ppt - Hertig

Download Report

Transcript ppt - Hertig

Grundzüge des Rechts für Bauwissenschaften und Architektur
An Introduction to Law
Unerlaubte Handlung
Torts
Gérard Hertig (ETH Zurich)
Herbst 2012
Inhaltsverzeichnis
Course Outline
1. Zusammenfassung: Vertragserfüllung
2. Recht und Risikoallokation
3. Haftung für Vorsatz und Fahrlässigkeit
4. Kausalhaftung
08.10.2012
G. Hertig
2
1.
Zusammenfassung:
Vertragserfüllung
• Vertragsverletzung
– Nichterfüllung
– Wesentliche Veränderung der Umstände
• Erfüllungsanspruch
– Erfüllungsklagen
– Erfüllungszwang
• Verlangen von Schadenersatz
– Schuld
– Erfüllungsinteresse und Vertrauensschaden
• Auflösung des Vertrages
– Verzug
– Hauptpflicht
08.10.2012
G. Hertig
3
2. Recht und Risikoallokation
Law and Allocating Risk
• Unübersehbare Masse von Schadenereignissen,
unabhängig von Vertragsverletzungen
Large range of harmful occurrences beyond breach of contract
• Verletzung von Gesundheit, Eigentum, Ruf, usw.
Harm to health, property, reputation, etc.
• Wer kann am Besten verhindern oder ertragen ?
Who is best placed to prevent or bear?
08.10.2012
G. Hertig
4
Gesetzliche Grundstruktur
Basic Regulatory Structure
• Das Rechtsgut einer Person wird geschädigt
One person suffers harm
• Das Tun oder nicht Tun einer anderen Person hat
den Schaden herbeigeführt
Another person’s act or failure to act caused the harm
• Das Tun oder nicht Tun verletzt eine Pflicht
Acting or failing to do so is a breach of a duty
08.10.2012
G. Hertig
5
Gesetzliche Grundstruktur: Beispiele
Basic Regulatory Structure: Examples
• Beispiel 1:
• Beispiel 2:
• Beispiel 3:
08.10.2012
Ein Fussgänger verkratzt
die Tür eines parkierten
Wagens
Ein Boxer verletzt einen
Zuschauer
Ein Feuerwehrmann
bewundert ein brennendes
Haus anstatt das Feuer zu
löschen
G. Hertig
6
Strategien der Gesetzgeber
Regulatory Strategies
• UK/U.S. : Mehrere einzelne Tatbestände
Multiple specific torts
• D : Begrenzte Zahl von Deliktstatbeständen
Limited number of torts
• CH/F : Generalklausel
General clause
• Gleiche Fälle sind problematisch
Same situations are problematical
• Deutscher Rechtskreis: eher Schädiger freundlich?
German-speaking area: More favorable to harm doer?
08.10.2012
G. Hertig
7
3. Haftung für Vorsatz und Fahrlässigkeit (Torts)
a) Rechtswidrigkeit (Widerrechtlichkeit)
Unlawfulness
b) Vorsatz oder Fahrlässigkeit
Intent or Negligence
c) Adäquater Kausalzusammenhang
Adequate Causal Connection
d) Schadenersatz
Damages
08.10.2012
G. Hertig
8
a. Rechtswidrigkeit (Widerrechtlichkeit)
Unlawfulness
• Verstoss gegen eine allgemeine gesetzliche Pflicht
Infringing a duty imbedded in law
• Absolute Rechte
Rights protected erga omnes
Beispiel: Körperliche Integrität, Persönlichkeitsrechte, dingliche Rechte
• Schutznorm (Erfolgsunrecht) / Schutzpflicht (Verhaltensunrecht)
Statute designed to protect the victim
– Beispiel Strafrecht:
Betrug ↔ Spionage
– Beispiel Verwaltungsrecht:
Verkehrsregel ↔ Ordnungsfrist
– Beispiel Privatrecht:
Unlautere Werbung ↔
Vertragsverletzung
– Beispiel Berufspflicht:
Leistungsdestinatäre einer
Anlageinformation (Fall 1) ↔ Dritte
– Beispiel Pflicht zum Handeln:
Bananenschale liegt am Boden (Fall 2)
08.10.2012
G. Hertig
9
Fall 1: Berufspflichten
•
A beabsichtigte mit B ein Handelsgeschäft über Textilien zu tätigen. Er beauftragte
die Bank C bei der Bank D eine Kreditauskunft über B einzuholen.
•
Die Bank C ersuchte am 3. April 2012 die Bank D um Auskunft über die allgemeinen
Verhältnisse des B und darüber, ob dieser für Warenverbindlichkeiten von Euro
300'000 bis 500'000 gut sei.
•
Die Bank D teilte die aus dem Handelsregister ersichtlichen Angaben mit und fügte
bei:
– Mit der angefragten Gesellschaft stehen wir seit einigen Jahren in
Geschäftsverbindung. Das Konto wurde bisher nur auf Guthabenbasis geführt,
so dass wir keine Veranlassung hatten, näheren Einblick in die
Vermögensverhältnisse zu nehmen.
– Unseres Wissens soll in Deutschland Immobilienbesitz vorhanden sein, der nur
teilweise belastet sein soll. Etwas Nachteiliges ist uns nicht bekannt. Eine
Geschäftsverbindung kann empfohlen werden.
•
Aufgrund dieser Auskünfte schloss A mit B einen Vertrag über Textillieferungen ab.
•
Am 7. Juli 2012 fiel die Firma B. in Konkurs. In der Folge ergab sich, dass diese
Gesellschaft für größere betrügerische Machenschaften missbraucht worden war.
•
A klagt gegen die Bank D auf Zahlung von Euro 318‚000.
08.10.2012
G. Hertig
10
Beurteilung (siehe auch BGE 111 II 471 – 1948)
•
Wer über Verhältnisse befragt wird, in die er Kraft seiner Stellung besonderen
Einblick besitzt, hat - wenn er sich überhaupt auf eine Antwort einlässt wahrheitsgetreu Auskunft zu geben (sofern für ihn erkennbar ist, dass diese für den
Adressaten voraussichtlich folgenschwere Bedeutung hat oder haben kann).
•
Der Angefragte handelt nicht bloss dann widerrechtlich, wenn er wider besseres
Wissen oder leichtfertig unrichtige positive Angaben macht, sondern ebenso, wenn
er Tatsachen verschweigt, die ihm bekannt sind und von denen er sich sagen muss,
dass ihre Kenntnis den in Frage stehenden Entschluss beeinflussen.
•
Eine Bank ist aus der Sicht des Publikums zur Auskunft über ihre Kunden qualifiziert.
Das gilt in besonderem Mass dort, wo ein Geschäftspartner dem andern seine
Bankverbindung als Referenz angibt. Dass die Bank D keinen Einblick in die
Vermögensverhältnisse der Firma B gehabt haben will, ändert an dieser
Vertrauensstellung an sich nichts.
•
Die Bank D musste damit rechnen, dass A sich auf die Auskunft verlassen werde.
Wollte sie das vermeiden, so musste sie in ihrer Antwort klar zum Ausdruck bringen,
dass der Auskunft eine solche Bedeutung nicht beigemessen werden dürfe.
08.10.2012
G. Hertig
11
Fall 2: Gefahrensatz
•
•
•
•
•
•
•
A beauftragte B Wandschränke zum Hause Cs zu führen. A schickte auf die Fahrt zwei
seiner Arbeiter mit, D und E, und wies sie an, das transportierte Material am
Bestimmungsort abzuladen und in das Haus zu tragen.
D und E wollten einen 1,94 m hohen, etwa 60 cm breiten und rund 40 kg schweren
Schrank in das Kinderzimmer tragen.
Unterwegs stellten sie fest, dass er sich, so wie sie ihn hielten, nicht genügend
abdrehen liess, um in das Zimmer zu gelangen.
Sie gingen daher zurück, um die Beförderung anders zu versuchen. Dabei trat E im
Windfang rückwärts gehend, zu stark nach links und fiel die Kellertreppe hinunter,
wobei er sich am Schädel schwer verletzte.
F und H, die am Hause Cs Maurerarbeiten ausführten, hatten den Windfang gegen
die Kellertreppe hin durch zwei Pfosten und eine Längslatte gesichert.
M hatte später diese Abschrankung zwecks Ausführung von Gipserarbeiten entfernt,
will sie aber wieder angebracht haben. Nachher musste sie auch vom Bodenleger
zum Anbringen des Unterlagsbodens weggenommen werden.
Am Tag des Unglückes fehlte sie, ohne dass feststände, an welchem Tage und durch
wen
sie
entfernt
und
nicht
wieder
angebracht
worden
war.
08.10.2012
G. Hertig
12
Beurteilung (siehe auch BGE 95 II 93 - 1969)
• Der Sturz des Klägers wurde durch das Fehlen einer provisorischen
Abschrankung zwischen dem noch offenen Kellerhals und dem Windfang
mitverursacht.
• Dieser Zustand des unfertigen Gebäudes schuf für Personen, die in ihm zu
arbeiten oder ein- und auszugehen hatten, eine Gefahr für Leib und Leben.
• Wer für andere eine solche Gefahr schafft, ist verpflichtet, die zur
Vermeidung eines Schadens erforderlichen Massnahmen zu treffen.
• Im vorliegenden Falle kommt dazu, dass gemäss Art. 9 der Verordnung des
Bundesrates betreffend Verhütung von Unfällen bei Hochbauarbeiten,
Fussboden- und Wandöffnungen für Aufgänge jeder Art entweder in solider
Weise abzudecken oder mit starkem Schutzgeländer und Bordbrett zu
umgeben sind.
08.10.2012
G. Hertig
13
Rechtfertigungsgründe
Defenses and Privileges
• Einwilligung des Geschädigten
Consent of the victim
• Notwehr & Selbsthilfe
Self-Defense & Defense of Third Party
• Ausübung hoheitlicher Gewalt
State Privileges
*****************************
• Muss verhältnismäßig sein
Must be reasonable
08.10.2012
G. Hertig
14
Rechtfertigungsgründe : Beispiele
Defenses and Privileges : Examples
• Beispiel Einwilligung:
• Beispiel Notwehr:
• Beispiel hoheitlicher Gewalt:
• Beispiele Verhältnismäßigkeit:
08.10.2012
G. Hertig
Verletzung während eines
Fußballspieles, bzw. beim
Boxen
Verletzung eines Angreifers
Verletzung durch Polizist
während eines Krawalls
Gewehr gegen Messer
Einwilligung betreffend
risikoreiche ärztliche
Behandlung
15
b. Fahrlässigkeit
Negligence
• CH/D : Rechtswidrig und fahrlässig
Unlawful and negligent
UK/U.S.: Pflicht zu sorgfältigem Verhalten
gegenüber dem Geschädigten
Breach of the duty of care owned to the victim
08.10.2012
G. Hertig
16
Sorgfaltspflicht vs. Rechtswidrigkeit/Fahrlässigkeit
Duty of Care vs. Unlawfulness/Negligence
• Bestimmung/Pflicht schützt den Betroffenen
Provision/duty protecting the victim
• CH/D:
Abgrenzung Rechtswidrigkeit/Fahrlässigkeit ist unklar
Distinction Unlawful/Negligent is disputed
UK/US:
Vernünftiger Mensch von durchschnittlicher Urteilskraft
General duty of reasonable care = Reasonable person of ordinary prudence
(especially for risk taking, exposing others to unreasonable risks)
08.10.2012
G. Hertig
17
c. Adäquater Kausalzusammenhang
Adequate Causal Connection
• Conditio sine qua non + Wertungskriterien
– Ursache: Verhalten (Handeln/Unterlassen) → Schaden
Behavior (doing or failing to act) → Damage
– Adäquanz: Juristische, nicht naturwissenschaftliche Bewertung
Law, not natural sciences, defines adequate causality
• CH :
Gemäß gewöhnlichem Lauf der Dinge und der
allgemeinen Lebenserfahrung
Things as they normally happen in light of past experience
– Rolle der Risikoerhöhung
Risk faced by victim must be increased
– Großzügige Gerichte?
Are courts pro-victim?
• D:
Vom Schutzzweck der verletzten Norm gedeckt
Within the protective scope of the infringed rule
• UK/US : Schadensfolge ist nicht zu weit entfernt
“Proximate cause” of the harm (foreseeable)
08.10.2012
G. Hertig
18
Beispiele
Examples
• Beispiel CH/D :
Passant wird wegen mangelhafter Installation
des Bauplatzes verletzt
• Beispiel UK/US:
Feuer bleibt nicht auf ein Haus beschränkt
08.10.2012
G. Hertig
19
Unterbrechung des Kausalzusammenhangs
Interference
• Höhere Gewalt
Unforeseeable and unavoidable events
Beispiele: Unwetter in den Bergen, Lawine (Fall 3)
• Selbstverschulden
Own fault
Beispiel: Fußgänger rennt vor fahrendes Auto
Sprungturm mit seichtem Wasser
• Drittverschulden
Third party intervention
Beispiel: Mangelnde therapeutische Aufklärung,
Kind wird nicht ins Spital gebracht
• Wertende Betrachtung
Value judgments
08.10.2012
G. Hertig
20
Fall 3: Höhere Gewalt
(siehe auch BGE 80 II 216 - 1954)
• Lawinen, die im Januar 1951 in der Val Susauna niedergingen,
zogen u.a. die Grundstücke in Mitleidenschaft, die A dort
besitzt. Haus und Stall wurden beschädigt und die Wiesen
teilweise mit Schneemassen, Steinen, Schutt und Holz
überdeckt. Dieses stammte aus den von den Lawinen
durchquerten Gemeindewäldern.
• A hat keinen Anspruch aus unerlaubte Handlung. Die
Gemeinde hat:
– Den Niedergang der Lawinen nicht verschuldet hat.
– Ihre Eigentumsrecht
überschritten.
als
Waldeigentümering
nicht
• Ursache dieses Schadens ist vielmehr höhere Gewalt, für
welche die Gemeinde nicht einzustehen hat.
08.10.2012
G. Hertig
21
d. Schadenersatz : Schadensbegriff
Damages : Definition
• Grundsatz: Unfreiwillige Vermögensverminderung (= ökonomisch Messbar)
Core: Involuntary decrease in net assets
• Differenztheorie (vgl. Vertrauensschaden) (CH)
What if not (cp. reliance damages)
• Vermögen ≠ : gegenwärtiges / ohne schädigendes Ergebnis
Net assets ≠ : current / without damaging event
• Nichtvermögensschäden → Genugtuungsanspruch
Non-pecuniary damage → Pain and suffering money
Beispiel: Spitalkosten und körperliche Schmerzen, Feriengenuss (Fall 4)
• Abstrakter Verlust (D/~CH): Nutzungsausfall
Potential use: Economic approach
Beispiele: Nicht verfügbares Ferienhaus (D), Pflege durch die Familie (CH, Fall 5)
• Entgangene Chance (F/CH?): Wahrscheinlichkeit → Ursache? Adäquanz?
Lost opportunity
Beispiele: Heilungschancen (25%?, 75%?), Wettbewerbschancen, Prozesschancen
• Strafgeld (UK, USA/CH??)
Punitive damages
Beispiele: U.S. Staaten (due process), antitrust (treble damages), IP statutes
08.10.2012
G. Hertig
22
Fall 4 : Entgangener Feriengenuss
(siehe auch BGE 115 II 156 und 474 - 1989)
• A, der in einem Autounfall verletzt worden ist und 6. Monate zu
Hause bleiben muss, will aus entgangenem Feriengenuss Ansprüche
auf Schadenersatz ableiten.
• Schaden im Rechtssinne besteht in einer Verminderung der Aktiven,
einer Vermehrung der Passiven oder in entgangenem Gewinn.
• Beeinträchtigungen, welche bloss eine Erwartung enttäuschen
stellen keinen solchen Schaden.
• Mit der Genugtuung kann allenfalls einen Ausgleich für erlittene
Unbill erreicht werden, indem das Wohlbefinden anderweitig
gesteigert oder dessen Beeinträchtigung erträglicher gestaltet wird.
• Ob und in welcher Höhe Genugtuung zuzusprechen ist, hängt
demnach entscheidend von der Schwere der Unbill und der Aussicht
ab, dass die Zahlung eines Geldbetrags den körperlichen oder
seelischen Schmerz spürbar lindern wird.
08.10.2012
G. Hertig
23
Fall 5 : Haushalttätigkeit
(siehe auch BGE 132 III 321 - 2006)
• Im September 2000 prallte A mit seinem Personenwagen im von
Frau X gelenkten Fahrzeuges. Der Unfall hatte eine vollständige
Erwerbsunfähigkeit und eine 50% Einschränkung bei der
Haushaltstätigkeit zur Folge.
• Der Schaden aus eingeschränkter Fähigkeit wird nicht bloss
ersetzt, wenn konkret Kosten für Haushalthilfen erwachsen.
• Auszugleichen ist der wirtschaftliche Wertverlust, der durch die
Beeinträchtigung entstanden ist, und zwar unabhängig davon, ob
diese zur Anstellung einer Ersatzkraft, zu vermehrtem Aufwand
der Teilinvaliden, zu zusätzlicher Beanspruchung der Angehörigen
oder zur Hinnahme von Qualitätsverlusten führt.
• Den für die Erledigung des Haushalts erforderlichen Aufwand
kann das Sachgericht entweder ausschliesslich gestützt auf
statistische Daten festlegen oder konkret ermitteln
08.10.2012
G. Hertig
24
Schadensbemessung und -herabsetzung
Calculating and mitigating damages
• Ermessen der Gerichte / Judicial discretion
• Proportionalität: Verschulden – Haftpflicht / Fault - liability relationship
– Kleine Ursache → sehr grossen Schaden / Small leak, dramatic consequences
– Leichte Fahrlässigkeit: / Small violation of duty of care
– Mittelschweres/schweres Verschulden:  / Medium/gross negligence and intent
• ‚Ungültige‘ Einwilligung / „Invalid“ consent
– Unwirksame Einwilligung / Consent is illegal or immoral
– Selbst eingegangene Risiken / Engaging in risky activities
Beispiel: Verstoss gegen Sportregeln (leicht  /grob )
• „Leichtes“ Mitverschulden des Geschädigten / „Limited“ own fault
– Mitverursacher / Contributory negligence
– Vergrösserung eines entstandenen Schadens
Increasing/failing to decrease an existing damage
Beispiele: Essen vor einer Operation, Feuerwehr nicht sofort anrufen, Fall 6, Fall 7
08.10.2012
G. Hertig
25
Fall 6 : Bezahlung des Todesfallkapitals
• Am Abend des 11. August 1993 erlitt X. einen Autounfall und
wurde per Helikopter in ein Spital eingeliefert.
• Entgegen ärztlicher Empfehlung zur stationären Überwachung
und nach Unterzeichnung der Bescheinigung, dass "er auf die
möglichen medizinischen und rechtlichen Folgen des vorzeitigen
Austrittes aufmerksam gemacht worden ist, sowie auf mögliche
lebensbedrohliche Komplikationen", verliess X. gleichentags das
Spital und reiste mit dem Taxi in seine Ferienwohnung.
• In der Nacht vom 12. auf den 13. August 1993 verstarb X.,
nachdem er am Abend noch über starke Schmerzen im ThoraxBereich geklagt hatte.
• Das Handelsgericht ist von einer eher bewussten Fahrlässigkeit
ausgegangen und hat das Verschulden den gezeigten Umständen
nach weder als leicht noch als schwer eingestuft.
08.10.2012
G. Hertig
26
Beurteilung
(siehe auch BGE 128 III 34 - 2001)
• Die handelsgerichtliche Leistungsbemessung, die auf gerichtlichem
Ermessen beruht ist nicht zu beanstanden.
• Insbesondere wäre dem Versicherten der kurze Spitalaufenthalt
lediglich zur Überwachung nach einem schweren Unfall ohne weiteres
zumutbar gewesen
• Eine eigentliche Behandlung oder gar Operation, die unter bestimmten
Voraussetzungen ebenfalls als zumutbar erscheinen können, haben in
jenem Zeitpunkt überhaupt nicht zur Diskussion gestanden
• Auf Grund der äusseren Umstände (Frontalkollision bei rund 100 km/h)
und
der
persönlichen
Verhältnisse
(Alter,
Sachverstand,
Urteilsfähigkeit) durfte das Verhalten des Versicherten als
grobfahrlässig eingestuft werden.
• Wird ferner einbezogen, wie wenig von ihm erwartet worden wäre und
was er nach dem Unfall getan hat, so erscheint das Vorgehen des
Versicherten als unverständlich.
• Diesem Verschulden ist eine Leistungskürzung von fünfzig Prozent
nicht unangemessen.
08.10.2012
G. Hertig
27
Fall 7: Verlust eines anvertrauten Koffers
• A buchte im August 1999 eine viertägige "Musik-Kreuzfahrt auf der
Mosel".
• Die Reisegruppe fuhr am 21. Oktober 1999 mit der Eisenbahn nach
Koblenz. Dort wurde das Gepäck auf einen Handwagen geladen.
Die Reisenden begleiteten diesen Wagen bis zum wartenden Bus,
wo das Gepäck eingeladen wurde, und führten mit dem Bus eine
kurze Stadtrundfahrt durch.
• In der Zwischenzeit fuhr der Bus direkt zur Anlegestelle des Schiffes,
wo das Gepäck von Angestellten des Schifffahrtsbetriebs in die
Kabinen der Reisenden gebracht werden sollte.
• Rund zehn Minuten nach dem Bezug der Kabinen teilte A mit, sein
Koffer, in dem sich nach deren Angaben Kleider und Schmuck im
Wert von mehr als Fr. 100'000.- befunden hätten, sei gestohlen
worden.
• Eine sofort eingeleitete Suche nach dem vermissten Gepäckstück
blieb erfolglos.
08.10.2012
G. Hertig
28
Beurteilung
(siehe auch BGE 130 III 182 - 2003)
• Die Vorinstanz hat kein Bundesrecht verletzt, indem sie in der
Unterlassung der Klägerin, den Beklagten über den Wert des
Kofferinhalts zu informieren, ein grobes Selbstverschulden sah.
• Die Klägerin sorgte nicht dafür, dass ihr Koffer anders als ein
gewöhnliches Reisegepäckstück behandelt werde, indem sie es
unterliess, den Beklagten auf den besonders hohen, für diesen
nicht erkennbaren Wert seines Inhalts aufmerksam zu machen.
• Damit hat sie die Ergreifung einer Vorsichtsmassnahme unterlassen,
die sich jedem vernünftigen Menschen in der gleichen Lage
aufdrängen muss.
• Die Vorinstanz hat ihr Ermessen in keiner Weise unrichtig ausgeübt,
indem sie die Haftung des Beklagten auf den Betrag reduzierte (Fr.
8'000), der dem üblichen Wert eines Koffers für die konkrete Reise
entspricht.
• Damit wird dem Gedanken Rechnung getragen, dass der Beklagte
nach Treu und Glauben nicht zu erwarten hatte, Gepäckstücke von
höherem Wert transportieren zu müssen.
08.10.2012
G. Hertig
29
4. Kausalhaftung
Other Types of Liability
a) Haftung für Leute/Einfache Kausalhaftungen
Liability for others
b) Strikte Haftung / Gefährdungshaftungen
Strict liability
08.10.2012
G. Hertig
30
Merkmale
Characteristics
• Gemeinsames Merkmal: Haftung setzt kein Verschulden voraus
Common characteristic: No fault liability
• Einfache Kausalhaftung / Liability for others
– Entlastungsbeweis / Exculpatory proof
– Familienoberhaupt und Geschäftsherr / Parents and employer
– Tierhalter und Werkeigentümer / Pet and building owner
• Gefährdungshaftung / Strict Liability
– Unabhängig von verwerflichem / sorgfaltswidrigem Verhalten
Beyond reprehensible / careless behavior
– Außergewöhnliche Risiken & Versicherung / Unusual risks & insurance
– Arbeitsplatz, Verkehr, Energie, Umwelt
Workplace, transportation, energy, environment
08.10.2012
G. Hertig
31
Haftpflicht des Familienoberhauptes
Head of Family Liability
• Hausgenosse / Household members
– Unmündig oder entmündigt / Minors and incapacitated
– Geistig schwach oder krank / Mentally challenged or ill
Beispiel: Eltern
• Verhalten der aufsichtsbedürftigen Person
Behavior of the person needing supervision
– Widerrechtlich / Unlawful
– Objektiv sorgfaltswidrig / Objectively careless
– Schaden / Damage
• Haftpflichtbefreiung / Liability exclusion
– Sorgfalt in der Beaufsichtigung / Care in supervision
– Konkrete Umstände des Einzelfalls / Case specificities
• Alter und geistige Reife des Hausgenossen
Age and mental development of the household member
• Örtliche Verhältnisse / Local environment
Beispiel: Luftgewehr wird samt Munition in einem abgeschlossenen
Kleiderschrank aufbewahrt
08.10.2012
G. Hertig
32
Werkeigentümerhaftung
Factory/Building owner liability
• Werk
– Stabil mit dem Boden verbunden / Stable link to the ground
– Künstliche Herstellung / Build by man
Beispiel: Gebäude; Skipisten?
• Haftung für mangelhaften Zustand
Liability for defective condition
– Zweckbestimmung des Werkes / Function
• Benutzerkreis: Familie, Publikum / Users: Family, public
• Vernünftige Benützung / Reasonable use
– Zumutbarkeit möglicher Sicherungsvorkehrungen
• Art und Grad der Gefährdung / Risk type and level
• Stand der Technik, Herstellung und Unterhalt
State of the art, production and maintenance
• Reine Sorgfalt befreit nicht von der Haftung
Being merely careful does not exclude liability
Beispiel: Treppen (vgl. Verkaufszentrum, Chalet und Klettersteig)
08.10.2012
G. Hertig
33
Haftung des Motorfahrzeughalters
Liability for car use
•
Halter / Responsible person
– Eigentum, Fahrzeugausweis, Lenker nicht entscheidend
Ownership, administrative registration or driver not decisive
– Person auf dessen Rechnung und Gefahr der Betrieb erfolgt + tatsächliche und
unmittelbare Verfügung
Person effectively bearing costs and risks of use + effective and immediate possession
Beispiel: Arbeitnehmer der über längere Zeit frei über das Geschäftsauto verfügen kann
•
Motorfahrzeug / Car
– Aus eigenem Antrieb / Own propulsion system
– Auf dem Erdboden / Operated on the ground
– Unabhängig von Schienen / No rails necessary
•
Haftung / Liability
– In Betrieb / In use
– Ersatzberechtigter : jeder Dritter, inklusiv Mitfahrer und Lenker
Plaintiff : Any third party, including passengers and driver
– Haftungsbefreiung: Höhere Gewalt, grobes Verschulden der Geschädigten oder
eines Dritten + kein Verschulden des Halters
Exclusion of liability: act of God, victim or third party is grossly negligent + responsible person not at fault
08.10.2012
G. Hertig
34
Umwelthaftung
Environmental Liability
• Inhaber von Betrieben/Anlagen, mit denen eine besondere Gefahr für die
Umwelt verbunden ist
Operators of facilities that bring a significant risk for the environment
– Wasser, Boden, Luftverschmutzung
Polluting water, earth or air
– Immissionen in Form von Staub, Lärm, Erschütterungen, Strahlen, etc.
Causing dust, noise, vibrations, radiations, etc.
• Haftungsbefreiung
Exclusion of liability
– Höhere Gewalt, grobes Verschulden der Geschädigten oder eines Dritten
Exclusion of liability: act of God, victim or third party is grossly negligent
– Kein Ausschluss der Haftung für Entwicklungsrisiken
No liability exclusion for development risks
• Geschädigter trägt die Beweislast betreffend Ursachlichkeit (CH, nicht D)
Victim has burden of proof regarding causation
08.10.2012
G. Hertig
35