arzt als
Gutachter, § 109 SGG
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Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Verfahren nach SGB IX
• Integrationsvereinbarung, § 83:
• Antrag: Schwerbehindertenvertretung o. Betriebsrat
• Inhalt: Regelungen zur Eingliederung
• Präventionsbemühungen, § 84 I:
• Für Schwerbehinderte Einschaltung Integrationsamt bei
• Schwierigkeiten personen-,verhaltens-, betriebsbedingt
• Betriebliches Eingliederungsmanagement, § 84 II:
• Unabhängig von Schwerbehinderung
• Arbeitsunfähigkeit länger als 6 Wochen/Jahr
• Obligation mit Ziel: Verminderung Arbeitsunfähigkeit
durch leidensgerechte Beschäftigung
• Bei Mitwirkung: Arbeitnehmer teilt Erkrankung mit und
entbindet Ärzte ggf. von Schweigepflicht
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Arbeitsrecht im Betrieb
4S
Rehabilitation gem. SGB
• Medizinisch: Bestrebung o. ihr Erfolg, einen
Menschen wieder in seinen vormals existierenden körperlichen Zustand zu versetzen
• Krankenversicherung:
§ 40 SGB V
• Rentenversicherung:
§ 15 SGB VI
Leistungen gem.
• Schwerbehinderte
• Berufsgenossenschaft
§§ 26 – 31 SGB IX
§ 1 SGB VII
• Arbeitsförderung: Nur berufliche Rehabilitation,
z.B. Leistungen zur Förderung der Teilhabe am
Arbeitsleben an Behinderte § 113 SGB III
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Arbeitsrecht im Betrieb
5
Allgemeiner
Kündigungsschutz &
Kündigungsschutzklage
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Arbeitsrecht im Betrieb
5G
Kündigung fristlos, § 626:
– Wichtiger Grund: Fortsetzung bis Ende der
Kündigungsfrist unzumutbar, Abs. 1
– Innerhalb 2 Wochen ab Kenntnis der
Gründe, Abs. 2
Fallgruppen wichtiger Grund:
- Vertrauensbereich: Insbes. Straftaten
- Arbeitsverweigerung: Nur beharrlich
- unentschuldigtes Fehlen
- Verweigerung Überstunden
- eigenmächtiger Urlaubsantritt
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Arbeitsrecht im Betrieb
5G
Außerordentliche Kündigung:
Wirksamkeitsprüfung zweistufig, BAG:
• Sachverhalt „an sich d.h. typischerweise“
als Grund für a.o. Kündigung geeignet
• Berücksichtigung Umstände des Einzelfalls und Abwägung der beiderseitigen
Interessen:
– Arbeitnehmer: Dauer Betriebszugehörigkeit,
beanstandungsfreie Führung
- Arbeitgeber: Beendigungsinteresse
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Arbeitsrecht im Betrieb
5
Wichtiger Grund: Fallgruppen
• Arbeitsverweigerung: Nur beharrliches
• unentschuldigtes Fehlen
• eigenmächtiger Urlaubsantritt
• Verweigerung von Überstunden
• Nebentätigkeit: Nur wenn
• Fortgesetzt & vorsätzlich
• Offensichtlich nicht genehmigungsfähig
• Wettbewerb während des Vertrages, § 60 HGB
(Nachvertraglich: Nur §§ 74 ff HGB)
• Straftaten im Arbeitsverhältnis:
• Tätlichkeiten (Körperverletzung, Nötigung,)
• Grobe Beleidigungen, auch auf Facebook
Abgrenzung: Kritik, auch an Vorgesetzten
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Arbeitsrecht im Betrieb
5
Straftatbestände:
• Diebstahl, § 242 StGB:
• Eigentum eines Dritten, des AG
• Zueignungshandlung des AN
• Wegnahme: Gewahrsamsbruch
• Unterschlagung, § 246: Wie Diebstahl, jedoch
•
Bei berechtigtem Besitz des AN
• Betrug, § 263 StGB: z.B. Arbeitszeit – und Spesen
• Täuschung eines Dritten
• zu Vermögensverfügung
• dadurch Vermögensschaden
• Untreue, § 266 StGB:
• Verfügungsbefugnis
• Missbrauch
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141
Arbeitsrecht im Betrieb
5
Straftatbestände:
• Urkundenfälschung, § 267 StGB:
• Täuschung über die Person des Ausstellers
• Nicht bei Vollmacht = vergeistigter Urkundenbegriff
• Bestechlichkeit / Bestechung im geschäftlichen
verkehr, § 299 StGB, Schmiergeldverbot:
• Angenommen oder gezahlt
• Verfügungsbefugnis + Käuflichkeitsabrede
• Verrat von Geschäftsgeheimnissen, § 17 UWG
• Fahren ohne Fahrerlaubnis, § 20 StVG:
• Fahrer, Fahrzeughalter bei Zulassen
• Vorsatz oder Fahrlässigkeit
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Arbeitsrecht im Betrieb
5
Alkohol am Steuer:
• Ab 0,5 Promille: Ordnungswidrigkeit, § 24 a StVG
• Geldbuße
• Fahrverbot 1 – 3 Monate
• Trunkenheit im Verkehr, § 316 StGB:
• Führung eines Kraftfahrzeuges
• Unter Alkohol- oder Drogeneinfluss
• Fahruntauglichkeit:
– Absolute : ab 1,1 Promille
– Relative: mindestens 0,3 Promille +Ausfallerscheinung
• Strafe:
– 30 Tagessätze
– Führerscheinentzug, Sperrfrist Wiedererteilung 1Jahr:
ggf. Auswirkungen auf Arbeitsvertrag, z.B. „Fahrer“
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 G
Kündigungsschutzgesetz KSchG
1. Arbeitgeber: Betrieb mit in der Regel
mehr als 10 Arbeitnehmern
a) Betrieb: Organisatorische Einheit mit
einheitlicher Leitung in personellen +
sozialen Angelegenheiten
b) AN bis 20 Std./ Woche: Zur Hälfte
mehr als 20 Std./ Woche: Voll
c)ohne Geschäftsführer,
§ 14 I und
Auszubildenden,
§ 23 I
d) LeihAN: Wenn Einsatz auf "in der Regel
vorhandenem Personalbedarf beruht“
BAG 24.01.2013 - 2 AZR 140/12
2. nach 6 Monaten Wartefrist, § 1 II
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 G
Soziale Rechtfertigung durch
• Personenbedingte Gründe: Es fehlt die
– Körperliche Fähigkeit o. erforderliche
Ausbildung
– zur Erbringung der vertraglich geschuldeten
Leistung / Arbeit
• Verhaltensbedingte Gründe: Vertragsverstoß
– Leistungsbereich: Erst nach einschlägiger
Abmahnung
– Vertrauensbereich: Abwägung ähnlich a.o.
• Dringende betriebliche Gründe:
– Wegfall des Arbeitsplatzes
– Sozialauswahl
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 G
Verhaltensbedingte Kündigung
• 1. Verletzung erheblicher vertraglicher Pflichten:
– Schuldhaft: Vorsätzlich o. fahrlässig
– Darlegungs- + Beweislast: Arbeitgeber, dann abgestuft
– Grund nicht durch andere Kündigung o. Abmahnung
verbraucht
• 2. Negative Prognose &Verhältnismäßigkeit:
– Störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht zu erwarten
– Vertrauensbereich: Bei vorsätzliche Straftat mit Dienstbezug
– Leistungsbereich: Erst nach einschlägiger Abmahnung
BAG 11.07.2013 – 2 AZR 994/12
• 3. Interessenabwägung von
– Beendigungsinteresse des Arbeitgebers
– Bestandsschutz des Arbeitnehmers
Bei Verstoß gg. Arbeitsvertrag: Sperrzeit, § 144 SGB III
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Arbeitsrecht im Betrieb 5
Verstöße gegen Arbeitsvertrag
• Dauernde Unpünktlichkeit
• Krankmeldung nicht unverzüglich, § 5 EFZG
nahtlos bei auch bei Krankengeld
• Beleidigungen eines Vorgesetzten, auch in Social
Media, z.B. auf Facebook
• Betriebsfrieden stören, Denunzieren von Kollegen
• Internetnutzung (Virengefahr), private Telefonate (?)
• Arbeitsverweigerung: nur erheblich und beharrlich
– auch zulässiger Über- und Mehrarbeit
– unentschuldigtes Fehlen
– eigenmächtiger Urlaubsantritt
• Wettbewerb während Arbeitsvertrag, § 60 HGB
• Verdachtskündigung: Auf objektive Gründe gestützter
dringender Verdacht einer Straftat nach Anhörung
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 G
Abmahnung:
• Verhältnismäßigkeit: Geringeres Mittel vor
Kündigung
• Voraussetzung für Sozialwirksamkeit Kündigung:
• Verhaltensbedingte Kündigung im Leistungsbereich
• Grds. bereits beim 1. gleichartigen Verstoß
(viele Abmahnungen schwächen die Warnfunktion!)
• Entbehrlich: Schwere Pflichtverletzungen Vertrauensbereich
• Anwendungsbereiche:
– Steuer- + abstellbares Verhalten: „Kann, aber will nicht“
– Nicht erforderlich: Vorwerfbares/ schuldhaftes Verhalten
– Vertrauensverhältnis wiederherstellbar
• Vorweggenommene Abmahnung: Arbeitgeber hat
– durch Arbeitsvertrag o. Aushang zu erkennen gegeben,
– dass er Fehlverhalten nicht hinnehmen wird.
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 G
Abmahnung:
• Funktionen
• Hinweis: Welches Verhalten verstößt gegen AV - Pflichten
• Ermahnung zu vertragstreuem Verhalten
• Warnung: Androhung der Kündigung
• Formelle Bestandteile: Nicht formgebunden
– Angabe der Verpflichtung aus Arbeitsvertrag: Hinweis– Konkrete Schilderung des Verstoßes:
Rügefunktion
– Kündigungsandrohung:
Warnfunktion
• Anspruch auf Entfernung aus Personalakte, wenn
Abmahnung fehlerhaft: Unbestimmt oder unrichtig
• Wirkungsdauer: i.d.R. 2 Jahre Verbleib: ewige Dokumentation
• Alternativen:
Personalgespräch, Ermahnung,
Korrekturvereinbarung
BAG vom 19.07.2012 – 2 AZR 782/11
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 5
• Verdachtskündigung:
• Aus objektiven Umständen dringender Verdacht
einer schwerer Pflichtverletzung,
• Der das notwendige Vertrauen zerstört
• Arbeitnehmer ist vor Kündigung anzuhören
• Bei Entkräftung Wiedereinstellungsanspruch
• Strafanzeige gegen Arbeitgeber bei
Missständen „Whistleblower“
• Staatsbürgerliches Recht auch in Arbeitsverhältnis
• Arbeitnehmer muss zunächst innerbetriebliche
Klärung versuchen, sofern ihm zumutbar
• Verstoß bei wissentlich falschen Angaben
BAG 27.09.2012 – 2 AZR 646/11
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 G
Dringende betriebliche Gründe
I. Beschäftigungsmöglichkeit/Weiterbeschäftigungsbedarf ist dauerhaft entfallen:
• Außerbetriebliche Gründe:
– Absatzschwierigkeiten, Umsatzrückgang mit
– unmittelbarer Auswirkung auf den Arbeitsplatz
• Unternehmerentscheidung:
Auf der Grundlage einer Disposition des Arbeitgebers
sind mehr Arbeitnehmer beschäftigt, als zur Erledigung
der anfallenden Arbeiten erforderlich ist: Überprüfung
– nicht auf sachliche Rechtfertigung / Zweckmäßigkeit
– wohl aber, ob
• Entscheidung tatsächlich getroffen + umgesetzt wurde,
• dadurch der Beschäftigungsbedarf für den
Gekündigten entfallen ist
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 5
Dringende betriebliche Gründe
Organisationsentscheidung arbeitsplatznah = von
Kündigungsentschluss nicht zu unterscheiden, z.B.
bei Personaleinsparung:
• AG muss seine Entscheidung in ihrer organisatorischen
Durchführbarkeit + zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen:
• Die Auswirkungen der unternehmerischen Vorgaben +
Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen müssen
• anhand schlüssiger Prognose konkret dargestellt +
• erläutert werden, wie die anfallenden Arbeiten vom
verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige
Leistungen erbracht werden können.
LAG D`dorf 21.08.2012 – 8 Sa 574/12
• Dringlichkeit: Keine Alternative zur Kündigung
• Fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf anderem
freien Arbeitsplatz in Deutschland BAG 29.8.2013 - 2 AZR 809/12
auch bei Leiharbeitnehmer auf Dauerarbeitsplatz
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 G
II. Sozialauswahl, § 1 Abs. 3
• Vergleichbare Arbeitnehmer:
– Betriebsbezogen, einschl. Filialen
– Horizontal: Aufgabenbereich + Ausbildung
– Austauschbarkeit bei Einarbeitung
• Nicht zu berücksichtigende Arbeitnehmer:
– In 6 -monatiger Wartefrist (vorab kündigen!)
– Ordentlich unkündbar (Gesetz, Tarifvertrag)
– Leistung unentbehrlich, § 1 Abs. 3 S. 2:
• Herausnahme Leistungsträger BAG 22.03.2012 - 2 AZR 167/11
• Ausgewogene Alters - Struktur erhalten
• Auswahlgesichtspunkte:
– Dauer der Betriebszugehörigkeit
– Unterhaltspflichten
– Höheres Lebensalter (AGG?) BAG 15.12.2011 - 2 AZR 42/10
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 5
Druckkündigung
• Begriff: AN oder Dritte verlangen vom Arbeitgeber
unter Androhung von Nachteilen die Entlassung
eines bestimmten Arbeitnehmers, s. § 104 BetrVG.
• Sofern keine personen- o. verhaltensbedingte
Gründe: Kündigung aus betrieblichen Gründen.
• Strenge Anforderungen an Zulässigkeit:
– Arbeitgeber hat sich schützend vor Arbeitnehmer
zu stellen.
– Bei Verwirklichung der Drohung sind schwere
wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber zu
befürchten.
– Die Kündigung ist das einzige Mittel, um den
Schaden abzuwenden.
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 5
Sicherung ausgewogene
Personalstruktur, § 1 III 2
• Altersstruktur:
– AG bildet Altersgruppen innerhalb der zur
Sozialauswahl anstehenden Mitarbeiter
– Anteilmäßige Kündigung aus jeder Gruppe
• Funktions- und Betriebsabläufe:
• Arbeitnehmergruppen nach
Ausbildungsstand
• Personalstruktur muss bereits so bestehen,
wie sie gesichert werden soll
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 G
Personenbedingte Gründe:
• Arbeitnehmer ist aufgrund mangelnder
– Eignung und/oder
– persönlicher Fähigkeiten
zur Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen
Verpflichtungen nicht in der Lage.
• Erwartung erheblicher Beeinträchtigung
betrieblicher oder wirtschaftlicher
Interessen des Arbeitgebers
• Umfassende Interessenabwägung zu
Lasten des Arbeitnehmers
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 5
Personenbedingte Gründe:
• Alkohol- + Drogensucht
– Krankheitsstadium & Therapiebereitschaft
hindern Schuldvorwurf
– negative Gesundheitsprognose,
• Fehlende Bereitschaft des Arbeitnehmers:
– Zum Erlernen der deutschen Sprache
– Fortbildung, insbes. von QS verlangt
– Umsetzung von Neuerungen am Arbeitsplatz
• Kraftfahrern: Entziehung Fahrerlaubnis
• U- Haft, Verbüßen einer Freiheitsstrafe
• Druck Kollegen: Erst nach schützendem
Entgegenwirken des AG
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 G
Krankheitsbedingte Kündigung
• Negative Gesundheitsprognose:
– Bekannte Diagnosen & Arztatteste
– Unbekannte Ursache: Indizien aus bisherigen Fehlzeiten
– Häufige Kurzerkrankungen:
»
»
Innerhalb der letzten 2- 3 Jahre
Fehlzeiten mehr als 6 Wochen jährlich
»
»
AN seit 2 – 3 Jahren arbeitsunfähig
Ende der Erkrankung nicht absehbar
»
»
Aktuelle Therapie mit offenem Ausgang
Arbeitsmedizinisches Gutachten
– Lang dauernde Arbeitsunfähigkeit:
– Durch konkrete Umstände widerleglich:
• Erwartung erheblicher Belastungen für AG
• Umfassende Interessenabwägung zu Lasten des AN
• Keine Beschäftigungsmöglichkeit auf freiem,
leidensgerechten Arbeitsplatz: BEM § 84 II SGB IX
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Arbeitsrecht im Betrieb 5
Erwartung erheblicher
Belastungen für Arbeitgeber
• Häufige Kurzerkrankungen:
• Betriebsablaufstörungen: Erheblich, wenn
– trotz Überbrückungsmaßnahmen ("Springer")
– schwere Störungen Produktionsprozess nicht vermeidbar
• Wirtschaftlicher Belastungen,
– insbes. durch Lohnfortzahlungskosten
• Langzeiterkrankungen:
• Auswirkungen des Leistungsausfalls des Erkrankten
• Überbrückungsmaßnahmen nach betrieblichen
Verhältnissen + Position des Erkrankten, ggf.
Einstellung einer Aushilfskraft bis zu zwei Jahren in
Betracht, BAG NZA 1999, S. 978.
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Arbeitsrecht im Betrieb 5
Minderleistungen
• Sofern Verhalten steuerbar:
Grund verhaltensbedingt
– Problem: Messbarkeit der Leistung
– Toleranzgrenze 50 – 100 %
• Eingeschränkte Leistungsfähigkeit:
– Personen- bzw. krankheitsbedingt
– Ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
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Arbeitsrecht im Betrieb 5
Abfindung für Beendigung
• Auflösung durch Urteil, § 9 Abs. 1 S. 2:
• Kündigung beendet Arbeitsverhältnis nicht
• Fortsetzung Arbeitnehmer/-geber nicht zumutbar
–
Auch Verhalten im Prozess + des Bevollmächtigten
• Verurteilung AG zu angemessener Abfindung
• Kündigung AG mit Angebot Abfindung, § 1 a:
– Pro Jahr Betriebszugehörigkeit
– ½ Brutto – Monatsgehalt
• Arbeitsgerichtliche Praxis:
– Erhöhung o. Minderung ½ Quote gem. Erfolgsaussichten
– Auflösungspoker:
• Arbeitnehmer: Annahmeverzug & Rückkehr in Arbeitsverhältnis
• Arbeitgeber: Rücknahme Kündigung
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Arbeitsrecht im Betrieb 5
Massenentlassung, § 17 KSchG:
• Betrieb mit mehr als 20 Mitarbeitern:
Entlassung mindestens 5 Mitarbeiter/ 30 Tage
• Anzeige an Landesarbeitsamt, Abs. 1 und
• mit Stellungnahme des Betriebsrates oder
• Namensliste
• Konsultation des Betriebsrats, Abs. 2
– Auskunft, Unterrichtung, Beratung, BAG 21.03.2013 – 2
AZR60/12:
Mehr als + zusätzlich zu § 102 BetrVG
– Schriftform
• Vor Kündigung, Versäumnis: K unwirksam, §
134 BGB
BAG 28.6.2012 - 6 AZR 780/10; 20.9.2012 – 6 AZR 155/1; 21.3.2013 – 2 AZR
60/12
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Fall: Handy im OP
Dr. Arzt ist seit 2005 Chefarzt Chirurgie des Krankenhauses St. Johannes. Regelmäßig nahm er den
schnurlosen Handapparat seines Diensttelefons
und sein privates Handy mit in den Operationssaal
und legte beide Geräte auf den Ablagetisch. Das
Handy war in der Telefonliste des Krankenhauses
mit einer Kurzwahlnummer hinterlegt.
Mit Schreiben vom 26.9.2008 kündigt die St. Johannes gGmbH das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise
fristgerecht. Der Kläger habe im Operationssaal
häufig Telefonanrufe angenommen oder während
laufender Operation von einem Mitglied des OPTeams annehmen lassen.
Dr. Arzt erhebt Kündigungsschutzklage, mit Erfolg?
BAG 25.10.2012 – 2 AZR 495/11
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Lösung: Handy im OP
1.
Arbeitsvertragsverstoß:
1. Hygiene und Verantwortung für Patienten
2. Leitende Position und
Organisationsverantwortung
3. Dienstliche Telefonate
1. wurden geduldet ,
2. ggf. Interessenabwägung
4. Keine Rechtfertigung für private Telefonate
2. Abmahnung: Kein Anhaltspunkt, dass
1. Änderung des Verhaltens nicht bewirkt würde
2. Noch wiegen einige private Telefonate so
schwer, dass die einmalige Hinnahme objektiv
unzumutbar wäre.
3. Ergebnis: Fristlose + auch ordentliche Kündigung
unwirksam.
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164
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Fall: Emmily
E arbeitet seit 1978 als Kassiererin bei R.
2007 findet der Filialleiter Leergut- Bons
über 0,82 € und 0,48 € und übergibt sie E
„Wenn der Kunde sich meldet“. Die Bons
werden von E bei einem privaten Einkauf
10 Tage später von der kassierenden
Kollegin eingelöst, obwohl sie vom Filialleiter nicht abgezeichnet waren. R kündigt
E gegen den Widerspruch des Betriebsrates wegen dringendem Tatverdacht
fristlos, hilfsweise fristgerecht.
BAG 25.10.2012 – 2 AZR 495/11
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165
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Lösung: Emmily
I. Außerordentliche Kündigung, BAG:
1. Kündigungsgrund „an sich geeignet“:
a) Weisungsverstoß – auch der einlösenden
Kollegin
b) Vertrauensbereich: Unterschlagung auch
bei geringem Wert
2. Abwägung der Umstände Einzelfalles:
a) Pflichtenverstoß + Beendigungsinteresse
b) E hat Arbeitsverhältnis 30 Jahre
beanstandungsfrei geführt
II. Innerhalb von 2 Wochen ab Kenntnis
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Fall: Sexuelle Belästigung
Bruno Deftig, geb. 1950, ist seit 1976 bei dem
Möbelfilialisten Anger als Einkäufer beschäftigt.
Am 18.10.2007 erteilte Fa. Anger eine Abmahnung, weil Deftig eine Mitarbeiterin mit einem
Schlag auf das Gesäß belästigt habe. Am 25.
und 26.06.2008 machte Deftig gegenüber einer
26-jährigen Einkaufsassistentin 4– mal Bemerkungen sexuellen Inhalts. Mit Schreiben 11.07.2008
kündigte Fa. Anger ohne Angabe von Gründen
fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 28.02.2009.
Sind die Kündigungen wirksam?
BAG vom 09.06.2011 – 2 AZR 323/10
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167
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Fall: Außerordentliche Kündigung wg.
• sexueller Belästigung i.S.d. § 3 IV AGG :
– unerwünschtes sexuell bestimmtes Verhalten
– Bezweckt oder bewirkt Verletzung der Würde
– Pflicht des Arbeitgebers zum Einschreiten, §
12 III AGG
• BAG konkretisiert den Verhältnismäßigkeitsgrund-
satz: Arbeitgeber hat die geeigneten, erforderlichen
und angemessenen Maßnahmen zu ergreifen, hier
zum effektiven Schutz des weiblichen Personals vor
weiteren sexuellen Belästigungen.
• Kündigungsschreiben muss Gründe nicht angeben.
Ergebnis: A.o. Kündigung wirksam.
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Betriebliches EingliederungsManagement, § 84 Abs. 2 SGB IX
• AN (auch nicht behindert) ist innerhalb eines
Jahres länger als 6 Wochen krank,
• AG muss Gespräch mit AN über die Gründe
der Arbeitsunfähigkeit zur Verminderung
suchen, insbes. eine „leidensgerechte
Tätigkeit“
• Voraussetzung: Mitwirkung des AN, der seine
Krankheiten offenbart und seine Ärzte von
ihrer Schweigepflicht entbindet
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Klagefrist Kündigungsschutzprozess
• 3 Wochen ab Zugang, § 4 KSchG
– Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts
– Vertretung durch: Rechtsanwalt, Gewerkschaft
• Nachträgliche Zulassung, § 5 Abs. 1
– Unverschuldete Versäumnis
– Anwaltsverschulden zuzurechnen, § 278 &BAG 2012
• Versäumnis: Kündigung gilt als wirksam, § 7
(Fiktion!), auch bei
– außerordentlicher Kündigung
– Sonderkündigungsschutz, z.B. Schwerbehinderung
– Jedoch nicht „falsche“ Kündigungsfrist: Umdeutung zur richtigen Frist, wenn Kündigung als „fristgemäße“ erklärt wurde. BAG 15.05.2013 – 5 AZR 130/12
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
• Teilkündigung Verbot: Weder
– einzelne Vertragsklauseln noch
– Entgelt o. -bestandteile
sind gesondert kündbar
• Änderungskündigung, § 2 KSchG:
– Unbedingte Kündigung des Vertrages
mit voller sozialer Rechtfertigung,
insbes. betriebs- oder personenbedingt
– Angebot eines neuen Arbeitsvertrages
• zu anderen/ schlechteren Bedingungen
• Änderung entfernt sich nicht weiter als erforderlich
vom bisherigen Vertragsinhalt
BAG 10.04.2015 – 2 AZR 812/12
– Bei anderem freien, zumutbaren Arbeitsplatz: Vorrang
vor Beendigungskündigung
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171
Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Optionen AN auf Änderungskündigung
Kündigung
Konsequenz
1. Annahme
Änderungsangebot
-----
2. Annahme
Annahme
Weiterbeschäftigung
zu geänderten
Bedingungen
Nach Prozessausgang:
AN auf altem oder
neuern Arbeitsplatz
3. Änderungs- Annahme
Schutzunter
Klage
Vorbehalt
4. Klage
Ablehnung
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Beendigung ArbV
Fortsetzung oder
Beendigung
Arbeitsvertrag
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Kündigungsschutzklage Gründe:
• Waffengleichheit: Arbeitnehmerreaktion auf
einseitige Kündigung
• Arbeitsplatz trägt wirtschaftliche Existenz:
Rechtfertigungsdruck in Familie + bei Freunden
• Abfindung: Nur in Vergleichen, kein Anspruch
• Sperrzeit: Wenn Kündigung durch Verstoß
gegen Arbeitsvertrag verschuldet, § 159 I Z. 1
SGB III
• Arbeitsgerichte sind Arbeitnehmerschutzgerichte: (Be-) Urteilen „im Zweifel für den
Arbeitnehmer.“
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Änderungskündigung Nebenbedingungen
• Ein dringendes betriebliches Änderungserfordernis
iSd. §§ 2 S.1, 1 II 1 KSchG kommt in Betracht, wenn
Nebenleistungen an Umstände anknüpfen, die nicht
notwendig während der gesamten Dauer des
Arbeitsverhältnisses vorliegen, z.B.
• Mietzuschuss, der Preisdifferenz zwischen billiger Werkwohnung und Wohnung auf freiem Markt ausgleichen soll
• Kostenlose Beförderung zum Betriebshof
• Ein Arbeitgeber, der sich auf eine wesentliche Änderung
der maßgebenden äußeren Verhältnisse beruft, stützt sich
auf Umstände, die
neben §§ 1, 2 KSchG den Wegfall der Geschäftsgrundlage
begründen,
• das Beharren auf der vereinbarten Leistung als unbillig und
unberechtigt erscheinen lassen und
• geeignet sind, eine Änderung sozial zu rechtfertigen.
BAG 20.06.2013 - 2 AZR 396/12
•
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Änderungskündigung & Auflösungsantrag
B ist seit dem 21.10.1985 bei der Tief- & Straßenbau GmbH
als Baumaschinenführer beschäftigt. Er erhielt zuletzt gem.
Lohngruppe 5 des Tarifvertrages monatlich 3.500 € brutto.
Mit Schreiben vom 14.12.2011 kündigte die TS GmbH das
Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31.07.2012 und bot dem
Kläger gleichzeitig die Weiterbeschäftigung ab dem 01.08.
2012 zu den Bedingungen der Lohngruppe 4 an. B nahm
das Änderungsangebot mit Schreiben vom 20.12.2011
unter dem Vorbehalt an, dass die Änderungskündigung
nicht sozial oder aus anderen Gründen unwirksam ist.
B erhebt Kündigungsschutzklage und beantragt zugleich,
das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung
aufzulösen. TS GmbH bestreitet alles. Das Arbeitsgericht hat
festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen
unwirksam ist. Den Auflösungsantrag hat es abgewiesen.
Haben Berufung / Revision des B Erfolg?
BAG 24.10.2013 - 2 AZR 320/13
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 S
Lösung: Änderungskündigung und
Auflösungsantrag
• Änderungskündigung ist sozial unwirksam:
– Arbeitsverhältnis bleibt in Lohngruppe 5
• Auflösungsantrag, § 9 KSchG:
– Arbeitnehmer, Abs. 1 S. 1 oder Arbeitgeber, S. 2
– ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht
zuzumuten:
– Auflösung durch das Gericht:
• Verurteilung des Arbeitgebers zur Zahlung einer
angemessenen Abfindung
• Beendigungszeitpunkt, Abs. 3
– Keine Anwendung auf Änderungskündigung, auch nicht
analog: Bei bloßem Streit über die Bedingungen gibt es
keinen Grund, das Arbeitsverhältnis durch einen
gerichtlichen Eingriff zu beenden.
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Arbeitsrecht im Betrieb 5 W
Arbeit während des Prozesses
• Freistellung AN
– durch AG bis Ablauf Kündigungsfrist
– unter Anrechnung auf Urlaub + Überarbeit
• Prozessbeschäftigung
– Verhinderung von Annahmeverzug + -lohn
– durch Angebot einer Beschäftigung bis zur
rechtskräftigen Entscheidung
– Problematisch:
• Loyalität des Gekündigten: Ist verloren
• Rechtlich: Zulässigkeit der Befristung
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Gewerkschaften
& Tarifverträge
Arbeitnehmerüberlassung
& Scheinselbständigkeit
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Koalitionsfreiheit Art 9 Abs. 3 GG
Gewährleistet für jedermann
• das Recht, zur Förderung der Arbeits- und
Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen
zu bilden
• Schutz der Grundrechtsträger
– Gewerkschaften, incl. koalitionsspezifischer
Betätigung, Art. 9 III 1 GG, .
• Werberecht
• Organisation von Streiks
– Arbeitgeberverbände
• Grundrecht auf Streik
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Schutzbereich der Koalition:
• Individuelle Koalitionsfreiheit:
– gründen, beitreten, Mitglied bleiben
– Tätigkeit in gewerkschaftlichen Organen
– Inanspruchnahme Schutz der Tarifverträge
• Kollektive Koalitionsfreiheit:
– Bestands- Garantie
– Koalitionsspezifische Betätigungen, insbes.
• Tarifautonomie: Regelung des Arbeitslebens
vorrangig durch Tarifverträge
• Recht zum Arbeitskampf
• Information und Werbung von Mitgliedern
im Betrieb durch Gewerkschaftsmitglieder
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Deutscher Gewerkschaftsbund DGB
Mitgliedsgewerkschaften:
IG Metall
Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft
IG Bergbau, Chemie, Energie
IG Bauen – Agrar – Umwelt
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft
Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten
Gewerkschaft der Polizei
Daneben bestehen viele Einzelgewerkschaften, z.B.
die Gewerkschaft der Flugsicherung
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Gewerkschaften:
• Zusammenschluss von Arbeitnehmern zur
- Verbesserung der Arbeitsbedingungen
- Durchsetzen höherer Löhne: Streikrecht
• Schließen mit Arbeitgeber & AG-Verbänden
Tarifverträge: Regelung Arbeitsbedingungen
für ihre Laufzeit mit Friedenspflicht
– Mantel-/ oder Rahmentarifverträge
– Entgelttarifverträge
• Streik:
Suspendiert Pflichten Arbeitsvertrag:
– Arbeitspflicht
– Lohnzahlung
• Streikkasse:
Finanziert den Lohnausfall
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182
Arbeitsrecht im Betrieb 6
Anerkennung einer Gewerkschaft:
•
•
•
•
•
Privatrechtliche Vereinigung
freiwillig zusammengeschlossen
demokratisch organisiert
Bereitschaft zu Tarifverträgen
Unabhängig von
– Gegner sowie
– Staat, Kirche und Parteien
• Anzahl der Mitglieder vermittelt Durchsetzungskraft gegen Arbeitgeber /-verband
• Verfolgt Vereinigungszweck des Art. 9 Abs. 3
GG: Wahrung und Förderung der Arbeits- und
Wirtschaftsbedingungen
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Streik-& Tarifrecht
• Industrielle Entwicklung: Streiks
– sind nötig, um die Unterlegenheit der einzelnen
Arbeitnehmer abzumildern
– dienen der Verbesserung der Arbeits- und
Lebenssituation, dem sozialen Fortschritt
• BAG: Ohne Streikrecht wären
Tarifverhandlungen „kollektives Betteln“
• Unverzichtbarkeit des Streiks gegen Ansichten:
– Gehört in Mottenkiste des Klassenkampfes
– In einer vernetzten Wirtschaft verursachen schon
kleine Streiks Riesenschäden
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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184
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Tarifverträge:
• Abschluss:
– Rechtliche Grundlage: Koalitionsfreiheit, Art. 9 II GG,
gewährleistet Bildung von Vereinigungen zur Wahrung
und Förderung der Arbeits- + Wirtschaftsbedingungen.
– Gesetzlicher Rahmen: Tarifvertragsgesetz (TVG)
• Parteien:
– Arbeitgeberseite:
• Arbeitgeber (§ 2 Abs. 1 TVG) o. Vereinigungen AG
• Handwerksinnungen (§ 54 Abs. 3 Nr.1 HwO)
• Innungsverbände (§ 82 Nr. 3 HwO)
– Arbeitnehmerseite:
• Tariffähige Gewerkschaft oder
• Spitzenorganisation = Zusammenschluss von
Gewerkschaften, § 12 TVG
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185
Arbeitsrecht im Betrieb 6
Tarifverträge: Inhalte
• Schuldrechtlicher Teil TVParteien: - Durchführung
– Friedenspflicht: Verbot Arbeitskampfmaßnahmen
• Normativer Teil = Regelt Arbeitsverhältnis:
• Abschluss-, Inhalts- & Beendigungsnormen
von Arbeitsverhältnissen, z.B: Arbeitsentgelte,
Kündigungsverbote + –fristen:
– Gelten unmittelbar & zwingend, §§ 3 I, 4 I TVG
– Abweichende Abmachungen nur, wenn durch
Tarifvertrag gestattet o. zugunsten AN, § 3 III TVG
• Arbeitsbedingungen: Angelegenheiten über
individuelle Arbeitsverträge hinaus, z. B.
– Anordnung Kurzarbeit & Überstunden
– Wöchentliche Arbeitszeit, Pausen,
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Arbeitskampfrecht: Streik
• Instrument der Tarifautonomie: Streikziel
– in Tarifvertrag regelbar oder
– Regelung der Folgen einer
• Betriebsstillegung oder –verlagerung
• Ausgliederung oder Privatisierung
– Friedenspflicht bei geltenden Tarifverträgen
• Streikaufruf Gewerkschaft nach Urabstimmung:
– Suspendiert Hauptpflichten aus Arbeitsverhältnis:
• Arbeitspflicht und
• Lohnanspruch ruhen
– Arbeitsniederlegung:
• Gewerkschafts- Mitglieder: Verpflichtet
• Nichtorganisierte: Berechtigt
• Kein Kurzarbeitergeld, §§ 174, 146 SGB III
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Arbeitskampfrecht
• Betriebsrat:
– Friedenspflicht, § 74 BetrVG
– darf seine Sachmittel nicht nutzen
• Gegen- Maßnahmen des Arbeitgebers:
– Aufrechterhaltung der Produktion
• Politik der offenen Tür
–
–
–
–
Maßnahmen gegen Streikende
Bei Fernwirkungen: Lohnverweigerung
Stilllegung: Suspendierung der Arbeitswilligen
Aussperrung: Nur Abwehraussperrung , wenn
Solidarität der Arbeitgeber bedroht ist
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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188
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Tarifvertragsgesetz:
• § 1 Tarifvertrag der
• § 2 Tarifvertragsparteien (Koalitionen):
– Gewerkschaften & Spitzenverbände
– Arbeitgeber & Arbeitgebervereinigungen, § 3
– Tarifgebundenheit = Legitimation Normsetzung
Vertragsparteien Mitglieder der Tarifvertragsparteien:
– Arbeitnehmer in Gewerkschaft
– Arbeitgeber in Verband, nicht „Ohne Tarifbindung“
• § 4 Wirkung des Tarifvertrages: Gesetzesgleich
– Unmittelbar: Rechte und Pflichten im Arbeitsvertrag
– Zwingend: Durch Vertrag / Einigung nicht verzichtbar
• § 5 Allgemeinverbindlichkeit
– Erklärung durch Bundesminister Arbeit und Soziales
– Bei Tarifbindung > 50 % & öffentlichem Interesse
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Wann gilt ein Tarifvertrag im
Arbeitsverhältnis?
• Allgemeinverbindlichkeitserklärung
durch Bundesministerium für Arbeit und
Soziales, § 5
• § 4 Abs. 1 TVG: Beide Arbeitsvertragsparteien sind tarifgebundenen:
• Arbeitgeber: Mitglied im Arbeitgeberverband
• Arbeitnehmer: Mitglied der Gewerkschaft
• Nachwirkung, § 4 Abs. 5: Nach Aufhebung TV
bis Neuregelung
• Bezugnahme Arbeitsvertrag:
• Gleichstellung mit Gewerkschaftsmitgliedern
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Bezugnahme-Klauseln:
• Arbeitsvertrag verweist auf Tarifverträge
• Arten der Bezugnahme:
– Statisch: Verweist auf den Tarifvertrag, der zum
Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags gilt
– Dynamische: Bezug auf die jeweils gültige
Fassung eines Tarifvertrags, Jeweiligkeitsklausel
• Vorteile für Arbeitgeber
– tarifgebundenen: Einheitliche Regelungen, unabhängig von Gewerkschaftszugehörigkeit der AN
= mindert den Anreiz zum Gewerkschaftsbeitritt
– nicht tarifgebundene: Erspart betriebliche
Vergütungsordnung
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Allgemeinverbindlicherklärung
• Voraussetzungen, § 5 Abs. 1 TVG:
– Antrag einer Tarifpartei,
– Rechtswirksamer Inlandstarifvertrag
– Tarifgebundene Arbeitgeber beschäftigen
mindestens 50 % der Arbeitnehmer (entfällt?)
– Öffentliches Interesse
• Wirkungen, § 5 Abs. 4 TVG:
– Ausweitung der Tarifbindung auf Außenseiter
= Einschränkung der negativen Koalitionsfreiheit
– Gesetzesgleich normativ
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Allgemeinverbindliche
Tarifverträge: 502 von 72.800
• Baugewerbe
– Bauhauptgewerbe: Bundesrahmentarifvertrag
– Sowie Dachdecker, Fliesenleger, Gerüstbauer,
Maler & Lackierer
– Mit Sozialkassen:
Schlechtwetter, Urlaub
• Bäckerhandwerk, Frisörhandwerk
• Hotel- und Gaststättengewerbe NRW
– Sowie Wach- und Sicherheitsgewerbe
• Öffentlicher Dienst:
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TVöD
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Mindestlöhne durch
• Tarifverträge:
– Allgemeinverbindlicherklärung, § 5 TVG
– Erstreckung, §§ 3 ff AEntG
• Rechtsverordnungen gem.
–
–
–
–
§ 7 AEntG
§§ 10 ff AEntG, z.B. im Pflegebereich:
§ 3 a AÜG: Auf Vorschlag Tarifparteien
§ 4 Abs. 3 Mindestarbeitsbedingungengesetz
• Koalitionsvertrag „Große Koalition“: 8,50 €
– Allgemeine gesetzliche Mindestlohnregelung
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Arbeitsrecht im Betrieb
Branche
6
Mindestlöhne
• Bauhauptgewerbe:
West 11,05 €/Std.
2013
Ost
10,25 €/Std.
• Dachdecker
11,55 €/Std.
• Elektrohandwerk Montage
10,00 €/Std.
• Gerüstbau, seit 1.8.2013
10,00 €/Std.
• Maler- und Lackierer
12,00 / 9,75 €/Std.
• Abfallwirtschaft:
8,68 €/Std.
• Bergbauspezialgesellschaften
• Frisörhandwerk, seit 08/2013
• Gebäudereinigung:
Nur bis 31.12.2013
• Pflegebranche:
8,75 / 7,75 €/Std.
• Wach- & Sicherheitsgewerbe:
7,00 –8,75 €/Std.
• Gastronomie: EntgeltTV av
8,35€/Std.
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Vermeidung Arbeitsverhältnis
• Arbeitnehmerüberlassung: Fremde
Arbeitnehmer befristet ausleihen
• Outsourcen: Übertragung von Arbeitsschritten auf selbständige
– Dienstnehmer,
z.B. Buchhaltung
an Steuerberater
– Werkunternehmer, z.B. Rohbau
an Bauunternehmer
Abgrenzung § 7 Abs. 1 SGB IV
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Arbeitnehmerüberlassung
Arbeitgeber
Verleiher
Arbeitnehmer
Überlassungsvertrag
Eingliederung
Entleiher
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Arbeitnehmerüberlassung:
• Arbeitsvertrag
– Arbeitnehmer und
– Leiharbeitgeber = Verleiher
zwischen
• Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen
– Leiharbeitgeber und
– Entleiher
• Eingliederungsverhältnis
– Vertragsarbeitnehmer und
zwischen
– Entleiher
BAG 18.01.2012 – 7 AZR 723/10
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
ArbeitnehmerüberlassungsG
• Verleiher bedarf der Genehmigung des
Landesarbeitsamtes, § 1
– Anderenfalls Arbeitsverhältnis zwischen AN +
Entleiher, § 10 I AÜG: Folgen für Lohnansprüche &
Kündigung
– Ausnahmen von Erlaubnispflicht, § 1 Abs. 3,
insbes. nur gelegentlich, Z. 2 a
• Überlassung nur „vorübergehend“, § 1 Abs. 1
S. 1:
• Entleiher entledigt sich Arbeitnehmerschutz,
jedoch:
– Anspruch auf gleiche Arbeitsbedingungen +
Entgelt, § 10 IV:
„equal pay“
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Leiharbeitnehmer Zurechnung Betrieb
• Verleiher, § 14 I AÜG
BAG 10.10.2012 - 7 ABR 53/11
• Betriebsrat: Aktives+ passives Wahlrecht, §§ 7 II , 8 BetrVG
• Kündigungsschutz: Mehr als 10 Mitarbeiter, § 23 I KSchG
• Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung
BAG 24.01.2013 - 2 AZR 140/12; 20.06.2013 – 2 AZR 271/12
• Entleiher:
• Betriebsgröße: Soweit Leiharbeitnehmer einen regelmäßigen Beschäftigungsbedarf (Sockelarbeit) decken
– Zahl BR Mitglieder, § 9 BetrVG BAG 13.3.2013 - 7 ABR 69/11
– Kleinbetrieb, § 23 I KSchG, BAG 24.01.2013 – 2 AZR 140/12
• hindern betriebsbedingte Kündigung, wenn sie
BAG 15.12.2011 – 2 AZR 42/10
– nicht nur vorübergehend o. als Personalreserve eingesetzt,
– sondern auf Dauer- Arbeitsplatz mit ständigem, nicht
schwankenden Sockelarbeitsvolumen
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Arbeitsrecht im Betrieb
6
Outsourcen
Arbeitgeber
Arbeitnehmer
Werk- oder
Dienstvertrag
Selbständiger
Unternehmer
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201
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Outsourcing
• Begriff: Ausgliederung von Teilbereiche des
Leistungsprozesses in Werk-/ Dienstverträge
• Abgrenzung:
– Werkvertrag: Unternehmer schuldet Werk = Erfolg
– Dienstvertrag: Dienstleistung
– Arbeitsvertrag: Dienstleistung mit Eingliederung
• Anerkennung, wenn tatsächlich durchgeführt:
– Eingliederung in eigene Arbeitsorganisation:
• Bestimmung Arbeitsbedingungen und - zeit
• Ausübung des Weisungsrechts
– Unternehmerisches Risiko:
• Eigenes Werkzeug und Arbeitsmittel
• Zahlung für Leistung (Aufmaß), nicht für Zeit (Stunden)
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202
Arbeitsrecht im Betrieb
6
Fremdpersonal in Werk-und
Dienstverträgen
• Maßgeblich nicht Vereinbarung oder Bezeichnung, sondern praktische Durchführung:
– Eingliederung in Arbeitsorganisation:
• Ausübung des Weisungsrechts und Kontrollen
• Bestimmung Arbeitsbedingungen und -zeit
– Unternehmerisches Risiko:
• Eigenes Werkzeug und Arbeitsmittel
• Zahlung für Leistung (Aufmaß), nicht für Zeit (Stunden)
• Gewährleistung
• Arbeitnehmer in Organisation des Bestellers:
– Arbeitnehmerüberlassung, § 10 AÜG
– ohne Genehmigung: Arbeitsvertrag mit Entleiher
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203
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Kollektives Arbeitsrecht:
• Abgrenzung zu „Individualarbeitsrecht“
• Recht der arbeitsrechtlichen Koalitionen
– Gewerkschaften
– Arbeitgeberverbände
• Tarifvertragsrecht & Arbeitskampfrecht
(Streiks und Aussperrungen)
• Mitbestimmungsrecht in Unternehmen
und Betrieben
– Betriebsverfassungsrecht: Betriebsrat
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204
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Gewerkschaften im Betrieb:
• Duales System:
– Gewerkschaften
– Betriebsverfassungsorganen, insbes. Betriebsrat
• Im Betrieb vertretenen Gewerkschaft:
– Initiativrechte:
Bildung von Betriebsräten, §§ 14 Abs. 3, 17 a
Bestellung Wahlvorstand, mit Gewerkschaftsfunktionär
Verstöße durch Betriebsverfassungsorgane, § 23 I
Erzwingung Betriebsversammlung, § 42 Abs. 4
– Vertrauensleute: Interessenvertreter und Sprecher der
Gewerkschaftsmitglieder, beraten den Betriebsrat
– Zutrittsrecht zum Betrieb, § 2 Abs. 2, z.B. Werbezwecke
•
•
•
•
• Rechtsvertretung durch Gewerkschaftssekretäre:
– Geltendmachung Ansprüche von Mitgliedern
– & Vertretung vor dem Arbeitsgericht
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205
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Arbeitskampf gegen Fraport AG
Die Gewerkschaft für Flugsicherung e.V. hat auf dem
Frankfurter Flughafen 200 Mitglieder in der Vorfeldkontrolle, Vorfeldaufsicht und Verkehrszentrale. Februar 2012
führt sie einen Streik mit dem Ziel einer Lohnerhöhung
von bis zu 70 Prozent und die Verbesserung von Arbeitsbedingungen. Für einzelne der Forderungen gilt noch ein
Tarifvertrag.
1. Als der Flugverkehr nahezu zum Erliegen kommt,
beantragt die Fraport AG (11.000 Beschäftigte) beim
Arbeitsgericht Frankfurt eine einstweilige Verfügung auf
Unterlassung. Mit Erfolg?
2. Nach Ende des Streiks erheben die
a) Fraport AG
b) Lufthansa AG
Millionenklagen gegen die Gewerkschaft für
Flugsicherung. Mit Erfolg?
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206
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Arbeitskampf Gewerkschaft für Flugsicherung
e.V. gegen die Fraport AG im Februar 2012
1. Einstweilige Verfügung: Untersagung des Streiks.
Verstoß gegen Friedenspflicht, da auch Forderungen
durchgesetzt werden sollten, zu denen noch ein Tarifvertrag galt. Einzelne Forderungen unter Friedenspflicht machen den Streik insgesamt rechtswidrig.
Arbeitsgericht Frankfurt 29.02.2012 - 9 Ga 24/12
2. Schadensersatzklagen gegen Gewerkschaft
abgewiesen:
a) Lufthansa: Nur Drittbetroffene / nicht bestreikt
b) Fraport: Streik hätte ohne die beanstandeten
Forderungen keinen anderen Verlauf genommen
(rechtmäßiges Alternativverhalten)
Hessisches Landesarbeitsgericht 05.12.2013 - Sa 592/13
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207
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
• Tarifeinheit(bis 2010): Ein Betrieb =ein Tarifvertrag
– Bei Bindung Arbeitgeber an verschiedene Tarifverträge verdrängt der speziellere Tarifvertrag den
anderen.
– Begründung: Übergeordneten Prinzipien der
Rechtssicherheit und -klarheit + praktikable Lösung.
BAG 14.6.1989 - 4 AZR 200/89 + 5.9.1990 - 4 AZR 59/90
Soll gem. Koalitionsvertrag GROKO Gesetz werden.
• Tarifpluralität:
Betrieb wird von verschiedenen
Tarifverträgen erfasst, die Gewerkschaften für Arbeitsverhältnisse derselben Art geschlossenen haben.
– Arbeitgeber ist an beide Tarifverträge gebunden.
– Für jeden AN gilt nur ein Tarifvertrag: TV, der Inhalt,
Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen
ordnet, ist kraft Mitgliedschaft in der vertragsschließenden Gewerkschaft anzuwenden.
BAG 27.1.2010 - 4 AZR 549/08 + 23.6.2010 - 10 AS 2/10 u. 10 AS 3/1
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208
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Tarifverträge und BGB AT
•
•
•
•
•
Zwischen Gewerkschaft + Arbeitgeber/-verband
Vertrag über Löhne oder Arbeitsbedingungen
durch Einigung, § 145 BGB: Angebot und Annahme
Vertragsbindung, § 1 TVG: Friedenspflicht
Streik:
1. Ist an sich unerlaubte Handlung, § 823 BGB
Verletzt Gewerbebetriebe als absolutes Recht
2. Rechtfertigung durch Streikrecht,
nicht wenn (eine Forderungen in) Friedenspflicht
• Rechtsfolgen:
– Unterlassungsanspruch
– Schadensersatz: Nicht sofern auch bei rechtmäßigem
Verhalten entstanden
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209
Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Fall: Streikaufruf im Intranet
Die K GmbH betreibt ein Krankenhaus mit 870
Beschäftigten. Nach ihrer Anordnung ist die
Nutzung des Intranets ausschließlich dienstlichen
Zwecken vorbehalten. Mitarbeiter A ist Betriebsratsvorsitzender und Mitglied von ver.di.
Für den 13. April 2011 rief ver.di zu einem Warnstreik bei K auf. Diesen Aufruf leitete A über das
Intranet an alle Arbeitnehmer weiter und rief die
Beschäftigten auf, sich an dem Streik zu beteiligen. Er signierte mit „Für die ver.di Betriebsgruppe“ und fügte seinen Namen an.
K verlangt von A , solche Aufrufe in Zukunft zu
unterlassen. Zurecht?
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Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Lösung: Streikaufruf im Intranet
I. Schutz individuelle Koalitionsfreiheit, Art. 9 Abs. 3 GG:
1.
2.
Gilt nur für Gewerkschaften,
nicht für andere Arbeitnehmervereinigungen,
insbes. nicht für Betriebsräte.
II. Betriebsräte:
1.
2.
3.
§ 2 Abs. 2 BetrVG: Wahrnehmung der Interessen
der Arbeitnehmer und des Betriebes.
§ 74 Abs. 2 S. 1 BetrVG: Arbeitskampfrechtliches
Neutralitätsgebot, aber kein Unterlassungsanspruch.
Jedoch Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers
aus § 1004 BGB (Besitzschutz)
BAG 15.10.2013 – 1 ARB 31/12
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Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Kann der Betriebsrat die Beschäftigung
von Leiharbeitnehmern verhindern?
• Verbot der „nicht vorrübergehenden“
Arbeitnehmerüberlassung, § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG
– Verstoß begründet kein Arbeitsverhältnis mit dem
Verleiher. § 10 AÜG gilt nur für die fehlende AÜG
–Genehmigung.
BAG 10.12. 2013 – 9 AZR 51/13
• Betriebsrat kann Zustimmung wegen Gesetzesverstoß verweigern, § 99 Abs. 2 BetrVG, § 14
Abs. 3 AÜG, wenn
– der LeihAN länger als vorübergehend bzw. ohne
zeitliche Begrenzung statt einer Stammkraft
beschäftigt werden soll. BAG 10.7.2013 – 7 ABR 91/11
– Aufgabenbezogen: Bei objektiv dauerhaft anfallender
Arbeit darf Leiharbeitnehmer nur zu deren aushilfsweiser
Wahrnehmung herangezogen werden.
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Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Equal Pay in der Leiharbeit
• Verleiher muss Leiharbeitnehmer die beim
Entleiher übliche Arbeitsbedingungen + entgelt gewähren, § 10 IV 1 AÜG
vorrangig jedoch Tarifvertrag, § 10 IV 2
• Tarifgemeinschaft Christlicher
Gewerkschaften für Zeitarbeit und
Personalserviceagenturen
• War nie tariffähig
BAG 23.05.2012 - 1 AZB 58/11
• Abgeschlossene Tarifverträge wirkungslos
• Übliches Entgelt geschuldet, § 612 Abs. 2 BGB
• Entleiherhaftung „wie selbstschuldnerischer
Bürge“ für Sozialversicherungsbeiträge, § 28 e
II 1 SGB IV
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Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Fall: Arbeits - oder Werkvertrag?
U wurde für das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) seit 2005 aufgrund von 10 „Werkverträgen“
tätig. Im letzten Vertrag vom 23.3./1.4.2009 ist die
„Vorarbeit für die Nachqualifizierung der Denkmalliste für
die kreisfreie Stadt und den Landkreis Fürth“ vereinbart.
Abhängig vom Standort der Ortsakten konnte die Tätigkeit nur in den Dienststellen des BLfD erbracht werden,
einen Schlüssel besaß U nicht. U hat regelmäßig von 7:30
bis 17:00 Uhr gearbeitet, über einen PC mit persönlicher
Benutzerkennung hatte er Zugang zu den Eingabemasken. Der Termin zur Fertigstellung wurde anhand von
Erfahrungswerten kalkuliert und auf den 30.11.2009 festgelegt. Die Vergütung von 31.200 € incl. Umsatzsteuer
durfte U nach Abschluss der Bearbeitung bestimmter
Gebiete in Beträgen von 5.200 € abrechnen.
U macht geltend, er stünde in einem Arbeitsverhältnis.
BAG 25.09.2013 – 10 AZR 282/12; 17.04.2013 - 10 AZR 272/12
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Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Lösung: Arbeits- oder Dienst-/Werkvertrag?
Kriterien für Arbeitsverhältnis:
• Grad der persönlichen Abhängigkeit
• Weisungsrecht: Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort
der Tätigkeit, § 106 GewO
• Äußeres Erscheinungsbild: Typischer Einsatzbereich von
Arbeitnehmern
• Eingliederung: Ausübung der Weisungsrechte und
Kontrollen durch Einsatzbetrieb
• Leistung persönlich zu erbringen
• Material / Werkzeug des Einsatzbetriebes
• Werk- bzw. Dienstleistungen nicht bestimmbar
• (Abschlags-) Zahlungen: Von Leistungserfolg
unabhängige bzw. auf Stundenbasis
• Gewährleistung vertraglich ausgeschlossen
• Lösung: Wertende Gesamtbetrachtung: Arbeitsverhältnis
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Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Fall: Diebels - Empfangsdienst
Frau Freundlich arbeitet für die Wachdienst
Niederrhein GmbH, Moers. Sie wird als einzige
Mitarbeiterin bei der Firma Diebels, Issum im
Empfangsdienst eingesetzt. Dort wurde sie von
Mitarbeitern der Wachdienst Rheinland GmbH
in ihre Aufgaben eingewiesen, auf die Diebels
auch den Pförtner, die Poststelle und die
Kantine outgesourct hat. Teilweise arbeitet sie
nach Vorgaben der kaufmännischen
Mitarbeiter der Brauerei.
Als Diebels den Empfangsdienst wieder selbst
übernimmt, kündigt Wachdienst Niederrhein
ordentlich.
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Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Lösung: Diebels - Empfangsdienst
Frau Freundlich wurde von Ihrem Arbeitsgeber
WD Niederrhein GmbH weder in ihre Beschäftigung eingewiesen, noch kontrolliert. Diese
prägenden Arbeitgeberaufgaben hat der WD
Rheinland GmbH übernommen.
Rechtsfolgen: ANÜberlassung von Frau Freundlich an den WD Rheinland. Da der WD Niederrhein keine Erlaubnis § 1 AÜG hat, sind sowohl
der Arbeitsvertrag als auch der Überlassungsvertrag zwischen den WD´s unwirksam, § 9 Z. 1.
Der Arbeitsvertrag wird zwischen Frau F und
dem Entleiher WD Rheinland fingiert, § 10 AÜG.
Dieser Arbeitsvertrag besteht ungekündigt fort!
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Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Prekäre Arbeitsverhältnisse:
Sozialversicherungsrechtliche Fallen
• Versicherungs- und Beitragspflichten
abhängig Beschäftigter: Entstehungsprinzip
• Abgrenzungen:
– Abhängige Beschäftigung zu
freier Mitarbeit
– Arbeitnehmerüberlassung zu
Werk- bzw. Dienstvertrag
• Geringfügige Beschäftigung:
Überschreiten der Verdienstgrenzen
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Arbeitsrecht im Betrieb
6S
Verpflichtung Vertragsfremder
• Arbeitnehmer: Schuldet stets persönlich
• Betriebsübergang, § 613 a BGB:
Übernehmer
• Arbeitnehmerüberlassung des Entleihers
• Verleiher ohne Genehmigung, § 10 AÜG:
• Haftet wie ein selbstschuldnerischer Bürge
für Gesamtsozialversicherungsbeiträge,
§ 28 e II SGB III
• Haftung des Auftraggebers, § 14 AEntG
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Betriebsverfassungsrecht
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Betriebsverfassungsrecht
• Betriebsrat = 2. Akteur im Arbeitnehmerlager
–
–
–
–
Einbindung der Arbeitnehmer
in die Führung des Unternehmens durch
Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte
auf der Ebene des Betriebes
• Aufgaben des BR, § 2 Abs. 1 BetrVG:
•
•
•
•
Vertrauensvolle Zusammenarbeit mit AG
Beachtung geltender Tarifverträge
Ziel: Wohl von Arbeitnehmern & Betrieb
Friedenspflicht: Kein Streikrecht
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Arbeitnehmer, § 5 BetrVG
• Alle Arbeitnehmer + Auszubildenden, Abs. 1
• Ausgrenzungen, Abs. 2:
– Organvertreter juristischer Person,
– Personengesellschafter,
– Enge Verwandte,
Nr. 1
Nr. 2
Nr. 5
• Leitende Angestellte, Abs. 3: Grds. nicht
• Berechtigung zu Einstellungen+ Entlassungen
• z.B. Prokura, §§ 48 ff HGB
• Leiharbeitnehmer
BAG 13.03.2013 – 7 ABR 69/11
• Bleiben Angehörige im Verleiherbetrieb, § 14 I AÜG
• Sind im Entleiher-Betrieb nicht wahlberechtigt
• In der Regel Beschäftigte zählen aber bei den
Schwellenwerten des Entleihers gem. § 9 mit
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Betriebsrat: Wahl
• Bestellung des Wahlvorstands, § 1 WO
– durch den Betriebsrat, § 16 BetrVG
– betriebsratlos, § 17 BetrVG: Durch
• Betriebsversammlung: Einladung 3 AN, Abs. 3
• Gesamt- oder Konzernbetriebsrat, Abs. 1
• Arbeitsgericht, Abs. 4
• Wahlgrundsätze: Demokratisch
• § 14: Geheim + unmittelbar
• § 20: Behinderungs- + Beeinflussungsverbot
• § 21: Amtszeit 4 Jahre, 01.03.-31.05.2010 bis 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Betriebsrat: Wahl
• Wählerliste, § 2 WO:
• Aufstellung durch Wahlvorstand mit Mehrheit, Abs. 1
• Am Wahltag Mitarbeiter über 18 Jahre(Voll- o. Teilzeit)
des Betriebsinhabers + innerhalb betrieblichen
Organisation eingesetzt oder zur Arbeitsleistung
überlassen, § 7 BetrVG
• Auskünfte von AG, Abs. 2
• Eintragung konstituiert aktives+ passives Wahlrecht,
Abs. 3
• Auslegung im Betrieb, Abs. 4
• Einspruch binnen 2 Wochen: Nur durch AN, § 4 WO 4
• Entscheidung durch Wahlvorstand unverzüglich
• Anrufung Arbeitsgericht: Beschlussverfahren
• Wahlausschreibung, § 3 WO
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Betriebsverfassung BetrVG:
• Betriebsrat:
• Gewählte Mitglieder - bis Erlöschen, § 24
• Ersatzmitglieder rücken nach , § 25 I für
– endgültig ausgeschiedene Mitglieder, § 24
z.B. durch Beendigung Arbeitsverhältnis
– zeitweilig verhinderte Mitglieder
• Geschäftsführung des Betriebsrates:
– § 26
– § 33
BR wählt Vorsitzenden, bei Verhinderung
vertritt ihn der Stellvertreter, auch bei
Entgegennahme von Erklärungen des AG
Beschlüsse: Grds. einfache Mehrheit
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Tätigkeit des Betriebsrats, § 37
• Ehrenamtlich = Unentgeltlich
• Während der Arbeitszeit:
– Arbeitsbefreiung, soweit
• Betriebsratssitzung oder
• für BR- Aufgaben erforderlich: Beurteilungsspielraum
– Meldepflicht AN: Ab- + Anmeldung von Arbeit:
•
•
•
•
•
Nicht notwendig persönlich, auch mündlich
Grds. ohne Spezifizierung der beabsichtigten Tätigkeit
Mit voraussichtlicher Dauer der Abwesenheit
Nach Beendigung: Rückmeldung
Bedienen Zeiterfassung bei Verlassen des Betriebs
BAG 29.06.2011, 7 ABR 135/09
– Arbeitgeber:
• Kann Dringlichkeit der Arbeit prüfen und
• bei betrieblichen Notwendigkeiten die Unabkömmlichkeit des
Mitarbeiters und eine zeitliche Verschiebung geltend machen
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Betriebsverfassung BetrVG:
• Kosten der BR- Tätigkeit: Trägt AG, § 40
– Räume, Sachmittel, PC mit Internet, Schulungen
– Kinderbetreuungskosten BAG 23.06.2010 – 7 ABR 103/108
• Hinzuziehung durch AN gegenüber AG: Zur
– Erläuterung des Arbeitsentgelts und Erörterung
Leistungsbeurteilungen und Möglichkeiten
beruflicher Entwicklung, § 82 II
– Einsicht in Personalakte, § 83 Abs. 1
– Beschwerderecht: An AG und an BR, § 84 I
• Betriebsversammlung, §§ 42 ff BetrVG:
– Keine Funktion nach außen
– Kein Weisungsrecht gegenüber dem Betriebsrat
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Mitwirkung des Betriebsrates:
• § 74 Zusammenarbeit mit AG, Friedenspflicht
– § 75 Überwachung Diskriminierungsverbot
– § 76 Bildung Einigungsstelle
– § 78 Betriebsratsmitglieder: Verbot zu
stören, benachteiligen, begünstigen
– § 80 Viele allgemeine Aufgaben
• § 79 Verschwiegenheitspflicht BR Mitglieder
• § 81 Unterrichtungs- & Erörterungspflicht AG
• § 82 Anhörungs- & Erörterungsrecht AN
• Hinzuziehung Mitglied des BR
• § 83 Einsicht in Personalakten
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Betriebsvereinbarung, § 77
• Privatrechtlicher Vertrag zwischen AG und BR zu
•
•
•
•
betriebsverfassungsrechtlichen Themen.
Abschluss nach Regeln des BGB AT:
– Vertretung BR durch Vorsitzenden
– Bei Verstoß gg. höherrangiges Recht: Nichtigkeit
– Schriftform, § 125 BGB
– Bekanntgabe: keine Wirksamkeitsvoraussetzung,
AN kann sich aber auf Unkenntnis berufen
Durchführung durch Arbeitgeber, Abs. 1: Pflicht
In Fällen erzwingbare Mitbestimmung:
Durchsetzung durch Einschaltung der Einigungsstelle
Geltung, Abs. 5: - Unbefristet
- Kündigungsfrist 3 Monate
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Betriebsvereinbarungen, § 77
• Tarifverträge: Vorrang + Sperrwirkung, Abs. 3:
– BR hat Regelungsbefugnis wie Tarifparteien
– Ausnahme: Arbeitsentgelt + –bedingungen,
die durch Tarifvertrag geregelt sind oder
üblicherweise geregelt werden
• Verhältnis zum Arbeitsvertrag: Unabdingbar =
Abs. 4: Geltung
– unmittelbar: Werden Inhalt der Arbeitsverträge
– zwingend:
• AN kann nur mit Zustimmung BR verzichten
• Disposition nur durch Betriebsparteien
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 7
Betriebsvereinbarung, Beispiele:
Arbeitszeit, z.B. Gleitzeit, Anordnung Überstunden
Arztbesuche während der Arbeitszeit, § 616 BGB
Rauch- und Alkoholverbote
Reaktionen auf Alkoholverdacht:
– Definition Verdachtsmomente
– Alkoholtest auf Wunsch des Mitarbeiters
• Bei krankhafter Sucht /Alkoholabhängigkeit:
Mitarbeiter soll sich innerhalb von 6 Monaten
einer Rehabilitationsmaßnahme unterziehen
• Umgang mit personenbezogenen Daten der
Beschäftigten (Datensicherheit)
• Tor-, Taschen- und Schrankkontrollen
•
•
•
•
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Mitbestimmung Betriebsrat
• Erzwingbare Mitbestimmung, § 87
– Enumerativen Tatbestände
– Beschränken Direktionsrecht: Weisungen nur mit
Zustimmung des BR wirksam, grds. auch in Eilfällen
– Initiativrecht des Betriebsrats
• Freiwillige Mitbestimmung, § 88
• Personelle Maßnahmen, § 99
– Unterrichtung bei Einstellung, Versetzung,
Umgruppierung
– Verweigerungsrecht nur in Ausnahmefällen
• Kündigungen, § 102
– Vor jeder Kündigung: Anhörung
– Kündigung Betriebsrat: Zustimmung
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Erzwingbare Mitbestimmung § 87 I
• Ordnung des Betriebs + Verhalten AN,
Nr. 1
• Arbeitszeit: Beginn, Ende + Verteilung,
Nr. 2
– Klassisch: Rauch- und Alkoholverbote
– Kollektiver betriebliche Ordnung mit Betriebsbußen
und Ordnungsstrafen
– Arbeitsnotwendige Maßnahmen mitbestimmungsfrei
– Gleitende o. Vertrauensarbeitszeit, Schichtsystem
• Vorübergehende Verkürzung/ Verlängerung d.
betriebsüblichen Arbeitszeit,
Nr. 3
– Allgemeine Kurzarbeit + Überstunden /-schichten
• Aufstellung Urlaubsgrundsätze und –plan, Nr. 5
• Einführung/Anwendung technischer Einrichtungen, Nr. 6, z.B. Arbeitnehmerüberwachung
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Erzwingbare Mitbestimmung § 87 I
• Verhütung von Arbeitsunfällen + Berufskrankheiten sowie Gesundheitsschutz, Nr. 7
– Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften
– Gefährdungsbeurteilung, § 3 II ArbSchG: Aufbau einer
Arbeitsschutzorganisation BAG 18.03.2015 – 1 ARB 73/12
• Sozialeinrichtungen,
– Nicht bereits Personalverkauf
– Wenn zweckgebundenes Sondervermögen
Nr. 8:
• Betriebliche Lohngestaltung,
Nr. 10
• Akkord- und Prämiensätze,
Nr. 11
– Nicht Lohnbestandteile, insoweit Sperrwirkung TV
– Aber über- und außertarifliche Leistungen
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Erzwingbare Mitbestimmung
• Beispiele zu § 87 BetrVG:
– Kollektiver betriebliche Ordnung mit Betriebsbußen und
Ordnungsstrafen, Nr. 1:
Bußordnung & Verhängung
– Abmahnung:
• Bloße Warnung: Keine Mitbestimmung
• Jedoch wenn Sanktion beabsichtigt
– Bereitschaftsdienst + Rufbereitschaft: Nr. 2
• Ausgestaltung, nicht Einführung
– Kurzarbeit oder Überstunden:
Nr. 3
• Rechtsfolgen:
– Zustimmung beseitigt nur die kollektivrechtliche Schranke,
Wirksamkeit nach Arbeitsvertrag erforderlich!
– Verweigerung macht Anordnung auch gegenüber
dem Arbeitnehmer unwirksam
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Freiwillige Mitbestimmung, § 88
durch Betriebsvereinbarungen:
• Allzuständigkeit BR für Regelung der
Arbeitsbedingungen
• Gegenstände, als Beispiele:
– Unfallverhütung
– Sozialeinrichtungen
– Vermögensbildung
– Integration & Bekämpfung von Rassismus
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Gestaltung der Arbeit
Humanisierung der Arbeitswelt
• § 90 Unterrichtungs- und Beratungsrechte über
Planungen
– (Um-) Bauten Betriebsstätten
– technische Anlagen
– Arbeitsverfahren und –plätze, insbesondere
Bildschirmarbeitsplätze, neue Technologien +
Qualitäts-Management-Systeme ISO 9000
• § 91 Erzwingbare Mitbestimmung bei gesicherten
arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen,
z.B. Arbeitsstättenrichtlinien, DIN, VDE, VDI
Jedoch: Keine Mitbestimmung bei Umsetzung
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Arbeitsrecht im Betrieb 7
Beteiligung in allgemeinen
personellen Angelegenheiten
• Personalplanung, § 92 Abs. 1: Informationspflicht über
Personal- Bedarfs-, Deckungs-, Entwicklungs- + Einsatzplanung
• Beschäftigungssicherung, § 92 a:
Vorschlagsrecht, Beratung
• Stellenausschreibung, § 93 : Kann BR verlangen, auch bei
Besetzung mit Leiharbeitnehmer
BAG 15.10.2013 – 1 ABR 25/12
• Personalfragebogen, Beurteilungsgrundsätze, § 94:
Zustimmung erforderlich
• Auswahlrichtlinien, § 95: Zustimmung erforderlich
• Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer, § 104:
Initiativrecht
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Personelle Einzelmaßnahme § 99
• Arbeitgeber mit mehr als 20 Arbeitnehmern
• muss vor jeder
– Einstellung
– Ein- und Umgruppierung oder Versetzung
– Einsatz Leiharbeitnehmer bei ständigem Bedarf
• den Betriebsrat umfassend unterrichten
• Zustimmungsverweigerungsrecht des BR, Abs. 2:
– Nur in enumerativen Fällen, z.B. Gesetzesverstoß
• Arbeitgeber kann Ersetzung durch Arbeitsgericht
beantragen, Abs. 4
• Geschlossene Verträge
– sind ohne Zustimmung wirksam
– jedoch Aufhebungsanspruch des BR, § 101
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Vorläufige pers. Maßnahme, § 100
• Personelle Maßnahme i.S.d. § 99
– ist aus schlichen Gründen
– dringend erforderlich
• Verfahren bei Sofortvollzug: Unverzüglich
– unterrichtet Arbeitgeber den Betriebsrat
– teilt Betriebsrat ein Bestreiten dem
Arbeitgeber mit
• Aufrechterhalten bei Bestreiten: Nur wenn
Arbeitgeber innerhalb von 3 Tagen das
Arbeitsgericht anruft
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Anhörung Betriebsrat, § 102
1. Vor jeder Kündigung, auch außerhalb KSchuG in
- Kleinbetrieb bis 10 Mitarbeiter
- Wartezeit 6 Monate
2. Anhörung:
a) Unterrichtung des Betriebsratsvorsitzenden, § 26 II 2
- nur bei Verhinderung: an Stellvertreter
- im Betrieb oder empfangsbereit
b) formfrei, dringend empfohlen: schriftlich
3. Inhalt, ausführlich über:
–
–
–
–
Sozialdaten: Personalien, Familienstand, Kinder
Betriebszugehörigkeit und Kündigungsfrist
Ausgeübte Tätigkeit und Verdienst
Kündigungsgründe, subjektive Determinierung:
• Alle für den Entschluss erheblichen Gründe
• Soziale Rechtfertigung: Abmahnungen, Sozialauswahl usw.
– Art der Kündigung: außerordentlich oder ordentlich
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
4. Form: Keine, dringend empfohlen: schriftlich
5. Anhörungsfrist, Abs. 2: Kündigung
- ordentlich
1 Woche
- außerordentlich
3 Tage
Verkürzung: Wenn nach ordnungsgemäßer
Sitzung abschließende Äußerung des BR
6. Widerspruch des Betriebsrats:
a) Nur in den Fällen des Abs. 3
b) schriftlich
c) Folge bei ordentlicher Kündigung:
– Weiterleitung an Arbeitnehmer
– Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zur
rechtskräftigen Entscheidung Arbeitsgericht
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Arbeitsrecht im Betrieb
7
Beschränkungen durch Anhörung
• Anhörung für jede Kündigung
• Art der Kündigung:
– Keine Auslegung der außerordentlichen als
ordentliche Kündigung
• Rechtfertigung der Kündigung, sozial / ao:
– Nur durch mitgeteilte Gründe (ausschöpfen!)
– Nachschieben von Gründen:
• Nur wenn Gründe bei Kündigung vorlagen, dem
Arbeitgeber aber nicht bekannt waren
• Betriebsrat- Anhörung muss zu den weiteren
Gründen nachgeholt werden, eine neue
Kündigung ist aber nicht erforderlich
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Fehlerhafte Willensbildung BR
• Anforderungen Beschlussfassung, § 33:
– Sitzung des Betriebsrats
• Ordnungsgemäße Ladung mit Tagesordnung
– Beschlussfähigkeit: Mehrheit der BR-mitglieder
– Persönlich anwesend:
• Keine Telefon- o. Videokonferenz / Internet
• Bei Verhinderung Vertretung durch Ersatzmitglieder
• Vertrauensschutz des Arbeitgebers in
ordnungsgemäße Willensbildung:
– Sofern AG von ordnungsgemäßer Beschlussfassung ausgehen kann
– Kein Problem bei Abwarten der Anhörungsfrist
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Kündigungsschutz BR-Mitglieder
• Ordentliche Kündig. unzulässig, §15 KSchG
Abs. 1: Betriebsrat
Nachwirkung 1 Jahr
Wahlbewerber bis Bekanntgabe Ergeb
Abs. 3: Wahlvorstand Nachwirkung 6 Monate
Abs. 3a: Einlader zu Betriebsversammlung
bis Bekanntgabe Wahlergebnis
• Außerordentliche Kündig. , §103 BetrVG:
– Nur mit Zustimmung des Betriebsrats
• Einholung: Formell wie Anhörung
• Beschränkung auf Gründe in Anhörung
– Ersetzung durch Arbeitsgericht
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Kündigungsschutz des Ersatzmitgliedes
1. Der besondere Kündigungsschutz gem. § 15
KSchuG, § 103 BetrVG gilt für Ersatzmitglieder
nur soweit und solange sie ein verhindertes
ordentliches Betriebsratsmitglied vertreten.
Maßgeblich ist der Zugang der Kündigung.
2. Nach Beendigung des Vertretungsfalles
besteht nur der nachwirkende Kündigungsschutz gem. § 15 Abs. 1 S. 2 KSchuG.
BAG vom 27.09.2012 - 2 AZR 955/11
3. Der Kündigungsschutz des Betriebsrates
besteht im Vertretungsfall durchgehend.
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Leitende Angestellte:
• Qualifizierende Merkmale, § 5 Abs. 4
– Berechtigung zu Einstellungen +Entlassungen
– z.B. Prokura, §§ 48 ff HGB
• Herausnahme aus Betriebsverfassung und
in Sprecherausschussgesetz:
– Anhörung vor Kündigung nicht § 102 BetrVG ,
– sondern Sprecherausschuss, § 31 SprAG
• Kündigungsschutzgesetz, § 14 II:
– Keine Begründung Auflösungsantrag, § 9
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247
Arbeitsrecht im Betrieb
1.
7
Zusätzliche Betriebsräte:
• Gesamtbetriebsrat, §§ 47 ff:
Bei mehreren Betriebsräten
• Konzernbetriebsrat, §§ 54 ff:
Verbundene Unternehmen i. S. d. § 18 AktG
2.
Untergliederungen:
• Jugend- + Auszubildendenvertretung, §§ 60 ff
• Schwerbehindertenvertretung, §§ 93 ff SGB IX
• Wirtschaftsausschuss, §§ 106 ff:
– Bestellung + Zusammensetzung durch Betriebsrat
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248
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
„Betriebs“- Begriff:
• Unabhängig von Unternehmen als Rechtsträger
• Arbeitsrechtlich (allgemein):
– In einer Betriebsstätte (räumliche Nähe)
– werden Mitarbeiter sowie
– materielle & immaterielle Betriebsmittel für
arbeitstechnische Zwecke
– zusammengefasst, geordnet eingesetzt und
– von einem einheitlichen Leitungsapparat
gesteuert: Einheitliche Entscheidung in
personellen und sozialen Angelegenheiten
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249
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Betriebs- Begriff:
• Betriebseinheit mehrerer Unternehmen:
• Einheitliche Leitung: Organisatorische, personelle o.
technische Koordination (z.B. Personalaustausch)
• in personellen und sozialen Angelegenheiten.
• Einheitlicher Standard im Konzern genügt nicht.
BAG v. 13.08.2008 - 7 ABR 21/07
• Bedeutung „Betrieb“ für:
• Kündigungsschutzgesetz:
• Anwendbarkeit: Mitarbeiteranzahl, § 23
• Sozialauswahl:
Einzubeziehende Mitarbeiter
• Betriebsrat, § 1 Abs. 1 BetrVG:
• Einrichtung je Betrieb mit
• mindestens 5 Arbeitnehmern
• von denen drei wählbar sind
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250
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Ein Betriebsrat für alle
Die Wohlfahrtspflege Oberbayern gGmbH betreibt
Seniorenzentren, Kindergärten sowie pädagogische
und psychiatrische Einrichtungen mit 2.200 Mitarbeitern in 90 Einrichtungen. Die Hauptverwaltung
mit einer zentralen Personalrechtsabteilung ist in
München. Mit Wahlausschreibung vom 27.03.2006
rief der Wahlvorstand zur Wahl eines gemeinsamen
Betriebsrates für die Hauptverwaltung und 20 Einrichtungen mit jeweils mindestens 5 Arbeitnehmern
auf. Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses
beantragt der Arbeitgeber, die Wahl für unwirksam
zu erklären, § 18 Abs. 2 BetrVG.
Wie wird das Arbeitsgericht entscheiden?
BAG, Beschluss 09.12.2009 – 7 ABR 38/08
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251
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Ein Betriebsrat für alle
Betriebsratsfähige Organisationseinheiten i.S.d. § 18 Abs. 2
BetrVG sind:
1. Betriebe gem. § 1 Abs. 1: In einer Betriebsstätte verfolgen
Arbeitnehmern von einem Leitungs-apparat gesteuert mit
Betriebsmitteln fortgesetzt arbeitstechnische Zwecke.
2. Selbständige Betriebsteile, § 4 Abs. 1 S. 1: Auf den Zweck des
Hauptbetriebes ausgerichtete und dessen Organisation
eingegliederte Einheit mit einer den Einsatz der Arbeitnehmer
bestimmenden Leitung: Abgrenzbar und ein Mindestmaß
organisatorischer Selbständigkeit, insbesondere eine den
Einsatz der Arbeitnehmer steuernden Leitung (Ausübung
Weisungsrecht).
3. Auslegung: Hauptverwaltung und Einrichtungen sind jeweils
selbständige Betriebe i.S. des § 1 Abs. 1 BetrVG.
Ergebnis: In jeder Einrichtung hätte ein Betriebsrat gewählt
werden müssen.
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252
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Betriebsvereinbarung
Frau M war bis Mitte 2009 in einer Brotfabrik beschäftigt, die in 2008 von GL 1 auf GL 2 übergegangen ist.
Bei GL 1 bestand eine Betriebsvereinbarung über die
Gewährung von Bonuszahlungen. Danach entscheidet die Geschäftsleitung zu Anfang jeden Jahres, ob
sie den AN als freiwillige Leistung einen Bonus zahlt.
Am 28.01.2009 beschließt der Vorstand GL 2, für 2008
keinen Bonus auszuschütten.
Frau M klagt gegen GL 2 auf Zahlung eines angemessenen Bonus. Hilfsweise will sie Schadensersatz, da GL
2 die Entscheidung für 2008 bereits Anfang 2008 hätte
treffen und bekanntmachen müssen.
Hat die Klage Erfolgsaussichten?
BAG vom 13.12.2011 1 AZR 432/10
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253
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Betriebsvereinbarung
1. Anspruch auf Bonus:
1. Die Betriebsvereinbarung ist auf GL 2 übergegangen, §
613 a BGB.
2. Sie gibt aber keinen Anspruch auf Bonus, sondern lässt
dem Arbeitgeber die freie, ungebundene Entscheidung. GL 2 hat wirksam entschieden, keinen Bonus für
2008 zu zahlen. Ergebnis: Kein Anspruch auf Bonus.
2. Anspruch auf Schadensersatz:
1. GL 2/1 hätte Anfang 2008 entscheiden müssen. Er hat
diese Verpflichtung verletzt, § 280 I BGB.
2. GL 2/1 hat die Pflichtverletzung zu vertreten, § 276 I BGB.
3. Frau M hat durch die Verzögerung aber keinen Schaden
in ihrem Vermögen erlitten, insbes. keinen Anspruch auf
Bonus.
Ergebnis: M hat keinen Anspruch auf Schadensersatz
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254
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Internes Recruitment-Center
Arbeitgeberin unterhält 390 Filialen. Ihr Verkaufsgebiet
ist in 15 Regionen eingeteilt, jeder Region ist ein
Recruitment- Center angegliedert. Die Filialleiter teilen
dem jeweiligen Center die zu besetzenden Stellen mit.
Das zuständige Recruitment- Center prüft alle Bewerbungen; die, die die geforderten Kriterien erfüllen,
übermitteln es der Filialleitung. Diese trifft die Auswahlentscheidung und führt das Anhörungsverfahren nach
§ 99 BetrVG durch, wobei sie den Betriebsrat über alle
bei ihr eingegangenen Bewerbungen informiert und
ihm alle ihr vorliegenden Bewerbungsunterlagen zur
Verfügung stellt.
Der Betriebsrat hält dies für unzulässig. Er verlangt, dass
ihm die Unterlagen aller Bewerber zur Verfügung
gestellt werden.
LAG Schleswig - Holstein 29.22.2012 – 5 TaBV 8/12
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255
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Internes Recruitment-Center
Der Betriebsrat hat gem. § 99 I BetrVG Anspruch auf
Auskunft über alle Bewerber und Aushändigung der
Bewerbungsunterlagen.
Das interne Recruitment- Center trifft eine Vorauswahl
unter den Bewerbern + unterbreitet einen Besetzungsvorschlag, z.B. um ein bundeseinheitliches Unternehmenskonzept zu wahren. Diese „Vorauswahl“ umgeht
die Mitbestimmung des Betriebsrats + ist rechtswidrig.
Nicht erheblich ist, dass diese Verfahrensweise bei der
Fülle der Bewerbungen effizient und sinnvoll ist.
Anders, wenn AG ein externes Personalberatungsunternehmen beauftragt, die Stelle auszuschreiben +
aus den Bewerbungen Besetzungsvorschläge zu
unterbreiten: AG muss dem Betriebsrat nur Auskunft
über die Bewerber geben, die Personalberatung
vorschlägt.
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256
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Volkswagen (VW) erwägt die Übernahme mehrerer hundert Leiharbeiter. Angesichts guter Auslastung ist Europas größter Autobauer wegen der Übernahme weiterer Leiharbeiter im Gespräch
mit dem Betriebsrat. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh erklärt
dem “Handelsblatt”: “Wir sprechen darüber, alle Zeitarbeiter an
deutschen Standorten einzustellen, die in den kommenden drei
Monaten länger als 36 Monate bei VW sind.” Betroffen wären
mehrere hundert Mitarbeiter. Das Unternehmen habe innerhalb
von zwei Jahren 3.000 Leiharbeiter angestellt. Mittelfristig sei
geplant, die Quote der Leiharbeiter an der Stammbelegschaft
von zur Zeit rund 10 Prozent zu halbieren. VW hat in Deutschland
insgesamt gut 100 000 Tarifbeschäftigte – konzernweit bei allen
Marken zusammen genommen sind es 249 000 Mitarbeiter. VW
nutzt die Zeitarbeit traditionell nicht nur zur Abdeckung von
Spitzen in der Produktion, sondern auch zur Qualifikation für die
spätere Übernahme in die Stammbelegschaft. Logistikdienste
lagert VW an preiswerte Subunternehmen aus. Bericht 02.09.2013
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257
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Leiharbeitnehmer bei Amazon
Amazon Bad Hersfeld beschäftig 65 Leiharbeitnehmer ab dem 1.3.2013. Die Beschäftigung im Hinblick auf das Ostergeschäft ist bis
zum 31.03. befristet. Dann sollen die Hälfte der
Leiharbeitnehmer in ein festes Beschäftigungsverhältnis übernommen werden. Der Betriebsrat erfährt davon und widerspricht der
a) Beschäftigung von Leiharbeitnehmern und
b) ihrer Übernahme in ein Arbeitsverhältnis.
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258
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Leiharbeitnehmer bei Amazon
1.
2.
3.
4.
5.
AG hat BR über personelle Einzelmaßnahmen zu
unterrichten, insbes. über Einstellungen, § 99 Abs. 1
Die Arbeitsaufnahme von Leiharbeitnehmern ist
Einstellung (h.M.), da Eingliederung in den Betrieb,
jedenfalls die Übernahme in Festbeschäftigung.
Betriebsrat kann Zustimmung nur in den Fällen des Abs.
2 verweigern, insbes. bei Gesetzesverstoß
Mitteilung der Verweigerung binnen 1 Woche mit
Gründen, dann Fiktion Zustimmung, Abs. 3 S. 2.
Arbeitgeber kann Ersetzung der Zustimmung beim
Arbeitsgericht beantragen, Abs. 4
a) Beweislast: BR für Formalien, ArbG für Nichtvorliegen
b) § 100: Dringlichkeit und keine Weigerungsgründe
c) Arbeitsgerichts Bad Hersfeld, Hinweis in Güteverhandlung:
Entscheidung bis zum 31.03.2013 nicht möglich, so dass
Erledigung der Hauptsache eintreten wird.
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259
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Anhörung Betriebsrat vor Kündigung
Der G – GmbH mit 25 Mitarbeitern möchte Arbeitnehmer A
kündigen, der 2012 abgemahnt wurde, weil er am 04.04.
2012 ohne Entschuldigung 2 Stunden verspätet zur Arbeit
erschienen ist. Der Geschäftsführer teilt dem Betriebsrat die
Personaldaten von A mit, d.h. Namen, Geburtsdatum und
Familienstand, den Arbeitsplatz im Betrieb und das Einstellungsdatum, sowie dass eine Behinderung nicht bekannt
sei. Als Grund für die geplante ordentliche Kündigung gibt
der G-GmbH „verhaltensbedingte Gründe“ an und
schildert als Anlass, dass der A am 05.07.2013 erst um 9:10
Uhr und damit eine Stunde und zehn Minuten zu spät bei
der Arbeit erschienen ist, ohne dass eine Krankmeldung
oder Entschuldigung vorgelegen hätte. Der Betriebsrat
stimmt der Kündigung zu.
G-GmbH kündigt außerordentlich, hilfsweise fristgerecht.
Sind die Kündigungen wirksam?
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260
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Anhörung BR vor Kündigung
1. Außerordentliche Kündigung: Keine Anhörung des
Betriebsrates, Kündigung unwirksam, § 102 I BetrVG
2. Ordentliche Kündigung:
1. Anhörung Betriebsrat:
Formell i.O.
2. Soziale Rechtfertigung, § 1 Abs. 2 KSchuG
Verhaltensbedingt:
a) Zuspätkommen: Verstoß im Leistungsbereich
= Abmahnung erforderlich
b) Abmahnung wegen Verstoß am 04.04.2012
kann nicht berücksichtigt werden, weil in
Anhörung des Betriebsrates nicht angegeben
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261
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Zustimmung Betriebsrat zur Kündigung
Das Vorstandsmitglied H der Pharma AG bespricht
am 01.06.2004 mit mehrere Betriebsratsmitglieder,
dass der angestellte Kraftfahrer K unerlaubt mit
einer Kleingaststätte selbständig ist und aus
diesem Grunde fristlos, hilfsweise fristgerecht
gekündigt werden solle.
Varianten:
1. Alle anwesenden BR Mitglieder äußern sich
zustimmend, Pharma AG kündigt K am 02.06.2004.
2. Der Betriebsrat berät über das Anhörungsschreiben vom 01.06. abschließend am 04.06. und
beschließt, nicht zu widersprechen. Pharma AG
kündigt K am 07.06.2004 fristlos, hilfsweise
fristgerecht.
BAG 03.04.2008 - 2 AZR 965/06
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262
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Zustimmung BR zur Kündigung
1. Die Unterrichtung mehrerer BR-Mitglieder erfüllt nicht
die Anforderung einer BR-Anhörung, weder a)
Unterrichtung des BR-Vorsitzenden, noch
b) Beschluss in ordentlicher Betriebsratssitzung nach
Ladung an alle und Anwesenheit der Mehrheit.
Zustimmende Äußerung „mehrer“ ist - für Arbeitgeber
offensichtlich - nicht ordnungsgemäß.
Die Kündigung vom 02.06.2004 ist mangels
ordnungsgemäßer Anhörung unwirksam.
2. Kündigung vom 07.06.2004: Die Anhörungsfrist läuft
an diesem Tag erst um 24 Uhr ab. Nach abschließender Beratung des Betriebsrats am 04.06. kann
die Kündigung (vorzeitig) ausgesprochen werden.
Kündigung ist formell wirksam.
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263
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Kündigung eines Betriebsrats
Spedition S GmbH: Ein Fahrer erfährt Freitagnacht,
dass er Samstag operiert werden muss. Er will die
persönlichen Sachen aus der Sattelzugmaschine
(SMZ) holen und findet diese nicht auf dem Platz.
Auf Strafanzeige S ermittelt die Polizei über das
Betriebshandy den Standort in einem Industriegelände. Dort wird der Disponent A am Sonntag
Abend festgenommen, als er die SMZ zum Platz
zurückfahren will. Der volle Tank von 750 l ist leer. A
ist seit 6 Jahren beschäftigt und Mitglied des
Betriebsrats.
Der Betriebsrat stimmt seiner fristlosen Kündigung
am Montag zu, S kündigt am Dienstag
außerordentlich.
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264
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Kündigung Betriebsrats
1.
Zustimmung Betriebsrates
1. nur zu außerordentlicher Kündigung,
2. keine Auslegung als ordentliche
2. Ordnungsgemäß, wenn
a) Sitzung Betriebsrat mit
1. Ladung aller Mitglieder, für zu Kündigenden das
Ersatzmitglied
2. Anwesenheit der Mehrheit des Betriebsrates
b) Vertrauensschutz Arbeitgeber, wenn er von einer
ordnungsgemäßen Beschlussfassung ausgehen
durfte und keine hindernden Umstände wusste
3. Kündigungsschutzprozess:
a) Sachverhalt trägt objektiv ao Kündigung
b) Berücksichtigt werden nur Gründe, zu denen der
Betriebsrat angehört wurde.
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265
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Fall: Rückkehr zur Klöckner AG
Leonard Arbeiter ist 1999 mit Abspaltung der Klöckener International GmbH aus Klöckner Stahlhandel
ausgeschieden. Nach Verkauf an Al Bragandhi in
2004 kehrt er ohne sozialen Besitzstand zu Klöckner
Stahlhandel zurück. Im Arbeitsvertrag mit umfassenden Befugnissen wird er als „Leitender Angestellter“ bezeichnet.
An seinem 1. Arbeitstag bekommt er auf dem Weg
in die Chefetage im Aufzug Platzangst und gesteht
dem Personalchef, von Kunden „fördernde
Zuwendungen“ erhalten zu haben. Er wird nach
Hause geschickt, um seine kranke Frau zu pflegen.
Nach Anhörung des Sprecherausschusses wird er 3
Wochen später mit 2- Wochen- Frist gekündigt.
Hat die Kündigungsschutzklage Aussicht auf Erfolg?
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266
Arbeitsrecht im Betrieb
7S
Lösung: Rückkehr zur Klöckener AG
• Abspaltung + Betriebsübergang § 613 a:
Bei Rückkehr kein sozialer Besitzstand
• Kündigungsgrund:
– Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 299 StGB,
Dienstbezug obwohl bei alter Arbeitgeberin
– Kein Kündigungsschutz während Probezeit 6 Monate
– Anhörung BR: Nein, wenn leitender Angestellter Anhörung
Sprecherausschuss
– BAG: Einweisung in Arbeitsbereich erforderlich, Einführung
wurde aber bereits im Aufzug abgebrochen.
• Kündigungsschutzprozess:
– Im Kammertermin:
– Neue Kündigung:
• a.o., § 626 II:
• KündigungsschutzG:
Probezeit war abgelaufen
Kein Kündigungsgrund:
2-Wochenfrist vorbei
Kein Grund, nicht verhaltensbedingt
– Vergleich: Beendigung AV gegen Abfindung 40.000 €
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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267
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Direktionsrecht &
Arbeitsrechtliche
Gesetze
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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268
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Direktionsrecht AG, § 106 GewO
• Ort der Arbeitsleistung
– Erweiterung durch Direktionsrechtsregelungen im
Arbeitsvertrag: Montage, Versetzungsvorbehalt
• Art der zu leistenden Arbeit &
Arbeitstempo
• Zeitlicher Umfang der Arbeitspflicht:
– Anordnung Überstunden: Nur bei Befugnis gem.
Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag
Einseitiges Leistungsbestimmungsrecht § 315
BGB: Konkretisierung der vom AN geschuldeten Tätigkeit nach billigem Ermessen.
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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269
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Grundlegende
Rechte & Pflichten
Arbeitgeber:
Direktionsrecht
Beschäftigung
§ 106 GewO
Arbeit zuweisen
= Einordnung
Fürsorge
•
Arbeitnehmer:
Lohnzahlung
Loyalität
Arbeitsgesetze: Überwiegend einseitig
zwingend zugunsten des Arbeitnehmers
•
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
270
Dr. Joachim Ingendahl
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Lohnabrechnung, § 108 GewO
z.B. III/ 3
Sachzuwendungen, z.B. PKW
AN – Anteile
AN: Schuldner
AG: Einbehalten + Abführen
an FA, § 39 b EStG
• Urlaubstage
ggf. auch Vorjahr
• Überstunden, Zeitkonto
• Nettolohn:
Überweisungsbetrag
•
•
•
•
Steuerklasse / Kinder
Bruttolohn
Sozialversicherungen
Lohnsteuer
Anspruch monatlich, jedoch nur bei Änderungen
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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271
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Zeugnisanspruch, § 630 BGB
§ 109 GewO
• Holschuld des Arbeitnehmers
• Zwischenzeugnis:
– Vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses
– Nur bei triftigem Grund
• Einfaches Zeugnis:
– Bei Arbeitsverhältnis bis 6 Monate
– Nur Personalien, Art + Dauer Beschäftigung
• Qualifiziertes Zeugnis:
– Erstreckt sich auf Führung und Leistung
– Darf AN in seinem Fortkommen nicht hindern:
Nur positive Formulierungen
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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272
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Arbeitnehmerdatenschutz:
• Art. 2 GG: Informationelle Selbstbestimmung
• Betriebsverfassungsgesetz:
• § 75 II:
Freie Entfaltung der Persönlichkeit
• § 87 I Nr. 1: Ordnung des Betriebs + Verhalten AN
Nr. 6: Technische Einrichtungen, wohl nur
Hardware
• Anwendungsfälle verdeckte Überwachung:
•
•
•
•
•
Sammlung von Krankheitsdaten
Einsatz von Privatdetektiven und Testkunden
Tracking: GPS – Ortung Dienstwagen & –handy
Einsicht in Telefondaten + E-Mail- Korrespondenz
Videoüberwachung / Abhören von Telefonaten
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273
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Bundesdatenschutzgesetz BDSG
• Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung und
Nutzung personenbezogener Daten, § 32
• Für Begründung, Durchführung o. Beendigung des
Arbeitsverhältnisses erforderlich oder
• Tatsächliche Anhaltspunkte für Straftaten
• Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen
Räume, § 6 b
• Behördenanfrage Mitarbeiterdaten, § 13 I a:
•
•
•
•
Muss Rechtsgrundlage nennen
Prüfung: Identität und Rechtsgrundlage
AG muss Betroffenen unterrichten + anhören
Antwort niemals am Telefon o. per E- Mail,
nur durch Datenschutzbeauftragten
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Arbeitsrecht im Betrieb
8
Bundesdatenschutzgesetz BDSG
• Datenschutz am Arbeitsplatz-PC
• Pflicht zu internem Datenschutz, Passwörter
• Automatische Sperre bei Inaktivität
• Sanktionen bei unzulässiger Erhebung:
• Beweisverwertungsverbot im (Kündigungsschutz-)
Prozess vor Arbeitsgericht
• Buß- und Strafvorschriften, §§ 43, 44
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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275
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Berufsbildungsgesetz, BBiG
• Berufsausbildungsvertrag, § 10 Abs. 2:
– Grds. Vorschriften zum Arbeitsvertrag
– Besonderheiten aus Wesen + Zweck der Ausbildung
• Probezeit, § 20:
1 bis 4 Monate
• Ende Ausbildungsverhältnis, § 21
– Bestehen der Abschlussprüfung, Abs. 2
– Durchfallen in 2. Wiederholungsprüfung, Abs. 3
– Verlängerung insgesamt max. 1 Jahr
• Übergang in Arbeitsverhältnis :
– Übernahmeverpflichtung: nur tariflich oder
vertraglich
– Fiktion bei Weiterarbeit, § 24
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Arbeitsrecht im Betrieb
8
Kündbarkeit
Berufsbildungsvertrag, § 22
• In Probezeit, Abs. 1:
• ohne Begründung
• mit Ein- Tages- Frist
• Nach Probezeit, Abs. 2: Enumerativ
–
–
–
–
Auszubildender: Wegen Aufgabe dieser Ausbildung
Beide: Außerordentlich mit schriftlicher Begründung
Bestehen der Abschlussprüfung, Abs. 2
Gerichtlichte Geltendmachung:
• Sofern Ausschuss nach § 111 II ArbGG eingerichtet:
Zunächst anrufen, keine 3- Wochen- Frist
– Praxis: Einvernehmliche Beendigung
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Arbeitsrecht im Betrieb
8
Bundesurlaubsgesetz, BUrlG
• Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub:
– Mindestens 4 Wochen,
– Auf Basis 6- Tage- Woche:
§§ 3 Abs. 1 , 13
24 Tage
• Voraussetzungen für Urlaubsanspruch:
– Wartezeit § 4 : Erstmals nach 6 Monaten
– Kein volles Jahr gearbeitet :
• Teilurlaub, § 5 Abs. 1: 1/ 12 je voller (Kalender-) Monat
• ab 01.07. Anspruch auf gesamten Jahrurlaub
– Auch bei Krankheit & in ruhendem Arbeitsverhältnis
BAG 07.08.2012 – 9 AZR 535/10
– Nicht bei Kurzarbeit „Null“
• Urlaubsentgelt, § 11: Lohn ohne Arbeitsleistung
– Durchschnittlicher Arbeitsverdienst aus 13 Wochen / 3 M.
– ohne Überstunden & einmaligen Leistungen
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Arbeitsrecht im Betrieb
8
Bundesurlaubsgesetz, BUrlG
Urlaubserteilung, § 7 :
• Auf Antrag des Arbeitnehmers, Abs. 1
– Urlaubswünsche maßgeblich,
– außer dringende betriebliche Belange
– Gewährung grds. zusammenhängend,
zumindest 12 Werktage
• Bewilligung durch Arbeitgeber, Abs. 2:
Ist grds. unwiderruflich
• Nach Kündigung: Anordnung einseitig
durch AG , üblich: „Freistellung unter
Anrechnung auf Urlaub und Mehrarbeit“
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279
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Bundesurlaubsgesetz, § 7 BUrlG
• Verfall des Urlaubs: Grds. am 31.12. des Jahres
• Übertragung ins nächste Kalenderjahr, Abs. 3
– Rechtzeitig verlangter Urlaub wurde
– aus dringenden betriebliche o. personenbedingten Gründen nicht gewährt
– Übertragungszeitraum 3 Monate: Bis 31.03.
• Verlängerung vertraglich möglich
BAG 07.08.2012 - 9 AZR 353/10; 16.10.2012 - 9 AZR 63/11
• Langfristige Erkrankung
Übertragungszeitraum:
– Gesetzlicher Mindesturlaub 15 Monate
• 24 / 20 Tage + 5 Tage Schwerbehinderte
– Tariflicher Mehrurlaub:
Tarifliche Verfallfrist
BAG 12.11.2013 – 9 AZR 551/12
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280
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Bildungsurlaubsgesetz NW
• Regelung länderweise unterschiedlich
• Anspruch jeder Arbeitnehmer, § 3:
– 5 Tage pro Jahr
– Zwei Jahre können zusammengefasst werden
• Antrag und Bewilligung, § 5
• Bildungsveranstaltungen , § 9:
– Allgemein zugänglich
– Täglich in der Regel 8, mindestens 6 Unterrichtstunden à 45 Minuten
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Arbeitsrecht im Betrieb
8
Entgeltfortzahlung, EFZG
• An gesetzlichen Feiertagen, § 2:
– Neujahr, Karfreitag, Ostermontag, 01.05. Tag der Arbeit,
Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, 1. + 2. Weihnachtstag
• Im Krankheitsfall, § 3:
Abs. 1: Bis zu 6 Wochen je Krankheit ohne Verschulden
Abs. 3: Erst nach 4 Wochen, selbst bei Arbeitsunfall
• Fortzuzahlen, § 4: Regelmäßiges Entgelt, ohne Überstunden
• Anzeige- und Nachweispflicht, § 5:
– Arbeitsunfähigkeit mehr als 3 Kalendertagen: Ärztlich
Bescheinigung am darauf folgenden Arbeitstag
– AG kann – ohne besonderen Sachgrund - früher verlangen
BAG 14.11.2012 - 5 AZR 886/11
• Bei Kündigung wegen Erkrankung, § 8 I: Lohnanspruch
bleibt, jedoch längstens für 6 Wochen: Nachweis schwierig
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282
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, § 3
• Krankheit: Regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der einer Heilbehandlung bedarf, § 44 SGB V:
• Auch Abhängigkeit von Alkohol, Drogen, Nikotin, sobald
AN seine Steuerungsfähigkeit verloren hat oder Diagnose.
• Nicht: Regelgerecht verlaufende Schwangerschaft,
altersbedingtes Nachlassen der Arbeitskraft, Schönheits-OP
• Kausal für Unfähigkeit zur vertraglichen Arbeit:
• Abhängig von Art + Umfang der geschuldeten
Arbeitsleistung: Arbeitsvertrag und Direktionsrecht
• Krankheit ist alleinige Ursache
• Keine Teil- Arbeitsunfähigkeit, § 266 BGB
• Jedoch keine AU, solange AG im Rahmen seines Weisungsrechts dem AN noch genug Arbeit zuweisen kann:
– Verkäufer kann nicht Heben / Maler darf nicht auf Gerüst
Schaub § 98, 17; BAG 29.01.1992 - NZA 92, 643
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283
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Entgeltfortzahlung bei Krankheit
• Nachweispflicht, wenn AU länger als 3 Tage, § 5:
– Arztattest vorlegen: Starke Indiz-Wirkung
– Widerlegung AG: Ernsthafte Zweifel
• z.B. AN hat Erkrankung angekündigt
• Facebook: „Ab zum Arzt und dann Kofferpacken!“
– Bei Zweifeln des AG über Krankenkasse: Vertrauensarzt
= Medizinischer Dienst, § 275 I Nr. 3 SGB V
– Erkrankung im Ausland:
• EU- Arztattest erbringt Vollbeweis
• Übriges Ausland: Grds. gleicher Beweiswert
• Ambulanter Arztbesuch ohne Arbeitsunfähigkeit:
– Kein Lohnfortzahlungsgrund: Nur Erkrankung als Anlass
– Arbeitsverhinderung, § 616 BGB
• Ärztliche Versorgung während der Arbeitszeit erforderlich oder
• Sprechstunden liegen in der Arbeitszeit und Termin außerhalb
der Arbeitszeit kann nicht vereinbart werden
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284
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Lohnfortzahlung AG bei
• Fortsetzungserkrankung (=selbe Krankheit)
wenn, § 3 Abs. 1 Satz 2 :
– Nr. 1: Zwischen dem Ende der letzten
Arbeitsunfähigkeit und dem Beginn der neuen
Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit 6
Monate liegen
– Nr. 2: Seit Beginn der 1. Arbeitsunfähigkeit und
der 2. infolge derselben Krankheit ist eine Frist
von 12 Monaten abgelaufen
• einer anderen Erkrankung, sobald Mitarbeiter
zwischendurch gesund geworden war
– Hingegen durchgehend Krankengeld, wenn sich
beide Krankheiten zeitlich überlagern
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285
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Krankheit & Urlaub:
• Arbeitsunfähigkeit im Urlaub: Wird
nicht auf Urlaub angerechnet, § 9
• Nachweis:
– Deutschland:
Arztattest
– EU
– Übriges Ausland
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286
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Keine Entgeltfortzahlung bei
Arbeitsunfähigkeit durch grobes Verschulden
• Unfälle:
•
•
•
•
•
Vorsätzlich: Schaden in Kauf genommen
Keine Schutzkleidung
Alkoholmissbrauch, bei Alkoholsucht fraglich
Schlägerei: Wenn herausgefordert
Sportunfälle:BAG Ausübung besonders gefährliche Sportart
• Genesungswidriges Verhalten: Entscheidung Arzt:
•
Unterlassen, was die Genesung verzögern könnte
• Versuchter Suizid: i.d.R. psychische Ausnahmesituation
• Sterilisation, Schwangerschaftsabbruch: Fiktion § 3 Abs. 2
• Anspruch und Prozess:
• Arbeitgeber:
Darlegungs- und Beweislast
• Arbeitnehmer: Auskunfts- und Mitwirkungspflicht
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287
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Mutterschutz- Gesetze
• Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter
– 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Entbindung
– Stillende Mütter, z.B. § 7
• Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, BEEG:
–
–
–
–
Berechtigte, § 1
Höhe, § 2
Bezugszeitraum, § 4: Bis 14. Lebensmonat
Anspruch auf Elternzeit, § 15: 1 bis 3 Jahre
• ggf. anderweitige Erwerbstätigkeit, Abs. 4
– Kündigungsschutz, § 18
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288
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter MuSchuG
• Beschäftigungsverbote für Mütter, § 3 ff:
– Werdende 6 Wochen, § 3 Abs. 2 und
– 8 Wochen nach der Entbindung, § 6 Abs. 1
• Mutterschutzlohn, § 11:
Entgelt bei Beschäftigungsverboten
• Mutterschaftsgeld,
•
Von Krankenkasse , 13 §:
13 € kalendertäglich
• Arbeitgeber- Zuschuss, § 14: Schutzfristen + Entbindungstag
• Durchführung :
– Aushang, Auskunftspflicht, Aufsichtsbehörden
• Mutterschutzverordnung MuSchV
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289
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Mütter: Kündigungsschutz
• Mutterschutzgesetz, § 9:
– Während Schwangerschaft bis 4 M. nach
Geburt
– Kenntnis des AGs o. Mitteilung binnen 14 Tagen
• Zustimmung
– durch oberste Landesbehörde
– In besonderen Fällen und nur ausnahmsweise
• Klagefrist 3 Wochen, §§ 4, 7 KSchG
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290
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Bundeselterngeld- und
Elternzeitgesetz, BEEG
• Elterngeld, § 4: Bis 14. Lebensmonat bei Teilung Eltern
– Berechtigte, § 1
– Höhe, § 2
• Elternzeit, § 15 Abs. 3: 1 bis 3 Jahre
– Ruhen des Arbeitsverhältnisses
– Erwerbstätigkeit, Abs. 4
• Kündigungsschutz, § 18 :
• Ab Verlangen Elternzeit, längstens 8 Wochen vor
Beginn, und während der Elternzeit
• Auch während Probezeit
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291
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Pflegezeitgesetz, PflegeZG:
• Ziel des Gesetze, §1
• Kurzzeitige Arbeitsverhinderung, § 2:
– Bis zu 10 Arbeitstagen, Abs. 1
– Keine Lohnfortzahlung, Abs. 3
• Pflegezeit:
– Voraussetzung: Pflege naher Angehöriger in
häuslicher Umgebung, § 3 Abs. 1
– Dauer: bis Höchstdauer 6 Monate
• Kündigungsschutz, § 5:
– Verbot, Abs. 1
– Zustimmung Behörde im Ausnahmefall, Abs. 2
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292
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Teilzeit- + Befristungsgesetz
• Verbot der Schlechterstellung von
Teilzeitarbeit, § 4:
– Anteiliges Arbeitsentgelt, z.B. bei
Jahresleistungen
– Bei Verstoß: Übliche Vergütung, § 612 II BGB
BAG 14.12.2011 – 5 AZR 457/10
• Arbeit auf Abruf, § 12:
– Arbeit entsprechend dem Arbeitsanfall
– Ohne Absprache gelten 10 Stunden pro
Woche als vereinbart: Ohne Abruf
Annahmeverzug des Arbeitgebers
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293
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Teilzeit- u. Befristungsgesetz
• Verringerung der Arbeitszeit, § 8:
– AN kann Wunsch nach Verringerung mit Vorlauf 3
Monate anmelden und konkretisieren, Abs. 2
– AG muss Vorschlag mit AN erörtern, Abs. 3 und
– Arbeitszeit entsprechend festlegen, sofern nicht
wesentliche betriebliche Interessen hindern, Abs. 4
– Verringerung, wenn keine schriftliche Ablehnung,
Abs. 5
• Verlängerung der Arbeitszeit, § 9:
- AN hat Wunsch geäußert:
- AG muss AN bei der Besetzung freier
Arbeitsplätze bevorzugt berücksichtigen
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294
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Teilzeit- u. Befristungsgesetz
• Sachgründe für Befristung, § 14 Abs. 1:
Z. 1 Vorübergehender Bedarf
Z. 2 Anschluss an Ausbildung o. Studium
Z. 3 Vertretung eines anderen Arbeitnehmers
Z. 7 Vergütung aus Haushaltsmitteln
Z. 8 Gerichtlicher Vergleich
• Sachgrundlose Befristung, § 14 :
– Abs. 2: bis 2 Jahre 3 x Verlängerung
– Abs. 2a: Neugründungsprivileg binnen 4 Jahren
beliebig viele Verlängerungen
– Keine Vorbeschäftigung
• innerhalb der letzten 3 Jahre, BAG 6.04.2011-7 AZR 716/09
• bislang „jemals“, so weiterhin ein LAG
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295
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Teilzeit- u. Befristungsgesetz
• Schriftform, § 14 IV:
– Vor Beginn des Arbeitsverhältnisses bzw.
– Verlängerung vor Auslaufen der Befristung
• Ordentliche Kündigung während Befristung:
Nur bei Vereinbarung Arbeits-/Tarifvertrag, § 15 III
• Wirkung: Arbeitsverhältnis endet mit Fristablauf
• Befristungskontrollklage, § 17:
– Innerhalb von 3 Wochen ab Auslaufen
– Überprüfung grds. nur der letzten Befristung
– Grenze: Missbrauchskontrolle
• Arbeitslosmeldung, § 141 I 2 SGB III:
Bereits 3 Monate vor Auslaufen
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296
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Arbeitnehmerentsendegesetz
AEntG
regelt
• Mindestarbeitsbedingungen für
• grenzüberschreitend entsandte
• regelmäßig im Inland beschäftigte AN
• Tarifnormerstreckung durch:
• § 3 Allgemeinverbindliche TVe zwingend
• § 7 andere TVe durch Rechtsverordnung
• Gewerbliche Besteller einer Werk- oder
Dienstleistung haften dem Arbeitnehmer
als Bürge für den Nettolohn, § 14
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297
Arbeitsrecht im Betrieb
8
Arbeitspapiere des AN:
Vorlagepflicht beim Arbeitgeber zu Beginn
des Arbeitsverhältnisses:
• Sozialversicherungsausweis, § 18 h SGB IV
– Inhalt:
Rentenversicherungsnummer
Familien-, Geburts- + Vorname
– Grds. keine Pflicht zum Mitführen bei Arbeit
• Lohnsteuerkarte von Gemeinde, § 39 I 1
EStG:
ab 2012 ELStAM „Elektronische
LohnSteuerAbzugs-Merkmale“
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298
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Berufsbildungsgesetz, BBiG
• Kann der Auszubildende nach
bestandener Prüfung
• zur Übernahme in ein Arbeitsverhältnis
verpflichtet werden?
Nein, insbes. § 12 BBiG
• die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis
verlangen?
Nur Mitglieder von Jugend- und
Ausbildungsvertretungen, § 78 a
BetrVG
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299
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Bundesdatenschutzgesetz, BDSG
• Mitteilung Ergebnisse BEM an Betriebsrat:
• Bei einschlägiger Betriebsvereinbarung kann BR Mitteilung der AN verlangen, die BEM § 84 II SGB IX
erfüllen.
BAG 07.02.2012 – 1 ABR 46/10
• Beweisverwertung:
• Heimlicher Schrankkontrolle ohne Einwilligung AN oder
verdeckte Videoüberwachung am Arbeitsplatz
• im Kündigungsschutzprozess:
– Daten in Beschäftigungsverhältnissen, § 32 BDSG
– Nur zur Aufdeckung von Straftaten,
Abs. 1 S. 2
- wenn konkreter Verdacht einer Straftat
- erforderlich: keine weniger einschneidende Mittel
- angemessen: Interessenabwägung
BAG 20.06.2013 – 2 AZR 546/12 + 21.06.2012 - 2 AZR 153/11
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300
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Fall: Teilzeit nach Elternzeit
Frau F arbeitet seit 4 Jahren als Stuhlassistenz in Vollzeit
bei Zahnarzt Z (5 Stühle, 16 Mitarbeiter). Zum 1.07.2012
endet ihre 3-jähriger Elternzeit.
Am 20.03.2012 schreibt sie an Z: „Meine kleine Tochter
braucht mich immer noch sehr, ich möchte für sie da
sein. Ich bitte daher, meine Arbeitszeit auf 20 Stunden
wöchentlich zu beschränken. Im Hinblick auf die
Öffnungszeiten der KiTa möchte ich an den 5
Werktagen von 8:00 bis 12:15 Uhr arbeiten. Ich danke
für Ihr Entgegenkommen.“
Z hat sich mit seinem Anwalt beraten, dass er auf der
Vollzeitbeschäftigung bestehen wird. Er hofft, dass F
ihren Arbeitsplatz durch Eigenkündigung frei macht.
Welche Arbeitszeiten gelten für F?
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301
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Lösung: Teilzeit nach Elternzeit
1. Verkürzung der
Arbeitszeit, § 8 TzBefG:
Konkretes Verlangen Frau F +
Kein Widerspruch Zahnarzt Z
2. Geltung nur für Betriebe
ab 15 Mitarbeiter
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302
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Fall: Verfall tariflichen Mehrurlaubs bei
langandauernder Erkrankung
Auf den Arbeitsvertrag (6- Tage- Woche) der F bei Karstadt
findet kraft vertraglicher Verweisung der Manteltarifvertrag
für den Einzelhandel Anwendung. Lt. § 16 MTV beträgt der
Urlaubsanspruch 36 Tage; der Urlaub ist grds. im laufenden
Jahr zu nehmen, bei zulässiger Übertragung muss er in den
ersten vier Monaten des Folgejahres genommen werden.
F war vom März 2008 bis Mitte Mai 2009 arbeitsunfähig
krank. Während der sich daran anschließenden Wiedereingliederung beantragte F, ihr zwölf Arbeitstage tariflichen
Mehrurlaub für das Jahr 2008 zu gewähren. Karstadt teilte
ihr mit, sie solle den Urlaub im Anschluss an die Wiedereingliederungsmaßnahme ab dem 11. Juni 2009 nehmen. In
der Folgezeit widerrief die Beklagte die Urlaubsgewährung.
Steht F der Urlaub zu?
BAG 12.11.2013 – 9 AZR 551/12
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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303
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Lösung: Verfall tariflichen Mehrurlaubs
bei langandauernder Erkrankung
I. Urlaubsanspruch 2008:
1. Gem. Tarifvertrag 12 Tage Mehrurlaub über
24 Tage Mindesturlaub gem. BUrlaubG
2. Jedoch gem. Verfallklausel am 30.04.2009
untergegangen
II. Anerkenntnis Karstadt, Auslegung:
1. Mit der Urlaubsbewilligung soll ein bestehender
Urlaubsanspruch gewährt werden.
2. Ein rechtsbegründendes Anerkenntnis ist nicht
gewollt.
(Auch falsche Angaben auf Lohnabrechnungen sind grds. kein Anerkenntnis)
III. Ergebnis: F hat keinen Urlaubsanspruch für 2008.
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304
Arbeitsrecht im Betrieb 8 S
Fall: Urlaubsabgeltungsanspruch +
tarifliche Ausschlussfristen
A war seit 1984 bei der Großhandels GmbH angestellt. Der
Arbeitsvertrag enthielt weder einen Verweis noch Hinweis
auf den einschlägigen allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrag MTV. Lt. § 18 MTV sind alle finanziellen Ansprüche
bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses binnen 2 Monaten
nach dem Ausscheiden schriftlich geltend zu machen. A
war vom 6.6.2007 bis 01.08.2008 arbeitsunfähig krank. Nach
Kündigung durch G-GmbH vereinbarten die Parteien am
02.10. 2007 im Kündigungsschutzprozess durch gerichtlichen
Vergleich das Ende des Arbeitsverhältnisses am 31.08.2008.
Urlaub wurde weder gewährt noch abgegolten.
Mit Schreiben vom 23.04.2009 verlangt A von der G GmbH
schriftlich, den Urlaub 2007 und 2008 abzugelten. Hat er
den Anspruch?
BAG 21.02.2012 – 9 AZR 486/10
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305
Arbeitsrecht im Betrieb 8 S
Lösung: Urlaubsabgeltungsanspruch
+ tarifliche Ausschlussfristen
1.
1.
2.
2.
1.
2.
Anspruch auf Urlaubsabgeltung:
Grds. Gewährung Urlaub nur in Natur
Bei Beendigung Arbeitsverhältnis
Abgeltung in Geld, § 7 Abs. 4 BUrlG
Der allgemeinverbindliche MTV ist auf das
Arbeitsverhältnis anzuwenden, § 5 Abs. 4 TVG
Ansprüche auf Urlaubsabgeltung unterliegen als reine Geldansprüche den
Verfallfristen.
A hat seinen Anspruch nicht innerhalb der
Frist von 2 Monaten nach Beendigung des
Arbeitsverhältnisses geltend gemacht.
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306
Arbeitsrecht im Betrieb
8G
Urlaubsverzicht möglich / wirksam?
• Urlaub:
– Mindesturlaub, § 3 I:
§ 13 BUrlG
– Zusatzurlaub: Schwerbehinderte, § 125 SGB IX
Jugendliche, § 19 JArbSchG
– Mehrurlaub: Durch Tarifvertrag, § 4 IV TVG
Arbeitsvertrag
• Urlaubsabgeltung finanziell, § 7 Abs. 4:
nein
nein
nein
nein
ja
– Nur nach Beendigung des Arbeitsvertrages
– Verzicht möglich
BAG 14.05.2013 - 9 AZR 844/11
Ersatzurlaub = AN hat rechtzeitig verlangt, AG hat
verweigert:
Schadensersatzanspruch des AN: Kein Verfall, nur Verjährung
BAG 14.05.2013 – 9 AZR 760/11
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307
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Fall: Befristung bei Zuvorbeschäftigung
Frau A wird mit Arbeitsvertrag vom 2.10.2007 ab
dem 01.01.2008 von Q GmbH eingestellt. Das
Arbeitsverhältnis ist bis zum 31.12.2008 sachgrundlos befristet.
Zuvor war Frau A vom 11.9.2006 bis 31.12.2007 bei
der M GmbH beschäftigt. M GmbH und Q GmbH
haben als einzige Gesellschafterin die M Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH. Die M
GmbH hatte Frau A bei der Q GmbH eingesetzt.
Eine Genehmigung zur Arbeitnehmerüberlassung
hatte M GmbH nicht.
Steht Frau A noch nach dem 01.01.2009 bei Q
GmbH in einem Arbeitsverhältnis?
BAG 18.07.2012 - 7 AZR 451/11
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308
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Lösung: Befristung bei Zuvorbeschäftigung
• Sachgrundlose Befristung, § 14 II TzBefG:
– Nicht, wenn zuvor mit demselben AG ein
unbefristetes Arbeitsverhältnis bestand
• Zuvor – Einsatz:
–
–
–
–
Bei Arbeitnehmerüberlassung gewerblich
Kein Konzernprivileg, § 1 III Nr. 2 AÜG
Ohne Genehmigung Landesarbeitsamt:
Arbeitsverhältnis bestand mit der Q GmbH,
§ 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG
• Ergebnis: Die Befristung ist aufgrund der
Zuvor- Beschäftigung unwirksam.
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309
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Befristung nach Ausbildung
Frau B absolvierte bei der A- AG eine Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation, die sie
am 23.7.2003 erfolgreich abschloss. Im Anschluss
vereinbarte ihr Ausbilder mit ihr einen 1-jährigen
befristeten Arbeitsvertrag nach § 14 Abs. 1 Nr. 2
TzBfG in Verbindung mit dem geltenden
Tarifvertrag. Dieser befristete Vertrag wurde
zweimal um je ein halbes Jahr bis zum 23.7.2005
verlängert.
B klagt auf Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis
über den 23.7.2005 hinaus fortbesteht . Mit
Erfolg?
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310
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Befristung nach Ausbildung
• Befristung mit Sachgrund, dass sich die
Beschäftigung an die Ausbildung anschließt, § 14
Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG : Nur eine einzige Befristung
BAG 10.10.2007 - 7 AZR 795/06 + 7 AZR 800/06:
– Sachlicher Grund: Im Anschluss an Ausbildung, um dem AN
Übergang in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern.
– Gericht beurteilt nur letzten befristeten Vertrag: Schloss sich
• weder an Ausbildung an, sondern an befristeten Arbeitsvertrag,
• noch Zweck, einer Berufsanfängerin den Berufsstart zu erleichtern.
Ergebnis: Der Arbeitsvertrag ist unbefristet.
• Vermeidung mit sachgrundloser Befristung, § 14 Abs. 2
– Zwar Verbot der Vorbeschäftigung, Ausbildung gilt aber
nicht als Beschäftigungsverhältnis BAG 21. 9. 2011 - 7 AZR
375/10
– Befristung bis zur Dauer von 2 Jahren, in diesem Zeitrahmen
bis zu 3 Mal Verlängerung
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311
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Kücük - Fall: Kettenbefristung
Die Justizangestellte Bianca Kücük
wird im Juli 1996 beim Amtsgericht Köln
als Schwangerschaftsvertretung befristet eingestellt. Weitere Befristungen
wegen Vertretungen in Elternzeiten
und Sonderurlauben schließen sich an.
Nach Auslaufen der 13. Befristung
Ende Dezember 2007 klagt Frau Kücük
gegen das Land NRW auf Entfristung
ihres Arbeitsverhältnisses.
Mit Erfolg?
BAG 18.07.2012 – 7 AZR 443/09 + 7 AZR 783/10
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Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Lösung: Kettenbefristung -Kücük
• Überprüfung BAG (nach Vorlage EuGH):
– § 14 Abs. 1, hier Z. 3 TzBfG: Zur Vertretung
eines anderen Arbeitnehmers:
– Nur die letzte Befristung
• Kein Rechtsmissbrauch, § 242 BGB:
– Missbrauchskontrolle
• Nach Unionsrecht geboten
• In Deutschland nach § 242 BGB
– Bei Gesamtdauer von 11 Jahren und 13
Befristungen ist Rechtsmissbrauch indiziert
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Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Eingruppierung
• Begriff: Zuordnung Tätigkeit AN zu Merkmalen einer Lohn- oder Vergütungsgruppe
• Anspruchsgrundlage: Lohn- oder
Vergütungsordnung insbes. in
– Tarifvertrag oder
– Betriebsvereinbarung, §§ 87 I Nr. 10, 77 IV BetrVG
• Darlegungslast:
– Anwendbarkeit Vergütungsordnung
– Einordnung nach Gesamtbild der Tätigkeitsmerkmale
• Eingruppierungs- Feststellungsklage
• Ist personelle Einzelmaßnahme, § 99 BetrVG
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Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Fall: Stufenaufstieg bei Elternzeit
Der Tarifvertrag der Deutschen Telecom knüpft den
Aufstieg in die nächste Gehaltsstufe an die „Beschäftigungszeit“ und definiert diese als …
Die Klägerin hat 2 Jahre Elternzeit in Anspruch
genommen. Sie beansprucht deren Anerkennung als
„Beschäftigungszeit“. Sie macht geltend, durch einen
Ausschluss würde sie „als Frau“ diskriminiert.
• Eingruppierung:
• Auslegung: der Stufenaufstieg soll den Zuwachs an
Erfahrungswissen honorieren. Der Ausschluss der
Elternzeit ist weder unmittelbar noch mittelbar
geschlechterdiskriminierend.
BAG 21.11.2013 – 6 AZR 89/12
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Personalgespräch:
• Teilnahmepflicht AN: Direktionsrecht, § 106 GewO
• Gegenstand:
• Leistung und Verhalten des AN
• Nicht: Änderung des Arbeitsvertrages
• Initiativrecht Arbeitnehmer: BetrVG
• § 82 Anhörung & Erörterung
• § 84 Beschwerderecht
• Hinzuziehung Dritter durch Arbeitnehmer:
• Betriebsrat:
Nur in enumerativen Fällen:
– § 81 IV , § 82 II 2, 83 I 2, § 84 I 2 BetrVG
• Schwerbehindertenvertretung, § 95 SGB IX:
Nein
• Vorgesetzte oder Kollegen:
Grds. nein
• Gewerkschaftssekre., Rechtsanwalt, externe Dritte:
– Nur, wenn auch auf Arbeitgeberseite
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Arbeitsrecht im Betrieb
Personalbeurteilung:
8S
• Zeitlohn
• Fehlerquellen
•
•
•
•
•
Tendenzen zu
Mitte / Milde / Strenge
Heiligenschein- Effekt
Hierarchieeffekt
Keine Fehlerkorrektur
Schubladen:
Kategorisierung
• Prämienlohn: Grundlohn + Prämie
• Quantitativ
• Qualitative
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
Produktionsmenge (hoch)
Materialverbrauch (gering)
bessere Güte, Freundlichkeit,
Kundenzufriedenheit
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317
Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Umgang mit „Low Performern“
• Abgrenzung:
• Controlling:
Fehl- /Andersleistung
Minderleistung
– Vertraglich geschuldete Leistung
– Soll-/ Ist- Vergleich
• Wesentliche Abweichung:
– Quantitative Minderleistung
– Qualitative Minderleistung
• Arbeitsrechtliche Instrumente:
– Personalgespräch
– Entgeltkürzung (Vereinbarung, Änderungskündigung)
– Kündigung
Verhaltensbedingt: Willentlich
Personenbedingt: Fähigkeiten
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Arbeitsrecht im Betrieb 8 S
Personenbedingte Kündigung:
Minderleistung „Low Performer“
• Geminderte Leistungsfähigkeit:
– Nur erhebliche quantitative Unterschreitung von
mindestens 50 %
– Individuelle Normalleistung als Maßstab
– Qualitative Minderleistung (überdurchschnittliche
Fehlerquote) nicht ausreichend
– Nach Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit und zumutbaren Hilfsmaßnahmen
• Abgrenzung zu
– Arbeitsunfähigkeit: Vorübergehender Zustand
– steuerbares Verhalten: Kündigung verhaltensbedingt
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Arbeitsrecht im Betrieb
8S
Qualitätsmanagementsystem QS
• Regelung aller Arbeitsabläufe nach
Industriestandard ISO 9001:
•
•
•
•
Qualitäts- Planung:
Qualitäts- Prüfung:
Qualitäts- Steuerung:
Qualitätsförderung:
Bestimmung Soll
Ermittlung des Ist
Korrektur
Schulungen
• Direktionsrecht des Arbeitgebers:
• Alle Regelungen sind Arbeitsanweisungen i.S.d. §
106 GewO
• Verstöße sind abmahnfähig
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 8 S
Flexibilisierung Personal- Abbau
•
•
•
•
•
•
Befristete Arbeitsverträge
Einsatz Leiharbeitnehmer
Outsourcen: Dienst-/ Werkverträge
Aufgabenverlagerung im Konzern
Werksschließungen
Betriebs- Änderungen
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb
8S
• Zivilrechtlicher Rahmen für Arbeitsverhältnis:
• Gesetze: Komplex, unübersichtlich,
gelten unabhängig von Kenntnis
• Ziel: Kenntnis Gesetze und Gesetzessystematik
• Arbeitsunfähigkeit (auch Kapital 12):
– Definition
– Komplexe Wirkungen
• Regelungen für besonders Schutzbedürftige
• Arbeitsverträge :
• Gesetze gelten ohne Vereinbarung
• Arbeitsgesetze sind grds. nicht abdingbar:
Kapital 9 Gestaltungen Arbeitsverträge
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322
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Gestaltung durch
Arbeitsverträge
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323
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Normenhierarchie Arbeitsverhältnisse
• Europarecht, insbes. EU -Verordnungen
• Einzelne Arbeits- Gesetze & Richterrecht
• Tarifvertrag, §§ 3, 5 TVG:
Zwischen
Gewerkschaften & Arbeitgeber/-verband
• Betriebsvereinbarung, § 77 BetrVG
• Zwischen Betriebsrat & Arbeitgeber:
• Vorrang des Tarifvertrages, Abs. 3
• Arbeitsvertrag, NachweisG:
• Arbeitgeber: Stellt Vertrag als AGB
• Arbeitnehmer: Handelt einzelne Bedingungen des
Arbeitsvertrages aus, § 305 b BGB
• Direktionsrecht des Arbeitgebers, § 106 GewO
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Arbeitsrecht im Betrieb
9
Verhältnis der Rechtsquellen
zueinander
• Hierarchie- Prinzip:
Die ranghöhere Norm verdrängt die rangniedrigere
• Günstigkeitsprinzip:
• Die rangniedrigere Norm geht vor, wenn sie eine
dem Arbeitnehmer günstigere Regelung enthält
• Gilt nur zwischen Tarifvertrag und Arbeitsvertrag
sowie Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung
• Regelung in Arbeitsverträgen: Verbesserungen
zugunsten des Arbeitnehmers grds. möglich /
Gesetze überwiegend nur einseitig zwingend
zugunsten de Arbeitnehmers
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325
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Vertragsbedingungen Prüfung:
• Wirksamkeitskontrolle:
– § 125 Formmangel: Arbeitsverträge
• Gesetzlich: Formfrei, § 105 GewO
• Durch Rechtsgeschäft: Schriftformklausel
• Beweisgründe & Nachweisgesetz
– § 134 Gesetzliches Verbot
– § 138 Sittenwidrigkeit, insbes. Wucher
– §§ 305 – 310 BGB: AGB =
Allgemeine
Geschäftsbedingungen
• Anwendungskontrolle:
Ausübung Bestimmungsrecht, § 315 BGB
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Arbeitsrecht im Betrieb
9
Nachweisgesetz, NachwG:
• Verpflichtung Arbeitgeber, § 2 Abs.1:
–
–
–
–
–
Spätestens einen Monat nach Beginn des AVes
muss AG einen selbst unterschrieben
Vertragsentwurf dem AN vorlegen
mit allen wesentlichen Bedingungen
Rechtsfolge: Nur deklaratorisch, formlose
Vereinbarung und (Gegen-) Beweis möglich
• Nichteinhaltung Folgen:
– Arbeitgeber hat die Beweislast für alle vom AN
bestrittenen Vereinbarungen
– Wenn AN substantiiert behauptet + mit Indizien
plausibilisiert, muss AG das Gegenteil beweisen
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Arbeitsrecht im Betrieb
9
Gestaltungen Arbeitsvertrag:
• Qualifikationen AN: Berufsausbildung,
Fahrerlaubnis, Prüfungen usw.
• Geschuldete Tätigkeit,
§ 2 I Z. 5 NachwG
• Arbeitsplatzbeschreibung
• Erholungsurlaub über 4 Wochen, § 2 I Z. 8 NachwG
• Probezeit: Kündigungsfrist 2 Wochen,§ 622 II BGB
• Vertragsstrafen: Z.B. Lohn vertragswidrige Fehlzeit
– Strenger Maßstab bei Auslegung + Angemessenheitskontrolle
BAG 23.01.2014 – 8 AZR 130/13
• Vorrübergehender Verhinderung, § 616 BGB:
Lohnfortzahlung ausschließen
• Tarifverträge: Geltungsvereinbarung, §2 I Z.10 NachwG
– Gleichstellung der Nichtmitglieder Gewerkschaften
– Jeweiligkeits- Klausel: Dynamische Verweisung
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Arbeitsrecht im Betrieb
9
Gestaltungen Arbeitsvertrag:
• Vereinbarte Arbeitszeit, § 2 I Z. 7 NachwG
• Arbeitszeitkonten:
– Überstunden – Zeitguthaben – Verrechnung mit
Minusstunden
BAG 21.03.2012 – 5 AZR 676/11
• Tätigkeitsnachweise: Führung und Vorlage
BAG 18.04.2012 – 5 AZR 248/11
• Kurzarbeit, § 99 SGB III: Anordnungsrecht
• Überstunden anordnen, nicht aus §106 GewO!
• Pauschale Überstundenabgeltung:
– Max. Umfang angeben, z.B. 5 Std./Woche
– Gesamte rechtlich zulässige Arbeitszeit geschuldet
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Arbeitsrecht im Betrieb
9
Arbeitsvertrag: Beendigung
•
Befristung TzBefG: Auch bei Sonderkündigungsschutz
•
Altersbefristung, § 41 SGB VI:
•
Kündigungsfristen, Z. 9:
– § 14: Mit Sachgrund, Abs. 1, ohne, Abs. 2 + Abs. 3 AN bei Beginn 52. Lj.
– Anspruch auf Altersrente kein Kündigungsgrund, S. 1
– Befristungsvereinbarung, S. 2: Erreichen Regelaltersgrenze
– Verlängerung, S. 3 neu: Flexible Vereinbarungen DB 2014, S. 1490 ff
–
–
–
•
•
§ 622 BGB
Arbeitgeber bis 20 Mitarbeiter
zum 15. o. Ende des Monats
Vereinbarte Probezeit,
Vorübergehenden Aushilfe
bis 3 Monate
Z. 2
Verkürzung auf
4 Wochen
Abs. 3
2 Wochen
Abs. 5 Z. 1
täglich
Kündigungserschwerungen: Nur für Arbeitgeber:
–
–
Längere Kündigungsfristen
Keine betriebsbedingte oder ordentliche Kündigung
–
–
Im Arbeitsverhältnis
Nach Kündigung mit Anrechnung auf Urlaub & Freizeitausgleich
Freistellungsrecht AG = Suspendierung Arbeitspflicht
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330
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Gestaltungen Arbeitsvertrag:
• Geheimhaltung:
Klarstellung und
• Rückgabepflichten Verstärkung
• Wettbewerbsverbot
– Für Gewerbezweig Arbeitgeber, § 60 HGB:
Verstoß ggf. außerordentliche Kündigung
– Nachvertraglich, § 74 HGB:
• Wirksam nur bei Karrenzentschädigung, Abs. 2:
Mindestens Hälfte von Lohn & Nebenleistung
• Längstens 2 Jahre, § 74 a Abs. 1 HGB
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Arbeitsrecht im Betrieb
9
Gestaltungen Arbeitsvertrag:
• Schriftformklausel, § 127 BGB, § 3 NachwG:
– Vertragsänderungen bedürfen der Schriftform
– „doppelte“: Auch ein Verzicht auf die Schriftform muss schriftlich erklärt werden
• Verfallklausel:
• Alle Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag
verfallen, wenn sie nicht binnen 3 Monaten
• ab Fälligkeit schriftlich geltend gemacht +
• bei Ablehnung eingeklagt wird.
• Kündigungsschutzklage wahrt auch für vom
Ausgang abhängige Vergütungsansprüche
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332
Arbeitsrecht im Betrieb
9
Gestaltungen: Boni & Co.
• Arbeitsentgelt & Fälligkeit, § 2 I Z. 7 NachwG
• Lohnzahlung spätesten zum15. des Folgemonat
Verbot Annahme Geschenke /Vergünstigungen
Abtretungsverbot Lohnansprüche
Kostenerstattung bei Lohnpfändungen
Tantieme, Boni, Provision, Zielvereinbarung
– Stay-/Retention- Bonus
• Weihnachtsgeld:
- Entgelt oder
•
•
•
•
– Förderung Betriebstreue: Ggf. Rückforderung
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Arbeitsrecht im Betrieb
9
Entlohnungsformen, § 2 I Z. 6
• Zeitlohn
Leistungslöhne:
• Akkordlohn:
Stunden/ Monate
Stück- oder Zeit
• Geldakkord: Arbeitsmenge x Geldfaktor
• Zeitakkord: Arbeitsmenge x Vorgabezeit
• Prämienlohn: Grundlohn + Prämie
• Quantitativ
• Qualitative
• Anwesenheit
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Produktionsmenge (hoch)
Materialverbrauch (gering)
bessere Güte, Freundlichkeit,
Kundenzufriedenheit
keine Krankheitszeiten
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Arbeitsrecht im Betrieb
9
Zielvereinbarungen:
•
•
•
•
•
Einvernehmliche Regelung:
Zusätzlich zu einer festen Vergütung
erhält der Mitarbeiter einen Bonus,
der dem Grunde und der Höhe nach
von dem Erreichen eines vereinbarten
Zieles abhängig ist.
Zielvorgabe, § 106 GewO:
• Vorgabe von Arbeitszielen
• Einseitig durch den Arbeitgeber
• Kontrolle gem. § 315 BGB
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Arbeitsrecht im Betrieb
9
Erweiterung Direktionsrecht,§ 106 GewO
• Arbeitsort:
• Arbeitszeit:
Versetzungsklausel
Überstunden anordnen
Flexibilisierung & Schichtarbeit
Kurzarbeit
• Rauch-& Alkoholverbot, z.B. Kraftfahrer, Baustellen
• Telekommunikation: Privatnutzung verbieten ?
– Telefon
– Internet
E-Mail- Korrespondenz
Virengefahr, insbes. Downloads Software
• Ärztliche Untersuchung:
– AG kann von AN Einverständnis nur bei begründetem
Anlass verlangen, z.B. Anhaltspunkten f. Drogenmissbrauch
– Einverständnis im Arbeitsvertrag möglich, wenn Interesse
des AG wegen besonderer Gefährlichkeit der Tätigkeit
• Kontrollen :
Videoüberwachung, § 6 b BDSG
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Arbeitsrecht im Betrieb
9
Wegezeiten: Vergütung
• Abgrenzung: Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte:
Nur steuerlich als Werbungskosten
• Wegezeiten: Vom Betrieb zu auswärtiger Arbeitsund Einsatzstellen
• Sind Arbeitszeit i.S.d.
– Arbeitsvertrages: Versprochene Dienste, § 611 &
– Arbeitszeitgesetzes
• Vergütung:
• kann angemessen vereinbart werden
• z.B. entfernungsabhängige Auslösung
• ggf. Unterscheidung Fahrer + Mitgenommenen
• Auslösung: Pauschalierter Aufwendungsersatz, der Fahrt-,
Übernachtungs- und Verpflegungskosten abdecken soll.
BAG 12.12.2012 – 5 AZR 355/12
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Arbeitsrecht im Betrieb
9
Nebenbeschäftigung
• Allgemeine Grenzen: Arbeitszeitrechtliche
Höchstgrenze: Mehrere
Arbeitgeber zusammenrechnen, § 2 I 1 ArbZG
– Erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitskraft
• Entgegenstehende Wettbewerbsinteressen
• Einzel- o. kollektivvertragliche Beschränkung:
– Nebentätigkeitsverbot: Wegen Art. 12 nur bei
besonderen Gründen wirksam
– Anzeigepflicht: Wirksam
• Keine einseitige Rücknahme Genehmigung
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Arbeitsrecht im Betrieb
9
Dienstwagen mit Recht zur
privaten Nutzung
•
•
•
•
Sachwert ist (Brutto-)Lohn, wie Verpflegung/ Telefon
Versteuerung: Fahrtenbuch o. 1 % - Regelung
Sozialversicherungen: Pflichtig
Widerrufsvorbehalt Arbeitsvertrag o. Dienstwagenvereinbarung:
BAG 21.03.2012 – 5 AZR 651/10
– Wirksamkeit als AGB: Ausreichender Anlass:
• Erkrankung: Event. mit Ende Lohnfortzahlung
• Kündigung: Bei
– Endtermin oder Freistellung
– Kündigungsschutzklage: Nur wenn aussichtslos
– Ausübung: Angemessenheit im Einzelfall
– Unberechtigte Rückgabeforderung: Nutzungsausfallentschädigung als Schadensersatz
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Arbeitsrecht im Betrieb
9
Gestaltungen Arbeitsvertrag:
• Änderungs-, Widerrufs-+ Freiwilligkeitsvorbehalte
• Nur bei Jahreszahlungen, nicht monatlicher
Fälligkeit
• Weihnachtsgeld, z.B. als 13. Monatsgehalt:
– Anspruch nur bei ungekündigtem Arbeitsverhältnis: Zulässig ohne Differenzierung
BAG 18.01.2012 – 10 AZR 667/10
– Rückzahlungsklausel bei Ausscheiden bis 31.03.
des Folgejahres (honoriert Betriebstreue):
Nur wenn Beendigung vom AN veranlasst
– Wenn Entgeltcharakter: Bereits bei Bindung an
ungekündigtes Arbeitsverhältnis am 31.12.
unwirksam
BAG 13.11.2013 10 AZR 848/12
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Arbeitsrecht: Wirksamkeit von
Allgemeine Geschäftsbedingungen
• Begriff: Vorformulierte Vertragsbedingung
• Arbeitsvertrag ist an Mustern + Rechtsprechung
BAG orientiert
• Angemessenheitskontrolle,§§305, 307 BGB
• Freiwilligkeits-, Widerrufs-, Rückzahlungsklauseln
• Insbes. von Darlehen, Weihnachtsgeld,
Fortbildungskosten
• Angemessenheit: Auslöser Verpflichtung darf
nicht vom Begünstigten gestaltet werden
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Arbeitsrecht im Betrieb
9
Allgemeine Geschäftsbedingungen
• Begriff „AGB“, § 305 I 1 BGB
•
•
•
•
•
Arbeitgeber als „Verwender“
Arbeitnehmer als „Verbraucher“
Vorformulierte Bedingungen
Für eine Vielzahl von Verträge
„gestellt“ = nicht ausgehandelt
• Arbeitsrecht, § 310 IV (erst seit 2002):
• Keine Anwendung auf Kollektivregelungen,
Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen
• Arbeitsverträge: Angemessene Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Besonderheiten
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Arbeitsrecht im Betrieb
9
Allgemeine Geschäftsbedingungen
• Individualabrede hat Vorrang, § 305 b BGB
• Klausel überraschend o. unklar, § 305 c II : Zweifel
bei Auslegung gehen Zulasten des Verwenders
• Inhaltskontrolle:
• Generalklausel, § 307: Unangemessene Benachteiligung
• Klauselverbote:
– mit Wertungsmöglichkeit, § 308
» Nr. 6: Zugangsfiktion unwirksam
– ohne Wertungsmöglichkeit, § 309:
» Entgegen Nr. 6 sind Vertragsstrafen möglich
– Rechtsfolge: Nichtigkeit der Klausel, § 309:
Keine geltungserhaltende Reduktion
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Arbeitsrecht im Betrieb
9
Darlehen: Rückzahlungsklauseln
• Darlehen des Arbeitgebers an Arbeitnehmer:
• Vertrag ohne Einflussmöglichkeit des Arbeitnehmers mit vorformulierter Klausel:
– Rückzahlung automatisch mit Beendigung des
Arbeitsverhältnisses fällig
: Unwirksam
– Berechtigung des Arbeitgebers zur Kündigung in
allen Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis vor
vollständiger Rückzahlung des Darlehens
beendet wird
: Unwirksam,
da auch Kündigungsgründe aus der Sphäre der
Arbeitgeberin erfasst werden (z.B. betriebsbedingte Kündigung).
• Keine geltungserhaltende Reduktion.
BAG 12.12.2013 – 8 AZR 829/129
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Arbeitsrecht im Betrieb 9
Fort- /Weiterbildungskosten:
Rückzahlungsklauseln:
• Verpflichtung nur außerhalb des Arbeitsvertrages
• Transparenz: - Zu Beginn Ausbildung, § 307 I 2 BGB
BAG 6.8.2013- 9 AZR 442/13 - Höhe Kosten ohne Unklarheiten
• Zulässige Bindungsdauer: Interessenabwägung
– Dauer der Entgeltfortzahlung und Kosten AG
– Wert für AN
Richtlinie: 6 – 9 Monate Bindung pro Monat Ausbildung
• Auslöser durch Betriebstreue vermeiden: Kündigung
– Arbeitgeber: Nur bei verhaltensbedingter Kündigung
– Arbeitnehmer: Unangemessen benachteiligt i.S.d. § 307
IV 1 BGB, wenn Gründe aus der des Sphäre des AG
nicht ausgenommen sind.
BAG 13.12.2011 – 3 AZR 791/09; 21.08.2012 – 3 AZR 698/10
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Arbeitsrecht im Betrieb
9
Sonderzahlungen:
•
•
•
•
•
Freiwillig ohne Rechtsanspruch
Betriebliche Übung
Konkludente Zusagen
Inhaltskontrollen von Entgeltabreden
Sonderzahlungen
– nach billigem Ermessen
– arbeitsleistungsbezogen
– nicht leistungsbezogen
– Mischcharakter
BAG 13.12.2011 – 3 AZR 791/09; 21.08.2012 – 3 AZR 698/10
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Arbeitsrecht im Betrieb 9 S
Fall: Vergütung von Überstunden
Kläger ist bei der Spedition S GmbH seit 1990 als
Kraftfahrer im Fernverkehr zu einer Bruttomonatsvergütung von 2.450 € beschäftigt. Ein schriftlicher
Arbeitsvertrag existiert nicht.
Mit Klage vom 12.03.2009 begehrt er die Bezahlung
von Überstunden November 2006 bis April 2008. Auf
der Basis einer 48– Stunden- Woche hat er 307
Stunden und 46 Minuten ermittelt.
Spedition S beantragt Klageabweisung. Die Anhörung des Klägers und des Geschäftsführers der S als
Partei ergibt, dass bei Einstellung vereinbart wurde,
dass der Kläger die Arbeitszeit schulde, die arbeitszeitrechtlich erlaubt sei.
Hat die Klage Erfolg?
BAG 18.04.2012 – 5 AZR 195/11
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347
Arbeitsrecht im Betrieb 9 S
Lösung: Vergütung Überstunden
1. Keine Verfallklausel vereinbart,
kein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag
2. Verjährungsfrist, § 195 BGB: Jahresende + 3 Jahre
3. Wie viele Stunden sind arbeitsvertraglich
geschuldet?
1.
2.
Vertragliche Bezugnahme auf ArbeitszeitG,
speziell für Kraftfahrer, § 21 a ArbZG, Abs. 4:
Verlängerung: Bis 60 Std./Woche
- Verzicht auf kalendertägliche Betrachtungsweise
- Ausgleichszeitraum: 4 Monate / 16 Wochen
Ergebnis: Kläger hat nur die vertraglich geschuldeten
Stunden gearbeitet und keine Überstunden geleistet
BAG 18.04.2012 – 5 AZR 195/11
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Arbeitsrecht im Betrieb 9 S
Fall: Rückzahlung Fortbildungskosten
Die Priegnitzer Eisenbahn betreibt Nahverkehrszüge. Auf Grundlage
des Arbeitsvertrages vom 14.07.2003 beschäftigt sie A seit dem
01.08.2003 im Service. Vom 04.10.2005 bis 10.02.2006 absolvierte A
eine von der P finanzierte Ausbildung zum Triebwagenführer. Am
31.02.2004 vereinbart P mit A und 24 anderen Mitarbeitern: Die
Ausbildung erfolgt im Interesse von A an seiner beruflichen und
fachlichen Fort- und Weiterbildung. A wird unter Fortzahlung seiner
Bezüge freigestellt. P trägt die Unterrichts- und Prüfungsgebühren,
Übernachtungs- und Reiskosten. Kündigt A selbst oder P aus
personen- oder verhaltensbedingten Gründen binnen 2 Jahren, hat
A die Kosten der Ausbildung zeitanteilig zu erstatten.
A besteht die Prüfung am 12.03.2006. Aufgrund eines Vorfalls am
13.04.2006 wird ihm der Eisenbahnfahrzeugführerschein eingezogen
und er wieder im Service eingesetzt. A kündigt zum 31.12.2006 selbst.
P klagt auf Zahlung von 7.500 € als Ausbildungskostenerstattung. Hat
die Klage Erfolg?
BAG 13.12.2011 – 3 AZR 791/09; 28.05.2013 – 3 AZR 103/12; 18.03.2014 – 9
AZR 545/12
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Arbeitsrecht im Betrieb 9 S
Lösung: Rückzahlung Fortbildungskosten
1. Die Vereinbarung über die Ausbildungskostenerstattung ist AGB
i.S.d. § 305 I BGB: Identische Vereinbarung mit 25
Triebwagenführern.
2. Die Vereinbarung über die Ausbildungskostenerstattung ist
unwirksam nach § 307 I 1 BGB. A wird durch die
Rückzahlungsklausel unangemessen benachteiligt:
a) Die von P gestellte Klausel belastet A ohne Ausnahme für
jeden Fall der Eigenkündigung. Sie unterscheidet nicht, ob
der Grund der Sphäre des Arbeitnehmers oder des
Arbeitgebers zuzurechnen ist.
b) Keine geltungserhaltende Reduktion mit dem Inhalt, das der
Grund der Sphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen ist.
c) Teilung der Vertragsklausel nur, wenn der unzulässige Teil
sprachlich und inhaltlich eindeutig abtrennbar wäre.
3. Es kommt nicht darauf an, ob A von P zur Kündigung veranlasst
wurde.
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Arbeitsrecht im Betrieb
9S
E-Mail- Account mit privater Nutzung
• Während Arbeitsverhältnis
• Kontrollrechte Arbeitgeber
– Mitlesen
– Arbeitszeit - Freizeit
• Beweisverwertung
– Arbeitszeit- Nachweis
– Kündigungsgrund
• Nach Beendigung Arbeitsverhältnis
• Korrespondenz- Archiv
– Trennung – Mitnahme - Löschen
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 9 S
Informationstechnologie
• Heimarbeitsplatz: Gesamte Arbeit über das Netz
• Private Nutzung dienstlicher
–
–
–
–
Computer und Laptop
Anschlüsse: Telefon + Internet
Zugriff AG auf private Nutzungsdaten des AN?
Betriebsvereinbarungen, z.B. e-mail und internet
• Dienstliche Nutzung privater Einrichtungen:
– bring your own device „byod“
– Schutz betrieblicher Interessen?
• Eintragungen in Social Media, facebook u.a.:
– Verwertung bei Recruting
– Ehrenschutz (Beleidigung + Verleumdung): Kündigung
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Arbeitsrecht im Betrieb 9 S
bring your own device byod:
Private PC- Geräte, Smartphones
• E- Mails: Sicherung
• Sicherheit Datenübertragung
• Zugriff auf betriebliche Daten & Korrespondenz
• Datensicherheit
• Kopieren interner Daten und Mitnahme
• Löschen nach Beendigung Arbeitsvertrag
• Herunterladen von Software:
• Urheberrecht: Kostenlos nur für private Nutzung
• Arbeitszeitgesetz bei freiwilliger Nachtarbeit
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 9 S
Privatnutzung IT am Arbeitsplatz
• Grundlegend: Verbot durch Arbeitgeber?
• Surfen im Internet als Kündigungsgrund:
• Pornographische Inhalte:
BAG ja
• Ausschweifende Nutzung: Erst nach Abmahnung
• E- Mails:
BAG 07.07.2005 – 2 AZR 581/04
• Übermäßig ggf. Arbeitszeitbetrug
• Mitlesen bei Kollegen, z.B. System- Administrator
• Weiterleitung geschäftliche an Kollegen, Dritte, PrivatAccount
• Einsicht in Korrespondenz - betrieblich - privat
• Herunterladen von Software:
• Trojaner – Gefahr
• Urheberrecht: Kostenlos nur für private Nutzung
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Arbeitsrecht im Betrieb 9 S
Private IT – Nutzung: Verbot/BV
• E- Mails:
• Sicherheit Datenübertragung, Trojaner
• Sicherung Schutz Privatsphäre
– Mit- Lesen, z.B. Administrator
– Löschen nach Beendigung Arbeitsvertrag
• Surfen
• Herunterladen/download von Software
• Pornografische Seiten
= Kündigungsgrund
• Betriebliche Daten auf private Rechner:
• Weiterleitung E-Mail - Korrespondenz
• Herunterladen von Software oder Dateien
• Arbeitszeit: Pausen nachweisbar
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Arbeitsrecht im Betrieb
9S
Aufhebungs-/Abwicklungsverträge
• Aufhebungsvertrag Regelungen:
– Abfindung sozialer Besitzstand =
Betriebszugehörigkeit
– Freistellung mit Anrechnung Urlaub + Mehrarbeit
– Qualifiziertes Arbeitszeugnis
– Verschwiegenheitspflicht
– Ggf. nachvertragliches Wettbewerbsverbot
– Ausgleichsquittung: Kein weiteren Ansprüche
• Vorteil Arbeitgeber: Kein Kündigungsschutz
• Arbeitnehmer droht Sperrzeit, § 159 SGB III:
– Bei
Aufhebungsvertrag
– Nicht bei Abwicklungsvereinbarung
oder Klageverzicht
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Arbeitsrecht im Betrieb 9 S
Dienstwagenvereinbarung
• Nutzungseinschränkung:
– Privatfahrten
– Nur selbst, keine Familienangehörigen
– Auslandsfahrten
• Rückgabepflicht bei
– Arbeitsunfähigkeit
– Nach Kündigung
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Arbeitsrecht im Betrieb 9 S
Vertragsbeendigung gestalten
• Kündigung Arbeitgeber:
– Freistellung, unter Anrechnung auf Urlaub
und Überstunden
– Abfindungsangebot, § 1a KSchG
– Abwicklungsvereinbarung über
Kündigung, insbesondere Klageverzicht
• Einvernehmlich
– Problem: Vermeidung Sperrzeit
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Arbeitsrecht im Betrieb
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Mitarbeiter- Recruting &
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz AGG
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Arbeitsrecht im Betrieb
10
Personalmanagement:
• Personalplanung:
Unterrichtung BR § 92 I BetrVG
• Personalbedarf
– Gegenwärtig und zukünftig
– Quantitativ und qualitativ
• Personaldeckung (-beschaffung, -abbau)
• Personalentwicklung
• Personaleinsatz
• Personal- Marketing
• Personal- Recruiting: Bewerbungs- und
Einstellungsverfahren
• Mitarbeiter
- Incentives
- Controlling: Leistungskontrolle
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Arbeitsrecht im Betrieb
10
Personalpolitik
• Auswahl geeigneter Mitarbeiter:
• Personalbedarf, Bewerbungsverfahren, Einstellung
• Gesunderhaltung der Mitarbeiter:
• Prävention:
– Arbeitsschutz & -sicherheitsgesetze: Compliance
– Betriebliches Gesundheitsmanagement BGM
• Betriebliches Eingliederungsmanagement, § 84 II SGB IX:
– Nach 6 Wochen Erkrankung oder bereits früher
– Leidens- oder krankheitsgerechter Arbeitsplatz sowie
Hilfe bei allen Problemen, ggf. durch selbständige Berater
• Unfähigkeit zur geschuldeten Arbeit:
•
•
•
•
Anpassung Arbeitsbedingungen: Freier, leidensgerechter Arbeitsplatz
Änderungskündigung
Beratung zum Schutz durch das soziale Netz
Kündigung aus personenbedingten Gründen
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Arbeitsrecht im Betrieb
10
personal recruting: Rechtlich
• Abwerbung: Grundsätzlich zulässig
• Wettbewerbswidrigkeit, § 3 UWG: Nur bei
Hinzutreten besonderer Umstände
• Verleiten zum Vertragsbruch: Aufforderung zur
Verletzung (noch) bestehender arbeitsvertraglicher
Verpflichtungen
• Erteilung einer unrichtigen Auskunft
• Ausnutzung von Geschäftsgeheimnissen des
Mitbewerbers
• An betriebliche e-mail- Adresse, § 7 II Nr. 3 UWG
• Telefonanrufe am Arbeitsplatz als „cold calls“, sofern
mehr als erste Kontaktaufnahme
BGH 22.11.2007 – I ZR 183/04
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Arbeitsrecht im Betrieb
10
Stellenausschreibungen:
Vorvertragliches Schuldverhältnis:
• Arbeitgeber:
– Rücksichtnahme
– Aufklärung über wesentliche Umstände
• Arbeitnehmer: Offenbarungspflichten
Qualifikation und Eignung
Vollzug einer Freiheitsstrafe
Transsexualität: ggf. nach ausgeschriebener Stelle
Gesundheitszustand,
z.B. Kraftfahrer: Alkoholabhängigkeit
– Nicht: Schwangerschaft, Familienplanung
– Behinderung, wenn sie Beschäftigung ausschließt
–
–
–
–
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Arbeitsrecht im Betrieb
10
Bewerbung
• Vorstellungskosten: Aus Aufforderung zur
Vorstellung
• folgt Ersatzpflicht der erforderlichen
Auslagen, §§ 670, 662 BGB
• Ausschluss muss unmissverständlich zum
Ausdruck gebracht werden
• Bewerbungsunterlagen:
• Unterrichtung Betriebsrat, § 99 I BetrVG
• Anspruch auf Rückgabe
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Arbeitsrecht im Betrieb
10
Fragerecht des Arbeitgebers:
• Bei berechtigtem + schutzwürdigen Interesse:
•
•
•
•
Schulzeugnissen und Noten
Fachliche Qualifikation und berufliche Erfahrungen
Auslandsaufenthalte, Sprachkenntnisse wenn f. Tätigkeit relevant
Eignung für die konkrete Tätigkeit, auch körperliche
• Einzelfälle:
•
•
•
•
•
•
•
•
zulässig?
Alter/ Geburtsdatum und Geburtsort
grds. ja
Alkohol- + Drogenabhängigkeit, HIV, Raucher
nein
Bisheriger Verdienst, Vermögensverhältnisse, Bonität
nein
Gewerkschafts-, Religions-, Parteizugehörigkeit
nein
Schwangerschaft, Heirats- & Familienplanung
nein
Schwerbehinderung
nein
- jedoch nach 6-monatiger Beschäftigung
ja
Vorstrafen: Nur wenn Verurteilung einschlägig zur Tätigkeit
Ansteckende Krankheiten
ja
• Verstoß: Arbeitnehmer hat das Recht zur Lüge
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365
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Eignungsuntersuchungen
• Eignungstests:
• Nichtärztliche Untersuchungen
• Graphologische Gutachten
• Psychologische Tests
• Krankheiten und Gesundheitszustand:
• Fragerecht: Bei Bezug zu beruflichen Anforderung
• Ärztliche Untersuchungen bei Bezug zur Tätigkeit:
– AG definiert gesundheitliche Anforderungen
– Durch Betriebsarzt o. Arbeitsmediziner:
Schweigepflicht – muss entbunden werden
– Ggf. Pflicht: z.B. JArbSchG, BG
• Genomanalyse: Verbot, §§ 19 ff GendiagnostikG
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366
Arbeitsrecht im Betrieb
10
personal recruting:
• Stellenausschreibung:
• Aufforderung zur Abgabe eines Arbeitsangebotes
• Keine unzutreffenden Angaben
• Diskriminierende Einstellungsvoraussetzungen:
Vermutung für Benachteiligung, §§ 11, 7, 1 AGG:
–
–
–
–
–
–
–
Geschlechtsneutrale Ausschreibung
Verkäuferin bis 35 Jahre
Deutscher Metallfacharbeiter
Hausmeisterehepaar: Gleichgeschlechtliche Paare?
Berufsanfänger, Junganwalt, Frauenkanzlei
Trainee für Young Professionals / Hochschulabsolventen
Übliche Bewerbungsunterlagen = Foto und Lebenslauf
• Auswahlprozess AGG: Verbot jeder (nachweisbaren) Diskriminierung
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367
Arbeitsrecht im Betrieb 10
Allgemeines GleichbehandlungsG
• Als Kriterium für Differenzierung unzulässig =
Diskriminierung, § 1:
– Geschlecht
– Religion
– Rasse
- sexuelle Identität
- Weltanschauung
- ethnische Herkunft
– Alter
- Behinderung, 81 II SGB IX
Demographischer Wandel zwingt zu Einwanderung
• Anwendungsbereich, §§ 6-18:
– Beschäftigte & Bewerber, § 6 Abs. 1:
Arbeitsbedingungen einschl.
• Zugang zur Erwerbstätigkeit und beruflicher Aufstieg
• Entgelt, Aus- und Weiterbildung, Kündigungen
– Arbeitgeber, § 6 Abs. 2
– Ausschreibung Arbeitsplatz: Stellenanzeige, § 11
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368
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Allg. Gleichbehandlungsgesetz
• Benachteiligungsverbot, § 7:
•
•
–
–
–
–
–
Arbeitgeber, Arbeitskollegen und Dritte
Formen der Benachteiligung, § 3:
Abs. 1: Unmittelbare = weniger günstige Behandlung
Abs. 2: Mittelbar durch scheinbar neutrale Regelung
Abs. 3: Belästigung
Abs. 4: sexuelle= unerwünscht + Verletzung der Würde
Abs. 5: Anweisung zu Verhalten
• Mittelbare Diskriminierung, Muster:
– Gruppenbildung nach nicht verbotenen Kriterien
– Eine Gruppe wird kollektiv und unmittelbar benachteiligt
– Mit Gruppe sind statistisch sind insbes. gegen
Benachteiligung Geschützte betroffen
BAG 21.06.2012 - 8 AZR188/11
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369
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Allg. Gleichbehandlungsgesetz
• Zulässige Kriterien:
•
•
•
•
Ausbildung Erfahrungen
Kenntnisse, auch Sprachen, insbes. Deutschkenntnisse
Vollzeitbeschäftigung (trotz § 5 TzBfG)
Auch: Fußballfan clubbezogen, fraglich: Ossi / Wessi
• Unzulässige Kriterien:
Sexuelle Identität
Geschlecht
Jung, dynamisch:
Alter
Führerschein:
Behinderte mittelbar
Gesund
Behinderte
Hochschulabsolventen / Young Professionals übersetzt
junger Fachmann /-frau
– Familienplanung
Geschlecht Frau
–
–
–
–
–
ArbG D´dorf 13.3.2013 - 11 Ca 7393/11; BAG 21.6.2012 - 8 AZR188/11
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370
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Zulässige Benachteiligungen
Berufliche Anforderungen, § 8:
• Objektiv für Ausübung der Tätigkeit wesentlich
und entscheidend, nicht nur zweckmäßig:
• Verkehrsanschauung:
– Erzieher in Mädcheninternat
– Trendmoden für Jugendliche nicht durch Verkäufer
der Elterngeneration
– Damenmoden
• Kaum durch unternehmerisches Konzept:
– Frauenbuchhandlung oder –kanzlei
• Nicht durch Kunden- oder Käufererwartung:
– Weibliche Vertriebsmitarbeiterin, Kosmetik?
• Entgeltgleichheit, Abs. 2: Die Aspekte des § 1
rechtfertigen keine unterschiedliche Bezahlung
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371
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Rechtfertigung Diskriminierung
• Nachteile verhindert oder ausgeglichen, § 5:
• Durch geeignete und angemessene Maßnahmen
• Z.B. Verpflichtung öffentlicher Arbeitgeber,
schwerbehinderte Bewerber zu Vorstellungsgespräch
einzuladen, § 82 S. 2 SGB IX
• Religion oder Weltanschauung, § 9
• Alter, § 10 , Fallgruppen Z. 1 bis 6, jeweils
– Legitimes Ziel
– Angemessenheit des Mittels: vernünftig und geeignet
– Erforderlichkeit des Mittels: geringster Eingriff
BAG vom
zur Altersgrenze für Beschäftigung
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372
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Ungleichbehandlung: Folgen
• Arbeitgeber muss die erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung
ergreifen, § 12 Abs. 1
• Flankierend und Verstärkung:
• Beschwerderecht des Beschäftigten, § 13
• Leistungsverweigerungsrecht des AN, § 14
neben § 273 BGB
• Maßregelungsverbot, § 16,
neben § 612 a BGB
• Schadensersatzanspruch, § 15
– Materieller Schaden, Abs. 1
– Immaterieller Schaden, Abs. 2
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373
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Schadensersatzansprüche, § 15:
• Materieller S., Abs. 1: Außer kein Verschulden
• Entgangener Verdienst: Differenzrechnung
• Immaterieller S., Abs. 2: Verschuldensunabhängig
• bei jeder Benachteiligung, § 7, wenn nicht
– in Auswahl einbezogen
– eingestellt
• Ausnahme: Keine ernsthafte Bewerbung (§ 242)
• Angemessene Entschädigung:
– Alle Umstände einbeziehen, auch Abschreckung
– Maximal 3 Monatsgehälter, wenn bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt: Beweis AG
• Ausschlussfrist 2 Monate, Abs. 4 : Schriftliche
Geltendmachung
BAG 21.06.2012 - 8 AZR 188/11
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374
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Allg. Gleichbehandlungsgesetz
• Beweislast, § 22: Abgestuft
• Mitarbeiter: Vortrag + Beweis von Indizien, die
eine Benachteiligung i.S.d. § 1 AGG vermuten
lassen, z.B. § 82 SGB IX
• Arbeitgeber: Beweis, dass kein Verstoß vorlag
• Kein Auskunftsrecht des Bewerbers,
• ob ein anderer eingestellt wurde oder
• aufgrund welcher Kriterien
• Gibt der Arbeitgeber dem abgelehnten Bewerber
keine Auskunft über seine Auswahlentscheidung,
lässt das allein noch keine Diskriminierung
vermuten.
BAG vom 25.04.2013 – 8 AZR 287/08
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375
Arbeitsrecht im Betrieb
10
Lebensalter & Personalauswahl
• Altersstrukturanalyse und AltersgruppenManagement
– Zieldefinition: Gewünschte Verteilung
– Verhinderung Überalterung: Einstellung Junge
• Neueinstellungen:
AGG
• Lebensalter als Kriterium unzulässig
• Kündigung „sozial wirksam“:
• Betriebsbedingt und Sozialauswahl
– Lebensalter hemmend
– Nicht: Verjüngung des Mitarbeiterschaft
• Altersgruppenbildung, § 1 Abs. 3 S.2 KSchG:
– Nur Erhalt einer bestehenden Altersstruktur
– Kündigung aus allen Altersschichten proportional
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376
Arbeitsrecht im Betrieb
10
• Vermeidungs-Strategie:
– Ausschreibung & Auswahlverfahren:
Ohne jede Diskriminierung
– Einstellungsentscheidung: geheim
– Ablehnungsschreiben: Ohne
Begründung & immer freundlich
• Auswirkungen AGG im Betrieb:
– Einstellungsvoraussetzungen
leistungsorientiert
– Betriebsklima vorurteilsfrei –
integrierend
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377
Arbeitsrecht im Betrieb
10
AGG konforme Stellenausschreibung
• Alter:
– Keine Altersangabe (Zwischen… Nicht älter als..)
– Keine direkte Ansprache einer Zielgruppe:
» Jünger: Young Professionals, junge Dynamiker
» Älter: Erfahrene Alte Hasen, rüstige Rentner
– Selbstbeschreibung: Wir sind jung & dynamisch
• Geschlecht: Stets geschlechtsneutral
• Ethnische Herkunft und Rasse:
– Signalwort „Muttersprache“ meiden
– Sprachkenntnisse: nur soweit für Stelle
erforderlich
– Lichtbild nicht explizit anfordern
• Behinderung: Keine Hinweise
– Körperlich belastbar, geistig flexibel
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378
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Thomas „Tom“ Neuwirth gewinnt als
„Conchita Wurst“ den Eurovision Song
Contest 2014
Was ist ihm im Einzelnen alles „Wurst“?
Die Privatperson Tom Neuwirth & die Kunstfigur Conchita Wurst sind zwei
eigenständige Persönlichkeiten mit ihren eigenen Lebensläufen, die
gemeinsam ein markantes Zeichen für Toleranz und gegen
Diskriminierung setzen.
Conchita verdankt ihre Geburt dem Umstand, dass Tom Zeit seines
Lebens mit Diskriminierung zu kämpfen hatte. Also schuf er eine Frau mit
Bart. Als auffälliges Statement. Als Katalysator für Diskussionen über
Begriffe wie „anders“ oder „normal“. Als Ventil, mit dem er seine
Botschaft unübersehbar und unüberhörbar in alle Welt tragen will.
Aussehen, Geschlecht und Herkunft sind nämlich „völlig WURST“, wenn
es um die Würde und Freiheit des Einzelnen geht. „Einzig und allein der
Mensch zählt“, sagt Tom/ Conchita, „jeder soll sein Leben so leben
dürfen, wie er es für richtig hält, solange niemand zu Schaden kommt.“
Lesen Sie § 1 AGG!
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379
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Der transsexuelle Lagerarbeiter
Die Fa. Naturstein Niederrhein GmbH mit über 20
Arbeitnehmern beschäftigt in ihrem Lager seit über 5
Jahren den zuverlässigen und allseits geschätzten
Herrn Victor. Herr Victor offenbart dem Geschäftsführer, dass er „im falschen Körper lebe“. Nach einer
medizinischen Geschlechtsumwandlung werde er
zukünftig als Frau Victoria leben.
1. Der Geschäftsführer erklärt Ihnen, dass er im Lager
keine Frau einsetzen könne, u.a. gäbe es nur Männertoiletten und –umkleiden. Er bittet Sie um Vorschläge,
das Arbeitsverhältnis auf schnellstem Wege zu
beenden.
2. Nach einem halben Jahr verlangt Victoria die
Umschreibung ihres Arbeitszeugnisses auf sich als Frau.
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380
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Lösung: Der transsexuelle Lagerarbeiter
1. Transsexuellen Gesetz: Regelt nur Änderung Vornamen
2. Anfechtung:
1.
2.
Kein Erklärungs- oder Inhaltsirrtum, § 119 Abs. 1 BGB
Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaft, § 119 Abs. 2 BGB:
1. Geschlechterzuordnung: Im Lager wohl ja
2. Aber: Geschlecht nach AGG kein zulässiges Kriterium
3. Kündigung, soziale Rechtfertigung, § 1 KSchG:
1.
2.
Personenbedingt: Geschlecht gem. AGG kein zulässiges Kriterium
Betriebsbedingt: Sofern im Lager reiner Männerarbeitsplatz, insbes.
sofern Gründe gem. § 8 AGG
4. Einigung mit Kriterien:
1.
2.
Psychologisches Problem des Mitarbeiters:
Muss sein Leben im anderen Geschlecht neu beginnen
Abfindung zum Ausgleich von
1.
2.
Bei Verlangen nachträglich auf Namen der Frau,
Grundsatz der Wahrheit hindert jedoch Umschreibung
5. Zeugnis:
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381
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Fall: Mindestgröße für Flugkapitäne
Wer bei der Lufthansa Pilot werden will, muss mindestens 1,65 m
groß sein. Eine 19-Jährige bewarb sich trotzdem, bestand alle
Tests - und flog beim Nachmessen raus: 3,5 Zentimeter zu klein.
Frauen seien im Schnitt kleiner als Männer, argumentierte der
Anwalt der Bewerberin vor dem Arbeitsgericht Köln, also könnten
weniger Frauen die erforderliche Mindestgröße erreichen. Die
Richter stimmten zu. "Wir müssen davon ausgehen, dass über die
Größenregelung deutlich weniger Frauen zum Zug kommen, als
Männer", sagte der Vorsitzende Richter. Mehr als 40 Prozent der
Frauen über 20 Jahre, aber nur vier Prozent der Männer über 20
Jahre seien kleiner als 1,65 Meter. Hier handele es sich tatsächlich
um eine Diskriminierung, die aber nicht geahndet werden könne:
Da die Mindestgröße tarifrechtlich geregelt sei, habe die Fluggesellschaft als Arbeitgeber nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig
gehandelt. Die Richter wiesen die Entschädigungsklage ab.
Gegen das Urteil ist Berufung eingelegt. Wie entscheidet das LAG
Köln?
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382
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Fall: Stewardessen für Air Furt
Im Hinblick auf die andauernde Ertragskrise
gibt der neue CEO der kränkelnden Airline
aus Erfurt einen Wechsel der Personalpolitik
bekannt:
Man werde zu dem ursprünglichen Konzept
ausschließlich weiblichen Kabinenpersonals
zurückkehren und damit für die Fluggäste
attraktiver werden. Bereits aufgrund der
Berichterstattung in der Presse rechne er mit
einer Welle von Bewerbungen attraktiver
junger Frauen.
Der homosexuelle H fühlt sich angesprochen.
Welche Aussichten hat seine Bewerbung?
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383
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Lösung: Stewardessen für Air Furt
1. Wenn Air Furt das neue Personalkonzept realisiert, hat die Bewerbung
keinen Erfolg.
2. Hingegen Chancen gem. § 15 auf
materiellen / immateriellen Schadensersatz,
weil
1.
2.
in der Pressemitteilung Männer allgemein und
älteren Frauen im Besonderen benachteiligt werden,
dieser Verstoß die Rechtswidrigkeit der Benachteiligung im Bewerbungsverfahren indiziert, §§ 3, 7,
11, 22 AGG
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384
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Entschädigungsansprüche nach AGG
Das beklagte Land hatte 2 Stellen für Lehrkräfte
in einer JVA ausgeschrieben. Der Kläger ist
Diplompädagoge und bewarb sich als zu 60 %
Schwerbehinderter. Mit Schreiben vom 29.08.,
Zugang am 02.09. lehnte das Land die
Bewerbung ab. Mit am 04.11. eingegangenen
Schreiben meldet Kläger Schadensersatz- und
Entschädigungsansprüche an, weil er nicht zu
einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde.
Welche Ansprüche hat der Kläger?
BAG 15.03.2012 - 8 AZR 160/11
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Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Lösung: Entschädigungsanspruch AGG
1. Entschädigungsanspruch wegen immateriellen
Schaden, § 15 Abs. 2 AGG:
1. Kläger ist als Bewerber „Beschäftigter“, § 6 I 2
2. Benachteiligung als Schwerbehinderter, §§ 7,
22 AGG: Rechtsverstoß, § 82 SGB IX
1.
2.
3.
3.
Als Schwerbehinderter auf Bewerbung
bei öffentlichem AG nicht eingeladen
obwohl objektiv geeignet
Höhe kann in Ermessen des Gericht gestellt werden,
keine Begrenzung auf 3 Monatsgehalt
2. Verfall, § 15 Abs. 4 AGG: Schriftlich innerhalb 2
Monaten geltend machen, bis 2.11., hier erst
am 04.11.
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386
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Entschädigungsansprüche nach AGG:
M GmbH entwickelt kundenspezifische Datenbanklösungen basierend auf dem MS SQL Server (2000/ 05)
vorwiegend für industrielle Prozessanwendungen. Am
22.06. 2009 schrieb sie Stellen für „zwei freiberufliche
Mitarbeiter (bei Eignung Festanstellung möglich) als
Net Entwickler (m/w) SQL Datenbankentwickler
zwischen 25 und 35 Jahren“ aus.
Der am 27.03.1956 geborene K bewarb sich erfolglos.
Nachdem M GmbH zumindest einen Bewerber zu
einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte, sah sie
letztlich von einer Einstellung ganz ab.
K erhebt am 27.10.2009 Klage beim Arbeitsgericht auf
Zahlung einer Entschädigung von 26.400 €. Hat K
einen Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG?
BAG 23.08.2012 - 8 AZR 285/11
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387
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Entschädigungsanspruch § 15 Abs. 2 AGG
1. Persönlichen Anwendungsbereich des AGG:
1.
2.
Als Bewerber ist der Kläger nach § 6 I 2 „Beschäftigter“
Unerheblich insoweit, ob Bewerber :
1. objektiv geeignet ist oder
2. die Bewerbung subjektiv ernst gemeint war
(ggf. jedoch Einwand des Rechtsmissbrauchs, § 242 BGB)
2. Unmittelbare Benachteiligung i.S.d. § 3 I:
1.
Wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten
Grundes einen Nachteil erfährt, bei Einstellung oder
Beförderung nicht in die Auswahl einbezogen, sondern
vorab ausgeschieden wird.
2. Eine Benachteiligung wird nicht beseitigt durch
1. Nichtbesetzung der ausgeschriebenen Stelle,
2. spätere Einstellung des Benachteiligten
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388
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Entschädigungsanspruch: Fortsetzung
1. obwohl er objektiv für die ausgeschriebene Stelle
geeignet war:
1.
2.
Nach Anforderungsprofil des Arbeitgebers
Im Arbeitsleben herrschende Verkehrsanschauung
2. Zulässiger Einwand: Keine ernsthafte Bewerbung
3. Rechtzeitig innerhalb der 2- Monatsfrist, § 15 IV?
4. Höhe bei immateriellem Schaden: Gericht berücksichtigt Art und Schwere der Benachteiligung, ihre
Dauer und Folgen, Anlass und Beweggrund des
Handelns, Wiederholungsfall und abschreckende
Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber.
BAG 23.08.2012 - 8 AZR 285/11
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389
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Altersabhängige Staffelung der
Urlaubsdauer:
• In Arbeits- und Tarifverträgen
• Unwirksam wegen Altersdiskriminierung
• Anpassung der Dauer „nach oben“
BAG 20.03.2012 – 9 AZR 529/10
Gegennormen zum Diskriminierungsverbot:
Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung bei:
•
•
•
•
•
Verfolgung eines rechtmäßigen Ziels, § 3 Abs. 2
Positiven Maßnahmen ("affirmative actions"), § 5
Differenzierung wg. beruflicher Anforderungen, § 8
"Kirchenklausel„, § 9 AGG
Zulässige Differenzierung aufgrund Alters, § 10 AGG
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390
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Altersgrenze in Betriebsvereinbarung
Der 1942 geborene A ist seit 1980 bei der B AG
beschäftigt. Nach der von beiden Parteien
unterzeichneten Einstellungsmitteilung war das
Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit
geschlossen. Eine Betriebsvereinbarung aus
dem Jahr 1976 sah die Beendigung des
Arbeitsverhältnisses mit Erreichen des 65.
Lebensjahres vor. Dieses vollendete A im
August 2007.
A wendet sich gegen die Beendigung seines
Arbeitsverhältnisses, er sieht sich auch wegen
seines Alters benachteiligt.
BAG 05.03.2013 -1 AZR 417/12
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391
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Lösung: Altersgrenze Betriebsvereinbarung
1. Erreichung des Rentenalters und Beginn der
Altersrente
a) beenden Arbeitsverhältnisse nur bei
Vereinbarung im Arbeitsvertrag,
b) sind kein Kündigungsgrund, § 41 SGB VI
2.
Regelung in Betriebsvereinbarung, § 77 II :
Wahrung von Recht + Billigkeit, § 75
BetrVG, bei Anspruch auf Regelaltersrente.
3.
Keine Altersdiskriminierung
Ergebnis: Das Arbeitsverhältnis ist beendet.
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392
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Tarifliche Altersgrenzen im MTV
P, geboren am 25.04.1949, ist seit vielen Jahren
Flugzeugführer bei der Lufthansa.
Gem. Nr. 5 a des Manteltarifvertrages für das
Cockpit-personal der Lufthansa endet das
Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem
das 60. Lebensjahr vollendet wird, ohne dass es
einer Kündigung bedarf.
P ist nicht damit einverstanden, dass sein
Arbeitsverhältnis am 30.04.2009 enden soll und
erhebt Klage auf Entfristung.
Mit Erfolg?
BAG 18.01.2012 - 7 AZR 112/08
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393
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Tarifliche Altersgrenzen im MTV
– Für Befristung kein sachlicher Grund, § 14 I 1 TzBfG
– §§ 7 Abs. 1 i.V.m. 1 AGG: Auf Alter beruhende
Ungleichbehandlung bei der Entlassung
– Zulässigkeit wegen Alters gem. § 10 AGG:
– Wegen beruflicher Anforderungen, § 8 I
• Unterschiedliche Behandlung
– Objektiv
– Angemessen und
– durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt
• Mittel: Nur angemessen und erforderlich
• Mit 60. Geburtstag keine objektive Änderung
Ergebnis: Pensionierung mit Vollendung 60.
Lebensjahr unwirksam
Bei Ausgleich durch Frührente wirksam, § 5 AGG
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394
Arbeitsrecht im Betrieb 10 S
Wartezeitkündigung wegen Aidserkrankung
Medic AG stellt intravenös verabreichte Arzneimittel
zur Krebsbehandlung her. Sie stellt A als ChemischTechnischen Assistenten zur Arbeit im Reinraum ein.
Bei der Einstellungsuntersuchung wenige Tage nach
Beginn der Arbeit teilt A dem Betriebsarzt seine HIVInfektion mit, der Arzt äußerte Bedenken gegen den
Einsatz im Reinraumbereich. Nach Entbindung von
der ärztlichen Schweigepflicht teilte er Medic die
Infektion mit. Noch am selben Tag kündigte Medic
das Arbeitsverhältnis ordentlich. Wegen seiner
ansteckenden Krankheit könne sie A nach ihrem QSSystem nicht einsetzen.
Mit der Kündigungsschutzklage macht A geltend, er
sein behindert. Die Kündigung sein unwirksam, sie
diskriminiere ihn wegen seiner Behinderung. Zurecht?
BAG vom 19.12.2013 – 6 AZR 190/12
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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395
Arbeitsrecht im Betrieb 10 S
Wartezeitkündigung wegen Aidserkrankung:
1. Kündigungsschutzgesetz:
Nicht in
Wartezeit 6 Monate, § 1 Abs. 1 KSchG
2. Schwerbehinderung:
a) Bei symptomloser HIV – Infektion fraglich, hier 10%
b) Kündigungsschutz nach 6 Monaten, § 90 I SGB IX
3. Diskriminierung iSd. § 3 I AGG:
a) Behinderung: Beeinträchtigung an der Teilhabe an
der Gesellschaft aus körperlichen Gründen
b) Kündigung wegen „Behinderung“ ist außerhalb
Kündigungsschutzgesetz nach § 134 BGB iVm. § 7 Abs.
1, §§ 1, 3 AGG unwirksam. § 2 Abs. 4 AGG steht gegen den Wortlaut - nicht entgegen.
c) Rechtfertigung, sofern der Einsatz des Klägers im
Reinraum nicht durch angemessene/ zumutbare
Vorkehrungen ermöglicht werden kann.
4. Ergebnis BAG: Zurückverweisung zur Aufklärung
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Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Fall: Sprachdiskriminierung
S GmbH betreibt ein öffentliches Hallenbad. Die 55- jährige
V aus dem ehemaligen Jugoslawien mit kroatischer Muttersprache ist seit Juni 1985 zur Reinigung und seit 14 Jahren
als Vertretung an der Kasse tätig. V muss mit Kollegen,
Vorgesetzten und Kunden sprechen. Da V dies immer
schlechter gelingt, fordert S sie auf, auf eigene Kosten
einen Deutschkurs zu besuchen; V ist hierzu nur auf Kosten
der S bereit. Eine Abmahnung nimmt S zwar zurück, bittet
aber zugleich den Rechtsanwalt der V, „unabhängig von
juristischen Kategorien“ seine Mandantin zu bewegen,
„schlicht ihre Resistenz gegenüber der Sprache eines
Landes aufzugeben, in dem sie sich seit mehr als 25 Jahren
aufhält“.
V fordert von S GmbH eine Entschädigung in Höhe von
15.000 €, weil sie sich wegen ihrer Rasse sowie ihrer
Nationalität diskriminiert fühlt.
Mit Erfolg?
BAG 22.06.2011 – 8 AZR 48/10
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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397
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Lösung: Schadensersatz gem. § 15 II
1. Unmittelbare Benachteiligung, § 3 Abs. 1:
Sprache wird nicht als Merkmal verpönt
2. Mittelbare Benachteiligung, § 3 Abs. 2:
1.
2.
Dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien o.
Verfahren beachteiligen geschützte Gruppe besonders
Nicht, wenn durch rechtmäßiges Ziel gerechtfertigt
und Mittel angemessen und erforderlich
3. Belästigung, § 3 Abs. 3:
1.
2.
3.
Unerwünschte Verhaltensweise
Im Zusammenhang mit Grund § 1 AGG
verletzt die Würde
4. Tarif- o. Vertragsverstoß als Benachteiligungsindiz:
Nur Vorschriften, die zumindest auch den Schutz von
Arbeitnehmern wegen Merkmalen § 1 AGG bezwecken
(nicht § 84 II, aber § 81, 82 SGB IX)
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398
Arbeitsrecht im Betrieb
10 S
Bewerbungskonzept „AGG- Hopper“
Will keine Stelle, sondern Schadensersatz
1. Anzeige / Stellenausschreibung objektiv
diskriminierend
2. Bewerbung als objektiv Diskriminierter
3. Beobachtung, ob im Auswahlverfahren
vorzeitig ausgeschlossen, § 3 Abs.1
4. Verfallfrist: Anspruch binnen 2 Monaten
schriftlich geltend machen, § 15 Abs. 4
5. Nicht bei objektiver Nichteignung – unabhängig von Kenntnis BAG 14.11.2013 8 AZR 997/12
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb
11
Mobbing:
• Begriff: Systematisches Anfeinden,
Schikanieren und Diskriminierung von
• Arbeitnehmern untereinander: Mobbing
• durch Vorgesetzte:
Bossing
• gegen Vorgesetzte:
Staffing
• Stalking (engl. jagen, hetzen): Beabsichtigtes
wiederholtes Verfolgen + Belästigen, so dass
dessen Sicherheit bedroht und er in seiner
Lebensgestaltung schwer beeinträchtigt wird.
• Nebenpflicht des AG: Schützen, § 13 AGG
• Betriebsrat:
§ 74 BetrVG
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400
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitssicherheit
& Arbeitszeit
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401
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitszeitgesetz, ArbZG
• Schutzgut Arbeitssicherheit:
• Freizeit, Erholung
• Vermeidung: Überlastung, burn out
• Höchstdauer der Arbeitszeit:
– täglich 8 Std., Anordnung 9, max. 10 Std., § 3
– Verlängerung nur durch Tarifvertrag, § 7 I Nr. 2a
– Besonderheiten: Fahrpersonalgesetz
• Nachtzeit, § 2 III: 23 - 6 Uhr + -arbeit, IV > 2 Std.
• Nachtarbeitnehmer, § 2V: 48 Tage o. Wechselschicht
• Sonn- und Feiertagsbeschäftigung, § 9:
Beschäftigungsverbot von 0 bis 24 Uhr
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402
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitszeitgesetz, ArbZG
Arbeitszeit, § 2 I :
• Beginn bis Ende, unabhängig, ob auch gearbeitet
jedoch ohne Ruhepausen
• Arbeitsbereitschaft: Betriebsbedingte Wartezeit
innerhalb der Betriebszeiten
• Technisch erforderliche Vorbereitungshandlungen:
• Ab Werkstor/ Betreten Betriebsgebäude
• Hochfahren Computer
• Fahrtzeiten bei Dienstreisen, als Fahrer + Beifahrer
• Wasch- und Umkleidezeiten: Nur wenn AG eine
bestimmte Kleidung vorschreibt + Umkleiden im
Betrieb erfolgen muss
BAG vom 19.09.2012 – 5 AZR 678/11
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403
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitszeitgesetz, ArbZG
• Ruhepausen, §4 Unterbrechungen der Arbeitszeit
BAG 13.10.2009 - 9 AZR 139/08
– Begriff: Beginn und Ende stehen im Vorhinein fest,
weder Arbeit, noch Bereithalten für Weisungen,
Dauer: mindestens 15 Minuten
– Dauer: Bis 9 Stunden Arbeitszeit: 30 Min., § 4 ArbZG
mehr als 9 Std.:
45 Min. täglich
• Ruhezeiten, § 5: Nach Arbeitsende mind. 11 Std. frei
• Aktuell: Grenze zum Privatleben verschwimmt:
• Erreichbarkeit außerhalb Arbeitszeit: Erwartung - freiwillig
• auf (dienstlichem) Handy oder per Internet: Lösen die
Verrichtung der Arbeit von Anwesenheit am Arbeitsplatz
• Bei Dokumentation: AG wohl zur Kontrolle verpflichtet
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404
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitszeitgesetz, ArbZG
• Nachtzeit, § 2 III: 23 -6 Uhr ; -arbeit, IV > 2 Std.
• Nachtarbeitnehmer, § 2V: 48 Tage o.
Wechselschicht
• Nacht-(§ 2 III -V) & Schichtarbeit, § 6:
– Abs. 3: Vor Beginn + alle 3 Jahre arbeitsmedizinische
Untersuchung
– Abs. 4: Umsetzungsanspruch auf Tagarbeitsplatz
– Abs. 5: Tarifliche Ausgleichsregelung o. –tage / Zuschlag
• Sonn- & Feiertage, § 9: Beschäftigungsverbot
–
–
–
–
§§ 10, 14 Ausnahmen: Beschäftigung zulässig
§ 11 Ausgleich durch Ersatzruhetag
§ 12 Abweichung per Tarifvertrag
§§13,15 Genehmigung durch RechtsVO /Aufsichtsbehörde
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405
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitszeitgesetz, ArbZG
• Überarbeit o. Überstunden:
• Überschreitung der vertraglichen
Arbeitszeit, § 16 Abs. 2 ArbZG
• Mehrarbeit:
• Geht über die gesetzlich normalerweise
zulässige Arbeitszeit von 8 Stunden hinaus
• Vertragliche Arbeitszeitformen:
• Schichtarbeit
• Gleitzeit
• Vertrauensarbeit: Keine Kontrolle der Arbeitszeit,
nur der Arbeitsergebnisse
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406
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitszeitgesetz, ArbZG
• Bereitschaftsdienst:
• Zur Verfügung stehen + sich bereit halten, um im Bedarfsfall
von sich aus volle Arbeitstätigkeit sofort aufzunehmen
• Dienst am Arbeitsort /-nähe: „Wache Achtsamkeit im Zustand der Entspannung“, z.B. Schlafen im Bereitschaftsraum
• Ist Arbeitszeit i.S.d. Arbeitsschutzes
• Vergütungspflicht:
– Kann geringer sein, Pauschalabgeltung 15 – 25 % zulässig
– voll wenn Inanspruchnahme größer 50 %
• Rufbereitschaft:
•
•
•
•
Unvorhersehbarkeit des Arbeitsanfalles
Freie Wahl des Aufenthaltsortes
Ist Ruhezeit, bei Inanspruchnahme Arbeitszeit
Grds. vergütungspflichtig TVöD12,5 % d. üblichen Entgeltes,
ggf. auch pauschale Abgeltung
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407
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitszeitgesetz, ArbZG
• Zur Beurteilung der Arbeit berücksichtigen:
Intensität der Belastung, insbes.
Häufigkeit der Inanspruchnahme
Dauer der Arbeitsbereitschaft
Einfluss auf den Lebensrhythmus
Regel- o. Unregelmäßigkeit von
Unterbrechungen
• Verantwortlichkeit + Folgen zu späten Eingreifens
• Störfaktoren: Geräusche oder Erschütterungen
•
•
•
•
• Beteiligungsrechte des Betriebsrates:
• Überwachung Einhaltung, § 80 I Z. 1 BetrVG
• Mitbestimmung bei Lage der Arbeitszeit,
§ 87 Abs. 1 Z. 2 + 3 BetrVG
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408
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Schichtarbeits- Modelle:
• Zwei – Schichtbetrieb: Zwei nacheinander
liegende 8-Stunden-Schichten mit
Kapazitätsnutzung von 16 Stunden pro Tag
• Drei- Schichtbetrieb: Rund um die Uhr Betrieb in der Arbeitswoche
• Als Diskontinuierliche Schichtarbeit:
• Betriebszeit unter 168 Std./Woche,
• Wochenende oder nur Sonntag arbeitsfrei
• Kontinuierliche Schichtarbeit = Vier- oder
Fünf- Schichtbetrieb:
Kontinuierlicher Arbeitsbetrieb an 7 Tagen
über 24 Stunden = 168 Std. /Woche
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409
Arbeitsrecht im Betrieb 11/14
Pflicht-Aufzeichnung Arbeitszeit
• Öffentlich-(polizei-) rechtlich:
•
•
•
Arbeitszeitgesetz:
–
–
Überstunden, Sonn-& Feiertagsarbeit
Fahrpersonal
–
TV allgemeinverbindlich o. Mindestlohn gem. RechtsVO § 7
–
–
Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit
Aufbewahrung: 2 Jahre
§ 19 Abs. 1 AEntG:
§ 16 Abs. 2
§ 21 a
§ 17 MinLohnG ab 2015: Alle Arbeitgeber
• Sozialversicherungsrecht in Prüfung Deutsche
Rentenversicherung: Soweit AG verpflichtet
• Zivilrechtlich: Auskunftsanspruch des Mitarbeiters
•
•
•
Gem. § 21a Abs. 7 Satz 3 ArbZG (für Fahrer)+ § 34 BDSG (allgemein) o.
hohe, kaum erfüllbare Ansprüche an Substantiierung Überstunden
Rechtsprechung: Aus § 242 BGB soweit Zahlungsanspruch besteht
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410
Arbeitsrecht im Betrieb 11
Arbeitssicherheits- Normen
• Gesetze:
Arbeitsschutzgesetz
Arbeitssicherheitsgesetz
• Verordnungen:
• Arbeitsmedizinische Vorsorge, ArbMedVV:
– § 2 Pflicht-, Angebots- und Wunschuntersuchungen
• Bildschirmarbeitsverordnung
• Technische Regeln, z.B. für
Arbeitsstätten
oder Gefahrstoffe
• BG- Vorschriften (BGV):
• Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung DGUV V2, seit 1.1.2011
• BGV A1: Grundsätze zur Prävention
–
–
§ 1 Unfallverhütungsvorschriften (UVV) gelten für Unternehmer und
Versicherte
§ 7 (2) Der Unternehmer darf MA, die erkennbar nicht in der Lage
sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich/andere auszuführen, mit dieser
Arbeit nicht beschäftigen.
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411
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Gesetz über Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit, ASiG
• Betriebsärzte, § 2
Aufgaben, § 3:
– Z. 2: Untersuchung + arbeitsmedizinische
Beurteilung der Arbeitnehmer
– Z. 3: Durchführung Arbeitsschutz + Unfallverhütung
– III: Aufgabe nicht Überprüfung Krankmeldungen
– Ärztliche Schweigepflicht
– Für sämtliche Befunde
– Auch bei Arbeitsplatzbezug+Sicherheitsrelevanz
• Fachkräfte für Arbeitssicherheit, § 5:
– Sicherheitsingenieure, Techniker und Meister
– Angestellt oder überbetrieblicher Dienst
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412
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Bestellung durch Unternehmen:
• Betriebsärzte, § 3 ASiG
• Ärztliche Schweigepflicht, § 8 I 3
• Fachkräfte für Arbeitssicherheit, § 5
• Sicherheitsingenieure, Techniker und Meister
• Beide: Pflicht zur Bestellung, §§ 2 I, 5 I,
wenn erforderlich im Hinblick auf
• Betriebsart &verbundene Unfall-/Gesundheitsgefahren
• Zahl der Arbeitnehmer und ihre Zusammensetzung
• Betriebsorganisation
• Bei Anwendung ihrer Fachkunde weisungsfrei, § 8 I
• Unmittelbar dem Betriebsleiter unterstellt, § 8 II
• Sicherheitsbeauftragter, § 22 SGB VII: Ab 20 MA
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413
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitsschutzgesetz:
• § 3 Verantwortung des Arbeitgebers
• § 4 Gestaltung der Arbeit: Vermeidung von
Gefahren
• § 5 Präventive Gefährdungs- Beurteilung
• § 6 Dokumentation
• § 9 Eingeschränkter Zugang zu gefährlichen
Arbeitsbereichen
• § 12 Unterweisung der Arbeitnehmer
• § 13 Für Erfüllung der Arbeitgeberpflichten
verantwortliche Personen
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414
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitsschutzgesetz ArbSchuG
Grundpflichten des Arbeitgebers:
Arbeitsschutz und Gesundheitsfürsorge
gegen Arbeitsunfälle + Berufskrankheiten :
• Erforderliche Maßnahmen treffen, § 3
• Mit der Arbeit verbundene Gefährdungen
ermitteln, § 5:
•
•
•
•
Konkretisierung der Fürsorgepflichten aus § 618 BGB
Anspruchsgrundlage des Arbeitnehmers
Schlüssel für zielgerichteten Arbeitsschutz
Präventive Gefährdungsbeurteilung
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415
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Verbesserung des Arbeitsschutzes
durch Gefährdungsbeurteilung, § 5
• Ermittlung der Gefährdungen
• Nur physisch oder auch psychische Belastungen?
Beurteilung der Gefährdungen
Festlegung konkreter Arbeitsschutzmaßnahmen
Durchführung der Maßnahmen
Überprüfung: Durchführung + Wirksamkeit der
Maßnahmen
• Fortschreiben der Gefährdungsbeurteilung
• Dokumentation Ergebnisse & Maßnahmen, § 6
Siehe § 3 Allg. Pflichten AG , ArbMedVV
•
•
•
•
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416
Arbeitsrecht im Betrieb
11
• Verantwortung der Arbeitnehmer, § 15
• Arbeitsvertragliche Nebenpflicht: Abmahnung!
– Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften
– Schutzkleidung, Benutzung Sicherheitsvorrichtungen
– Eignungs- und Vorsorgeuntersuchungen
• Ordnungsstrafen, § 209 SGB VII
• Bestellung von Beauftragten für
•
•
•
•
Schwerbehinderte, § 98 SGB IX
Datenschutz, § 4 f BDSG
Strahlenschutz, §§ 30, 31 StrahlenschutzVO
bei Abfall, Immissionsschutz, Gentechnik
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417
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Technische Arbeitssicherheit
• Rechtsverordnungen aufgrund § 18:
•
•
•
•
•
Arbeitsstättenverordnung
Baustellenverordnung
Betriebssicherheitsverordnung
Bildschirmarbeitsverordnung
Lärm- und Vibrations- ArbeitsschutzVO
• Andere
• Gefahrstoffverordnung
• Biostoffverordnung
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418
Arbeitsrecht im Betrieb 11
Eignungsuntersuchung AN
• § 18 II Nr. 4 ArbSchuG, § 2 ArbMedVV
auf Grundlage einer Gefährdungsbeurteilung
• Pflicht -Untersuchungen Abs. 2
AngebotsAbs. 3
WunschAbs. 4
• Sanktionen:
1. Beschäftigungsverbot kein Lohn
2. Abmahnung, Kündigung
• Rechtsgrundlagen für Eingriff in informationelle
Selbstbestimmung AN, Art. 2 Abs. 1 GG:
• Gesetz: Erstuntersuchung, § 32 JArbSchuG
• In Tarifvertrag (§ 9 Nr. 1 Abs. 3 MTV Metall NRW: Ende AU)
• Arbeitsvertrag, ggf. aus Treuepflicht, wenn begründete
Zweifel an der Tauglichkeit des AN, den Anforderungen
des Arbeitsplatzes gesundheitlich gerecht zu werden BAG 1999
• Freie schriftliche Einwilligung des AN, § 183 BGB, § 4 a BDSG
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419
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitsschutzgesetz ArbSchuG
Beteiligung Betriebsrat gem. BetrVG
• Mitbestimmung Arbeitsschutz: Soziale
Angelegenheiten, § 87 I Z. 7:
Beurteilung Gefährdung und Aufbau
einer Organisation zur Verhütung von
Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten sowie
Gesundheitsschutz BAG 18.03.2014 - 1 ABR 73/12
• Arbeitsschutz + Unfallverhütung, § 89:
• Betriebsrat muss sich einsetzen, Abs. 1
• Arbeitgeber muss BR hinzuziehen und unterrichten
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420
Arbeitsrecht im Betrieb
11
Aufsichtsorgane Arbeitssicherheit
• Staatliche Gewerbeaufsicht
• Kommunale Gewerbeaufsicht, §139 b GewO
• Regierungspräsident (NRW),
mit Staatlichem Amt für Arbeitsschutz (Essen)
• Berufsgenossenschaft, SGB VII:
– Unfallverhütungsvorschriften, §§ 17 ff
– Vorsorgeuntersuchungen
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Arbeitsrecht im Betrieb
11
Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII
Träger: Berufsgenossenschaften
• Pflicht zur Verhütung arbeitsbedingter
Gesundheitsgefahren, § 14
• Unfallverhütungsvorschriften BG (UVV)
• Erlass gem. § 15 Abs. 1 SGB VII
• Jeweils spezifisch für alle Arbeitsbereiche
• Auch als Pflicht zu arbeitsmedizinische
Vorsorgeuntersuchungen, § 15 Abs. 1 vorletzter S.
• Überwachung und Beratung, § 17
• Aufsichtspersonen mit Anordnungsbefugnis, §§18,19
Arbeitgeber Sicherheitsbeauftragter, § 22:
Mehr als 20 Beschäftigten o. hoher Unfallgefahr
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Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Arbeitsunfall & Berufskrankheit
• Arbeitgeber: Verhinderung durch Organisation
– Arbeitsschutz, §§ 3 ff ArbSchuG
– Fachkräfte für Arbeitssicherheit, § 5 ASiG
– Sicherheitsbeauftragter, § 22 SGB VII
• Berufsgenossenschaft, §§ 8 & 9 SGB VII
– Krankenbehandlung, Rente 20% Erwerbsminderung
– Unfallverhütungsvorschriften
– Mindeststandards für arbeitsmedizinische Vorsorge
• Staatliche Überwachung:
– Regierungspräsidenten D´dorf mit Staatlichem Amt für
Arbeitsschutz in Essen+ MG
– Kommunale Gewerbeaufsicht
• Staatsanwaltschaft: Amtsermittlung wegen
– Körperverletzung oder Tötung
– Fahrlässigkeit: Mangelnde Sorgfalt
• Verstöße gegen Gesetze, Verordnungen oder
• Unzureichende Organisation
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Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitsmedizinische Vorsorge
& -untersuchungen
• Zweck: Früherkennung bzw. Vorbeugung
arbeitsbedingter Erkrankungen + Berufskrankheiten
• Arbeitsschutzgesetz:
• § 5 II + III: Beurteilung mit der Arbeit verbundene Gefahren
• § 7 : Feststellung gesundheitliche Eignung vor Übertragung
der Aufgaben
• Verordnungen gem. § 18 ArbSchG:
•
•
Gefahrstoffverordnung:
Belastung durch Gefahrstoffe
Biostoffverordnung:
Umgang mit biologischen
Abfallstoffen
Röntgen- + StrahlenschutzVO
Belastung ionisierende Strahlen
Gentechniksicherheitsverordnung
•
Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)
•
•
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Arbeitsrecht im Betrieb
11
Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung
• Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)
•
Untersuchungsarten nach Grad der Gefährdung:
–
–
•
Pflicht- , Angebots- und Wunschvorsorge
vor Aufnahme der Tätigkeit und Nachuntersuchungen
Durch den Betriebsarzt, sonst Arbeitsmediziner
• Mindeststandards gem. Empfehlungen Berufsgenossenschaft :
•
•
•
•
•
•
G 20 Lärm
G 21 Kältearbeiten
G 25 Fahrer von Kraftfahrzeugen
G 37 Bildschirmarbeitsplätze
G 41 Arbeiten mit Absturzgefahr
G 42 Infektionskrankheiten
In altersabhängigen Abständen
• Betriebsarzt: Ärztliche Schweigepflicht
•
•
Für sämtliche Befunde und Informationen
Ergebnismitteilung an Arbeitgeber:
–
–
Nur ob gesundheitliche Bedenken vorliegen (ggf. zeitlich befristet) Auflagen für
Tätigkeit
Untersagt Arbeitnehmer: Nur Mitteilung, dass Untersuchung stattgefunden hat
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Arbeitsrecht im Betrieb
11
JugendarbeitsschutzG - JArbschG
• Verbot der Kinderbeschäftigung bis 14 Jahre, § 5
– Kinderarbeitsschutzverordnung KindArbSchV
• Jugendlicher, § 2: 15 bis 17Jahre
• Arbeitszeit und Freizeit, §§ 8 ff: Max. 8 / 40 Std.
• Beschäftigungsverbote:
• Gefährliche Arbeiten, § 22
• Akkord, § 23
Unter Tage, §24
• Gestaltung der Arbeit, § 28
– Gefährdungsbeurteilung, § 28 a
– Züchtigungsverbot, § 31
• Ärztliche Untersuchungen, §§ 32 ff:
– Erstuntersuchung, § 32
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Arbeitsrecht im Betrieb
11
Mutterschutzgesetz MuSchG + -VO
Beschäftigungsverbote
• werdende Mütter:
– § 3 Abs. 1: Gefährdung gem. Arztattest
–
Abs. 2: 6 Wochen vor Geburt
– § 4 Abs. 1: Schwere körperliche Arbeiten o.
schädliche Einwirkungen
• nach Entbindung:
• § 6 Abs. 1: 8 Wochen
•
Abs. 2: Beschäftigung gem. Leistungsfähigkeit
• § 8 Mehr-, Nacht und Sonntagsarbeit
• mit Entgeltfortzahlung, § 11
• Stillzeit, § 7
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Arbeitsrecht im Betrieb
11
Gewerblicher Güter-& Personenverkehr
• Kraftwagen über 3,5 t haben ein digitales EUKontrollgerät als „Weg- Zeit- Schreiber“
• Jeder Fahrer braucht eine persönliche
Fahrerkarte, kein vom AG zu beschaffendes
Betriebsmittel BAG 16.10.2007 – 9 AZR 170/07
• Fahrer muss gem. FahrpersonalVO
– Seine Fahrerkarte in Kontrollgerät einlegen und
– Schaltvorrichtung betätigen: Aufzeichnung
• Lenkzeiten
• Bereitschaftszeiten = Arbeitszeit
• Pausen / Ruhezeiten
• Aufsicht:
– LKW auf Straße: Bundesanstalt für Güterfernverkehr
– Betriebe: Regierungspräsident
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Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Arbeitsschutz
• Sozialer
•
•
•
•
Arbeitszeitgesetz
Mutterschutzgesetz + -richtlinienverordnung
Jugendarbeitsschutzgesetz
Kinderarbeitsschutzgesetz und –verordnung
• Technischer: Sicherung Betrieb & Produktion
Beherrschung & Minimierung von Gefahren für
Arbeitnehmer- Sicherheit & Gesundheit
•
•
•
•
Arbeitssicherheitsgesetz
Arbeitsschutzgesetz
Gerätesicherheitsgesetz
Gefahrstoffverordnung u.a.
• Medizinischer: Gesunde Arbeitsumgebung
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Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Konti-Schicht & Arbeitszeitgesetz
• Arbeitnehmer im 4- oder 5- Schichtsystem, hat
• je 2 Tage Früh-, Spät- und Nachtschicht
• dann 4 Tage Freischicht
• Bei Nacht- und Schichtarbeit beachten, § 6 AZG
• Abs. 1: Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse
• Nachtarbeitnehmer, § 2 Abs. 5: Wechselschicht o.
in 48 Nächten/p.a.
• § 6 Abs. 2: Arbeitszeit max. 8 Stunden/Tag
• Abs. 3: Arbeitsmedizinische Untersuchung
• Abs. 4: Umsetzungsanspruch auf Tagesarbeitsplatz
• Abs. 5: Bezahlte Ausgleichstage oder angemessener Zuschlag (15-25%) als Wahlschuld des AG
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Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Bewaffneter Personenschützer für Prof. Claassen
• Vertragliche Arbeit, teilweise in 2-Wochen - Blöcken
•
•
•
•
Personen- und Objektschutz qualifiziert, Chauffeur
Dienst und Schlafen im Objekt, Inanspruchnahme auch privat
rund um die Uhr
Permanente Aufmerksamkeit, auch bei Mahlzeiten
Im Freizeitblock:
–
–
Tagsüber Organisation persönliche Kontakte per Handy/E- Mail
Nachts: Permanente Ansprechbarkeit bei Alarm
• Kündigung:
•
•
•
•
Am 23.12.2012 nach 15,5 Std. Arbeit ohne Pause
Um 22:30 Uhr in Kirchzarten, Schwarzwald: Kein Vorschuss auf
Übernachtungskosten
Heimreise mit dem Zug, krank ab 25. + Meldung, Arztbesuch 27.
12.12
Kündigung 28.12.2012 fristlos, hilfsweise fristgerecht
• Welche Ansprüche hat der Personenschützer?
• Was befürchtet Prof. Claassen?
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Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Bewaffneter Personenschützer für Prof. Claassen
• Kündigungsschutzklage: Kündigung
•
•
Außerordentlich: Kein an sich geeigneter Grund
aber Sperrzeit bei Arbeitslosengeld I
Ordentlich:
Unter 10 Mitarbeitern kein Kündigungsschutz,
ggf. zur Unzeit o. Maßregelungsverbot, § 612 a
• Arbeitszeiten: Bezahlung unverjährt Jahresende+ 3
•
•
•
•
•
Dienstzeiten:
Pausen:
Nachts:
Freizeitblock:
Pro Monat
voll
keine
Dienstbereitschaft
Rufbereitschaft
bis zu 450 Std.
z.B. 25 %
z.B. 12,5 %
• Befürchtungen:
•
•
Bußgeld- und Strafvorschrift, bei gesundheitlicher Schädigung
Presse
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Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Gesundheitsschutz AN
• Arbeitssicherheitsgesetz: Fachkräfte & Betriebsärzte
• Arbeitsschutzgesetz: Gefährdungsprävention
• Betriebliches Eingliederungsmanagement, § 84 Abs.
2 SGB IX: Nach 6 Wochen Arbeitsunfähigkeit alle AN
• Benennung außerbetrieblicher Ansprechpartner für
• Anonyme Hilfe bei psychischen Belastungen
• Hilfestellungen in allgemeinen Lebenslage, die zu
Problemen und Belastungen führen
• Allgemeine Maßnahmen zur Gesundheitsförderung:
Betriebliches Gesundheitsmanagement BGM
• Unternehmens- und Führungskultur
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Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Berufsgenossenschaften
• Sachliche Zuständigkeit: Branchenspezifisch / nach
Art und Gegenstand des Unternehmens, § 122 SGB VII
• Aufgaben:
• Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung
• die Überwachung der AG-Maßnahmen zur Verhütung von
Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten
Gesundheitsgefahren
• Beratung Unternehmen + Arbeitnehmer, § 17 Abs. 1 SGB VII
• Befugnisse: Überwachung & Untersuchung
–
–
–
–
–
Besichtigung der Betriebsstätten zu den Betriebszeiten
Einholung der erforderlichen Auskünfte
Einsicht in geschäftliche und betriebliche Unterlagen
Untersuchen von Arbeitsverfahren & -abläufen
sowie von Arbeitsunfällen + Berufskrankheiten, § 19 I SGB VII
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Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Fall: Arbeitsschutzvorschriften missachtet
B arbeitet seit 1991 bei der Abriss GmbH. 1995 setze sie
B bei der Sanierung eines Kinderheims ein, das wegen
Asbest stillgelegt worden war.
April 1995 wies ein beteiligter Bauunternehmer darauf
hin, dass asbesthaltiger Staub freigesetzt werde, der
Abriss dürfe nur von spezialisierten Unternehmen ausgeführt werden. B teilte dies dem Geschäftsführer der
GmbH mit. Der erwiderte, das asbesthaltige Material
sei „allgemein bekannt“ und bestand auf der Fortsetzung der Arbeiten. Im Mai 1995 stellte das staatliche
Gewerbeaufsichtsamt die extrem hohe Exposition von
Asbestfasern fest und verfügte die sofortige Einstellung
der Bauarbeiten und Versiegelung des Gebäudes.
Als B im Jahre 2006 an Lungenkrebs erkrankt, vermutet
er die Sanierungsarbeiten 1995 als Auslöser. Gegen
wen stehen B Schadensersatzansprüche zu?
BAG
20.6.2013, 8 AZR 471/12
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435
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
L: Arbeitsschutzvorschriften missachtet
• Berufsgenossenschaft: Eintritt für
– Arbeitsunfall, § 8 SGB VII
– Berufskrankheiten, § 9 SGB VII
• Krankheit infolge versicherter Tätigkeit, Abs. 1
• Beweisproblem: Erleichterung, Abs. 3
• Arbeitgeber– Privileg, § 104 I SGB VII: Haftung nur bei
– Vorsatz: Im Hinblick auf Verletzungshandlung + –erfolg
• Absicht:
nicht gewollt, aber ggf.
• billigend in Kauf genommen
oder
auf glücklichen Ausgang gehofft
– BAG: Arbeitgeber hofft trotz Verstoß gegen Arbeitsschutzvorschriften darauf, dass ein Arbeitsunfall oder
Berufskrankheit nicht eintritt
• Kein allgemeiner Erfahrungsssatz,
• Sondern konkrete Umstände des Einzelfalls maßgeblich
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Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Fall: Arbeitsmedizinische Untersuchung
A, geb.1974, arbeitet seit 2000 als Busfahrer bei der
B-GmbH (über10 Beschäftigte). Seit 2001 war er
wiederholt arbeitsunfähig krank, seit dem 8.11.2007
durchgehend. Eine 2009 wegen der Erkrankungen
ausgesprochene Kündigung erklärt das Arbeitsgericht im Februar 2010 für sozial unwirksam. Ab März
2010 fordert B-GmbH 4 Mal auf, an einer betriebsärztlichen Untersuchung zur Feststellung seiner
Fahrdiensttauglichkeit teilzunehmen. A verweigert
die Mitwirkung; eine fachärztliche Begutachtung
am 11.12.09 habe keine Zweifel an seiner verkehrsmedizinische Eignung ergeben. Die Betriebsärzte
stünden „im Lager der Agin“. B-GmbH mahnt A 3
Mal ab, beim 4. Mal kündigt sie. Ist die ordentliche
Kündigung sozial wirksam? BAG 27.9.2012, 2 AZR 811/11
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437
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Lösung:Arbeitsmedizinische Untersuchung
1. Kündigung wegen langfristiger Erkrankung: Bis
zu wesentlichen neuen Tatsachen steht die
Rechtskraft des 1. Urteils entgegen.
2. Kündigung verhaltensbedingt: Teilnahme als
Nebenpflicht aus Arbeitsverhältnis (Fall des BAG:
aus Tarifvertrag), sofern
a) berechtigte Zweifel an Fahrdiensttauglichkeit:
Hier ggf. aus Erkrankungen seit dem 08.11.2007
b) Ist der beauftragter Arzt fachkompetent +
unbefangen, muss das Interesse des Arbeitnehmers an freier Arztwahl zurückstehen.
BAG: Zurückverweisung zur Aufklärung a) und b).
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438
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Fall: Arbeitsunfall
M, geb. 8.4.1967, ist bei der Montage GmbH als Helfer
beschäftigt. Am 1.7.2013 trägt M mit dünnem Handschuh als hinterster von 3 Mann eine 3fach- Glasscheibe 1,80 x 1,80 m mit 160 kg vom LKW zum Bauobjekt.
Ohne Vorwarnung schreit er und lässt los, die Scheibe
fällt und zerspringt. M erleidet eine Schnittverletzung
rechts mit Durchtrennung der Daumensehne. GmbH
erfährt vertraulich aus dem Krankenhaus, dass M
alkoholisiert war (2,52 %0) und der OP deshalb um
einen Tag verschoben musste.
1. Hat M Anspruch auf
a) Lohnfortzahlung?
b) Rente?
2. Kann Montage GmbH M personenbedingt
kündigen?
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439
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Lösung: Arbeitsunfall
1. a) Anspruch auf Lohnfortzahlung: Nach 4
Wochen für 6 Wochen
b) Rente: Erwerbsminderung über 20 %, SGB VII
2. Personenbedingte Kündigung:
a) Bei geminderter Hebe- + Tragekraft der rechten
Hand: Dauerhaft arbeitsunfähig
b) Alkoholisierung: Ohne Zeugen nicht beweisbar
c) Organisationsverschulden M GmbH, § 5 ArbSchG:
(1 Risikoanalyse: Spezialhandschuhe, Sauggriffe,
Tragegewicht je Mitarbeiter älter 45 Jahre gem.
Gutachten: Max.45 kg bei gelegentlichem Einsatz
(2 Auswirkungen: Kündigung grob sittenwidrig?
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440
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Fall: BR verlangt Arbeitschutzausschuss
E GmbH ist ein Einzelhandelsunternehmen mit Sitz in
HH und Filialen im gesamten Bundesgebiet. Bei ihr ist
auf Unternehmensebene ein Arbeitsschutzausschuss
errichtet, in den der Gesamtbetriebsrat Mitglieder
entsendet. Die Stuttgarter Filiale gilt als selbständiger
Betrieb.
Der dort bestehende Betriebsrat hält den unternehmenseinheitlichen Ausschusses für unzureichend
und verlangt vom Geschäftsführer, einen Arbeitsschutzausschuss für die Filiale zu bilden.
Als der Geschäftsführer untätig bleibt, erhebt der BR
Verpflichtungsklage beim Arbeitsgericht. Mit Erfolg?
BAG 15.04.2014 - 1 ABR 82/2012
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441
Arbeitsrecht im Betrieb
11 S
Lösung: BR verlangt Arbeitschutzausschuss
1. Öffentlich- rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers,
a) in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten einen
Arbeitsschutzausschuss zu bilden, § 11 ASiG.
b) im Einzelfall: Behördliche Anordnung, § 12 ASiG.
2. Betriebsrat:
a) Kein Initiativrecht gem. § 11 ASiG oder
b) Kein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 BetrVG:
Nur „soweit keine gesetzliche ….. Regelung“
c) Kann sich nach § 89 BetrVG an die zuständige
Arbeitsschutzbehörde wenden.
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442
Arbeitsrecht im Betrieb
12
Arbeitsunfähigkeit &
Betriebliche
Gesundheitsförderung
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443
Arbeitsrecht im Betrieb 12
ANschutz bei Arbeitsunfähigkeit
• Entgeltschutz:
–
–
–
–
AG Lohnfortzahlung 6 Wochen, § 3 EntgFG: Je Krankheit
Krankenkassen, SGB V: Krankengeld 78 Wochen
Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit, § 146 SGB III
Rente wg. Erwerbsminderung, § 43 SGB VI:
• Keine 6 Std. täglich erwerbsfähig
– Gesetzliche Unfallversicherung, § 56 SGB VII:
• BG- Rente ab Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 %
• Kündigungsschutzgesetz:
– Personenbedingte Gründe: 3 Jahre > 6 Wochen, negative
Prognose, erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher
Interessen, fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
– Betriebliches Eingliederungsmanagement, § 84 II SGB IX
• Schwerbehinderte Menschen, SGB IX :
– Beschäftigung
– Kündigungsschutz
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§§ 81 ff
§§ 85 ff
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444
Arbeitsrecht im Betrieb
12
Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien
des gemeinsamen Bundesausschusses, § 92 I Nr. 7 SGB V
• Krankheitsbegriff: Einheitlich EFZG + SGB (V)
• § 1 Gegenstand: Feststellung durch Ärzte
– Arbeitsunfähigkeit + ihre voraussichtliche Dauer
– in bundesweit standardisiertem Verfahren
• § 2 Arbeitsunfähigkeit:
– Abs. 1 AN kann seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit
nicht mehr ausführen oder Tätigkeit würde
die Unfähigkeit unmittelbar hervorrufen
– Abs. 4 Arzt befragt Patienten zur Tätigkeit, ihren
Anforderungen + Belastungen
• § 4 Maßgeblich gleichermaßen: Körperlicher,
geistiger & seelischer Gesundheitszustand
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445
Arbeitsrecht im Betrieb
12
Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien
des gemeinsamen Bundesausschusses, § 92 I Nr. 7 SGB V
• § 5 Abs. 3 Bescheinigung für Entgeltfortzahlung
auf Vordruck:
• Ab erster Inanspruchnahme des Arztes, Rückwirkend bis
2 Tage nach gewissenhafter Prüfung
• für Dauer Entgeltfortzahlung
• Bei unterschiedlichen Diagnosen ist für die zweite
Arbeitsunfähigkeit eine Erstbescheinigung auszustellen
• Verdacht auf Versicherungsfall gem. § 7 SGB VII: Hinweis
• § 6 Nach Ablauf Entgeltfortzahlung: Attest des
Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit auf der
Bescheinigung für die Krankengeldzahlung
• § 7 Zusammenwirken mit Medizinischem Dienst
Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien
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446
Arbeitsrecht im Betrieb
12
Anzeige & Nachweis, § 5 EntgFG
• Mitteilung Erkrankung: Sofort, vor Arbeitsbeginn
auch nach Ablauf 6 Wochen Lohnfortzahlung
• Vorlage Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung:
• Entgeltfortzahlungsgesetz: Einholung erst nach 3 Tagen
vertraglich ab 1. Tag vereinbar
• Vorlage an Arbeitgeber unverzüglich
– Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig: Mit Vorlage
tatsächliche Vermutung für bescheinigte Arbeitsunfähigkeit
– Erschütterung durch AG:
• Beweis des Gegenteils erforderlich bei EU- Ausland
• Konkrete Umstände, die zu ernsthaften Zweifeln Anlass geben:
- Arbeitsunfähigkeit angekündigt, z.B. bei Urlaubsverweigerung
- Schwarzarbeit o. ganztätig auf Eigenheimbaustelle gearbeitet
- gleichartige Tätigkeit bei anderem Arbeitgeber ausgeführt
- Nichterscheinen zum medizinischen Dienst
Nicht: Am späten Abend in Bars - Diskotheken angetroffen
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Arbeitsrecht im Betrieb
12
Arbeitgeberoptionen Krankheit
• Arbeitsvertrag:
•
•
Leistungs- + Anwesenheitsprämien, § 4 a EFZG
Verkürzung 3-Tagesfrist zur Vorlage AU- Bescheinigung, § 5
• Über Krankenkasse: Einschaltung Medizinischer
Dienst, § 275 SGB V
• Krankenrückkehrgespräch: Frage AN nach Art + Grund
Erkrankung: Keine Mitwirkungs- o. Offenbarungspflicht!
• Betriebliches Eingliederungsmanagement §84 II SGB IX
• Betriebliches Gesundheits-Management (BGM)
• Offensive Betreuung des AN in allen Notlagen:
• Medizinisch, sozial und finanziell
• Ggf. extern und anonym
• Insbes. Führungskräfte durch Psychologen/ Coach
• Kündigung personenbedingt: In 3 Jahren AU > 6 W.,
neg. Prognose, betriebliche Beeinträchtigungen
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Arbeitsrecht im Betrieb
12
Arten der Krankheit:
• Körperlich: Reversibel: AN heil- /rehabilitierbar?
• Orthopädische Leiden
• Organ - Erkrankung
• Suchterkrankungen, insbes. Alkoholabhängig:
• Aus 1. Rückfall nicht automatisch auf Sinnlosigkeit
schließen(Statistik: Bei Alkoholtherapie 50 %)
• Strukturiertes Verfahren mit „dosierten Druck“
• Psychische Beeinträchtigungen:
• Burn-out + Mobbing: Ist AG Teil des Problems?
• Depressionen: Chronische Persönlichkeitsstörung o.
Krise, z.B. Verlust einer nahestehenden Person
• (versuchter) Suizid, Ausdruck einer Krise: PsychKG
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Arbeitsrecht im Betrieb 12
Krankheit & Rehabilitation
• Krankheit:
– Abweichung von Gesundheit: Positive Diagnose
– Medizin: Heilung = Wiederherstellung
• Rehabilitierung:
– „Gesund“ nicht wiederherstellbar, z.B. Amputation
– Maßnahmen, um die Auswirkungen der
Behinderung auf ein Minimum zu beschränken
– Suchttherapie: Rekuperation als Wiedergewinnung
des Zugangs zu selbstbestimmtem Handeln
– Arbeitsleben: Wiedereingliederung in berufliches Leben
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Arbeitsrecht im Betrieb 12
Medizinische Rehabilitation
• Kosten- Träger:
– Bundesanstalt für Arbeit: Arbeitssuchende, aber
Schwerpunkt Wiedereingliederung Arbeitsmarkt
– Krankenkassen, § 40 SGB V: Nachrangig, um die
gesundheitliche Situation zu verbessern
– Deutsche Rentenversicherung: Minderung oder
erhebliche Gefährdung der Erwerbstätigkeit
– Berufsgenossenschaft, § 33 SGB VII:
Nach Arbeitsunfällen & bei Berufskrankheiten
– Versorgungsämter, §§ 26 ff SGB IX: Behinderte
oder von Behinderung bedrohte Menschen
• Voraussetzungen: Ärztliche Empfehlung
& Bewilligung Kostenträger
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Arbeitsrecht im Betrieb
12
Kündigung bei Sucht-Erkrankung
• Alkohol- und Drogensucht sind Krankheit:
– Sofern willkürlich nicht steuerbar: MA ist schwach
• Verpflichtungen Arbeitnehmer:
• Entbindung alle Ärzte von Schweigepflicht
• Krankheitseinsicht +
• Therapiewilligkeit, Grenze: Ein (?) Rückfall
• Verpflichtungen Arbeitgeber:
– Vor Kündigung:
• Verhaltensbedingte Verstöße abmahnen
• Krankheit feststellen: Gespräche +
Arbeitsmedizinische Untersuchung
– Unterstützung einer Therapie / Versuch
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452
Arbeitsrecht im Betrieb
12
Betriebliches Eingliederungsmanagement, § 84 II SGB IX
• Arbeitnehmer, auch nicht schwerbehindert
• ist innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen
erkrankt: AG- Pflicht, bereits vorher sinnvoll
• Inhalt: - AG- Gespräch mit AN, BR +Beteiligten
- Entbindung aller Ärzte von Schweigepflicht
• Ziel: Ursachen der Erkrankungen beseitigen,
insbes. durch leidensgerechte Tätigkeit
• Wichtiges Element zum Erhalt der Arbeits- und
Leistungsfähigkeit
• Überwachung durch
– Betriebsrat, § 80 I Nr. 1 BetrVG
– Schwerbehindertenvertretung, § 95 I Nr. 1
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453
Arbeitsrecht im Betrieb
12
BEM: Ablauf in Stufen
• Zustimmung des Mitarbeiters: Freiwilligkeit
• Erstgespräch mit BEM-Verantwortlichen und
Schwerbehindertenvertretung: Ziel
• Feststellung der Gründe für die Erkrankungen,
• Insbesondere ob Arbeitsbedingungen Auslöser waren.
• Wege zur Feststellung der Ursachen: Mitarbeiter
• entbindet behandelnde Ärzte von ihrer Schweigepflicht
• Freiwillige Untersuchung Betriebsarzt o. Arbeitsmediziner
• Maßnahmen zur Reduzierung der Krankheitszeiten:
• Technische / organisatorische Umgestaltung Arbeitsplatz:
Ausstattung, Ablauf, Arbeitszeit, Versetzung leidensgerecht
• Einbeziehung der Sozialleistungsträger: Krankenkassen,
Rentenversicherung (ReHa- Berater), Integrationsamt/
Fürsorgestelle Schwerbehinderte
• Strenger Datenschutz: Vertraulichkeit
Archivierung außerhalb Personalakte
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Arbeitsrecht im Betrieb 12
Wirkungen auf Kündigungsschutz
• Konkretisierung Verhältnismäßigkeitsgrundsatz:
• Erkennen und entwickeln milderer Mittel zur Vermeidung
einer krankheitsbedingten Kündigung
• BEM erfolgt: Ergebnis für Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im
Arbeitsgerichtsprozess grds. maßgeblich, Mitwirkungspflicht AN
• Kein BEM: Arbeitgeber muss im Arbeitsgerichtsprozess
umfassend vortragen, dass Arbeitnehmer
• auf seinem Arbeitsplatz nicht eingesetzt werden kann,
• dessen leidensgerechte Anpassung oder Veränderung
ausgeschlossen ist und
• der AN nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz bei
geänderter Tätigkeit eingesetzt werden kann.
• AG hat darzulegen, warum denkbare oder aufgezeigte
Alternativen zur Reduzierung der Fehlzeiten nicht in
Betracht kommen.
BAG 23.04.2008 - 2 AZR 1012/2006
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Arbeitsrecht im Betrieb
12
Arbeitgeberpflichten Behinderte
• § 106 S. 3 GewO: AG hat bei der Ausübung
des Direktionsrechts auf die Behinderung
Rücksicht zu nehmen
• Stufenweise Wiedereingliederung, § 28 SGB
IX: Soll = Anspruch BAG 13.06.2006 – 9 AZR 229/05
• Verbot der Benachteiligung von Beschäftigten wegen einer Behinderung, §§ 7 Abs. 1
i.V.m. 1 AGG
• § 81 Abs. 4 SGB IX: Ansprüche = einklagbar
• Beschäftigung mit voller Verwertung Fähigkeiten
• Ausstattung mit technischen Arbeitshilfen
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Arbeitsrecht im Betrieb
12
Betriebliches Gesundheitsmanagement – BGM: Beteiligte
• Arbeitgeber (Direktionsrecht, Fürsorgepflicht):
• Geschäftsleitung, Personalabteilung
• Betriebsarzt, Fachkraft für Arbeitssicherheit
• Betriebsrat, §§ 81, 87 I Z. 7, 88 Z. 1 BetrVG
• Schwerbehindertenvertretung, §§ 94 ff SGB IX
•
•
•
•
•
Bundesanstalt für Arbeit, SGB III
Krankenkassen, §§ 20 ff, 74 SGB V
Rentenversicherung, § 16 SGB VI
Berufsgenossenschaften, § 35 SGB VII
Fürsorgestelle, §§ 33, 34 SGB IX
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Arbeitsrecht im Betrieb 12
Betriebliche Gesundheitsförderung
• Ganzheitlich – integrierter Ansatz: Betriebliches
Gesundheitsmanagement (BGM)
• Unternehmens- Individueller Auslöser - Initiative:
• Hohe Krankenstände
• Hohe Fluktuation, innere Kündigungen
• Investition in Humankapital
• Strukturelle + planerische Rahmenbedingungen:
• Zieldefinition und Zielstrukturierung
• Festlegung von Zuständigkeiten +
Verantwortlichkeiten
• Auswahl von Organisationseinheiten
• Planung und Steuerung
• Vernetzung mit anderen Managementansätzen
• Aufbau von Kooperationsbeziehungen
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Arbeitsrecht im Betrieb
12
Integriertes Gesundheitsmanagement
• Ziele Personal- + Organisationsentwicklung:
• Arbeits- und Gesundheitsschutz, unter Einbindung
und Kostenbeteiligung von
– Krankenkassen, §§ 20 a – c, 40 SGB V
– Unfallversicherung (BG), § 33 SGB VII
– Schwebehinderung, §§ 15, 44 I, 53,54 SGB IX
– Rentenversicherung, §§ 28 SGB
• Vorsorge, Gesundheitsförderung
• Mitarbeiter- u. Konfliktberatung, Suchtprävention
• Projektleitung: Koordination von
• Schwerbehindertenvertretung
• Sicherheitsfachkräften, Betriebsarzt
– Sozial-/ Suchtberatung
Betriebliches Gesundheitsmanagement von uni-hannover.de
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Arbeitsrecht im Betrieb
12
BGM: Außerbetriebliche Kostenträger
• Bundesanstalt für Arbeit,
•
§§ 19, 112 Behinderte
–
–
•
•
§ 119 Ausbildung
§ 130 Befristete Leistungen
§ 45
§ 51
Aktivierung und berufliche Eingliederung
Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen
• Krankenkassen
•
•
•
SGB III
SGB V:
• § 20
Primäre Prävention
• § 20 a
Betriebliche Gesundheitsförderung
• § 20 b
Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren
• § 74
Stufenweise Wiedereingliederung
Rentenversicherung
§ 16 Verweis auf SGB IX
SGB VI
Berufsgenossenschaften § 35 Verweis auf SGB IX
SGB VI
Fürsorgestelle, Leistungen
SGB IX
• § 33
zur Teilhabe am Arbeitsleben
– Abs. 6 medizinische und psychologische Hilfen
• § 34
an Arbeitgeber
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460
Arbeitsrecht im Betrieb
12 S
STEAG „LIFE“: Langfristige individuelle
Förderung der Eigenverantwortung
• Ganzheitliches Konzept: Begleitung der Mitarbeiter in
allen Lebensbereichen und Hilfestellung zu Problemen
• Gesundheitliche: Ziel Sicherung der Arbeitsfähigkeit
• finanziellen und soziale
• Prävention
•
•
•
Gruppenschulung Stressbewältigung
Minderung arbeitsbedingter Belastungen Bewegungsapparat
Führungskräfteschulung: Gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung
• Leistungen des Unternehmens:
• Betriebssport
• Konfliktmanagement
• Hilfe in schwierigen Lebenssituationen
• Kooperationspartner: Knappschaft und weitere Beteiligte
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Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Arbeiten im Schongang? WDR 4.04.2013
• Der Molkereizulieferer Satro in Lippstadt hat Ärzte aufgefordert, erkrankte Mitarbeiter nur teilweise krankzuschreiben. Auf freiwilliger Basis sollten diese Mitarbeiter auf
sogen. „Schonarbeitsplätzen“ arbeiten.
Die Idee für den Vorstoß bei den Ärzten kam nach Auskunft
der Firma so: Einige der 300 Mitarbeiter des Lippstädter
Milchpulverherstellers fragten die Personalleitung, ob sie
trotz Krankschreibung arbeiten dürften, sie wollten nicht zu
Hause rumsitzen. So sei man darauf gekommen, Schonarbeitsplätze anzubieten.
Tipps für die Ärzte: "Wir können befristete Arbeitsplätze, die
nur geringe körperliche Belastungen mit sich bringen, zur
Verfügung stellen. Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie in
medizinisch dafür geeigneten Fällen einen vorübergehenden Einsatz verletzter bzw. erkrankter Mitarbeiter als Alternative zur Krankschreibung in Erwägung ziehen würden.
Eine kurze schriftliche Mitteilung gegenüber unserem
Mitarbeiter wäre für uns ausreichend."
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Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Arbeiten im Schongang?
•
Hoheitsrecht der Mediziner: Viele Ärzte im Kreis Soest sind empört.
Sie wollen sich nicht in die Diagnose hineinreden lassen, so der
Sprecher der Ärztekammer im Kreis Soest, Dr. Heinz Ebbinghaus:
"Wir als Ärzte sehen das Ganze schon bedenklich. Für uns stellt
das auch einen Vertrauensbruch dar. Wir als Ärzte haben das
Hoheitsrecht, die Menschen krank zu schreiben. Wir sehen uns da
schon etwas bedrängt. Wir Mediziner wissen schon zu
unterscheiden, wer krankgeschrieben werden muss und wer
nicht. Das lassen wir uns auch nicht nehmen."
• Der Soester Arbeitsrechtler Dr. G. hält den Vorstoß für problematisch.
"Gegen eine freiwillige Teilnahme des Arbeitnehmers ist nichts einzuwenden. Davon zu halten ist meines Erachtens aber nichts. Ich rate davon
dringend ab, das zu machen. Der Arbeitnehmer hat gesetzlichen Schutz
durch das Entgeltfortzahlungsgesetz und darauf sollte er auch
bestehen.“
• Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten bezeichnet den
Vorschlag der Firma als „ungeheuerlich“. Mit der Aktion wolle sie die
Mitarbeiter nur zusätzlich unter Druck setzen, um die Zahl der
Krankheitstage zu senken.
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Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Teilarbeitsunfähigkeit
Es gibt Fallgestaltungen, in denen der Arbeitnehmer
auf Grund seiner Erkrankung nur teilweise nicht in
der Lage ist, seine geschuldete Arbeitsleistung zu
erbringen. Zu unterscheiden sind folgende Fälle:
• Der Arbeitnehmer ist nicht in der Lage, die
geschuldete Leistung in vollem zeitlichem Umfang
zu erbringen (quantitative Teilarbeitsunfähigkeit).
• Der Arbeitnehmer kann einige, aber nicht sämtliche zu seinem Arbeitsplatz gehörende Tätigkeiten erbringen (qualitative Teilarbeitsunfähigkeit).
Hat Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung ?
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Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Teilarbeitsunfähigkeit
• EntFZ kennt keine teilbare o. teilweise Arbeitsunfähigkeit, weder in quantitativ, noch qualitativ.
• Quantitative Teilarbeitsunfähigkeit: Kann der AN die
geschuldete Arbeitsleistung und -zeit nicht voll erbringen, ist er
arbeitsunfähig und hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung, § 3 EFZG.
BAG 26.6.1981 - 6 AZR 940/78 + 29.1.1992 - 5 AZR 37/91
• Qualitative Teilarbeitsunfähigkeit: AG kann durch
Zuweisung einer Tätigkeit, die AN trotz seiner Erkrankung
erbringen kann, die volle Arbeitsfähigkeit herstellen (wie
mutterschutz- konformen andere Beschäftigung).
– Änderung Einsatzbereich muss arbeitsvertraglich zulässig
sein: Vom Direktionsrecht gedeckt o. AN einverstanden
– Praktische Abwicklung bedingt Rücksprache des Arztes
(Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit) mit dem AG (Arbeitsplatzgestaltung). Hierzu sind Ärzte weder bereit, noch ohne
Einverständnis ihres Patienten berechtigt. Auch die Initiative
zu leichterer Beschäftigung müsste vom AN ausgehen.
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465
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Teilarbeitsunfähigkeit Praxis-Beispiel
Arbeitnehmerin A arbeitet als Telefonistin im Empfang
eines großen Unternehmens. In ihrem Arbeitsvertrag ist
der Tätigkeitsbereich mit "Bürotätigkeiten" umschrieben. Auf Grund einer Erkältung ist sie in einem solchen
Maß heiser, dass sie keine Telefonate mehr führen
kann. Für den Zeitraum der Erkrankung setzt der
Arbeitgeber sie im Schreibpool ein.
Die Krankheit führt hier nicht zu einer Arbeitsunfähigkeit. A ist zur Arbeitsleistung verpflichtet. Bleibt sie
gleichwohl zu Hause, hat sie keinen Anspruch auf
Entgeltfortzahlung und verletzt ihre Leistungspflichten.
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466
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Fall: Krankenschwester in Nachtschicht
Die K GmbH betreibt ein Krankenhaus der Vollversorgung
mit 2.000 Mitarbeitern. S ist seit 1983 als Krankenschwester
im Schichtdienst (Nachtschichten 21:45 bis 6:15 Uhr) tätig.
Arbeitsvertraglich ist sie im Rahmen betrieblicher Notwendigkeiten zur Leistung von Sonntags-, Feiertags-, Nacht-,
Wechselschicht- und Schichtarbeit verpflichtet. Gem.
Betriebsvereinbarung ist eine gleichmäßige Verteilung der
Arbeit auf alle Beschäftigten anzustreben.
S ist gesundheitlich zu Nachtdiensten nicht mehr in der
Lage, weil sie medikamentös behandelt wird. Nach einer
betriebsärztlichen Untersuchung schickte der Pflegedienstleiter S am 12. 06.2012 nach Hause, weil sie wegen ihrer
Nachtdienstuntauglichkeit arbeitsunfähig krank sei. S bot
ihre Arbeitsleistung - mit Ausnahme von Nachtdiensten ausdrücklich an.
S beansprucht 1. Beschäftigung und 2. Vergütungszahlung
für die Zeit der Nichtbeschäftigung. Zurecht?
BAG 09.04.2014 - 10 AZR 637/13
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467
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Lösung: Krankenschwester in Nachtschicht
1. S ist weder arbeitsunfähig krank, noch ist ihr die
Arbeitsleistung unmöglich geworden. Sie kann alle
vertraglich geschuldeten Tätigkeiten einer Krankenschwester ausführen. Kann sie aus gesundheitlichen
Gründen keine Nachtschichten mehr leisten, ist sie
deshalb nicht arbeitsunfähig krank.
2. § 6 Abs. 4 ArbZG: Anspruch des Nachtarbeiters
auf Umsetzung auf einen Tagesarbeitsplatz,
unabhängig ob geltend gemacht.
BAG: S hat Anspruch auf Beschäftigung, ohne für
Nachtschichten eingeteilt zu werden. K muss bei der
Schichteinteilung auf gesundheitliche Defizit der S
Rücksicht nehmen.
3. Die Vergütung steht S unter dem Gesichtspunkt
des Annahmeverzugs zu.
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Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Fall: AG verweigert AN Aufnahme der Arbeit
H, geb. 1957, ist seit 1984 bei Zeche Z unter Tage
beschäftigt, zuletzt als Hauer. Von April 2009 bis zum
30. 04.2011 war er krank. Seinen Antrag auf Rente wg.
Erwerbsminderung, § 43 SGB VI, wies die Deutsche
Rentenversicherung mit Bescheid 18.01.2010 zurück.
Am 23.04.2011 teilt H an Z mit, dass gem. gutachterlichen Feststellungen eine Befundverbesserung eingetreten und von Arbeitsfähigkeit auszugehen sei. Am
24.04.2011 reicht H ein Arztattest nach, dass er „voraussichtlich ab dem 1.5.2011 wieder arbeitsfähig sei“.
Z veranlasst eine arbeitsmedizinische Untersuchung,
die am 28.03.2012 feststellt, dass H „seine arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit nur unter Verschlechterung seines Gesundheitszustandes ausüben könne“.
H klagt seinen Lohn ab dem 01.05.2011 ein. Mit Erfolg?
LAG D`dorf 17.07.2003 – 11 (6) SA 145/03
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Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Lösung: AG verweigert Arbeitsaufnahme
1. Annahmeverzug Z, §§ 293, 615 BGB:
AG muss einen funktionstüchtigen Arbeitsplatz zur
Verfügung stellen und ihm eine Betätigung zuweisen.
a) Arbeitsangebot H: Grds. tatsächliches, § 295 oder
gem. § 296 BGB wörtliches ausreichend
b) Nicht, wenn H außerstande war, § 297.
2. Arbeitsunfähigkeit
a) Begriff in § 3 EFZG und § 44 SGB V identisch.
b) Darlegungs- und Beweislast trägt Z:
- Misslingt ab dem 01.05.2011
- jedoch durch arbeitsmedizinische Untersuchung:
arbeitsunfähig ab 28.03.2012
Ergebnis: Z muss vom 01.05.2011 bis 27.03.2012
Entgeltfortzahlung leisten.
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470
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Fall: Eingliederungsmanagement Thyssen
E, Jahrgang 1968, ist seit 1984 bei Fa. TK beschäftigt. Nach Ausbildung zum Energieanlagen-Elektroniker arbeitete er in Wechselschicht. E leitet unter einer schweren „Hygiene- Sensibilität“ mit
Waschzwang und Berührungsängsten in Dusche und Toilette,
aber auch beim Anfassen von Werkstücken.
Seit Februar 2011 ist E Proband in den Sozialbetrieben. Er hat verschiedene Probestellen durchlaufen, seit Mai ist er in der Sattlerei.
Der Meister setzt ihn zum Nähen von Feuerbeschichtungstüchern
ein und lernt ihn an der Industrienähmaschine an. Der Meister
möchte ihn dauerhaft beschäftigen, weil bislang nur ein einziger
Mitarbeiter die komplexe Nähmaschine bedienen kann. Seit
Ende November 2011 ist E nicht mehr arbeitsunfähig.
Am 29.02.2012 verlangt der Personalleiter mit Unterstützung von
Betriebsrat und Schwerbehindertenvertreter aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, sich durch das Trainingscenter um eine
andere Beschäftigung zu bemühen und eine Rente wegen
Erwerbsminderung zu beantragen. Sonst werde er gekündigt.
Wie ist die Rechtslage?
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471
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Lösung: BEM Thyssen AG
TK hat in ihrem Sozialbetrieb das betriebliche Eingliederungsmanagement mustergültig und erfolgreich durchgeführt:
1.
E hat seine „Hygiene- Sensibilität“ an dem Material der
Feuerbeschichtungstücher überwunden.
2.
Mit diesem Erfolg bessert sich seine Erkrankung insgesamt. Weitere Therapieerfolge erscheinen jetzt möglich.
3.
In der Sattlerei ist ein leidensgerechter freier Arbeitsplatz.
Es besteht aber Bedarf für einen neuen Arbeitsplatz, da
nur ein einziger Mitarbeiter die Nähmaschine bedienen
kann. Der probeweise Einsatz machte nur Sinn bei
Aussicht auf eine Dauerbeschäftigung. Der Meister
bejaht den Bedarf.
4.
Möglicherweise ist E schwerbehindert, anerkannt oder
ggf. sogar offensichtlich.
Eine Kündigung ist durch personenbedingte Gründe nicht
gerechtfertigt.
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472
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Fall: Rehabilitation Rentenversicherung
Der 1965 geborene Tischler D ist seit 1988 bei der G
GmbH (50 Mitarbeiter) als Monteur beschäftigt.
Seit dem 1.06.2011 ist er arbeitsunfähig erkrankt
und am15.01.2013 aus dem Krankengeld.
Im Februar 2013 fordert G ihn auf, am betrieblichen
Eingliederungsmanagement mitzuwirken. D erklärt
sich hierzu „gerne bereit“, will aber zunächst eine
laufende psychotherapeutische Behandlung
abwarten. Mit Bescheid vom 14.03.2013 bewilligt
die Deutsche Rentenversicherung eine „berufliche
Integrationsmaßnahme als Leistung zur Teilnahme
am Arbeitsleben“ vom 01.07.2013 bis 30.06.2015.
Gemäß Abschlussbericht vom 30.06.2015 war die
Maßnahme erfolgreich.
Wäre eine Kündigung sozial gerechtfertigt?
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473
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Fall: Kündigung bei Rehabilitation
I. Kündigungsschutzgesetz
II. Soziale Rechtfertigung:
Personenbedingt
1. Erkrankungen letzten 3 Jahre: Erkrankt seit 3 Jahren
AU - Atteste ab 01.07.2015 abwarten
2. Negative Prognose:
a) BEM: Anpassung Arbeitsbelastung nicht möglich
b) Bescheid 14.03.2013 Dt. Rentenversicherung
- Arbeitsunfähig ggf. bis 30.06.2015
- Erfolg = Vermeidung Rente Erwerbsminderung
Keine 6 Stunden täglich erwerbsfähig, § 43 SGB VI
3. Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Belange:
a) Kurzfristige Erkrankungen: Organisatorische
Beanspruchung & finanzielle Belastung
b) Langfristige Erkrankung: Wegfall Arbeitsleistung
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474
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Fall: Kündigung bei Alkoholsucht
Der 1948 geborene T ist seit 1997 bei der Fachklinik für Suchterkrankungen e.V. als Ergotherapeut beschäftigt. Klinik setzt ihn in der Arbeitsund Kreativtherapie ein, in der Patienten von
Suchmitteln entwöhnt werden. T ist selbst „Alkoholiker“. Klinik wusste dies, nahm bei der Einstellung aber an, dass T trocken sei.
2006 und 2007 kam es mehrfach zu Rückfällen
und Abmahnungen. Erste Kündigung 8/2007,
Rücknahme 02/2008. Nach einem weiteren
Rückfall kündigt Klinik T am 28.05.2009 fristlos,
hilfsweise fristgerecht zum 31.12.2009.
T erhebt Kündigungsschutzklage, begründet?
BAG vom 20.12.2012 – 2 AZR 32/11
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475
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Lösung: Kündigung bei Alkoholsucht
1. Fristlose Kündigung:
Unwirksam
Alkoholabhängigkeit ist Krankheit. Verstößt T
infolge seiner Abhängigkeit gegen arbeitsvertragliche Pflichten, scheitert der Schuldvorwurf.
2. Ordentliche Kündigung: Sozial gerechtfertigt durch personenbedingte Gründe.
1.
2.
T bietet aufgrund der Alkoholsucht keine Gewähr
, dass er auf Dauer in der Lage sein wird, seine
geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen. Mit weiteren Auffälligkeiten ist zu rechnen.
Interessenabwägung: Klinik muss gegenüber
Patienten und Leistungsträgern schädliche
Einflüsse auf Behandlungserfolg ausschließen.
Wird durch 12-jährige Betriebszugehörigkeit und
Alter von 60 Jahren des T nicht aufgewogen.
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476
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Fall: Genesungswidriges Verhalten
SS betreibt seit dem 16. Lebensjahr Leistungssport,
insbes. Marathonläufe. Seit 1990 ist er bei D – AG
als Lagerist für 2.400 € beschäftigt. Am 05.09.2006
brach sich SS bei einem Wegeunfall Sturz mit dem
Fahrrad das linke Schulterblatt. Bis zum 27.10.2006
war er arbeitsunfähig.
Am 17.09. nahm SS am Wien- über 53 km und am
21.10.2006 am Schw. Alb - Marathon über 50 km
teil. Zuvor hatte ihm der behandelnde Arzt jeweils
erklärt, dass aus ärztlicher Sicht nichts gegen die
Teilnahme spreche und nicht mit einer Verzögerung des Heilungsverlaufes zu rechnen sei. Er solle
aber aufhören, sobald er Schmerzen verspüre.
D erfährt die Läufe aus der lokalen Presse und
kündigt außerordentlich, hilfsweise fristgerecht?
ArbG Stuttgart 22.03.07 - Ca 475/06; BAG 02.03.2006 – 2 AZR 53/05
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477
Arbeitsrecht im Betrieb 12 S
Lösung: Genesungswidriges Verhalten
1. Was AN außerhalb der Arbeitszeit tut, bleibt
auch im Fall der Krankheit seine private Sache.
Was er während der Arbeitsunfähigkeit tun und
lassen darf, entscheidet in erster Linie der
behandelnde Arzt, z.B. Freizeitaktivitäten bei
psychischen Krankheitsbildern: Einverständnis?
2. ist zugleich eine arbeitsrechtliche Pflichtverletzung. Kündigung:
1. Ordentliche Kündigung verhaltensbedingt:
Grds. zunächst Abmahnung wegen Verstoß gg.
Leistungspflicht
2. Außerordentliche: Nur in Ausnahmefällen bei
schwerwiegenden Verstößen, insbes. bei
Zerstörung des Vertrauens des AG´s in seine
Redlichkeit
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Arbeitsrecht im Betrieb
13
Allgemeiner &
besonderer
Kündigungsschutz
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479
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Vertragsverletzung AN: Reaktionen
• Keine Entgeltminderung, ggf. Schadensersatz
• Ermahnung:
•
– Bei triftigem Grund, z.B. Schlechtleistung
Abmahnung: Konkrete Rüge & Kündigungsdrohung
– Bei jedem objektiven Vertragsverstoß
– Erbringt im Kündigungsschutzprozess keinen Beweis,
gleichwohl Klage auf Entfernung aus Personalakte
– Einseitiges Rechtsgeschäft Arbeitgeber
Alternative: Korrekturvereinbarung
• Kündigung: Schriftlich, auch ohne Grund
– Ordentlich: Verhaltensbedingt nach Abmahnung
oder verzichtbar / Vertrauen zerstört
– Außerordentlich: Kündigungsfrist unzumutbar lang
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480
Arbeitsrecht im Betrieb 13 G
Allgemeiner Kündigungsschutz
• Außerordentliche Kündigung, § 626 BGB:
– Kündigungsgrund, Abs. 1: Zweistufige Prüfung
• An sich geeignet zur Rechtfertigung eine a.o. Kündigung
• Abwägung der Umstände des Einzelfalls
– 2 Wochen- Frist ab Kenntnis, Abs. 2
• Kündigungsschutzgesetz:
– Kündigungsschutzgesetz anwendbar:
• Mehr als 10 Mitarbeiter im Betrieb
• AN länger als 6 Monate beschäftigt
– Kündigung bei Ausspruch sozial gerechtfertigt durch
• Verhaltensbedingte Gründe, grds. erst nach Abmahnung
• Dringende betriebliche Gründe & Sozialauswahl
• Personenbedingte Gründe, insbes. Krankheit
• Klagefrist, §§ 4, 7 KSchG: 3 Wochen, gilt für
alle Gründe, auch besonderen Kündigungsschutz
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481
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Kündigung bei Alkoholerkrankung
Eine Kündigung kann durch personenbedingte Gründe
bedingt sein, wenn im Kündigungszeitpunkt die Prognose
gerechtfertigt ist, der Arbeitnehmer biete auf Dauer
nicht die Gewähr, seine vertraglich geschuldete
Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen: Maßgeblich sind
Bereitschaft AN zu Entziehungskur oder Therapie.
Eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen
Interessen kann sich ergeben aus
a) beträchtlichen Fehlzeiten des Arbeitnehmers
b) einer beachtlichen Selbst- und Fremdgefährdung,
wenn der AN mangels Fähigkeit zur Alkoholabstinenz
nicht die Gewähr für die ausnahmslose Einhaltung
der bei seiner Arbeitsleistung einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften bietet.
BAG 20.03.2014 – 2 AZR 565/12
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482
Arbeitsrecht im Betrieb 13 G
Besonderer Kündigungsschutz
nach Personengruppen:
• Verbot ordentliche Kündigung:
• Auszubildende nach Probezeit, § 22 II BBiG
• Betriebsräte, § 15 I KSchG
• Erfordernis Zustimmung zur Kündigung:
• Außerordentliche Kündigung Betriebsräte, § 103 BetrVG:
Zustimmung Betriebsrat o.Ersetzung durch Arbeitsgericht
• Schwerbehinderte + Gleichgestellte
Landschaftsverb.
– Ordentliche Kündigung,
§ 85 SGB IX
– Außerordentliche Kündigung,
§ 91 SGB IX
• Schwangere bis 4 Monate nach Geburt § 9 MuSchG
• Elternzeit
: 8 Wochen vor + während § 18 BBEG
• Pflege naher Angehöriger
§ 5 PflegezeitG
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483
Arbeitsrecht im Betrieb 13 G
Sonder- Kündigungsschutz: Übersicht
Verbot
•
•
•
Gesetz
Auszubildende: Ordentliche Kündigung ,
Betriebsübergang,
Betriebsräte, ordentliche Kündigung:
- a.o. K.:
Zustimmung Betriebsrat - Arbeitsgericht
§ 22
BBiG
§ 613 a IV BGB
§ 15
KSchG
§ 103 BetrVG
Zustimmung, z.B. durch Landschaftsverband:
•
•
•
•
•
Betriebsräte, außerordentliche Kündigung: AG/ ArbG
Schwangere: während
und Nachwirkung 4 Monate
Elternzeit , bis 3 Jahre
Pflege naher Angehöriger
Schwerbehinderte und Gleichgestellte
Anhörung des Betriebsrats: vor jeder Kündigung
Anzeige der Massenentlassung
•
•
•
von mindesten 5 in Betrieben mit mehr als 20 Mitarbeitern
Anzeige an Landesarbeitsamt
Konsultation des Betriebsrates:
Fallweise Kündigungsverbote:
-
Treu und Glauben
Maßregelungsverbot
Diskriminierung
entgegen § 2 Abs. 4
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
§ 103
§9
BetrVG
MuschG
§ 18 I 1 BEEG
§5
PflegezeitG
§ 85
SGB IX
§ 102 BetrVG
§ 17 KSchG
Abs. 1
Abs. 2
§ 242 BGB
§ 612 a BGB
AGG
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484
Arbeitsrecht im Betrieb 13
AN ordentlich unkündbar
• Arbeitsvertragliche o. tarifliche Unkündbarkeit:
– Betriebsbedingt oder Anzahl Beschäftigungsjahre
Nur außerordentliche Kündigung:
• Wichtiger Grund:
– Allgemein: Abwarten Frist ordentliche Kündigung
nicht zumutbar: Kündigungsgrund + Länge der - frist
– Ausschlussvorschrift auslegen: Erleichterung oder
Verschärfung
– Betriebsbedingt: Hohe Anforderungen, innerbetriebliche Umstrukturierung nicht ausgeschlossen, auch
nicht bei Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit
BAG 22.11.2012, 2 AZR 673/11
• Soziale Auslauffrist wie ordentliche Kündigung
BAG 20.06.2013 – 2 AZR 379/12
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485
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Darlegungs- + Beweislast: Abgestuft
• Arbeitgeber: Für alle die Kündigung begründen-
den Tatsachen, z.B. Vertragsverstoß +Abmahnung
• Arbeitnehmer behauptet konkrete Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe
– Arbeitgeber muss widerlegen
– Vortrags- und Beweislast abgestuft
• Wechselt zwischen AG + AN
• Bei Streit über erheblichen Umstand:
– Beweis durch Urkunde, Zeuge, Sachverständiger
– ggf. Verwertungsverbot: Datenschutz, allg.
Persönlichkeitsrecht, z.B. geheime Videoüberwachung
BAG 21.06.2012, AZR 153/11
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486
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Abbau von Arbeitsplätzen
• KSchG: „Dringender betrieblicher Grund“
• Wegfall des Arbeitsplatzes
• Problem: Richtige Sozialauswahl unter allen vergleichbaren Arbeitnehmern des Betriebes, § 1 III 1
• Einschränkungen der Sozialauswahl, § 1 III 2
– Leistungsträger: Weiterbeschäftigung liegt wegen
besonderer Kenntnisse, Fähigkeiten & Leistungen im
berechtigten betrieblichen Interesse
– Erhaltung ausgewogene Personal-, insbesondere
Altersstruktur des Betriebes
• Kollektivrechtliche Regelungen , § 1
– Abs. 4: Tarifvertrag o. Betriebsvereinbarung gem. § 95
BetrVG mit Punktesystem
– Abs. 5: Interessenausgleich mit Namensliste
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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487
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Sicherung ausgewogene
Personalstruktur, § 1 III 2 KSchG
• Sozialauswahl (Kriterien: Betriebszugehörigkeit, Lebens-
alter, Unterhaltspflichten) kann die Personalstruktur des
Betriebes verschlechtern, es droht Überalterung
• AG kann bei Darlegung konkreter Nachteile
• in jeder Altersgruppe proportional kündigen,
z.B. AN bis zum
30. Lebensjahr
jeweils bis zum
40., 50. und 60. Lebensjahr
ab dem
61. Lebensjahr
• Nur Erhaltung, nicht Verbesserung der Altersstruktur
• Punktesystem mit Berücksichtigung Lebensalter
• Europarechts- und AGG – konform
• Beurteilungs- + Gestaltungsermessen des Arbeitgebers
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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488
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Betriebsänderungen, § 111:
• Betrieb mit i.d.R. mehr als 20 Arbeitnehmern
• Betriebsänderungen:
–
–
–
–
Betriebsstillegung, -einschränkung, -verlegung
Wesentlicher Personalabbau, § 17 KSchG o. 5%
Grundlegende Änderung Betriebsorganisation
Grundlegend neue Arbeitsmethoden
• Wesentliche Nachteile für die Belegschaft
• Beteiligungsrecht: AG muss BR unterrichten +
mit BR beraten
• Folge: Kündigungen betriebsbedingt,
Sozialauswahl ist schwierig
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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489
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Mitbestimmung über die unternehmerische
Entscheidung der Betriebsänderung
• Interessenausgleich, § 112 Abs. 1:
Gegenstand:
Ob, wann und wie eine Betriebsänderung durchgeführt wird
• Sozialplan, § 112 Abs. 1 S. 2:
– Vereinbarung Betriebsrat – Arbeitgeber
= Sonderform der Betriebsvereinbarung
– Einigung über die Milderung der wirtschaftlichen
Nachteile für Arbeitnehmer
• Interessenausgleich mit Namensliste, § 1 V
KSchG:
• Vermutung der dringenden betrieblichen Erfordernisse
• Sozialauswahl: Überprüfung nur auf grobe Fehler
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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490
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Modifikation Sozialauswahl, § 1 V
• Folge: Gesetzliche Vermutung, dass
• Kündigung gelisteter AN durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist: Beweislastumkehr +
• es keine andere Beschäftigungsmöglichkeit gibt.
• Überprüfung Sozialauswahl nur auf grobe Fehler:
– Arbeitnehmer kann Angabe der Gründe verlangen, die
zur Sozialauswahl geführt haben
• Ergänzung: 3- seitiger Vertrag zwischen
• Arbeitgeber: Erspart sich Kündigungsschutzklagen
• Mitarbeiter: Einwilligung Beendigung Arbeitsvertrag
• Beschäftigungs- & Qualifizierungsgesellschaft: AN
Einstellung 1 Jahr, mit Transferkurzarbeitergeld, § 111 SGB III
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Arbeitsrecht im Betrieb 13
Wiedereinstellungsanspruch:
• Wegfall eines Kündigungsgrundes:
– Nachträglich entfallen Umstände, die die
negative Prognose begründet haben
– Aus des Sphäre des Arbeitgebers
z.B. unvorhergesehene
Beschäftigungsmöglichkeit
• Betriebsübergang nach betriebsbedingter Kündigung
• Aufhebungsvertrag: Anpassung nach
Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB
• Verdachtskündigung: Entkräftung
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492
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Kündigung: Gestaltungen
• Betriebsbedingte Kündigung, § 1 a KSchG: Angebot
Abfindung 0,5 Monatslöhne je Beschäftigungsjahr
• Kündigungsgründe angeben?
grds. nein
• Freistellung -ggf. unwiderruflich - unter Anrechnung auf
offene
• Mehrarbeits- und
• Urlaubsansprüche
• Ggf. Hinweise auf
• ordentliche Abrechnung und Zeugnis
• Pflichten: Meldung Arbeitsamt BA & Arbeitssuche
• Erklärung Arbeitnehmer:
• Klageverzicht: Schriftlich in gesonderter Vereinbarung
• Abwicklungsvereinbarung: Ggf. auch Abfindung
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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493
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Bedeutung Kündigungsgründe
• Grundsatz: Angabe in Kündigungsschreiben
weder erforderlich noch empfohlen: Soziale
Rechtfertigung nach allen Seiten offen halten
• Ausnahme: Begründungspflicht:
– a.o. Kündigung Auszubildender, § 22 III BBiG
– Verlangen bei a.o. Kündigung, § 626 II 3 BGB
• Bei Anhörung + Zustimmung Betriebsrat:
– Beschränkung des AG auf Gründe, die er
dem Betriebsrat/ArbGericht mitgeteilt hat
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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494
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Mehrere Kündigungsgründe:
• Ausspruch mehrerer Kündigungen, jeweils mit
allen formellen Erfordernissen
– Einholung Zustimmung (z.B. Hauptfürsorgestelle), bereits bei Verdacht einer
Schwerbehinderung
– Anhörung o. Zustimmung Betriebsrat
– Anhörung AN bei Verdachtskündigung
• Beispiele:
– Außerordentlich ( 2 Wochen-Frist) und
ordentlich
– Kündigung verhaltens- + personenbedingt
– Verdachts- und Tatkündigung
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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495
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Kündigungserklärung Auslegung:
l
• Kündigungsgrund muss nicht angegeben
werden, nur objektiv vorliegen
• Außerordentliche Kündigung: Wenn Kündigung
zusätzlich als „fristgerechte“ bezeichnet.
• Falsche Kündigungsfrist:
• Kündigung mit anderer Frist ist grundsätzlich ein
anderes Rechtsgeschäft
• Kündigungsschutzklage:
– Erforderlich, wenn keine Auslegung in Kündigung mit
der richtigen Frist möglich
– Sonst Fiktion der Wirksamkeit, §§ 4, 7 KSchG
BAG 15.05.2013 – 5 AZR 130/12
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496
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Outplacement -Beratung
• Unterstützung des gekündigten Mitarbeiters bei Suche nach
neuem Arbeitsplatz.
• Grund: Unternehmen will "faire" Trennung im Hinblick
– auf die Motivation verbleibender Mitarbeiter und Attraktivität
im Wettbewerb um Arbeitskräfte
– Vermeidung Kündigungsprozesse
– Verkürzung Restlaufzeit von Arbeitsverträgen
• Vorgehensweise Phasen
Erfassung berufliche + private Situation des Arbeitnehmers
Feststellung von Qualifikationsprofil + Weiterbildungsbedarf
Entwicklung individueller Bewerbungsstrategie.
Erstellung Bewerbungsunterlagen, insbes. Lebenslauf,
Formulierung schriftliche Bewerbung, Beurteilung von
Stellenangeboten, Vorbereitung von Bewerbungsgesprächen
incl. Interviewtraining
– Unterstützung bei Abschluss des neuen Arbeitsvertrages
–
–
–
–
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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497
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Konzerndimensionaler
Kündigungsschutz:
• Kündigungsschutz Anknüpfung
– an Betrieb, z.B. für „mehr als 10 Mitarbeiter“,
Sozialauswahl usw.
– weder Unternehmen = Rechtsträger
– noch Konzern = mehrere juristische Personen
mit gemeinsamen Haupt- Gesellschafter
• Ausnahmen: Arbeitgeber hat sich entweder
• im Arbeitsvertrag zu unternehmensübergreifender
Weiterbeschäftigung verpflichtet oder
• dies in Vergangenheit tatsächlich gehandhabt
Recht und Arbeitsrecht, Sommersemester 2015
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498
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Schadensersatz, § 628 II BGB
• Kündigung (ao o. ordentlich) veranlasst durch
• schuldhaftes vertragswidriges Verhalten, das
außerordentliche Kündigung rechtfertigt
• Ersatzfähiger Schaden des Arbeitnehmers:
– Entgelt bis Ablauf Kündigungsfrist
– Bei Kündigungsschutzgesetz: Abfindung
– Verdienstausfall & Minderverdienst
• Ersatzfähig beim Arbeitgeber: Nur (Verfrühungs-)
Schaden durch schnelle außerordentliche AG-,
statt fristgemäßer AN- Kündigung
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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499
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Fall: Anhörung BR bei Wartezeitkündigung
Frau K ist seit dem 1.7.2010 bei Fa. B beschäftigt. Mit
Schreiben vom 14.12.2010 hört B den Betriebsrat zu der
beabsichtigten Kündigung von K an. Neben den
Sozialdaten der Klägerin und ihrem Eintrittsdatum teilt
B dem Betriebsrat mit: „Es wurde eine 6- monatige
Probezeit vereinbart. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses liegt nicht in unserem Interesse.“ Der
Betriebsrat widerspricht der Kündigung, weil ihm kein
Kündigungsgrund genannt worden sei. B kündigt Frau
K mit Schreiben vom 28.12.2010 zum 15.01.2011.
Frau K erhebt Kündigungsschutzklage und rügt, der
Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört
worden.
BAG 12.9.2013 – 6 AZR 121/12
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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500
Arbeitsrecht im Betrieb
13 S
Anhörung bei Wartezeitkündigung
Bei einer Kündigung in den ersten 6 Monaten des
Arbeitsverhältnisses, die auf ein personenbezogenes Werturteil gestützt wird, muss dem Betriebsrat
nur dieses Werturteil des AG mitgeteilt werden,
ohne es zu substantiieren oder zu begründen.
Ausreichend:
- Der Arbeitnehmer habe sich „während der Probezeit nicht bewährt“ und sei „nicht geeignet, die ihm
übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu
erfüllen“ oder
- „nach unserer allgemeinen, subjektiven
Einschätzung genügt die Arbeitnehmerin unseren
Anforderungen nicht“ oder
- der Arbeitnehmer habe die „in ihn gesetzten
Erwartungen nicht erfüllt“.
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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501
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Kündigung nach Leugnen der Schwerbehinderung in laufenden Arbeitsverhältnis
Argumente , Abwägung:
1. Persönlichkeitsschutz AN
2. Pflichtabgabe Arbeitgeber, § 77 SGB IX: Nur
bei Kenntnis: Nebenpflicht zur Offenbarung
3. Kündigungsschutz unentziehbar nach 6
Monaten, § 90 I Z. 1 SGB IX
4. Widersprüchliches Verhalten, § 242 BGB
Urteil: Kein Kündigungsschutz
BAG 16.02.2012 - 6 AZR 553/10
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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502
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Betriebsbedingte Kündigung
während Kurzarbeit
• Wegfall des Arbeitsplatzes:
– Außerbetriebliche Gründe:
• Absatzschwierigkeiten, Umsatzrückgang mit dauerhafter
Reduzierung des Arbeitskräftebedarfs
– Innerbetrieblicher Grund: Unternehmerentscheidung
• Organisationsentscheidung arbeitsplatznah
• Dringlichkeit: Keine technische oder organisatorischen
Alternative zur Kündigung
• Keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf freiem
Arbeitsplatz
• Kurzarbeit: Parteien gehen von einem nur vorübergehenden Arbeitsmangel aus, § 96 Abs. 1 Z. 2 SGB III
BAG 23.02.2012 - 2 AZR 548/10
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503
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Kündigung wegen Minderleistung
• Verhaltensbedingt:
AN muss unter angemessener
Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit
arbeiten. Darlegungslast im Kündigungsschutzprozess:
– Arbeitgeber: Tatsachen, aus denen ersichtlich ist, dass die
Leistungen des Arbeitnehmers deutlich hinter denen
vergleichbarer Arbeitnehmer zurückbleiben, also die
Durchschnittsleistung erheblich unterschreiten.
– Arbeitnehmer: Gründe, warum er dennoch seine
persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft.
• Personenbedingt:
Arbeitsleistung unterschreitet die
berechtigten Erwartung des Arbeitgebers an die Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen in einem Maße,
dass ihm ein Festhalten an dem (unveränderten) Arbeitsvertrag unzumutbar wird.
• Vorrangig: Änderungskündigung und Fortsetzung zu
geänderten Vertragsbedingungen
BAG 11.02.2003 - 2 AZR 667/02
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504
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Fall: Fristlose Kündigung wg. Stalking
S, geb. 1957, ist verheiratet und zu 80 % schwerbehindert.
Er ist seit 1989 Verwaltungsangestellter beim Land Hessen,
seit 2005 beim Immobilienmanagement.
2007 beschwerte sich die als Leiharbeitnehmerin beschäftigte Mitarbeiterin M1, sie fühle sich von S belästigt. Nach
Einschaltung der Beschwerdestelle AGG teilte der Direktor
dem S mit, eine unmittelbare Kontaktaufnahme habe mit
M 1 habe zur Vermeidung arbeitsrechtlicher Konsequenzen
auf jeden Fall zu unterbleiben.
Mit Schreiben vom 8.10.2009 wandte sich die Leiharbeitnehmerin M2 an den Direktor, weil sie sich durch S in unerträglicher Weise belästigt und bedrängt fühle. Seit Juni
hatte S ihr mehr als 120 E-Mails, SMS + MMS geschickt, auch
noch nachdem sie Anfang September jeden privaten
Kontakt gegenüber S ausdrücklich abgelehnt hatte.
Der Direktor will S fristlos kündigen. Zurecht?
BAG vom 19.04.2012 2 AZR 258/11
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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505
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Lösung: Fristlose Kündigung wg. Stalking
• Stalking :
– An sich wichtiger Grund
– Abwägung der Umstände des Einzelfalls:
• Ausmaß und Intensität der Pflichtverletzung
• Folgen für den Mitarbeiter
• Notwendige Bestandteile Abmahnung:
– Rüge eines genau bezeichneten Fehlverhaltens
– Hinweis auf Bestands- oder Inhaltsgefährdung der
Arbeitsverhältnisses im Wiederholungsfall, ausreichend:
Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen
• Abmahnung nicht erforderlich, wenn
– Verhaltensänderung nach Abmahnung nicht zu erwarten
– Insbes. schwere Pflichtverletzung: Hinnahme offensichtlich
und für Arbeitnehmer erkennbar ausgeschlossen
BAG 19.04.2012 - 2 AZR 258/11
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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506
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Fall: Kündigung Ersatzmitglied BR
Jurist J wird am 01.09.2010 aus personenbedingten Gründen ordentlich gekündigt.
1. J wurde 2004 als Programmierer eingestellt
und danach ausschließlich 5 Jahre mit
rechtlichen Fragestellungen beschäftigt.
Seit September 2009 versagt er bei allen
Aufgaben als Programmierer.
2. J hatte bei der Wahl des 5– köpfigen
Betriebsrates die 6.- meisten Stimmen
erhalten. Die Amtszeit des Betriebsrates
verlief ohne besondere Vorkommnisse und
endete am 31.05.2010.
Hat die Kündigungsschutzklage Erfolg?
BAG 19.04.2012 – 2 AZR 233/11
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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507
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Lösung: Kündigung Ersatzmitglied BR
• Änderung der vertraglichen Arbeitspflicht:
Auch nicht nach 5- jähriger anderweitiger Beschäftigung
• Organisationsprogrammierer mit Mangel an
Programmierkenntnissen:
– Anfechtung des Arbeitsverhältnisses: Irrtum über
verkehrswesentliche Eigenschaft, § 119 Abs. 2 BGB
– Soziale Rechtfertigung Kündigung:
Aus in der Person liegenden personenbedingten Gründen
• Kündigungsschutz als Betriebsrat:
– Als Ersatzmitglied mit Zustimmungserfordernis § 103 BetrVG:
Nur solange ein verhindertes Betriebsratsmitglied gem. § 25
Abs. 1 S. 2 BetrVG vertreten wird
– Nachwirkung, § 15 KSchG: 1 Jahr ab Ende der Vertretung
keine ordentliche Kündigung
BAG 19.04.2012 – 2 AZR 233/11+ 08.09.2011 – 2 AZR 388/10
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508
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Fall: „Überflüssige“ Änderungskündigung
Frau V ist seit dem 9.4.1987 bei der Möbel GmbH beschäftigt,
gem. Arbeitsvertrag als „Verkäuferin“. In den letzten Jahren
war V in der zentral organisierten „Preisauszeichnung“ eingesetzt. Im Jahr 2008 nahm V als Ersatzmitglied an mehreren
Betriebsratssitzungen teil. 2009 beschließt die Möbel GmbH,
die Preisauszeichnung nicht mehr zentral, sondern durch jede
Abteilung ausführen zu lassen. V soll deshalb im Verkauf eingesetzt werden. Mit Schreiben vom 9.04.2009 hört sie den BR
zu einer beabsichtigten ao Änderungskündigung an, dieser
widerspricht. Mit Schreiben vom 21.04.2009 kündigt die GmbH
ao mit einer Auslauffrist zum 31.10.2009 und bietet eine Fortsetzung im Verkauf ab dem 01.11.2009 an.
V nimmt das Änderungsangebot unter Vorbehalt an und
erhebt Kündigungsschutzklage. Mit Erfolg?
BAG 19.07.2012 – 2 AZR 25/11
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509
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
L: Überflüssige Änderungskündigung
1. V hat als Ersatzmitglied mit Tätigkeit den Status eines
Betriebsratsmitgliedes und den Kündigungsschutz des § 15
KSchG: Nur a) außerordentlich: Hier mit Auslauffrist aber
b) ohne Zustimmung, §103 BetrVG: Weder BR, noch Arbeitsgericht
2. AN: Innerhalb 3 Wochen Annahme unter Vorbehalt, dass
Änderung sozial gerechtfertigt, § 2 KSchG
hier ja, dann
3. Kündigungsschutzklage, § 4 S. 2: Auf Feststellung, dass
Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt.
Kann nicht getroffen werden, wenn das Versetzungsangebot
nicht auf eine Änderung der Arbeitsbedingungen gerichtet ist:
Wäre die Änderung von dem Weisungsrecht als Arbeitgeber
abgedeckt, § 106 GewO?
Hierfür spricht die
Bezeichnung als „Verkäuferin“ im Arbeitsvertrag.
Ergebnis: Zurückverweisung zur Aufklärung.
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510
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Kündigungsschutz mehrfache Mutter:
M ist seit dem 15.03.2003 als Kundenberaterin bei
Fa. I beschäftigt, zuletzt während der Elternzeit als
Teil-zeitkraft mit 30 Wochenstunden für 1.480 €
brutto. Am 01.10.2009 wird das Insolvenzverfahren
über Fa. I eröffnet. Mit Bescheid vom 11.05.2010
stimmt das Integrationsamt der Kündigung von M
gem. § 18 BEEG zu. Der Insolvenzverwalter kündigt
mit Schreiben vom 20.05., Zugang am 22.05.2010.
Gem. Attest vom 26.05.2010 ist M in der 6. Woche
schwanger. Dies teilt M mit Schreiben vom
27.05.2010 I mit.
Hat die von M am 10.06.2010 beim Arbeitsgericht
Berlin eingegangene Kündigungsschutzklage
Erfolg? LAG Berlin-Brandenburg 06.04.2011 - 15 Sa 2454/10
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511
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Wettbewerbsverbot im
gekündigten – aber noch nicht
beendeten - Arbeitsverhältnis
• Während des Arbeitsvertrages ist es dem Arbeitnehmer verboten, bei Konkurrenz zu arbeiten:
Vertragliches Konkurrenzverbot, § 60 HGB
– Zulässig: Vorbereitung der Selbständigkeit
– Verbot: Aufnahme einer werbenden Tätigkeit
• Kündigungsschutzklage: Verbot gilt auch
während der Dauer des Kündigungsschutzprozesses, wenn sich die Kündigung als
unwirksam herausstellt: Fristlose Nachkündigung
durch AG möglich
BAG 28.01.2010 - 2 AZR 1008/08
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512
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Auflösungsanträge KSchProzess
• Bei unwirksamer Kündigung aber Unzumutbarkeit
der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, § 9 KSchG:
• Gericht setzt auf Antrag Abfindung an AN fest
• Auflösungszeitpunkt: Ende bei sozial gerechtfertigter K
• Arbeitnehmer bei neuem Arbeitsverhältnis, § 12:
• Ist AN nach Kündigung ein neues Arbeitsverhältnis
eingegangen,
• hat AN Sonderkündigungsrecht gegenüber altem AG
• schriftlich innerhalb Wochenfrist ab Rechtskraft des
Urteils im Kündigungsschutzprozess und
• Anspruch auf entgangenen Verdienst bis Beginn
neues Arbeitsverhältnis.
• Konkurrenz: Prozessbedingung /Auch hilfsweise?
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513
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Fall: Kündigung bei Sozialplan
Metall Industrie MI GmbH beschäftigt den 1964
geborenen ungelernten W (verheiratet, 3 Kinder)
seit 1990. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten
beschließt MI Personal abzubauen. Am 01.04.2010
vereinbart sie mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste. Auf der Liste stehen
die Namen von 196 Arbeitnehmern, auch der des
Klägers. Daneben vereinbaren die Betriebsparteien einen Sozialplan mit Abfindungsregelung und
Regelungen zu einem Wechsel in eine Transferund Qualifizierungsgesellschaft. Am 26.04.2010
kündigt MI den W ordentlich.
Hat die Kündigungsschutzklage Erfolg?
BAG 27.09.2012 - 2 AZR 516/11
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514
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Lösung: Kündigung bei Sozialplan
• Vermutungen des § 1 Abs. 5 S. 1 KSchG:
• Kündigung wurde aufgrund einer Betriebsänderung
i.S. des § 111 BetrVG ausgesprochen.
• Der sozialen Rechtfertigung durch dringende
betrieblichen Gründe.
• Auskunftspflicht des AG, § 1 Abs. 1 S. 1 2. HS KSchG:
Abgestufte Darlegungslast für die grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl zunächst beim Arbeitnehmer.
• Arbeitnehmer kann widerlegen:
• Wegfall des Arbeitsplatzes: Beweis des Gegenteils
• Sozialauswahl: Nur grobe Fehler
• Ansprüche aus Sozialplan:
• Abfindung
• Beschäftigung in Transfer- + Qualifizierungsgesellschaft
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515
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Insolvenz Schlecker
• Sozialplan, § 112 Abs. 1 BetrVG
– Insolvenz: max. 1/3 der Masse, § 123 II 2 InsO
– Finanzierung durch Bund/Länder: Politisch
gescheitert
• Transfergesellschaft, § 110 SGB III
– Arbeitsmarktpolitisches Instrument
– Finanzielle Basis:
• Transferkurzarbeitergeld der Bundesanstalt, § 112 SGB III:
max. 12 Monate, ca. 60 %,
• Aufstockung Unternehmen / Insolvenzverwalter
• Zusatzleistungen Bund mit Länderbürgschaften
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516
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Insolvenz Schlecker
Dreiseitiger Vertrag zwischen
– von Kündigung bedrohten Mitarbeitern:
• Beendigung des Arbeitsvertrages mit Schlecker
– dem Insolvenzverwalter der Fa. Schlecker i.I.:
• Arbeitgeber für Auflösung Arbeitsvertrag
– einer Transfergesellschaft:
• Neues Arbeitsverhältnis befristet für 6 Monate
• Vergütung 80 % des Nettoentgeltes
• Kurzarbeit mit Reduzierung Arbeitszeit auf „0
Stunden“
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517
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Rechte und
Rechtsträger
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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518
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Rechtsträger = Subjekte
• Natürliche Personen
BGB
– Volljährigkeit
– Vertretung
§ 17
§ 164
• Handelsgesellschaften: Handelsregister A
– Offene Handelsgesellschaft OHG
– Kommanditgesellschaft KG
auch als GmbH & Co. KG
• Juristische Personen:
§ 131 HGB
§ 161 HGB
Handelsregister B
– Eingetragener Verein
e.V.
– Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH
• Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt UG
– Aktiengesellschaft
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AG
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519
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Rechtsbeziehungen Privater
• Subjekte: Inhaber von Rechten
– Personen: Natürliche und juristische
– Personengesellschaften: GbR, OHG, KG
– Kapitalgesellschaften: GmbH, UG, AG
Arbeitgeber: Maßgeblich für Kündigungserklärung
& -schutzklage, Entschädigungsanspruch § 15 II AGG
• Objekte: Gegenstand von Rechten
– Absolute Rechte: Schutz gegen jedermann
• Eigentum, Besitz, Urheberrechte, allg. Persönlichkeitsrecht
– Relative Rechte: Ansprüche
• Verträge: Begründen Ansprüche
– Vertragsfreiheit
– Verträge mit standardisierten Regelungen
– Durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen
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520
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Ausschlussfrist beendet Anspruch
• Gesetzlich:
– Urlaub, § 7 Abs. 3 BUrlG:
• Verfall am 31.12. des Jahres
• Übertragung bis zum 31.03. des Folgejahres
• Einzelvertraglich auch länger
– Schadensersatz AGG: § 15 Abs. 4 AGG
• Privatautonom: Verfallfrist in
– Tarifverträgen:
– Arbeitsverträgen:
Grenze:
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Bis 2 Monate,
z.B. § 15 BRTV Bau
BAG mindestens 3 Monate
Lohnabrechnung weist Schuld
vorbehaltlos aus
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521
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Bürgerliches Gesetzbuch BGB
§ 311 Relative Rechte = Ansprüche:
Das Recht, von einem anderen ein Tun
oder Unterlassen zu verlangen
- wird grds. durch Vertrag begründet
- unterliegt der Verjährung
§ 823 Absolute Rechte: Schutz gegen alle:
- Körper und Gesundheit
- Freiheit
- Eigentum,
Immobilien: Grundbuch
- Immaterielle Rechte,
z. B. Urheberrechte, Patent, eigenes Bild
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522
Arbeitsrecht im Betrieb 14
AN- Pflicht zu Überstunden?
• Grds. nur bei vertraglicher Grundlage in
• Arbeitsvertrag, ggf. konkludent o. betriebliche Übung
• Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung
• Im Arbeitsvertrag bei Vollzeitbeschäftigung ist
– nur die betriebsübliche Arbeitszeit vereinbart:
Anordnung mit angemessener Ankündigungsfrist 1
Tag bis 1 Woche
– Dauer + Lage der Arbeitszeit konkret vereinbart: AN
muss nur in Not- und außergewöhnlichen Fällen
Überstunden leisten, vertragliche Nebenpflicht §§ 241
Abs. 2, 242 BGB, § 14 Abs. 1 ArbZG, wenn
• Gefahren für den Betrieb oder erheblichen
betrieblichen Interessen drohen,
• die für den Arbeitgeber nicht vorhersehbar waren und
• dem Arbeitnehmer zumutbar sind
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523
Arbeitsrecht im Betrieb 8
Personalakten, § 32 BDSG
• Inhalt: Informationen, die
• Arbeitgeber rechtmäßig erworben hat + für die ein sachliches Interesse besteht BAG, Urt. v. 13.04.1988 -5 AZR 537/86
• Nach Ermessen AG: Bewerbungsunterlagen, Zeugnisse,
Ergebnisse in Auswahlverfahren, Arbeitsvertrag, Beurteilungen, Beförderungen, Schulungen, Abmahnungen,
Lohnpfändungen, Krankenversicherung, Krankmeldungen
• Strenge Vertraulichkeit: Arbeitgeber hat
• Personalakten sorgfältig zu verwahren + zu verschließen:
Sicherung gegen Unbefugte, insbes. Betriebsfremde
• Krankheitsdaten, insbes. ärztliche Auskünfte, sofern zulässig
erlangt, sind getrennt zu archivieren + besonders zu sichern
• Einsicht ausschließlich an:
• Mitarbeiter der Personalabteilung
• Vorgesetzten der Beschäftigten
• Beschäftigen selbst, ggf. mit Betriebsrat, § 83 BetrVG
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524
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Rechnungslegung - Jahresabschluss
• Bestandteile:
•
•
•
•
Bilanz
Gewinn- und Verlustrechnung
Anhang
Lagebericht
• Veröffentlichungspflicht AG, GmbH &Co, § 325 HGB:
• Bis Ende des Folgejahres
• Im Unternehmerregister = Internet
• Verkürzte Fassung
• Bedeutung für :
• Handelsrechtliche Gewinnermittlung / -verteilung
• Steuererklärungen
• Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung
www.Unternehmerregister.de
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525
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Jahresabschluss: Bilanz
______________________________________________________________________________________________________________________
Aktiva
Vermögensgegenstände
Unterkapital
Passiva
Eigenkapital
Verbindlichkeiten
Rückstellungen
- Pensionen
www.unternehmerregister. de
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526
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Rechtsträger: Ende
• Natürliche Personen
– Betreuung: Vermögensverwalter
– Tod:
Erbrecht: Gesamtrechtsnachfolge
– Insolvenz: Liquidation + Verteilung an Gläubiger,
Restschuldbefreiung Gemeinschuldner
• Handelsgesellschaften OHG + KG
– Beendigung und Liquidation
– Insolvenz
• Juristische Personen:
– Beendigung und Liquidation
– Insolvenz
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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527
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Insolvenz:
• Insolvenzgründe
– Zahlungsunfähigkeit
– Überschuldung
§ 17 InsO
§ 19 InsO
• Insolvenzantragspflicht, § 64 GmbHG:
– Geschäftsführer
– unverzüglich, spätestens nach 3 Wochen
• Ablauf:
– Insolvenzantrag: Fremd- oder Eigenantrag
– Vorläufige Insolvenz + -verwalter
– Insolvenz-Eröffnung: Vermögensabwicklung
und Gläubigerbefriedigung mit Quoten
– Beendigung: Löschung im Handelsregister
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528
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Fall: Kündigung durch Betriebserwerber
Kläger (schwerbehindert, GdB 50 %) war seit 1989 bei W
GmbH beschäftigt. Am 1.6.2010 wird über das Vermögen
der W GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und RA K zum
Insolvenzverwalter ernannt. Ab dem 1.7.2010 übernahm die
Beklagte den Betrieb der W GmbH.
Auf seinen Antrag vom 29.6.2010 erteilt der Landschaftsverband RA K am 29.07.2010 die Zustimmung zur ordentlichen
Kündigung des Klägers gem. § 89 Abs. 3 SGB IX. Mit Schreiben vom 5.8.2010 hört die Beklagte Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung zu der beabsichtigten Kündigung
an, beide teilten am 13.8.2010 mit, keine Bedenken zu
haben. Mit Schreiben vom 17.8.2010 kündigt die Beklagte
das Arbeitsverhältnis schriftlich zum 31.3.2010 aus
dringenden betrieblichen Gründen.
Hat der Kläger mit seine Kündigungsschutzklage Erfolg?
BAG 15.11.2011 – 8 AZR 827/11
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529
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Lösung: Kündigung durch Betriebserwerber
Der Beklage hatte für seine Kündigung keine
Zustimmung gem. § 85 SGB IX.
Gem. § 613 a BGB tritt der Erwerber in das
Arbeitsverhältnis ein, wie er es zu Zeitpunkt des
Betriebsüberganges vorfindet.
§ 89 Abs. 3 SGB IX gilt nur für den Insolvenzverwalter (Partei kraft Amtes), nicht für einen
anderen Arbeitgeber.
Ergebnis: Die Kündigungsschutzklage hat Erfolg.
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530
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Lohnpfändung gegen AN:
• Gläubiger des Arbeitnehmers:
– Anspruch gegen AN: Klage o. Mahnbescheid
– Vollstreckung aus Urteil:
Lohnpfändung
– Drittschuldner:
Arbeitgeber
• Pfändungsschutz:
– Absolut unpfändbare Bezüge, § 850 a ZPO
– Pfändungsgrenzen Arbeitseinkommen, 850 c ZPO
– Verschleiertes Arbeitseinkommen, § 850 h ZPO
• Mehrere Pfändungen /Abtretung: Prioritätsprinzip
• Arbeitgeber hat eigene Forderung gegen AN:
– Aufrechnung , §§ 387, 389 BGB wenn
– Gegenseitigkeit bei Zustellung der Lohnpfändung
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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531
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Insolvenz des Arbeitgebers:
• Arbeitsverhältnis besteht fort,
Kündigungsfrist für Insolvenzverwalter, § 113
Inso: 3 Monate, sofern nicht länger
• Bei Lohnausfall: Arbeitnehmer erhält für
letzten 3 Monate Insolvenzgeld, § 183 SGB III
• Arbeitgeber ist juristische Person:
– Nach Abwicklung des Vermögens
– Beendigung durch Löschung im
Handelsregister
• Juristische Person: Mit Verfahrenseröffnung
Löschung in Handelsregister
3echt und Arbeitsrecht, Sommersemester 2015
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532
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Arbeitnehmer: Privat-Insolvenz
• Vollstreckungsschutz
• Gehaltsabtretung, pfändbarer Anteil:
für 6 Jahre Wohlverhaltensfrist
• Abschluss: Restschuldbefreiung
– Beschluss des Insolvenzgerichts
– Löschung im Schuldnerregister des Amtsgerichtes
bei Schufa fraglich?
• Änderungskündigung zur ArbeitszeitVerkürzung & Annahme durch AN: Wirksam
trotz § 81 InsO
BAG 20.06.2013 – 6 AZR 789/11
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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533
Arbeitsrecht im Betrieb 14
Compliance – Anwendung
aller Rechtsvorschriften
Verstöße lauern überall: Schwerpunkte
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Arbeitszeitgesetz:
Pausen & Ruhezeiten
Teilzeitbeschäftigte:
Gleichbehandlung
Allg. Gleichbehandlungsgesetz: Diskriminierung
Arbeitnehmerüberlassung:
Abgrenzung Dienstoder Werkvertrag
Betriebsverfassungsrecht
Datenschutz:
Personalakte,
E- Mails weiterleiten
Arbeitsplatzsicherheit:
VDE
Fahren ohne Fahrerlaubnis:
Auch Zulassen, § 20 StVG
Unfallverhütungsvorschriften:
Berufsgenossenschaft
Einkaufsabteilung
Bestechlichkeit, § 299 StGB
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534
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Rechtswege
& Rechtsmittel
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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535
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Arbeitsgerichtsgesetz
Klage zu den Arbeitsgerichten:
• Notwendige Bestandteile:
– Klageantrag konkret, z.B. Zahlungsantrag
– Begründung: Lebenssachverhalt mit allen
Tatbestandsvoraussetzungen Anspruchsgrundlage
• Erhebung
– Schriftlich: Selbst oder Rechtsantragsstelle
– Rechtsanwalt, ggf. Prozesskostenhilfe bei
• Bedürftigkeit
• Hinreichenden Erfolgsaussichten
• Hinweis an anwaltlich nicht vertretenen Partei
auf Prozesskostenhilfe, § 11 a Abs. 1 ArbGG
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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536
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Vortrags- und Beweislast
• Meist ist der Sachverhalt zwischen den
Beteiligten „streitig“.
• im Prozess Muss jeder die Voraussetzungen
seiner Kündigung / seines Anspruchs
– substantiiert vortragen und
– bei Bestreiten beweisen
• durch Urkunden, Zeugen & Sachverständige
• Falsche Angaben auf Lohnabrechnungen sind
kein Anerkenntnis
• Arbeitsrecht: Bei konkreten Behauptungen
des Arbeitnehmers muss Arbeitgeber die
Rechtfertigungsgründe widerlegen
• Häufig für Prozessausgang entscheidend!
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 15
Abgestufte Vortrags-& Beweislast
Am Beispiel „Betriebsbedingte Kündigung“ § 1 II 2:
• Arbeitgeber:
• Dringende betriebliche Gründe & Sozialauswahl
• Freie Arbeitsplätzen, wenn Leiharbeitnehmer
eingesetzt:
BAG 15.12.2011 - 2 AZR 42/10
– Nicht nur vorrübergehend bei Belastungsspitzten, sondern
– Einsatz auf Arbeitsplatz mit ständig vorhandenem, nicht
schwankenden Sockelarbeitsvolumen
• Arbeitnehmer:
– Keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit die
AG und AN objektiv möglich ist
– Muss konkret darlegen, wie er sich diese vorstellt.
• Erst dann muss AG eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine Umsetzung nicht möglich war.
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Fall: Befristung bei Betriebsrat
Frau Ber war vom 1.5.2007 bis 31.12.2008 bei
der Bundesagentur für Arbeit befristet gem. §
14 I Nr.1 TzBfG als Arbeitsvermittlerin tätig. Vom
1.1.2009 bis 31.12.2010 war sie sachgrundlos
befristet für den Kreis W in der ARGE tätig. Ihr
Arbeitsplatz änderte sich nicht. blieb BR mit
den 3. - meisten Stimmen in den in den 5 –
köpfigen Betriebsrat gewählt. Am 15.01.2012
erhebt BR Entfristungs- Klage auf Feststellung,
dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht.
Hat die Entfristungsklage Erfolg?
BAG 04.12.2013 – 7 AZR 290/12 und 25.06.2014 - 7 AZR 847/12
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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539
Arbeitsrecht im Betrieb 13 S
Lösung: Befristung bei Betriebsrat
1. Befristungskontrollklage: Befristung bis 2 Jahre
ist wirksam, § 14 II TzBefG. Die
Vorbeschäftigung bei der Bundesanstalt =
anderer Arbeitgeber steht nicht entgegen.
2. Anspruch auf Abschluss eines Anschlussarbeitsvertrages, sofern Grund der Verweigerung im
Betriebsratsamt liegt: Benachteiligungsverbot,
§ 78 Abs. 2 BetrVG
Beweislast:
a) Für unzulässige Benachteiligung trägt grds.
der Arbeitnehmer
b) BAG: Legt AN aber Indizien dar, die für eine
Benachteiligung sprechen, muss AG sich hierauf
konkret einlassen und die Indizien ggf. entkräften
(sekundäre Darlegungs- & Beweislast)
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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540
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Bezahlung Überstunden: Darlegungs+ Beweislast des Arbeitnehmers
• Vereinbarung o. „Vergütungserwartung“ des AN im
Normalarbeitsverhältnis nach der Verkehrssitte
BAG 27.06.2012 – 5 AZR 530/11
• Konkretisierung der
– Arbeitszeiten: Beginn und Ende angeben
– erbrachten Arbeitsleistungen: Allgemein beschreiben
• AG muss sich Mehrarbeit nicht aufdrängen lassen:
• Anordnung :
Konkludent:
• Duldung:
Billigung:
Wer, wann, auf welche Weise ausdrücklich
Arbeit nur durch Überstunden zu bewältigen
Hinnahme ohne Vorkehrung zum Abstellen
Nachträgliche Einverständnis,
z.B. abzeichnen Stundenaufstellung
Nicht bei Recht zu privaten Verrichtungen in Arbeitszeit
BAG 14.04.2013 – 5 AZR 122/12 ; 20.06.2013 – 5 AZR 271/12
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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541
Arbeitsrecht im Betrieb 13
Wegfall Hierarchieebene Vortragslast AG
• Unternehmerische Entscheidung: Überprüfung ArbG
– Nicht auf sachliche Rechtfertigung o. Zweckmäßigkeit
– Nur ob offensichtl. unsachlich, unvernünftig o. willkürlich
• Organisationsentscheidung & Kündigungsentschluss
deckungsgleich: AG muss Entscheidung verdeutlichen
– organisatorischer Durchführung
– zeitlicher Nachhaltigkeit
• Abbau Hierarchieebene o. Streichung ein Arbeitsplatz
– Darstellung der Auswirkungen der unternehmerischen
Vorgaben + Planungen auf das erwartete
Arbeitsvolumen Anhand einer schlüssigen Prognose
– Angabe, wie die anfallenden Arbeiten vom
verbliebenen Personal im Rahmen ihrer
vertragsmäßigen Leistungen erledigt werden können.
BAG 24.05.2012 - 2 AZR 124/11
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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542
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Klausur- Aufbau: Anspruch A gegen B
• Gutachten: Anspruchsgrundlage
Prüfung Tatbestandsvoraussetzungen
„B könnte A gem. § 823 BGB zur Zahlung von
Schadensersatz verpflichtet sein.“
– B hat A verletzt
– B könnte gerechtfertigt sein.
– B müsste schuldhaft gehandelt haben.
• Urteil:
– Ergebnis vorweg
– Begründung: Aufbau wie Gutachten, jedoch
„B handelte auch rechtswidrig.“
Arbeitsrecht im Betrieb, Sommersemester 2015
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543
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Arbeitsgerichtsgesetz:
Arbeitsgerichte:
• Güteverhandlung: Vorsitzender - allein
• Kammersitzung:
- mit zwei Schöffen
- Laien Arbeitgeber + Arbeitnehmer
Berufung zum Landesarbeitsgericht:
Tatsachen- + Rechtsinstanz
Vertretung durch Rechtsanwalt
Revision zum Bundesarbeitsgericht:
Nur Rechtsfragen
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544
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Arbeitsgerichte: Verfahrensarten
1. Urteilsverfahren, §§ 2, 46 ArbGG:
a) Klagen aus Arbeitsverträgen auf Leistung, insbes.
Zahlung oder Wirksamkeit einer Kündigung
b) Örtliche Zuständigkeit: Gewöhnlicher Arbeitsort
c) 1. Instanz: Jeder trägt seine Kosten selbst, § 12 a
d) Verfahren: Güteverhandlung & Kammersitzung
2. Beschlussverfahren, §§ 2a, 80 ArbGG:
a) Betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten
b) Amtsermittlung, § 83 ArbGG
3. Einstweilige Verfügung:
a)Verfügungsanspruch
b)Verfügungsgrund: Endgültiger Rechtsverlust droht
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545
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Kündigungsschutzprozess
• Kündigungsschutzklage: Hemmung
– Hemmung der Verfallfrist für davon abhängige
Lohnansprüche bis rkr. Entscheidung
– Nicht jedoch der Verjährungsfrist, BAG 2014
• Urteil: Bei Unwirksamkeit der Kündigung
– Annahmeverzug des Arbeitgebers, § 615 BGB:
schuldet Lohnzahlung ohne Arbeit
• Vergleich:
– Beendigung Arbeitsverhältnis
– Abfindung AN für Verlust des sozialen Besitzstandes,
§§ 9, 10 KSchG:
Faustformel: Pro Jahr Betriebszugehörigkeit
0,5 Monatsgehalt
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546
Arbeitsrecht im Betrieb 15
Anfechtung Prozessvergleich
Kündigung+ Abfindungsvergleich 8. Juni 2009 55.000 €.
Insolvenzantrag AG 9. Juni 2009 AG zahlt nicht. AN ficht
Vergleich an.
Ist das Arbeitsverhältnis wirksam beendet?
1. Rechtsnatur Prozessvergleich
2. Nichtigkeit gem. §§ 134, 138 BGB
3. Anfechtung:
a) Erklärungs- oder Inhaltsirrtum
b) arglistige Täuschung, § 123 BGB: Bei Kenntnis von
der Vorbereitung des Insolvenzantrages
4. Wesentliche Änderung der Geschäftsgrundlage, § 313
BGB
BAG 11.07.2012 - 2 AZR 42/11
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Arbeitsrecht im Betrieb 15
Rechtskraft
• Endgültigkeit richterlicher Entscheidungen
Ziel: Rechtsfrieden und Rechtssicherheit
• Urteile sind abschließend und endgültig
– zwischen den Parteien
– im Hinblick auf Streitgegenstand
• Streitgegenstand: Sozialwirksamkeit einer
„ordentlichen betriebsbedingten
Kündigung“:
Verbot einer Wiederholungskündigung bei
identischem Kündigungssachverhalt
BAG 20.12.2012 – 2 AZR 867/11
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Arbeitsrecht im Betrieb 15
Arbeitnehmerähnliche Personen:
• Arbeitsrechtliche Bestimmungen grds.
nicht anwendbar
• Ausnahmen:
– § 5 ArbGG:
– § 2 BUrlG:
Rechtsweg ArbeitsG
Urlaubsanspruch
Leitende Angestellte
• Betriebsverfassung: Sprecherausschussgesetz
• Tarifrecht, § 12 a TVG:
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Arbeitsrecht im Betrieb 15
Geschäftsführer Sozialversicherung
Grundsatz: Der Geschäftsführer einer GmbH ist
bei der von ihm vertretenen GmbH abhängig
beschäftigt.
Ausnahmen:
• Gesellschafterstellung:
– Mehrheit , 50 % oder Sperrminorität in allen
wesentlichen Angelegenheiten
– Alleinige Fachkompetenz
– Risiko wie selbständiger Gewerbetreibender, z.B.
Gesellschafterdarlehen / Bürgschaft
• Handhabung wie Arbeitsverhältnis:
– Arbeitszeiten
– Urlaub: Absprache / Festlegung
– Lohnfortzahlung bei Krankheit
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Arbeitsrecht im Betrieb 15
GmbH-Geschäftsführer: Rechtsweg für Kündigungsschutzklage
1. Geschäftsführer in Doppelfunktion als :
- Organ: Geschäftsführer Kraft Bestellung
durch Gesellschafterversammlung:
- Dienstverhältnis + -vertrag
Rechtsweg: Landgericht
2. Außerhalb Zeiten der Bestellung zum
Geschäftsführer: Arbeitsgericht
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Arbeitsrecht im Betrieb 15
Rechtsmittel-Sozialgerichtsgesetz
• Bescheid LVR: mit Rechtsmittelbelehrung
• Widerspruch binnen eines Monats, §§ 83 ff SGG
• Durch Arbeitgeber gegen Ablehnung
Behinderten gegen Zustimmung
• Keine aufschiebende Wirkung, § 88 IV SGB IX:
– Bei Zustimmung Kündigung
– ggf. Kündigungsschutzprozess parallel
• Widerspruchsbescheid
• (Anfechtungs-) Klage zum Sozialgericht:
• Jeweils Innerhalb Monatsfrist
• Berufung
zum Landessozialgericht
• Revision
zum Bundessozialgericht (Kassel)
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