ppt - Hertig

Download Report

Transcript ppt - Hertig

Grundzüge des Rechts

An Introduction to Law

Organisation der Verwaltungsbehörden

Administrative Organization

‚Skript‘:

Tschentscher/Lienhard 158-206

Herbst 2014

Inhaltsverzeichnis

Course Outline

1. Demokratische Ausgestaltung 2. Hierarchie und Dezentralisation 3. Zusammenarbeit und Amtshilfe 4. New Public Management 5. Kompetenzverteilung 6. Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

03.11.2014

G. Hertig 2

Zusammenfassung : Zivilprozessrecht

• • •

Zuständigkeit

– – Gerichte entscheiden ob sie zuständig sind Verklagt, wo man sein Wohnsitz/Sitz hat – Vereinbarung möglich

Anwendbares Recht

– Recht des engsten Zusammenhanges – Rechtswahl möglich

Anerkennung/Vollstreckbarkeit von Urteilen

- Rechtskraft - Keine Verfahrensrechtsverletzungen 03.11.2014

G. Hertig 3

1. Demokratische Ausgestaltung

Principal-Agent Issues

• • •

Parlamentarische Kontrolle

Monitoring by lawmakers

Beispiele: Geschäftsprüfungskommissionen, ad hoc Untersuchungskommissionen

Verwaltungs- und Finanzreferendum

Administrative and finance referenda

Beispiel: Öffentliche Werke und Ausgaben

Volkswahl der Mitglieder der Regierung/Beamten

Subjecting top officials to popular elections

Beispiele: CH Regierungsräte, USA/F/Stadt Präsidenten, Richter, Staatsanwälte 03.11.2014

G. Hertig 4

Transparenz und Bürgernähe

Transparency and Constituency Proximity

(Tschentscher/Lienhard 184-187)

• •

Erfordernis der Gesetzform

Requiring a legislative act

Beispiel: Beschränkung der Gesetzdelegation •

Öffentlichkeitsprinzip

Publicity of official acts

Beispiel: Amtliche Dokumente

Selbstverwaltung

Self-managing entities

Beispiel: Gemeinde 03.11.2014

G. Hertig 5

2. Hierarchie und Dezentralisation

Hierarchy and Decentralization (Tschentscher/Lienhard 159-167)

• •

Über-bzw. Unterordnungsverhältnis

Being/having a superior

Beispiel: Regierung, Militär

Zweck der Hierarchie

Why do we have hierarchies?

Leistungsfähigkeit

→ klare Regelung der Zuständigkeiten

Enhanced capabilities due to clear allocation of powers

Verminderung der Doppelspurigkeiten

/ Minimizing interferences ?

• • Effiziente Erledigung / Efficient implementation

Zuordnung der Verantwortung

/ Allocating responsibilities ?

Beispiel: BP oil spill, Strafveranstaltung Bochuz –

Koordination → Einheit der Verwaltung

Coordination

Informations- und Kontrollrechte der übergeordneten Behörden

Information and monitoring rights for superiors

Erleichterte parlamentarische Kontrolle

Facilitating monitoring by Parliament

03.11.2014

G. Hertig 6

Bundesverfassung

Art. 178 Bundesverwaltung

1. Der Bundesrat leitet die Bundesverwaltung. Er sorgt für ihre

zweckmässige Organisation

und eine

zielgerichtete Erfüllung der Aufgaben

.

2. Die Bundesverwaltung wird in

Departemente

gegliedert; jedem Departement steht ein Mitglied des Bundesrates vor.

3. Verwaltungsaufgaben können durch Gesetz Organisationen und Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts

übertragen

werden, die

ausserhalb

der Bundesverwaltung stehen.

03.11.2014

G. Hertig 7

Bundesverfassung

Art. 187 Weitere Aufgaben und Befugnisse

1. Der Bundesrat hat zudem folgende Aufgaben und Befugnisse: a. Er

beaufsichtigt

die Bundesverwaltung und die anderen Träger von Aufgaben des Bundes.

b. Er erstattet der Bundesversammlung regelmässig

Bericht

über seine Geschäftsführung sowie über den Zustand der Schweiz.

c. Er nimmt die

Wahlen

vor, die nicht einer anderen Behörde zustehen.

d. Er behandelt

Beschwerden

, soweit das Gesetz es vorsieht.

2. Das Gesetz kann dem Bundesrat weitere Aufgaben und Befugnisse übertragen.

03.11.2014

G. Hertig 8

Auswirkungen

Materialization

Dienstbefehle und Weisungen

Orders and instructions

Beispiel: Fall 1

Dienstaufsicht

Monitoring implementation

Beispiele: Besuch, Anzeige

Beschwerderecht des betroffenen Privaten

Right to challenge for concerned private parties

Beispiel: Verfügung

03.11.2014

G. Hertig 9

Fall 1: Anordnung

(siehe auch BGE 128 I 167 – 2002) • • • • • • • Parallel zur Durchführung des Weltwirtschaftsforums in Davos organisierte die Erklärung von Bern eine unabhängige internationale öffentliche Konferenz.

Besucher der Konferenz wurden durch die zum Schutz des Weltwirtschaftsforums eingesetzten Polizeikräfte kontrolliert und daran gehindert, zur Konferenz zu gelangen.

Die Erklärung von Bern erhob gegen den Einsatzbefehl Beschwerde.

Ein Einsatzbefehl enthält naturgemäss die von den politischen Behörden umschriebenen Richtlinien und setzt sie für den konkreten Einsatz mit Aufträgen an die Polizeikräfte und Anordnungen organisatorischer, personeller und materieller Natur um.

Ausgerichtet auf einen konkreten Einsatz wendet sich der Befehl daher typischerweise an die der Befehlsgewalt des Polizeikommandos unterstellten Polizeikräfte.

Er richtet sich nicht an die Bürger und umschreibt insbesondere deren Rechte und Pflichten nicht.

Insoweit ist die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte ausgeschlossen.

03.11.2014

G. Hertig 10

Sachliche Dezentralisation

Substantive Deconcentration

(Tschentscher/Lienhard 164-167)

Aufgabenerfüllung außerhalb der Zentralverwaltung

Allocating powers to independent agency

In der Regel, eine einzige Aufgabe

As a rule, one mission only

Beispiele: Wettbewerbskommission, Fall 2 •

Spezialisierung: Effizienz sowie Entlastung

Specialization: Efficiency and disburdening

Gewisse Selbständigkeit – Lockerung der Hierarchie

Autonomy – Monitoring at a distance

Minimierung der Interessenkonflikte?

Minimizing conflicts of interests?

03.11.2014

G. Hertig 11

Fall 2: Autonome Anstalt

(siehe auch BGE 105 Ib 348 - 1979) • • • • • Eine autonome Anstalt erfüllt eine öffentliche Aufgabe für ein Gemeinwesen (Staat oder andere öffentliche Körperschaft), das als Träger oder als Muttergemeinwesen bezeichnet wird. Sie hängt vom Träger ab, ohne seiner hierarchisch gegliederten Zentralverwaltung anzugehören.

Im Rahmen ihres Aufgabenbereichs weist die SNB zahlreiche Merkmale auf, die einer autonomen Anstalt zukommen.

Das Direktorium als oberste Verwaltungsbehörde der SNB wird durch den Bundesrat ernannt, der auch den grössten Teil der Bankräte wählt.

Daneben geniesst die SNB weitgehend einen autonomen Status. Sie gehört nicht der hierarchisch gegliederten Zentralverwaltung an. Auch kann die SNB bei Nichterneuerung des Notenprivilegs selber entscheiden, ob sie weiter bestehen oder sich auflösen will.

Zusammenfassend lässt sich gleichwohl festhalten, dass ihre Hauptaufgabe in der Besorgung eines Ausschnitts der Staatsverwaltung besteht, für die sie vom Verwaltungsapparat des Bundes unabhängig ausgestaltet worden ist.

03.11.2014

G. Hertig 12

03.11.2014

• •

Örtliche Dezentralisation

Territorial Deconcentration

Ohne Autonomie

/ Without Autonomy

Nebeneinander bestehende Behörden

Agents operating in parallel

Kenntnis der lokalen Verhältnisse

Knowledge of local state of affairs

Zugang zu staatlichen Stellen

Access to public services

Beispiele: Zoll- und Konkurskreise, kantonale Bezirke

Mit Autonomie

/ With autonomy

Beurteilungs- und Entscheidungsbefugnis → Selbständigkeit

Evaluation and decision discretion → Independence

Regionale Gegebenheiten, Bürgernähe

Regional conditions, proximity to citizen

Beispiele: Kantone, Gemeinde G. Hertig 13

3. Zusammenarbeit und Amtshilfe

Cooperation and administrative assistance (Tschentscher/Lienhard 169-170)

Ziel der Zusammenarbeit mit Privaten

Aim of cooperation with private parties

Fachwissen der Privaten

Private expertise

Akzeptanz der Verwaltungstätigkeit

Making administrative intervention palatable

Immer komplexer werdenden Staatsaufgaben, Zunehmende Rolle der Privaten?

Bigger roe for private parties as State interventions become more complex?

Wichtigste Formen der Zusammenarbeit

Main forms of cooperation

a.

b.

03.11.2014

Vertreter von Privaten in Beratungs-/Aufsichtsorganen

Private sector representation in advisory/supervisory bodies

Beispiele: AHV-Kommissionen, berufliche Vorsorge

Übertragung von öffentlichen Aufgaben auf Private

Allocating public tasks to private parties

Beispiele: Eisenbahnbetrieb, Abfallentsorgung, Sicherheitsprüfung G. Hertig 14

Zusammenarbeitsformen

Forms of cooperation

(Tschentscher/Lienhard 169-170)

c. Längerfristige, intensive Zusammenarbeit

Public Private Partnership

Beispiel: Realisierung eines Grossprojekts (Gotthard)

d. Mitwirkung bei Verfügungen / Abschluss von Verträgen

Collaboration in decision-making

Beispiele: Gesuch (Baubewilligung) oder Zustimmung (Dienstverhältnis) des Privaten

e.

f.

Mitwirkung in Verwaltungsverfahren

Collaboration in administrative procedures

Beispiele: Anhörung vor Erlass einer Verfügung

Informelle Kooperation mit Privaten

Informal cooperation with private parties

Beispiele: Freiwillige und formlose Leistungen 03.11.2014

G. Hertig 15

Fall 3: Verwaltungs- oder privatrechtlicher Vertrag

(siehe auch 134 II 297 – 2008) • • • • • • • Über das Mittel der öffentlichen Beschaffung soll einerseits das Gemeinwesen die benötigten Sachen und Dienstleistungen wirtschaftlich günstig einkaufen können und andererseits die Gleichbehandlung der Anbieter sowie die Transparenz des Auswahlverfahrens sichergestellt werden.

Das Gemeinwesen hat einen Vertrag abzuschliessen über die Erbringung der benötigten Dienstleistung bzw. die Lieferung der nachgesuchten Waren. Anbieter und Gemeinwesen treten dabei in der Regel auf dem Boden des Privatrechts gegenüber und schliessen einen privatrechtlichen Vertrag ab Je nach Inhalt kann die vom Zuschlagsempfänger zu erbringende Leistung aber auch Gegenstand einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung bilden.

Es ist im konkreten Fall zu prüfen, ob ein vom Gemeinwesen geschlossener Vertrag verwaltungsrechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist.

Ein

verwaltungsrechtlicher Vertrag

hat direkt die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe zum Inhalt oder betrifft einen im öffentlichen Recht geregelten Gegenstand, zum Beispiel eine Erschliessung, Enteignung oder Subvention.

Demgegenüber liegt eine

privatrechtliche Vereinbarung

vor, wenn sich der Staat durch Kauf, Werkvertrag oder Auftrag bloss die Hilfsmittel beschafft, derer er zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben bedarf.

Allerdings kann die Zuordnung eines Vertrags zum einen oder anderen Rechtsbereich im konkreten Einzelfall mit Schwierigkeiten verbunden sein, so dass gegebenenfalls beide Betrachtungsweisen zulässig erscheinen.

03.11.2014

G. Hertig 16

Amtshilfe

– – –

Administrative assistance

Bedeutung

Significance

Spezialisierung → Hilfe einer anderen Behörde ist erforderlich

Specialization Help from other entity needed to accomplish mission

Auf Ersuchen

Upon request

Außerhalb eines prozessrechtlich geregelten Verfahrens

Not within the scope of judicial procedures

Beispiel: Erhalten von Informationen • –

Amtshilfe in internationalen Verhältnissen

Role of judicial review in international relations

Souveränitätsvorbehalte

Sovereignty issues

Unabhängige Beurteilung?

Getting an independent opinion?

Beispiel: Steuerrelevante Datenübergabe 03.11.2014

G. Hertig 17

Schranken der Amtshilfe

Limits to administrative assistance

– – 03.11.2014

• •

Amtsgeheimnis / Duty not to disclose

Geheimnisvorbehalt und Öffentlichkeitsprinzip

Keeping secrets vs. accountability

Im Verhältnis zwischen verschiedenen Behörden?

Among different authorities?

Beispiel: Steuerbehörden • •

Datenschutz /

Data protection

Schutz natürlicher und juristischer Personen

Protecting individuals and legal entities

Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe im Einzelfall

Implementing an official task in a specific case

Beispiel: Flugverkehr, Fall 4 G. Hertig 18

Fall 4 : Krankenversicherung

(siehe auch BGE 133 V 359 - 2007) • • • • • • Die zu erbrachten Lasten der Leistungen wirtschaftlich sein.

obligatorischen müssen

Krankenpflegeversicherung

wirksam, zweckmässig und Der Krankenversicherer ist berechtigt und verpflichtet, zu überprüfen, ob die erbrachten Leistungen das

Wirtschaftlichkeitsgebot

respektieren.

Die Krankenversicherer gelten als Bundesorgane im Sinne des Bundesgesetzes über den Datenschutz.

Der Umfang der Auskunftspflicht entspricht was der Versicherer für die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit als notwendig erachtet .

Die Auskunftspflicht unterliegt freilich dem Verhältnismässigkeits-

prinzip.

Sie kann sich sowohl im Lichte des Datenschutzrechts als auch unter Berücksichtigung der administrativen Belastung für den Leistungserbringer nur auf Angaben erstrecken, die objektiv erforderlich und geeignet sind, um die Wirtschaftlichkeit der Leistungen überprüfen zu können.

03.11.2014

G. Hertig 19

4. Wirkungsorientierte Verwaltungsführung

New Public Management (Tschentscher/Lienhard 171-174)

• • •

Orientierung an messbaren Wirkungen

Targeting verifiable results

Nicht nur Input (‚Dienst nach Vorschrift‘)

Going beyond input (implementing regulation)

Output berücksichtigen = Effekte auf Privaten/Gesellschaft

Taking efficiency and distribution effects into account

Beispiel: Fall 5 Größerer Entscheidungsspielraum / –

Ziele angeben

Defining objectives

Having more discretion

Abbau der Dichte und Bestimmtheit von Rechtsnormen

Reducing the quantity and precision of legal provisions

Verantwortlichkeit: Leistungsauftrag und Berichtswesen

Responsibility: Contracting for results and controlling

Rechtssicherheit, Rechtsgleichheit und Demokratie

Legal uncertainty, equal treatment and democracy

03.11.2014

G. Hertig 20

Fall 5: Anreize

(siehe auch BGE 137 I 1 - 2011) • • • • • X. AG fragte wie viele Taggelder drei Handelsrichter in einem Verfahren erhalten hatten, welches mit Urteil vom 7. Mai 2008 abgeschlossen worden war.

Im Rahmen des Diskurses über die Anwendung von New Public Management in der Justiz wurde auf die grundsätzliche Problematik von Indikatoren zur Leistungsbeurteilung richterlicher Arbeit hingewiesen.

Denn anders als bei anderen staatlichen Leistungen (z.B. dem Strassenbau) entzieht sich das Resultat richterlicher Arbeit weigehend der Erfassung anhand von Indikatoren.

Es wird deshalb gefordert, dass an die Stelle der Beurteilung des Resultats die Beurteilung des Wegs zu diesem Resultat zu treten habe, das heisst die Korrektheit des Verfahrens und die Sachlichkeit der Begründung.

Der Zeitfaktor erweist sich als besonders problematischer Indikator, ist doch beispielsweise die Zahl der während eines bestimmten Zeitraums instruierten Fälle hinsichtlich der Qualität der richterlichen Arbeit nur sehr beschränkt aussagekräftig.

Mit der Bekanntgabe der Anzahl Taggelder würden die Parteien und letztlich die Öffentlichkeit erfahren, wie viel Zeit ein Richter in einen Fall investiert hat. Dadurch würden seine Arbeitsweise und damit auch der Ausgang eines Verfahrens durch prozessfremde Elemente beeinflusst und die Unabhängigkeit des Gerichts in Frage gestellt 03.11.2014

G. Hertig 21

03.11.2014

5. Kompetenzverteilung

Allocating Powers

• •

Zentralverwaltung

– – /

Central administration

Wichtige Geschäfte: Regierung /

Core decisions: Government

Departemente /

Ministries

Federalismus

– /

Federal States

Bund und Kantone/Länder/Staaten

Federal and state powers

Subsidiäre Generalkompetenz

Role of residual powers

Ausschließliche und konkurrierende Kompetenzen

Comprehensive or limited federal competence

Delegation des Vollzuges

Implementation of federal tasks by states

Bund vollzieht Bundesaufgaben (USA)

Implementation is basically not delegated

Bund beauftragt Kantone/Länder (Europa)

Implementation is often delegated

G. Hertig 22

6. Öffentlich-rechtliche Körperschaften

Member-based Public Law Entities (Tschentscher/Lienhard 167)

• • • •

Erfüllen öffentlicher Aufgaben

Implementing state responsibilities

Mitglieder /

Members

Beispiel: Einwohnergemeinde, Berufsgruppe –

Zwangsmitgliedschaft

Beispiel: Fall 6 / Membership is mandatory

Freiwillige Mitgliedschaft

/ Membership is optional

Juristische Person /

Legal personality

Unabhängigkeit gegenüber der Zentralverwaltung

Independent from central administration

Autonomie

/ Autonomy

Staatliche Aufsicht

/ State supervision 03.11.2014

G. Hertig 23

Fall 6: Studentenschaft

(siehe auch BGE 110 Ia 36 - 1984) • • • • • Am 23. Februar 1981 beschloss die Studentenschaft der Hochschule St.

Gallen sich beim Verband Schweizerischer Liberaler Studenten organisationen um den Beobachterstatus zu bewerben.

Ein an der HSG immatrikulierter Doktorand rekurrierte mit der Begründung, die Studentenschaft der HSG sei als Gesamtheit aller Studierenden der Hochschule zu politischer Neutralität verpflichtet.

Die Frage, welche Bedeutung dem Beobachterstatus der Studentenschaft der HSG beim SLS im Hinblick auf ihre Pflicht zur politischen Neutralität zukomme, ist nicht nur nach der Natur der internen Beziehungen zwischen den beiden Organisationen zu beurteilen. Zu berücksichtigen ist vielmehr auch die Wirkung, welche diese Beziehungen bei Aussenstehenden erzeugen können.

Wer der Hochschule nicht angehört, aber weiss, dass deren Studentenschaft beim SLS in irgendeiner Form mitwirkt, wird geneigt sein, daraus den Schluss zu ziehen, die St. Galler Studenten verfolgten auch selbst einen politischen Kurs "rechts der Mitte".

Studierende wie der Beschwerdeführer, die diese politische Auffassung nicht teilen, haben aber Anspruch darauf, dass die Organisation, der sie von Gesetzes wegen und ohne Austrittsmöglichkeit angehören, nicht als eine politische betrachtet wird.

03.11.2014

G. Hertig 24

Öffentlich-rechtliche Anstalten

Public Law Entities without Members

• • •

Erfüllung einer bestimmten Verwaltungsaufgabe

Fulfilling a specific administrative mandate

Bestand von Personen und Sachen

Encompass persons and assets

Durch Rechtsatz zusammengefasst (Fall 7)

Integration through regulation

Keine Mitglieder / No members

Selbständige und unselbständige Anstalten

Independent and dependent entities

Selbständig = Juristische Person

Beispiel: ETH, FINMA –

Unselbständig = Keine Rechtspersönlichkeit

Beispiel: ZVV, kommunale Altersheime 03.11.2014

G. Hertig 25

• • •

Fall 7: Kantonalbank

(siehe auch BGE 120 II 321 1994) Nach dem Gesetz über die Aargauische Kantonalbank bildet sie eine Anstalt des kantonalen öffentlichen Rechts mit eigener

Rechtspersönlichkeit

unter Staatsaufsicht.

Die Aargauische Kantonalbank ist nach dieser gesetzlichen Regelung eine

selbständige

Anstalt des kantonalen öffentlichen Rechts und als solche eine blosse Organisationsform der dezentralen Staatsverwaltung, weshalb sie im Grundsatz auch ohne weiteres Verwaltungsvermögen, Sachen im Gemeingebrauch besitzen kann.

Finanzvermögen und Die Aargauische Kantonalbank ist ihrer

Funktion

nach ein Privatbanken vergleichbares Wirtschaftsunternehmen mit freier unternehmerischer Wettbewerb, vom Initiative

Status

und starker Orientierung am her gesehen eine öffentlich-rechtliche Anstalt unter staatlicher Aufsicht, die von Gesetzes wegen eine öffentliche Aufgabe wahrzunehmen hat.

03.11.2014

G. Hertig 26

• •

Rechtsverhältnis Anstalt – Benützer: Privatrecht oder öffentliches Recht?

Relation with Users: Private or Public Law ?

(Tschentscher/Lienhard 164-169)

Ausdrückliche Regelung

/ Explicitly regulated

Sonstige Kriterien

/ Default criteria

Konkrete Ausgestaltung der Benützungsordnung

– –

Integration through regulation

Verfolgung von öffentliche Zwecke , einseitige Regelung

Undertaking public tasks, unilaterally set rules

Beispiel: Uni Zürich, Fall 8

Ähnliche wie private Unternehmen, Unterhandlungen

Similarity to private enterprise, negotiated relation

Beispiel: Post 03.11.2014

G. Hertig 27

Fall 8: Rechtsverhältnis

(siehe auch BGE 105 II 234 - 1979) • • • • • Im Mai 1976 musste das EWD in der Transformatorenstation "Meierhof" Sicherungen ersetzen lassen. Das EWD stellte Hans Schumacher für diese Verlegungsarbeiten Rechnung Das EWD stellt eine unselbständige Anstalt des öffentlichen Rechts dar.

Damit ist jedoch nicht gesagt, dass auch das Verhältnis zwischen dem Werk und den Energiebezügern vom öffentlichen Recht beherrscht sei. Bei einem Elektrizitätswerk kommt es vor allem darauf an, wie die Bedingungen für die Stromlieferungen festgelegt werden.

Erfolgt dies einseitig durch die Anstalt in zum vornherein feststehenden Bestimmungen in der Weise, dass beim Vorliegen der gleichen Umstände ohne weiteres die gleichen Bedingungen gelten, dann ist ein Verhältnis öffentlich rechtlicher Natur anzunehmen.

Wo aber die Benützungsordnung es gestattet, wesentliche Einzelheiten des Bezuges (insbesondere das Entgelt) durch besondere Vereinbarung zwischen der Anstalt und dem Bezüger von Fall zu Fall verschieden zu gestalten, wobei die Einigung durch Unterhandlungen mit gegenseitigem Vor- und Nachgeben herbeigeführt wird, hat man es mit Vertragsverhältnissen des Privatrechts zu tun.

03.11.2014

G. Hertig 28

Sonderstatusverhältnis

/ Special Status

• • • •

(Dauer)Benützer unterstehen der Disziplinargewalt

(Longer term) users subject to disciplinary regime

Beispiele: Spitale, Verkehrsmitteln, Strafanstalten, Fall 9

Geordnete Benützung der Anstalt

Well-ordered use of the entity

Disziplinarordnung

/ Disciplinary rules

Kann erlassen werden

/ May be enacted

Muss nicht bis in alle Einzelheiten geregelt werden

Do not have to regulate every detail

Organe haben unter Umständen Polizeifunktionen

Entity officers have police function in certain circumstances

Beispiele: Bahnpolizei, Flugzeugcrew 03.11.2014

G. Hertig 29

Fall 9: Volksschulgesetz

(siehe auch BGE 129 I 12 - 2003) • • • • • Auf Grund des Obligatoriums des Grundschulunterrichts besteht ein gewichtiges öffentliches Interesse an einem geordneten Schulbetrieb. Dabei gilt es allerdings zu beachten, dass auch an der Wiedereingliederung schwieriger Schüler ein erhebliches öffentliches Interesse besteht.

Sowohl in der Vermittlung des Lehrstoffes als auch bei ihrer Organisation muss sich eine öffentliche Schule an einen möglichst breiten gemeinsamen Nenner halten.

Die Berücksichtigung von Interessen einzelner Schüler findet daher dort ihre Schranken, wo ein geordneter und effizienter Schulbetrieb nicht mehr aufrechterhalten werden kann.

Wird der geordnete Schulbetrieb durch einen Schüler derart gestört, dass dadurch der Bildungsauftrag der Schule gegenüber anderen Schülern der Klasse oder des betreffenden Schulhauses in Frage gestellt wird, liegt der vorübergehende Ausschluss des Störers vom Unterricht sowohl im öffentlichen Interesse als auch im (überwiegenden) privaten Interesse der übrigen Schüler an einer genügenden unentgeltlichen Schulbildung.

03.11.2014

G. Hertig 30

Öffentlich-rechtliche Stiftungen

Public Law Foundations

• •

Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe

Fulfilling a public task

Verselbstständigtes Vermögen

Segregated assets

Vom allgemeinen Vermögen getrennt

Distinct from general purpose state assets

Keine Mitglieder

/

No members

In der Regel juristische Person

As a rule legal personality

Beispiele: Pro Helvetia, Schweizerischer Nationalpark, Fall 10 03.11.2014

G. Hertig 31

Fall 10: Vorsorgekasse

(siehe auch BGE134 I 123 – 2008) • • • • • • • Zwei Lehrer an Berufsschulen des Kantons Wallis erhoben Beschwerde gegen die Umwandlung einer privatrechtlichen Stiftung in ein unabhängiges Institut des öffentlichen Rechts.

Umstritten ist hauptsächlich die Erhöhung des Pensionsalters.

Das öffentliche Dienstverhältnis wird durch die Gesetzgebung bestimmt und macht daher die Entwicklung mit, welche die Gesetzgebung erfährt.

Die blosse Argumentation, andere Lösungen wären auch möglich kann nicht zur Aufhebung der Umwandlung führen.

Ansprüche der Dienstnehmer sind grundsätzlich gegenüber den Massnahmen des Gesetzgebers nur nach Massgabe des

Willkürverbots

und des Rechtsgleichheitsgebots geschützt.

Ein umfassender Schutz besteht nur dort, wo bestimmte Ansprüche aus dem Dienstverhältnis als wohlerworbene Rechte betrachtet werden können.

Dies trifft aber nur dann, wenn das Gesetz die entsprechenden Beziehungen ein

für allemal

festlegt oder wenn bestimmte, mit einem einzelnen Anstellungsverhältnis verbundene Zusicherungen abgegeben werden.

03.11.2014

G. Hertig 32