Vertragsrecht (Rechtsvergleichung und IPR)

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Transcript Vertragsrecht (Rechtsvergleichung und IPR)

Vertragsrecht
(Rechtsvergleichung und IPR)
Vorlesung im Schwerpunktbereich
„Europäisierung und
Internationalisierung des Privatrechts“
WS 2004/05
Prof. Dr. Gerhard Dannemann
Übersicht
A.
B.
C.
D.
E.
F.
G.
H.
I.
J.
K.
Einführung
Parteiautonomie
Dispositives Recht
Reichweite von Vertrag und Vertragsstatut
Einigung und Gültigkeit
Rechts- und Geschäftsfähigkeit
Willensmängel
Stellvertretung
Inhaltskontrolle
Vertragliche Abwicklung
Verbrauchervertragsrecht
Vertragsrecht
Enges Verständnis nach BGB: §§ §§ 145-157 und
311-359
Weiteres
Verständnis:
Vorschriften
über
Zustandekommen, Gültigkeit und Durchführung
von Verträgen (BGB AT, 3. Abschnitt und
Allgemeines Schuldrecht)
Contract law: Vereinbarungen, mit denen
vermögenswerte Leistungen ausgetauscht werden
Rechtsvergleichung
Rechtsvergleichung wird in sehr unterschiedlicher
Form und Intensität betrieben von:
• Gesetzgebern
• Gerichten
• Anwälten, Notaren, anderen Praktikern
• Unternehmen
• Wissenschaftlern
Rechtsvergleichung: Herausforderungen
• Grundsätze auf tatsächliche Anwendung
überprüfen
• Vergleichsbasis schaffen
• Zusammenspiel unterschiedlicher
Teilbereiche beachten
Internationales Privatrecht, droit
international privé, conflict of laws
„Das Internationale Privatrecht ist weder international noch ein Privatrecht.“ (Martin Wolff)
“ ... our subject has nothing to do with conflict,
legal or otherwise. ... But ‘international private
law‘ is accurate and ... helpful.” (Adrian Briggs)
Internationales Privatrecht und
Einheitsrecht
Völkervertragliches Einheitsrecht, z.B. CISG
„lex mercatoria“
INCOTERMS
Einseitige und allseitige Kollisionsnormen
Einseitige Kollisionsnorm: z.B. § 606a ZPO:
„Für Ehesachen sind die deutschen Gerichte zuständig,
1. wenn ein Ehegatte Deutscher ist oder bei der
Eheschließung war,
...
Allseitige Kollisionsnorm: z.B. Art. 18 EGBGB:
„Auf Unterhaltspflichten sind die Sachvorschriften des am
jeweiligen gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten geltenden Rechts anzuwenden.“
Anknüpfung an Staatsangehörigkeit
Beispiel: Art. 7 (1) S. 1 EGBGB
„Die Rechtsfähigkeit und die Geschäftsfähigkeit
einer Person unterliegen dem Recht des
Staates, dem die Person angehört.“
Anknüpfung an domicile
Domicile of origin: abgeleitet vom domicile des
Vaters z.Zt. der Geburt
Domicile of choice: durch (a) Verlagerung des
Wohnsitzes mit (b) der Absicht, dort dauerhaft zu
leben.
Diese Absicht muss spezifisch und unbedingt sein,
und die Entscheidung muss freiwillig erfolgt sein.
Domicile of dependency: Kinder leiten bis zur
Volljährigkeit ihr domicile von dem Elternteil ab,
von dem sie abhängig sind.
Kursmaterialien on-line
Literaturliste und Gliederung:
http://www.iuscomp.org/gd/courses/ver04rea.doc
Projektionen:
http://www.iuscomp.org/gd/courses/ver04sli.htm
Wichtige europarechtliche Grundlagen im
Kollisionsrecht
Römisches EWG-Übereinkommen über das auf
vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende
Recht vom 19.6.1980
Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember
2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die
Anerkennung
und
Vollstreckung
von
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
Privatautonomie im Internationalen
Vertragsrecht
Artikel 27 EGBGB (Art. 3 RömVÜ)
Freie Rechtswahl
(1) Der Vertrag unterliegt dem von den Parteien
gewählten Recht. Die Rechtswahl muß ausdrücklich sein oder sich mit hinreichender Sicherheit
aus den Bestimmungen des Vertrags oder aus den
Umständen des Falles ergeben. Die Parteien
können die Rechtswahl für den ganzen Vertrag
oder nur für einen Teil treffen.
Stillschweigende Rechtswahl
BGH 14.1.1999, NJW-RR 1999, 813: In einem
Bauvertrag hatten die Parteien die Anwendung
der
Verdingungsordnung
für
Bauleistungen
(VOB/B) und von Vorschriften der Deutschen
Industrienorm (DIN) vereinbart. Das genügte
dem BGH für eine Rechtswahl nach Art. 27 (1)
EGBGB.
Vereinbarung des Gerichtsstands
Artikel 23 EuGVO
(1) Haben die Parteien, von denen mindestens eine ihren
Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat,
vereinbart, dass ein Gericht oder die Gerichte eines
Mitgliedstaats über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten
Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen, so sind dieses Gericht oder die Gerichte dieses
Mitgliedstaats zuständig. Dieses Gericht oder die Gerichte
dieses Mitgliedstaats sind ausschließlich zuständig, sofern
die Parteien nichts anderes vereinbart haben. ...
(Fortführung von Art. 23 Abs. 1 EuGVO)
Eine solche Gerichtsstandsvereinbarung muss geschlossen
werden
a) schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung,
b) in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht,
die zwischen den Parteien entstanden sind, oder
c) im internationalen Handel in einer Form, die einem
Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder
kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser Art
in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und
regelmäßig beachten.
Objektive Anknüpfung im Vertragsrecht
Artikel 28
Mangels Rechtswahl anzuwendendes Recht
(1) Soweit das auf den Vertrag anzuwendende
Recht nicht nach Artikel 27 vereinbart worden ist,
unterliegt der Vertrag dem Recht des Staates, mit
dem er die engsten Verbindungen aufweist. Läßt
sich jedoch ein Teil des Vertrages von dem Rest
des Vertrages trennen und weist dieser Teil eine
engere Verbindung mit einem anderen Staat auf,
so kann auf ihn ausnahmsweise das Recht dieses
anderen Staates angewandt werden.
Art. 28 Abs. EGBGB: Charakteristische
Leistung
(2) Es wird vermutet, daß der Vertrag die engsten
Verbindungen mit dem Staat aufweist, in dem die Partei,
welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, im
Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren gewöhnlichen
Aufenthalt oder, wenn es sich um eine Gesellschaft, einen
Verein oder eine juristische Person handelt, ihre
Hauptverwaltung hat. Ist der Vertrag jedoch in Ausübung
einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Partei
geschlossen worden, so wird vermutet, daß er die engsten
Verbindungen zu dem Staat aufweist, in dem sich deren
Hauptniederlassung befindet oder in dem, wenn die Leistung
nach
dem
Vertrag
von
einer
anderen
als
der
Hauptniederlassung zu erbringen ist, sich die andere
Niederlassung befindet. Dieser Absatz ist nicht anzuwenden,
wenn sich die charakteristische Leistung nicht bestimmen
läßt.
Art. 28 Abs. 5 EGBGB: engste Verbindung
oder charakterisische Leistung?
(5) Die Vermutungen nach den Absätzen 2, 3 und
4 gelten nicht, wenn sich aus der Gesamtheit der
Umstände ergibt, daß der Vertrag engere
Verbindungen mit einem anderen Staat aufweist.
Ein Fall zu Art. 4 RömVÜ (Art. 28 EGBGB)
Iran Continental Shelf Oil Company and others v
IRI International Corporation [2002] EWCA Civ
1024
Vertragsgegenstand war die Lieferung und
Installation von Material zur Renovierung und
Reparatur einer kriegsbeschädigten Ölplattform
im Persischen Golf. Klägerin war eine iranische
Gesellschaft im Staatseigentum. Beklagte war
eine in Delaware inkorporierte Gesellschaft mit
Sitz in Texas, die eine Zweigniederlassung in
Großbritannien unterhielt. Die Beklagte führte
den Vertrag u.a. wegen eines nachfolgenden USamerikanischen Handelsverbots nicht aus.
Weitere Vermutungen nach Art. 28
EGBGB
(3) Soweit der Vertrag ein dingliches Recht an einem
Grundstück oder ein Recht zur Nutzung eines Grundstücks
zum Gegenstand hat, wird vermutet, daß er die engsten
Verbindungen zu dem Staat aufweist, in dem das Grundstück
belegen ist.
(4) Bei Güterbeförderungsverträgen wird vermutet, daß sie
mit dem Staat die engsten Verbindungen aufweisen, in dem
der Beförderer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seine
Hauptniederlassung hat, sofern sich in diesem Staat auch der
Verladeort oder der Entladeort oder die Hauptniederlassung
des Absenders befindet. Als Güterbeförderungsverträge
gelten für die Anwendung dieses Absatzes auch Charterverträge für eine einzige Reise und andere Verträge, die in
der Hauptsache der Güterbeförderung dienen.
Allgemeiner Gerichtsstand am Wohnsitz
Artikel 2 EuGVO
(1)
Vorbehaltlich
der
Vorschriften
dieser
Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im
Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne
Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den
Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.
Gerichtsstände bei vertragsrechtlichen
Streitigkeiten
Artikel 5 EuGVO
Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines
Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat
verklagt werden:
1. a) wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag
den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des
Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu
erfüllen wäre;
(Art. 5 Abs. 1 EuGVO, Fortsetzung)
b) im Sinne dieser Vorschrift - und sofern nichts anderes
vereinbart worden ist - ist der Erfüllungsort der Verpflichtung
. für den Verkauf beweglicher Sachen der Ort in einem
Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag geliefert
worden sind oder hätten geliefert werden müssen;
. für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem
Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht
worden sind oder hätten erbracht werden müssen;
c) ist Buchstabe b) nicht anwendbar, so gilt Buchstabe a);
Reichweite des Vertragsstatuts
Artikel 32 Geltungsbereich des auf den Vertrag
anzuwendenden Rechts
(1) Das nach den Artikeln 27 bis 30 und nach Artikel 33 Abs. 1
und 2 auf einen Vertrag anzuwendende Recht ist insbesondere
maßgebend für
1. seine Auslegung,
2. die Erfüllung der durch ihn begründeten Verpflichtungen,
3. die Folgen der vollständigen oder teilweisen Nichterfüllung
dieser Verpflichtungen einschließlich der Schadensbemessung,
soweit sie nach Rechtsvorschriften erfolgt, innerhalb der durch
das deutsche Verfahrensrecht gezogenen Grenzen,
4. die verschiedenen Arten des Erlöschens der Verpflichtungen
sowie die Verjährung und die Rechtsverluste, die sich aus dem
Ablauf einer Frist ergeben,
5. die Folgen der Nichtigkeit des Vertrages.
Reichweite des Vertragsstatuts:
Einschränkungen
Artikel 7 EGBGB
Rechtsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit
(1) Die Rechtsfähigkeit und die Geschäftsfähigkeit einer
Person unterliegen dem Recht des Staates, dem die Person
angehört. Dies gilt auch, soweit die Geschäftsfähigkeit
durch Eheschließung erweitert wird.
(2)
Eine
einmal
erlangte
Rechtsfähigkeit
oder
Geschäftsfähigkeit wird durch Erwerb oder Verlust der
Rechtsstellung als Deutscher nicht beeinträchtigt.
Reichweite des Vertragsstatuts:
Einschränkungen
Artikel 11 EGBGB
Form von Rechtsgeschäften
(1) Ein Rechtsgeschäft ist formgültig, wenn es die
Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand
bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, oder des Rechts
des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird.
(2) Wird ein Vertrag zwischen Personen geschlossen, die sich
in verschiedenen Staaten befinden, so ist er formgültig, wenn
er die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen
Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, oder
des Rechts eines dieser Staaten erfüllt.
(3)-(5) ...
Reichweite des Vertragsstatuts:
Einschränkungen
Artikel 12 EGBGB
Schutz des anderen Vertragsteils
Wird ein Vertrag zwischen Personen geschlossen, die sich in
demselben Staat befinden, so kann sich eine natürliche
Person, die nach den Sachvorschriften des Rechts dieses
Staates rechts-, geschäfts- und handlungsfähig wäre, nur
dann auf ihre aus den Sachvorschriften des Rechts eines
anderen Staates abgeleitete Rechts-, Geschäfts- und
Handlungsunfähigkeit berufen, wenn der andere Vertragsteil
bei Vertragsabschluß diese Rechts-, Geschäfts- und
Handlungsunfähigkeit kannte oder kennen mußte. Dies gilt
nicht für familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte
sowie für Verfügungen über ein in einem anderen Staat
belegenes Grundstück.
Reichweite des Vertragsstatuts:
Einschränkungen
Artikel 34 EGBGB
Zwingende Vorschriften
Dieser Unterabschnitt berührt nicht die Anwendung der
Bestimmungen des deutschen Rechts, die ohne Rücksicht auf
das auf den Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt
zwingend regeln.
Reichweite des Vertragsstatuts:
Einschränkungen
Artikel 37 EGBGB
Ausnahmen
Die
Vorschriften
anzuwenden auf
dieses
Unterabschnitts
sind
nicht
1. Verpflichtungen aus Wechseln, Schecks und anderen
Inhaber- oder Orderpapieren, sofern die Verpflichtungen aus
diesen anderen Wertpapieren aus deren Handelbarkeit
entstehen;
2. Fragen betreffend das Gesellschaftsrecht, das Vereinsrecht
und das Recht der juristischen Personen, wie zum Beispiel die
Errichtung, die Rechts- und Handlungsfähigkeit, die innere
Verfassung und die Auflösung von Gesellschaften, Vereinen
und juristischen Personen sowie die persönliche gesetzliche
Haftung der Gesellschafter und der Organe für die Schulden
der Gesellschaft, des Vereins oder der juristischen Person;
(Fortsetzung von Art. 37 EGBGB)
3. die Frage, ob ein Vertreter die Person, für deren Rechnung
er zu handeln vorgibt, Dritten gegenüber verpflichten kann,
oder ob das Organ einer Gesellschaft, eines Vereins oder
einer juristischen Person diese Gesellschaft, diesen Verein
oder diese juristische Person gegenüber Dritten verpflichten
kann;
4. Versicherungsverträge, die in dem Geltungsbereich des
Vertrages
zur
Gründung
der
Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft oder des Abkommens über den
Europäischen Wirtschaftsraum belegene Risiken decken, mit
Ausnahme
von
Rückversicherungsverträgen.
Ist
zu
entscheiden, ob ein Risiko in diesem Gebiet belegen ist, so
wendet das Gericht sein Recht an.
Artikel 29a findet
Anwendung.
auch
in
den
Fällen
des
Satzes
1
Vorfragen und separate Anknüpfungen
Eine anzuwendende Sachnorm hat unter den
Tatbestandsmerkmalen
ein
Rechtsverhältnis.
Dieses ist nicht nach der lex causae zu beurteilen,
sondern es ist separat zu bestimmen, welches
Recht auf dieses Rechtsverhältnis anzuwenden ist.
Beispiele
zum
Vertragsrecht:
Vollmacht,
Geschäftsfähigkeit, Form, Eigentum.
Anpassung – ein Beispiel
OLG Düsseldorf 17.11.1995, IPRspr. 1995 Nr. 189
Bei einer zwischen der Klägerin und einem Dritten
abgeschlossenen Schiedsvereinbarung war streitig, ob diese
auch Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte erfasste.
Die Klägerin klagte gleichzeitig in Deutschland und vor dem
Londoner Schiedsgericht, vor letzterem auf Feststellung der
Unzuständigkeit. Das Landgericht entschied zuerst und
erklärte sich wegen der Schiedsgerichtsvereinbarung für
unzuständig. Nachfolgend erklärte sich das Schiedsgericht
im parallelen Verfahren ebenfalls für unzuständig.
Qualifikation und Anknüpfung
Qualifikation bedeutet die Subsumtion von
Sachnormen unter den Anknüpfungsgegenstand
einer Kollisionsnorm.
Der Anknüpfungsgegenstand (z.B. „Vertrag“ in
Art. 28 Abs. EGBGB) ist zu unterscheiden vom
Anknüpfungsmoment
(z.B.
gewöhnlicher
Aufenthalt in Art. 28 Abs. 2 EGBGB).
Bei Art. 28 EGBGB bedeutet somit Qualifikation,
von den Normen des berufenen (z.B. englischen)
Rechts diejenigen herauszusuchen, die sich auf
Verträge beziehen.
Art. 31 EGBGB
Artikel 31 EGBGB (Art. 8 Röm.VÜ)
Einigung und materielle Wirksamkeit
(1) Das Zustandekommen und die Wirksamkeit des
Vertrages oder einer seiner Bestimmungen beurteilen sich
nach dem Recht, das anzuwenden wäre, wenn der Vertrag
oder die Bestimmung wirksam wäre.
(2) Ergibt sich jedoch aus den Umständen, daß es nicht
gerechtfertigt wäre, die Wirkung des Verhaltens einer Partei
nach dem in Absatz 1 bezeichneten Recht zu bestimmen, so
kann sich diese Partei für die Behauptung, sie habe dem
Vertrag nicht zugestimmt, auf das Recht des Staates ihres
gewöhnlichen Aufenthaltsorts berufen.
Rechtsbindungswille im familiären Umfeld
Balfour v Balfour [1919] 2 KB 571 (CA)
Die Parteien waren Eheleute, die angeblich mündlich
vereinbart hatten, dass der Ehemann während einer
längeren beruflichen Abwesenheit der Ehefrau Unterhalt in
Höhe von monatlich £30 gewähren würde.
BGH 17.4.1986, BGHZ 97, 372
Die Parteien lebten in nichtehelicher Lebensgemeinschaft
und hatten vereinbart, dass die Frau medikamentöse
Empfängnisverhütung praktizieren würde. Davon nahm die
Frau insgeheim Abstand und wurde schwanger. Der Mann
klagte gegen die Frau auf Schadensersatz wegen seiner
Unterhaltsbelastung gegenüber dem Kind.
Rechtsbindungswille im geschäftlichen
Umfeld
Edwards v Skyways Ltd [1964] 1 WLR 349 (QBD)
Die beklagte Fluggesellschaft hatte der Pilotenvereinigung
zugesichert, dass Piloten bei Kündigung eine „ex gratia“Zahlung in Höhe der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge
zur betrieblichen Pensionskasse erhalten würden. Der
klagende Pilot wurde später entlassen, erhielt aber nur
seinen eigenen Beiträge zurück.
Rechtsbindungswille im geschäftlichen
Umfeld
BGH 7.6.1984, BGHZ 91, 324
Die klagende Baufirma hatte ihre Kundin S gebeten, eine
Bürgschaft für ihre Schulden beizubringen. Die beklagte
Sparkasse schrieb der Klägerin:
… zugunsten der Firma S haben wir gegenüber Ihrer Firma
die selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von DM
150.000,-- übernommen. Wir wären Ihnen für eine kurze
Mitteilung
sehr
verbunden,
wie
hoch
sich
die
Verpflichtungen der Firma S GmbH bei Ihnen derzeit
belaufen.”
Später stellte sich heraus, dass die Beklagte irrtümlich davon
ausgegangen war, sie habe vorher schon eine solche
Bürgschaft übernommen.
Widerruf eines Angebots und Zugang der
Annahme
Byrne and Co. v Leon van Tienhoven & Co.
(1880) 5 CPD 344
Die Beklagte mit Sitz in Cardiff bot am 1.10.1879
Zinnplatten an. Der Brief kam am 11.10. bei der Klägerin
in New York an, die sofort telegrafisch sowie per Brief
vom 15.10. annahm. Ein Widerruf der Beklagten vom
8.10. erreichte die Klägerin am 20.10. Die Klägerin
bestand auf Durchführung des Vertrags.
Widerruf eines Angebots
RG 8.2.1902, RGZ 50, 191
Der beklagte Losverkäufer benachrichtigte in einem
versiegelten Brief den Kläger von einem Gewinn und bot
zugleich ein bestimmtes Los für die nächste Ziehung zur
unverzüglichen Annahme an. Nachdem er den Brief
tagsüber bei der Vermieterin des Klägers hinterlassen
hatte, erfuhr er, dass auf dieses Los mittlerweile ein Preis
entfallen war. Er überredete daraufhin die Vermieterin,
ihm den Brief zurückzugeben. Der Kläger, der erst
danach von der Arbeit zurückkehrte, verlangte den
Losgewinn.
Schweigen als Annahme?
Fall Guilloux, Civ. 25.5.1870, DP 70.1.257, S.
70.1.341
Das klagende Bankhaus emittierte Aktien der
Societé des raffinieries nantaises. Der Beklagte
befand sich auf der Liste der Subskribenten, ohne
dass er allerdings je eine entsprechende Order
platziert
hätte.
Das
Bankhaus
bestätigte
schriftlich
seine
Bestellung,
schickte
die
entsprechenden Dokumente und stellte eine
Abschlagszahlung von 2.500 FF in Rechnung. Der
Beklagte schwieg. Bankhaus und Gesellschaft
bestanden auf vollständiger Zahlung.
Annahme ohne Erklärung
§ 151 BGB. Annahme ohne Erklärung gegenüber
dem Antragenden
Der Vertrag kommt durch die Annahme des
Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem
Antragenden gegenüber erklärt zu werden
braucht, wenn eine solche Erklärung nach der
Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der
Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt,
in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich
nach dem aus dem Antrag oder den Umständen
zu entnehmenden Willen des Antragenden.
Kaufmännisches Bestätigungsschreiben
BGH 8.2.2001, NJW-RR 2001, 680.
Klägerin war ein Personalberatungs-Unternehmen, Beklagte
eine Gesellschaft in Insolvenz, die einen Technischen
Direktor suchte. Es gab Vorverhandlungen und dann ein
Telefonat, bei dem später streitig war, ob man sich mündlich
auf einen Beratervertrag geeinigt hatte. Die Klägerin
bedankte sich anschließend schriftlich für den Auftrag, gab
einen Gesamtpreis an (gut DM 60.000) und fügte eine erste
Rechnung bei. Die Beklagte schwieg zunächst und
behauptete später, man sei über Vorverhandlungen nicht
hinausgekommen und habe inzwischen selbst eine
geeignete Person gefunden. Die Klägerin bestand auf
Zahlung der Gesamtsumme.
Kaufmännisches Bestätigungsschreiben
und vereinbarte Zuständigkeit
EuGH 20.2.1997 - 106/95, MSG, MainschiffahrtsGenossenschaft/Les Gravières Rhénanes (zum EuGVÜ)
„Im internationalen Handelsverkehr kann im Rahmen eines
mündlich geschlossenen Vertrages gemäß Art 17 Abs 1 S 2
dritter Fall eine Gerichtsstandsvereinbarung auch durch
Übersendung eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens
geschlossen werden, wenn dieses einen gedruckten Hinweis
auf die Gerichtsstandsvereinbarung enthält und der
Empfänger nicht reagiert oder wiederholt Rechnungen, die
einen solchen Hinweis enthalten, widerspruchslos bezahlt,
sofern dieses Verhalten einem Handelsbrauch in dem
Bereich des internationalen Handelsverkehrs entspricht, in
dem die Parteien tätig sind, und sofern dieser Brauch ihnen
bekannt ist oder als ihnen bekannt angesehen werden muß.“
Einbeziehung Allgemeiner
Geschäftsbedingungen, § 305 BGB
(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann
Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei
Vertragsschluss
1. die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein
ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses
nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist,
durch
deutlich
sichtbaren
Aushang
am
Ort
des
Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2. der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in
zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu
nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.
Battle of the Forms
O.T.M. v. Hydranautics [1981] 2 Lloyd's Rep. 211 (Q.B. Com)
Die AGB des Verkäufers sahen Lieferung „FOB“ am Sitz des
Verkäufers, die Wahl kalifornischen Rechts und einen
Gerichtsstand am Sitz des Verkäufers vor.
Die AGB des Käufers sahen augenscheinlich einen
Erfüllungsort in England, je nach Interpretation die Wahl
englischen Rechts sowie ganz ausdrücklich eine britische
Schiedsgerichtsklausel vor.
Battle of the Forms: Lösungsmodelle
1. Kein Vertrag
2. „First shot rule“ – zuerst eingeführte Vertragsbedingungen setzen sich durch
3. „Last shot rule“ – zuletzt verwendete Vertragsbedingungen setzen sich durch
4. „Knock out rule“ - sich widersprechende
Vertragsbedingungen werden nicht Bestandteil des
Vertrages
Last Shot Rule
British Road Services v. Arthur V Crutchley & Co
[1968] 1 All ER 811 (C.A.)
Die Klägerin brachte eine Ladung Whisky zum
Lagerhaus der Beklagten. Der Lieferschein der
Klägerin verwies auf ihre AGB. Die Beklagte nahm
die Ladung an und stempelte auf den Lieferschein:
„Received under A.V.C. conditions“. Der Whisky
wurde in der Lagerhalle untergebracht und dort
gestohlen. Die AGB der Beklagten beschränkten
ihre Haftung dafür, die der Klägerin nicht.
Knock Out Rule
Cass. req. 24.6.1912, Jurisprudence Générale (Rec. Dalloz)
1913 I 363; Tribunal de Commerce de Cambrai, 16.4.1912;
Trib. Comm. de Cherbourg, 6.9.1912, beide S. 1914, 2, 49
Art. 2 Schweiz. Obligationenrecht:
(1) Haben sich die Parteien über alle wesentliche Punkte
geeinigt, so wird vermutet, dass der Vorbehalt von
Nebenpunkten die Verbindlichkeit des Vertrages nicht hindern
solle.
(2) Kommt über die vorbehaltenen Nebenpunkte eine
Vereinbarung nicht zustande, so hat der Richter über diese
nach der Natur des Geschäftes zu entscheiden.
Knock Out Rule
UNIDROIT, Principles of International Commercial Contracts
(1994)
Art.
22.2
(battle
of
the
forms)
"Where both parties use standard terms and reach
agreement except on those terms, a contract is concluded
on the basis of the agreed terms and of any standard terms
which are common in substance unless one party clearly
indicates in advance, or later and without undue delay
informs the other party, that it does not intend to be bound
by such a contract."
Ähnlich auch Principles of European Contract Law, Art. 2:209
Formtypen im deutschen Recht
• Grundsatz: Formlosigkeit
• Textform, § 126b BGB
• Schriftform, § 126, (und elektronische Form, §
126a)
• Öffentliche Beglaubigung, § 129
• Öffentliche Beurkundung, § 128
Formtypen im englischen Recht
• Grundsatz: Formlosigkeit
• Evidenced in writing, inbesondere
Statute of Frauds (1677).
• In writing
• Deed
nach
Formtypen im französischen Recht
• Grundsatz: Formlosigkeit bis €800 sowie bei
Handelsgeschäften
• Écrit (Essentialia schriftlich), z.B. Art. 1326 Cc
• Gesamtschriftlichkeit, z.B. nach Art. 1341 Cc:
Beweis kann nur mit schriftlichem Vertrag
angetreten werden
• Forme authentique
Formtypen im Vergleich
Formlosigkeit als Regel
Teilweise schriftlich – „evidenced in writing“, „écrit“
Insgesamt schriftlich - § 126 BGB, „in writing“,
Art. 1341 Cc, EU-Vorschriften
Schriftlich und privat beglaubigt – „deed“
Schriftlich und öffentlich beglaubigt - § 129 BGB
Öffentlich beurkundet - § 128 BGB, „forme
authentique“
Formstatut
Artikel 11 EGBGB (weicht ab von Art. 9 RömVÜ)
Form von Rechtsgeschäften
(1) Ein Rechtsgeschäft ist formgültig, wenn es die
Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand
bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, oder des Rechts
des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird.
(2) Wird ein Vertrag zwischen Personen geschlossen, die sich
in verschiedenen Staaten befinden, so ist er formgültig, wenn
er die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen
Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, oder
des Rechts eines dieser Staaten erfüllt.
...
...
(3) Wird der Vertrag durch einen Vertreter geschlossen, so ist
bei Anwendung der Absätze 1 und 2 der Staat maßgebend, in
dem sich der Vertreter befindet.
(4) Verträge, die ein dingliches Recht an einem Grundstück
oder ein Recht zur Nutzung eines Grundstücks zum
Gegenstand
haben,
unterliegen
den
zwingenden
Formvorschriften des Staates, in dem das Grundstück
belegen ist, sofern diese nach dem Recht dieses Staates
ohne Rücksicht auf den Ort des Abschlusses des Vertrages
und auf das Recht, dem er unterliegt, anzuwenden sind.
(5) Ein Rechtsgeschäft, durch das ein Recht an einer Sache
begründet oder über ein solches Recht verfügt wird, ist nur
formgültig, wenn es die Formerfordernisse des Rechts erfüllt,
das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis
anzuwenden ist.
Substitution und Form
BGH 16.2.1981, BGHZ 80, 76
Die A.H. AG mit Sitz in Zürich ist einzige Gesellschafterin einer
deutschen GmbH. Am 9. Mai 1979 beschloss diese
Gesellschaft in Zürich eine Änderung der Satzung der GmbH.
Ein öffentlicher Urkundsbeamter des Notariats Zürich
(Altstadt) beurkundete den Beschluss. Amtsgericht und
Landgericht haben die Eintragung abgelehnt, weil die
Gesellschafterversammlung nicht am Sitz der GmbH in
Deutschland stattgefunden (Amtsgericht) bzw. den Beschluss
kein deutscher Notar beurkundet hat (Landgericht).
Abgrenzungen: Regeln
Form: unterliegt Formstatut
Beweislast: unterliegt Vertragsstatut
Beweisführung: unterliegt der lex fori
Abgrenzungen: Beispiele
Englisches Recht: parol evidence rule
Französisches Recht: Art. 1341 Cc
Il doit être passé acte devant notaires ou sous
signatures privées de toutes choses excédant
une somme ou une valeur fixée par décret,
même pour dépôts volontaires, et il n'est reçu
aucune preuve par témoins contre et outre le
contenu aux actes, ni sur ce qui serait allégué
avoir été dit avant, lors ou depuis les actes,
encore qu'il s'agisse d'une somme ou valeur
moindre.
Consideration: Definition
Lush J in Currie v Misa (1875) LR 10 Ex 153:
“a valuable consideration, in the sense of the
law, may consist either in some right,
interest, profit or benefit accruing to the one
party, or some forbearance, detriment, loss or
responsibility given suffered, or undertaken
by the other.”
Cause
Article 1131 Cc
L'obligation sans cause, ou sur une fausse cause,
ou sur une cause illicite, ne peut avoir aucun
effet.
Causa
§ 812 BGB Herausgabeanspruch
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in
sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne
rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe
verpflichtet. ...
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag
erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des
Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
Geschäftsfähigkeit nach deutschem Recht
Das deutsche Recht unterscheidet zwischen Geschäftsunfähigen, beschränkt Geschäftsfähigen (7-17 Jahre) und
unbeschränkt Geschäftsfähigen.
Für Geschäftsunfähige und beschränkt Geschäftsfähige
können Eltern als gesetzliche Vertreter Verträge abschließen.
Beschränkt Geschäftsfähige können selbst kontrahieren. Der
Vertrag wird grundsätzlich nur wirksam, wenn die Eltern
zustimmen.
Beschränkt
Geschäftsfähige
können
vom
eigenen
Taschengeld Waren und Dienstleistungen selbst wirksam
erwerben, aber nicht auf Kredit.
Geschäftsfähigkeit nach französischem
Recht
Das französische Recht unterscheidet zwischen voll
Geschäftsfähigen und nicht voll Geschäftsfähigen, insbesondere den mineurs non émancipés.
Für nicht voll Geschäftsfähige können Eltern als gesetzliche
Vertreter Verträge abschließen, sind dabei aber mehr
Beschränkungen unterworfen als im deutschen Recht.
Minderjährige können sich ihren täglichen Bedarf selbst
vertraglich beschaffen, auch auf Kredit.
Darüber hinaus können Minderjährige allgemein solche
Rechtsgeschäfte vornehmen, für die ihre Einsichtsfähigkeit
ausreicht.
Geschäftsfähigkeit nach englischem Recht
Das englische Recht unterscheidet zwischen Geschäftsfähigen und nicht voll Geschäftsfähigen.
Für Eltern gibt es keine allgemeine Vollmacht, für ihre
Kinder Verträge abzuschließen.
Minderjährige
können
Verträge
über
sogenannte
„necessaries“ abschließen, auch auf Kredit. Gerichte
können den vereinbarten Preis auf einen angemessenen
herabsetzen.
Geschäftsfähigkeit im Vergleich
Englisches und französisches Recht unterscheiden zwischen
voll Geschäftsfähigen und nicht voll Geschäftsfähigen.
Letztere können selbst alle für ihren Lebensunterhalt
erforderlichen Geschäfte abschließen. Dabei lässt das
französische Recht den Minderjährigen einen etwas
weiteren Spielraum.
Deutsches und französisches Recht geben Eltern die
Möglichkeit, als gesetzliche Vertreter für das Kind Verträge
abzuschließen.
Statut der Rechts- und Geschäftsfähigkeit
Art. 7 EGBGB
(1) Die Rechtsfähigkeit und die Geschäftsfähigkeit einer Person unterliegen dem Recht des
Staates, dem die Person angehört. Dies gilt
auch, soweit die Geschäftsfähigkeit durch Eheschließung erweitert wird.
(2) Eine einmal erlangte Rechtsfähigkeit oder
Geschäftsfähigkeit wird durch Erwerb oder
Verlust der Rechtsstellung als Deutscher nicht
beeinträchtigt.
Grenzen des Geschäftsfähigkeits-Statutes
Art. 12 EGBGB (basiert auf Art. 11 RömVÜ)
Wird ein Vertrag zwischen Personen geschlossen, die sich in
demselben Staat befinden, so kann sich eine natürliche
Person, die nach den Sachvorschriften des Rechts dieses
Staates rechts-, geschäfts- und handlungsfähig wäre, nur
dann auf ihre aus den Sachvorschriften des Rechts eines
anderen Staates abgeleitete Rechts-, Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit berufen, wenn der andere Vertragsteil bei
Vertragsabschluß diese Rechts-, Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit kannte oder kennen mußte. Dies gilt nicht
für familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte
sowie für Verfügungen über ein in einem anderen Staat
belegenes Grundstück.
Irrtum
Unterscheidungen nach:
• Gegenstand
• Irrendem
• Verursacher
• Bedeutung
• Verschulden
Irrtum nach Art. 1109, 1110 Cc
Gegenstand: „la substance même de la chose“:
alle anderen Faktoren unerheblich
Gegenstand: Person des Vertragspartners, nur
wenn wesentlich; alle anderen Faktoren
unerheblich
Irrtum nach § 119 BGB
Gegenstand: Divergenz zwischen Erklärung und
Inhalt, alle anderen Faktoren unerheblich
Gegenstand:
Eigenschaften
des
Vertragsgegenstands oder –partners: nur verkehrswesentliche, alle anderen Faktoren unerheblich,
subsidiär zu Gewährleistungshaftung
Arglistige Täuschung - dol
§ 123 BGB / Art. 1109 Cd: Irrtum beruht auf
bewusster Fehlinformation der anderen Partei,
alle anderen Faktoren unerheblich
Misrepresentation
Irrtum verursacht von anderer Partei, muss –
außer bei „fraudulent misrepresentation“ „material“
sein,
alle
anderen
Faktoren
unerheblich, Verschulden weiterhin relevant für
Rechtsfolgen
Mistake
Beiderseitiger Irrtum über zentrale Umstände,
„going to the root of the contract“.
Irrtum über Existenz des
Vertragsgegenstands
Couturier v Hastie (1856) 5 HLC 673 (HL)
OLG Hamburg 31.1.1910, Seuff. Arch. 65, 160
(Thekla Bohlen)
McRae v Commonwealth Disposals Commission
(1951) 84 CLR 377 (HC Austr.)
Irrtum über Eigenschaften des
Vertragsgegenstands
Irrtümliche Annahme wertbildender Eigenschaften:
Leaf v. International Galleries [1950] 2 K.B. 86 (Constable)
RG 7.3.1932, RGZ 135, 339 (Ruisdael)
Irrtümliches Übersehen wertbildender Eigenschaften:
RG 22.2.1929, RGZ 124, 115 (Ming-Vase)
Civ.1 25.5.1992, Bull.civ. I no. 165 (Fragonard)
Hoge Raad 19.6.1959, Ned.Jur. 1960 Nr. 59 (Kantharos)
Handeln unter falschem Recht
BGH 28.1.1987, IPRax 1988, 109
In einer Ehe, die deutschem Recht unterstand, hatten die
Ehegatten in privatschriftlicher Form eine Morgengabe nach
islamischem Recht in Höhe von DM 100.000 vereinbart. Der
BGH zitierte auf S. 112 zustimmend das Berufungsgericht:
„... es komme darauf an, welche Bedeutung die Vereinbarung
habe, wenn man die auf das islamische Rechtsinstitut der
Morgengabe ausgerichtete Vorstellung der Parteien ins
Deutsche „übersetze“. Dieser Gedanke ... hat auch für die nach
deutschem Recht vorzunehmende Auslegung der Vereinbarung
Bedeutung. Denn damit ist zu prüfen, was die Parteien damit
zum Ausdruck gebracht haben, daß die 100.000 DM als
„Morgengabe“ gezahlt werden sollen.“
Drohung
Das französische und das deutsche Recht (Art. 1111 CC,
violance; § 123 BGB, Drohung) gehen diese Frage
grundsätzlich an und erfassen zunächst jede Androhung
(menace) eines empfindlichen Übels (mal, danger), welche
die freie Willensentscheidung des Erklärenden einschränkt.
Die Einschränkung erfolgt über das in beiden Kodifikation
ungeschriebene weitere Erfordernis, dass die Drohung
rechtswidrig (illégitime) ist.
In beiden Rechtsordnungen kann sich diese Rechtswidrigkeit
ergeben aus der Drohung mit einem rechtswidrigen Mittel
(z.B. Gewalt), der Anstrebung eines rechtswidrigen Zwecks
(z.B. Leistung ohne Anspruch) oder aus einer anstößigen
Kombination von Mittel und Zweck ergeben (Androhung einer
Strafanzeige, wenn eine damit nicht zusammenhängende
bestehende Forderung nicht befriedigt wird).
Duress
Universe Tankships Inc of Monrovia v International
Transport Workers Federation and Others (The
Universe Sentinel) [1983] AC 366, per Lord
Scarman. Duress erfordert dass:
• auf das Opfer illegitimer Druck ausgeübt wurde
und
• dieser Druck so gross war, dass der Wille des
Opfers gebeugt wurde.
Das englische Recht unterscheidet auch weiterhin
zwischen „duress against the person“, „duress
against goods“ und „economic duress“.
Undue Influence
Gerichte können einen Vertrag wegen undue
influence annulieren, falls
„there is a relationship of trust and
confidence“ (wird vermutet für Ehegatten,
Eltern und junge Kinder, Anwalt und Mandant,
Arzt und Patient) und
der Vertragsinhalt ist “not readily explainable
by the relationship between the parties”
(ehemals: „manifest disadvantage“)
Royal Bank of Scotland v Etridge (No. 2)
[2002] 2 AC 773
Vertretung
“Agency is the relationship arising where one
person, the principal (P), appoints another, the
agent (A), to bring about, modify or terminate
legal relations between the principal and one or
more third parties (T).” (Roy Goode)
Unterschiedliche Rechtsverhältnisse
Verhältnis Vertretener – Vertreter
(Innenverhältnis)
Verhältnis Vertretener – Dritter (Außenverhältnis)
Verhältnis Vertreter - Dritter
Abschlussvertreter
§ 55 HGB
(1) Die Vorschriften des § 54 finden auch Anwendung auf
Handlungsbevollmächtigte, die Handelsvertreter sind oder
die als Handlungsgehilfen damit betraut sind, außerhalb des
Betriebes des Prinzipals Geschäfte in dessen Namen
abzuschließen.
(2) Die ihnen erteilte Vollmacht zum Abschluß von
Geschäften bevollmächtigt sie nicht, abgeschlossene
Verträge zu ändern, insbesondere Zahlungsfristen zu
gewähren.
(3) Zur Annahme von Zahlungen sind sie nur berechtigt,
wenn sie dazu bevollmächtigt sind.
(4) ...
Ladenvollmacht
§ 56 HGB
Wer in einem Laden oder in einem offenen
Warenlager angestellt ist, gilt als ermächtigt zu
Verkäufen und Empfangnahmen, die in einem
derartigen Laden oder Warenlager gewöhnlich
geschehen.
Apparent authority (Anscheinsvollmacht)
Apparent authority:
1. Der
Vertretene
hat
durch
eigene
Erklärungen den Anschein erweckt, dass
der Vertreter eine entsprechende Vollmacht
hat.
2. Der Dritte vertraut auf diesen Anschein.
The Ocean Frost [1986] AC 717 (HL)
Der Fall betraf einen Vertrag, demzufolge die Kläger (Dritte)
das Schiff “The Ocean Frost” von der beklagten Firma
(Vertretene) kaufen und für drei Jahre an sie zurückleasen
sollten (sale and lease back). Ein Vizepräsident (Vertreter)
der Beklagten, von einem Vermittler bestochen, behauptete
wahrheitswidrig gegenüber den Dritten, dass er hierzu
bevollmächtigt sei. Tatsächlich hatte er lediglich Vollmacht
für einen entsprechenden Vertrag mit einer Laufzeit von
einem Jahr. Vertreter und Dritte unterzeichneten zwei
getrennte Verträge: einen mit einer dreijährigen Laufzeit
und einen mit einer einjährigen. Der Vermittler hatte den
Dritten gesagt, der einjährige Vertrag würde aus internen
Gründen benötigt, und nur der andere Vertrag mit der
dreijährigen Klausel sei von den Partein beabsichtigt. Die
Vertretene erhielt nur eine Kopie des einjährigen, nicht aber
des dreijährigen Vertrags.
Cass. plén. 13.12.1962, D. 1963, 277
Zusammenfassung von Kötz, Europäisches Vertragsrecht:
„Es ging um einen Fall, in dem eine als Aktiengesellschaft
organisierte Bank aus einer Bürgschaftserklärung in
Anspruch genommen wurde, die allein von ihrem
Vorstandsvorsitzenden unterzeichnet worden war. Die Bank
verteidigte sich – was nach damaligem Recht noch zulässig
war – mit dem Hinweis darauf, daß nach ihrer Satzung in
einem
solchen
Fall
die
Unterschrift
zweier
Vorstandsmitglieder erforderlich gewesen wäre. Sie machte
ferner
geltend,
daß
die
Satzung
ordnungsgemäß
veröffentlicht worden sei und ihr daher ein Verschulden
nicht vorgeworfen werden könne.“
BGH 5.3.1998, NJW 1998, 1854
Die Beklagte war ein Wirtschaftsberatungs- und Finanzbetreuungsunternehmen. Ihre Außendienstmitarbeiter vermittelten
weisungswidrig Kapitalanlagen, die nicht im gültigen Produktplan der Beklagten enthalten waren. In diesem Fall ging es um
Handelsgeschäfte mit Bankgarantien (SCL-Geschäfte, standard
letters of credit). Die Beklagte hatte ursprünglich solche
Geschäfte geduldet und einen darin besonders erfolgreichen
Mitarbeiter, S, in einer internen Zeitschrift als „Finanzgenie von
seltenen Gnaden“ gefeiert. Später wurde dieser Mitarbeiter
abgemahnt und musste eine strafbewehrte Verpflichtungserklärung unterschreiben. Die Klägerin, die schon seit
längerem über die Beklagte investierte, schloss nachfolgend
mit B, einem anderen Außendienstmitarbeiter der Beklagten,
ein SLC-Geschäft über DM 100.000, das über ein
Treuhandkonto des abgemahnten Mitarbeiters S abgewickelt
wurde. Das Geld wurde nie zurückgezahlt. Die Klägerin nahm
die Beklagte in Anspruch.
BGH aaO:
Die Beklagte genügte ihrer Sorgfaltspflicht auch nicht, als sie
sich im Frühjahr 1993 darauf beschränkte, S. in seine Schranken zu weisen und allein darauf zu vertrauen, er werde sich
künftig an seine Unterlassungsverpflichtung halten. ... Da S. als
Führungskraft bei der Beklagten eingestuft war, mußte sich für
die Beklagte - auch im Hinblick auf frühere Darstellungen seiner
Qualitäten - aufdrängen, daß auch weitere Mitarbeiter in seinem
Umfeld einbezogen und dementsprechend auf ihre Pflichten hinzuweisen waren. Abgesehen davon, daß die Beklagte Altkunden,
zu denen nach dem unwidersprochenen Vortrag auch die Kläger
gehörten, informieren konnte, hätte sie zumindest ihre in Berlin
tätigen Mitarbeiter unterrichten müssen, um sicherzustellen,
daß der nach außen sichtbar gewordene Rechtsschein von S.
oder anderen Mitarbeitern seiner Umgebung nicht aufrechterhalten, sondern wirksam beseitigt wurde (...). Eine solche Maßnahme hätte aller Voraussicht nach dazu geführt, daß die Kläger
das Anlagegeschäft nicht über den Mitarbeiter B. eingegangen
wären.
Undisclosed Agency
Im englischen Recht kann der Vertreter den Vertretenen
grundsätzlich
auch
dann
binden,
wenn
er
das
Vertretungsverhältnis nicht offenlegt.
Historisch gibt es Bezüge zur englischen Doktrin der privity
of contract, wonach Dritte keine Ansprüche aus Verträgen
zwischen zwei anderen Parteien herleiten können.
Das ist mittlerweile geändert worden durch den Contracts
(Rights of Third Parties) Act 1999
Undisclosed Agency
Diplock LJ in Teheran-Europe Co Ltd v ST Belton (Tractors)
Ltd [1968] 2 QB 545 (CA), at 555:
“Where an agent has such actual authority and enters into
a contract with another party intending to do so on behalf
of his principal, it matters not whether he discloses to the
other party the identity of his principal, or even that he is
contracting on behalf of a principal at all, if the other party
is willing or leads the agent to believe that he is willing to
treat as a party to the contract anyone on whose behalf the
agent may have been authorised to contract. In the case of
an ordinary commercial contract such willingness of the
other party may be assumed by the agent unless either the
other party manifests his unwillingness or there are other
circumstances which should lead the agent to realise that
the other party was not so willing.”
Haftung des vollmachtlosen Vertreters
1. Auf
Erfüllungsschaden:
so
grundsätzlich
nach
englischem Recht. In Frankreich und Deutschland nur,
wenn der Vertreter den Mangel kannte.
2. Auf Vertrauensschaden: nach französischem
deutschem Recht in den anderen Fällen, außer:
und
3. Keine Haftung, wenn der Dritte den Mangel kannte oder
kennen musste. Im französischen Recht grundsätzlich
auch nicht, wenn der Vertreter dem Dritten „une
suffisante connaisance de ses pouvoirs“ gegeben hat.
Anwendbares Recht
Außenverhältnis und Innenverhältnis bestimmen
sich nach allgemeinen vertragsrechtlichen Regeln.
Problematisch ist die Bestimmung des auf die
Vollmacht
anwendbaren
Rechts.
Als
Anknüpfungspunkte
kommen
insbesondere
Wirkungsort,
Gebrauchsort
und
Ort
der
Niederlassung des Vertreters in Betracht.
Haager Übereinkommen
Haager Übereinkommen vom 14.3.1978 über das auf
Vertreterverträge und die Stellvertretung anzuwendende Recht
Nach Art. 14 ist bei der Rechtswahl des Vollmachtsstatuts die
persönliche Zustimmung des Vertretenen erforderlich.
Nach Art. 11 erfolgt die objektive Anknüpfung grundsätzlich am
Geschäftssitz des Vertreters.
Nach Art. 12 gilt stattdessen das Recht des Gebrauchsortes,
wenn a) der Vertretene oder b) der Dritte dort seinen
Geschäftssitz hat oder wenn c) der Vertreter dort an einer
Börse oder bei einer Auktion gehandelt hat, oder wenn d) der
Vertreter keinen Geschäftssitz hat; ist im letzten Fall der
Vertreter beim Vertretenen angestellt beschäftigt, so gilt der
Geschäftssitz des Vertretenen.
Gesetzverstoß
Ein Vertrag kann wegen Gesetzesverstoß nichtig
sein. Im französischen Recht fehlt dann eine
Wirksamkeitsvoraussetzung (cause licite), im
deutschen Recht lässt § 134 den Vertrag
unwirksam werden, im englischen Recht ist dies
ein Fall von „illegality“. Das ist regelmäßig der
Fall,
wenn
beide
Parteien
gesetzeswidrig
gehandelt haben, im englischen Recht aber nur,
wenn die rechtswidrige Handlung zu den
anspruchsbegründenden Tatsachen gehört (nemo
auditur rule).
Illegality in Tinsley v Milligan
Tinsley v Milligan [1994] 1 AC 340 (HL). Die
Parteien kauften gemeinschaftlich ein Haus,
registrierten dies aber nur im Namen der
Klägerin, damit die Beklagte betrügerisch
Sozialhilfe in Anspruch nehmen konnte. Die
Parteien trennten sich, die Klägerin zog aus und
klagte auf Herausgabe der Wohnung. Der Erfolg
der Klage hing nach der nemo auditur rule davon
ab, ob die rechtswidrige Handlung zu den
Tatsachen zählte, auf welche die Einrede der
Beklagten sich stützte.
Einseitiger Gesetzesverstoß
BGH 22.9.1983, NJW 1984, 230 = MLD case 29.
Die Klägerin, eine Metallbaufirma, verlangte
Zahlung für die Lieferung und den Einbau von
Fenstern und Türen. Die Beklagte wandte ein,
dass die Klägerin als Handwerksbetrieb nicht
eingetragen war und mangels Handwerksmeister
auch nicht hätte eingetragen werden können, und
dass der Werkvertrag deshalb nichtig sei.
Der BGH führte aus:
„Die Frage, ob verbotswidrige Rechtsgeschäfte nach § 134 BGB
nichtig sind, ist aus Sinn und Zweck der jeweiligen Verbotsvorschrift zu beantworten. Entscheidend ist, ob das Gesetz sich
nicht nur gegen den Abschluß des Rechtsgeschäfts wendet,
sondern auch gegen seine privatrechtliche Wirksamkeit und
damit gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg (...). Selbst die
Tatsache, daß eine Handlung unter Strafe gestellt oder als
Ordnungswidrigkeit mit Buße bedroht ist (...), bewirkt nicht
unabweislich
die
Nichtigkeit
des
bürgerlichrechtlichen
Geschäfts. Das gilt vor allem dann, wenn das Verbot nur eine
der vertragsschließenden Parteien – wie hier die Kl. – betrifft;
in der Regel ist ein solcher Vertrag gültig. In besonderen Fällen
folgt die Nichtigkeit allerdings auch aus der Verletzung einseitiger Verbote, falls der Zweck des Gesetzes anders nicht zu
erreichen ist ... Eine solche Ausnahme liegt beispielsweise vor,
wenn das Verbotsgesetz gerade dem Schutz des einzelnen
Verbrauchers und damit auch des jeweiligen Vertragspartners
dient (...).
Einseitiger Gesetzesverstoß
St John Shipping Corp. v Joseph Rank Ltd [1957] 1
QB 267 (QBD) 1932. Ein Gesetz schrieb vor, dass
Schiffe “shall not be so loaded as to submerge …
the load line”. Das fragliche Schiff war bei der
Ankunft überladen. Dem verantwortlichen master
wurde dafür eine Geldstrafe auferlegt. Diese war
aufgrund Inflation geringer als der mit der
Überladung erzielte Gewinn. Die Beklagten, die mit
dem Schiff hatten Waren befördern lassen, hielten
vom vereinbarten Frachtentgelt eine Summe
zurück, die dem Verhältnis zwischen tatsächlichem
Gewicht der Ladung zur zulässigen Ladung
entsprach.
Einseitiger Gesetzesverstoß
Cass.civ.1 15.2.1961, Bull. Civ. I.105.
Ein Gerichtsvollzieher vermittelte den Verkauf
eines
Grundstücks
und
erhielt
dafür
vereinbarungsgemäß vom Käufer einen Wechsel
über FF162.500. Später wandte der Käufer gegen
den Wechsel ein, dass es Gerichtsvollziehern
gesetzlich verboten war, als Makler zu handeln.
Inhaltskontrolle bei Allgemeinen
Geschäftsbedingungen
Seit 1993 europaweit geregelt durch EU-Richtlinie
über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen. Umsetzung in:
Großbritannien: durch die Unfair Terms in Consumer
Contracts Regulations 1999
Frankreich: durch Integrierung in Art. L. 132-I Code
de la consommation
Deutschland: durch Integrierung in §§ 305-310 BGB
AGB: Abweichung von wesentlichen
Grundgedanken
§ 307 BGB
(1) ...
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im
Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1.
mit
wesentlichen
Grundgedanken
der
gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird,
nicht zu vereinbaren ist, oder
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus
der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt,
dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet
ist.
BGH 30.11.1993, BGHZ 124, 254
Deutsche Banken hatten in ihren Allgemeinen
Geschäftsbedingungen Vorschriften eingeführt, denen
zufolge jede Auszahlung von Geld über die
Geldautomaten der Bank eine Gebühr nach sich zog.
Der Bundesgerichtshof
befand, dies sei mit
wesentlichen Grundgedanken des Bankvertrags nicht
zu vereinbaren. Die Rückauszahlung des eingelegten
Geldes sei eine der Hauptpflichten der Bank. Den
Vorschriften des BGB über die Erfüllung einer
Verbindlichkeit sei der wesentliche Grundgedanke zu
entnehmen, dass der Schuldner für diese Erfüllung
seiner Schuld keine Gebühr kassieren dürfe.
Cass.com. 22.10.1996, D 1997, 121
Ein Brief-Express-Dienst, der versprach, jedes
Poststück spätestens am übernächsten Tag mittags
abzuliefern, hatte in seinen AGB die Haftung dafür
auf die Rückerstattung der Beförderungsgebühr
beschränkt. Die Cour de Cassation befand, dass die
Haftungsklausel die Hauptleistung gegenüber einem
allgemeinen, billigeren Postbeförderungsvertrag so
stark einschränkte, dass die Klausel als nicht
geschrieben zu gelten habe – weil es sonst dem
Vertrag an der „cause“ fehle.
Zwingende Vorschriften nach RömVÜ
Art. 7
(1) Bei Anwendung des Rechts eines bestimmten Staates auf
Grund
dieses
Übereinkommens
kann
den
zwingenden
Bestimmungen des Rechts eines anderen Staates, mit dem der
Sachverhalt eine enge Verbindung aufweist, Wirkung verliehen
werden, soweit diese Bestimmungen nach dem Recht des
letztgenannten Staates ohne Rücksicht darauf anzuwenden sind,
welchem Recht der Vertrag unterliegt. Bei der Entscheidung, ob
diesen zwingenden Bestimmungen Wirkung zu verleihen ist, sind
ihre Natur und ihr Gegenstand sowie die Folgen zu
berücksichtigen, die sich aus ihrer Anwendung oder ihrer
Nichtanwendung ergeben.
(2) Dieses Übereinkommen berührt nicht die Anwendung der
nach dem Recht des Staates des angerufenen Gerichtes
geltenden Bestimmungen, die ohne Rücksicht auf das auf den
Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regeln.
Zwingende Vorschriften nach EGBGB
Artikel 34 EGBGB
Zwingende Vorschriften
Dieser
Unterabschnitt
berührt
nicht
die
Anwendung der Bestimmungen des deutschen
Rechts, die ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag
anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend
regeln.
Ausländische Eingriffsnormen: Beispiele
BGH 22.5.1972, BGHZ 59, 82 – nigerianisches
Exportverbot für Kulturgüter
BGH 21.12.1960, NJW 1961, 882 – USamerikanisches Exportverbot für Borax in
kommunistische Staaten
Berücksichtigung nicht anwendbarer
Eingriffsnormen
RG 28.6.1918, RGZ 93, 182, 184 (trading with the enemy):
„Die Beklagte hat sich darauf berufen, daß ihr infolge des englischen Handelsverbots die Erfüllung ihrer Kontrakte unmöglich
geworden sei. In diesem Sinne hatte das Berufungsgericht die
Wirkung des englischen Verbots auf die unter englischem Rechte
stehende Beklagte zu prüfen; es konnte und durfte also die Augen
vor dem Bestehen der Englischen ACT nicht verschließen. Und
wenn es zu dem Ergebnis gelangt, daß das englische Gesetz mit
seinen schweren Strafdrohungen, in Verbindung mit der strengen
Zensur und den scharfen Kontrollmaßregeln der englischen
Regierung, einen so starken Hinderungsgrund für die Erfüllung
der Kontrakte dargestellt hat, daß … Unmöglichkeit der Erfüllung
vorlag (…), so hat es das englische Gesetz nicht angewendet,
sondern nur entschieden, ob dieses im Sinne des deutschen
Rechts ein Hindernis für die Vertragserfüllung gebildet, eine
tatsächliche Unmöglichkeit für sie geschaffen hat.“
Vertragskonforme Leistung
Re Moore & Co and Landauer & Co [1921] 2 QB 519 (CA). Ein
Kaufvertrag über 3.000 Dosen eingemachtes Obst sah vor, dass
diese in Kisten zu je 30 Dosen zu verpacken waren. Tatsächlich
wurde nur die Hälfte der Ware so angeliefert, während die
andere Hälfte in Kisten mit je 24 Dosen verpackt war.
In erster Instanz gab ein Schiedsgericht dem Verkäufer recht.
Der Court of Appeal befand dagegen, dass der Käufer die
Lieferung als nicht vertragskonform ablehnen durfte. LJ
Scrutton führte aus, dass der Käufer die Ware möglicherweise
zu denselben Bedingungen weiterverkauft hatte. Jedenfalls
habe der Käufer einen Anspruch auf vertragskonforme Ware.
Art. 32 EGBGB
Geltungsbereich des auf den Vertrag anzuwendenden Rechts
(1) Das nach den Artikeln 27 bis 30 und nach Artikel 33 Abs. 1
und 2 auf einen Vertrag anzuwendende Recht ist insbesondere
maßgebend für
1. seine Auslegung,
2. die Erfüllung der durch ihn begründeten Verpflichtungen,
...
(2) In bezug auf die Art und Weise der Erfüllung und die vom
Gläubiger im Fall mangelhafter Erfüllung zu treffenden
Maßnahmen ist das Recht des Staates, in dem die Erfüllung
erfolgt, zu berücksichtigen.
(3) ...
Leistungsstörungen
Eine Leistungsstörung liegt, vor, wenn ein gültiger Vertrag nicht
so wie vereinbart ausgeführt wird.
1. Eine vertraglich geschuldete Leistung kann nicht mehr
erbracht werden – nachträgliche Unmöglichkeit, frustration,
force majeure.
2. Einer Partei ist ein Festhalten am Vertrag nicht zumutbar –
Geschäftsgrundlage, frustration, imprévision.
3. Eine vertraglich geschuldete Leistung wird zu spät oder gar
nicht erbracht – Vertragsbruch (Verzug)
4. Es wird geleistet, aber nicht so wie vertraglich geschuldet –
Vertragsbruch (Schlechtleistung).
Geschäftsgrundlage nach BGB
§ 313 Störung der Geschäftsgrundlage
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so
kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil
unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind,
sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil
nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag
zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.
Äquivalenzstörung: Imprévision
Cass.civ. 6.3.1876, Canal de Craponne, D.
1876.I.93
Verträge von 1560 und 1567 gewährte das Recht
zur Wasserentnahme aus einem Kanal für gegen
einen fixierten Betrag. Dreihundert Jahre später
war dieser Betrag völlig außer Verhältnis zu den
Gestehungskosten. Die Cour de Cassation hielt an
dem Vertrag fest.
Anders der Conseil d‘État, 9.3.1932, Gaz de
Bordeaux, S. 1933.3.39.
Äquivalenzstörung: Frustration
Staffordshire AHA v South Staffordshire
Waterworks [1978] 1 WLR 1387 (CA)
Ein Vertrag von 1929 gab einem Krankenhaus das
Recht, täglich 5000 Gallonen Wasser umsonst und
den weiteren Bedarf zu einem fixierten günstigen
Betrag zu beziehen, “at all times hereafter”. Die
Gestehungspreise für Wasser waren bis 1978 auf
das 20-fache gestiegen. Der Court of Appeal
wandte nicht die doctrine of frustration an,
konstruierte aber im Wege der Auslegung ein
Lösungsrecht für den Wasserlieferanten.
Äquivalenzstörung: Geschäftsgrundlage
RG 21.9.1920 (III. ZS), RGZ 100, 129. Ein
gewerblicher Mietvertrag von 1917 sah feste
Preise für die Lieferung von Wasserdampf vor.
Infolge der Hyperinflation machten diese Preise
1919 einen verschwindend kleinen Bruchteil der
Gestehungskosten aus. Das Reichsgericht passte
in Analogie zur Unmöglichkeit nach Treu und
Glauben den Preis an, hätte aber auch eine
Lösung vom Vertrag gestattet.
(Die
Geschäftsgrundlage
erwähnt
das
Reichsgericht selten, erstmals in RG 3.2.1922 (II.
ZS), RGZ 103, 328, 332.)
Zweckverfehlung
Krell v Henry [1903] 2 KB 740 (CA)
Der Beklagte hatte vom Kläger für £75 eine Wohnung in
Pall Mall für den 26. und 27. Juni 1902 gemietet. An
diesen Tagen sollten die Kröungsfeierlichkeiten für Edward
VII stattfinden und dabei die Prozession auch durch Pall
Mall
ziehen.
Nach
Vertragsschluss
wurden
die
Feierlichkeiten wegen Krankheit des Königs abgesagt.
Der Court of Appeal wies die Zahlungsklage ab und
befand, die doctrine of frustration sei anwendbar "to cases
where the event which renders the contract incapable of
performance is the cessation or non-existence of an
express condition or state of things, going to the root of
the contract, and essential to its performance.” (Vaughan
Williams LJ)
Vertragliche Pflichten nach § 241 BGB
§ 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der
Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine
Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in
einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt
jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte,
Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils
verpflichten.
Vertragliche Pflichten und Vertragsbruch
Hauptpflichten und Nebenpflichten
Primärpflichten und Sekundärpflichten
Erfolgspflichten und Sorgfaltspflichten (obligations
de moyens und obligations de résultat)
Wesentlicher und nicht wesentlicher Vertragsbruch
Verletzung vertraglicher Nebenpflichten
BGH 5.4.1967, BGHZ 47, 312. Die Beklagte lieferte der
klagenden Baufirma einen Zementmischer. Schon bei der
zweiten Ladung band der Zement nicht richtig ab, mit der Folge,
dass die Baufirma ihre Arbeit mit hohem Kostenaufwand
wiederholen musste. Es stellte sich heraus, dass der Ventilator
des Zementmischers durch Staub und Eis blockiert war. Die
Wartungsanleitung
zum
Zementmischer
enthielt
keine
Informationen zur Wartung des Ventilators und erwähnte auch
nicht, dass bei niederen Temperaturen der Umgang mit dem
Zementmischer ganz besondere Sorgfalt erforderte. Darin sah
der BGH eine Verletzung einer Nebenpflicht und ließ die
Beklagte dafür haften.
Verletzung vertraglicher Nebenpflichten
H. Parsons (Livestock) Ltd v Uttley Ingham & Co. Ltd [1978]
QB 791 (CA)
Die Klägerin betrieb eine Schweinezucht. Die Beklagte lieferte
und installierte ein Silo für Futternüsse. Die Lüftungsklappe
des Silos war für den Transport geschlossen und durch ein
Versehen der Leute der Beklagten bei der Installation nicht
wieder geöffnet worden. Das Silo war über 25 Meter hoch,
und vom Boden aus ließ sich nicht feststellen, ob die
Lüftungsklappe offen oder geschlossen war. Infolge
mangelnder Lüftung schimmelten die Nüsse. Die Schweine
erkrankten, woraufhin E-coli ausbrach und 254 Schweine
starben.
Scarman LJ beschrieb die vertraglichen Pflichten in diesem Fall
wie folgt:
“Accordingly, the contract included the following terms: (1) that
the hopper would be suitable for the plaintiffs' requirements: an
express term; (2) that the hopper would have a ventilated top:
an express term; (3) that the hopper was of merchantable
quality: an implied term under s 14(2) of the Sale of Goods Act
1893; and (4) that the hopper was reasonably fit for storing pig
nuts to be fed to the plaintiffs' pigs: an implied term under s
14(1) of the 1893 Act.”
Erfolgspflicht oder Sorgfaltspflicht: § 276 BGB
§ 276 Verantwortlichkeit des Schuldners
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu
vertreten, wenn eine strengere oder mildere
Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen
Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus
der Übernahme einer Garantie oder eines
Beschaffungsrisikos
zu
entnehmen
ist.
Die
Vorschriften der §§ 827 und 828 finden
entsprechende Anwendung.
(2) – (3) ...
Wesentlicher und nicht wesentlicher
Vertragsbruch
Nach französischem Recht liegt ein wesentlicher Vertragsbruch,
der zum Rücktritt berechtigt, nur vor, wenn nach Feststellung
des Gerichts das wirtschaftliche Ziel des Vertrags nicht mehr
erreicht werden kann.
Das englische Recht überließ diese Frage weitgehend den
Parteien, insbesondere ob der Bruch sich auf eine „condition“
oder „warranty“ bezog, hat sich aber mit der Einführung einer
dritten Kategorie von „innominate Terms“ dem französischen
Recht angenähert.
Das deutsche Recht geht im neuen § 323 Abs. 5 S. 2
grundsätzlich davon aus, dass Vertragsverletzungen wesentlich
sind und formuliert deshalb negativ: „Hat der Schuldner die
Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger
vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung
unerheblich ist.“
Wesentlicher Vertragsbruch im englischen Recht
Hong Kong Fir Shipping Co v Kawasaki Kishen Kaisha Ltd
[1962] 2 QB 26 (CA)
Der Fall betraf einen Chartervertrag, in dem als “condition”
ausgemacht war, dass das Schiff seetauglich sein musste.
Auf dem Schiff gab es eine Reihe von Problemen. Im
Maschinenraum fehlte es an Personal, und das vorhandene
Personal war nicht richtig ausgebildet und verursachte
Maschinenschäden. Diese und andere Probleme wurden
schließlich behoben. Mittlerweile waren Frachtpreise stark
gefallen, und die Charterer wollten sich vom Vertrag lösen.
Der Court of Appeal befand, dass unabhängig von der
vertraglichen Einordnung von „seaworthiness“ dies ein
sogenannter „innominate term“ sei.
In der Sache führte LJ Seller aus:
“It would be unthinkable that all the relatively trivial matters which
have been held to be unseaworthiness could be regarded as
conditions of the contract or conditions precedent to a charterer's
liability and justify in themselves a cancellation or refusal to
perform on the part of the charterer.
…
If what is done or not done in breach of the contractual obligation
does not make the performance a totally different performance of
the contract from that intended by the parties, it is not so
fundamental as to undermine the whole contract. Many existing
conditions of unseaworthiness can be remedied by attention or
repairs, many are intended to be rectified as the voyage proceeds,
so that the vessel becomes seaworthy; and, as the judgment points
out n(1), the breach of a shipowner's obligation to deliver a
seaworthy vessel has not been held by itself to entitle a charterer
to escape from the charterparty. The charterer may rightly
terminate the engagement if the delay in remedying any breach is
so long in fact, or likely to be so long in reasonable anticipation,
that the commercial purpose of the contract would be frustrated.”
Leistung und specific performance
Das deutsche Recht sieht den Primäranspruch auf Leistung als
grundsätzlichen Rechtsbehelf vor - § 241 (1) BGB.
Der Code civil scheint in Art. 1142 davon auszugehen, dass
sich bei Nichterfüllung der Primäranspruch grundsätzlich in
einen Sekundäranspruch auf Schadensersatz umwandelt. Die
Praxis sieht aber ähnlich aus wie die deutsche.
Im
englischen
Recht
gibt
es
grundsätzlich
keinen
Erfüllungsanspruch. Ausgenommen sind Zahlungsansprüche,
Spezies- und Grundstückskauf. Es steht im Ermessen des
Gerichts, ob ausnahmsweise „specific performance“ angeordet
wird.
Specific performance
Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings)
Ltd [1997] 2 WLR 898 (HL). Die Klägerin betrieb ein
Einkaufzentrum. Die Beklagte hatte sich verpflichtet, dort für
die Laufzeit des Vertrags einen Supermarkt zu betreiben, wollte
den defizitären Betrieb aber vorzeitig aufgeben. Die Klägerin
verlangte Vertragsdurchführung.
Lord Hoffmann:
Specific performance is traditionally regarded in English law as
an exceptional remedy, as opposed to the common law
damages to which a successful plaintiff is entitled as of right.
There may have been some element of later rationalisation of
an untidier history, but by the 19th century it was orthodox
doctrine that the power to decree specific performance was
part of the discretionary jurisdiction of the Court of Chancery
to do justice in cases in which the remedies available at
common law were inadequate. This is the basis of the general
principle that specific performance will not be ordered when
damages are an adequate remedy. By contrast, in countries
with legal systems based on civil law, such as France, Germany
and Scotland, the plaintiff is prima facie entitled to specific
performance. The cases in which he is confined to a claim for
damages are regarded as the exceptions. In practice, however,
there is less difference between common law and civilian
systems than these general statements might lead one to
suppose.
It is true that the defendant has, by his own breach of
contract, put himself in such an unfortunate position. But the
purpose of the law of contract is not to punish wrongdoing but
to satisfy the expectations of the party entitled to
performance. A remedy which enables him to secure, in
money terms, more than the performance due to him is
unjust. From a wider perspective, it cannot be in the public
interest for the courts to require someone to carry on business
at a loss if there is any plausible alternative by which the other
party can be given compensation. It is not only a waste of
resources but yokes the parties together in a continuing
hostile relationship. The order for specific performance
prolongs the battle. If the defendant is ordered to run a
business, its conduct becomes the subject of a flow of
complaints, solicitors' letters and affidavits. This is wasteful for
both parties and the legal system. An award of damages, on
the other hand, brings the litigation to an end. The defendant
pays damages, the forensic link between them is severed,
they go their separate ways and the wounds of conflict can
heal.
Leistungsanspruch nach französischem
Recht
Art. 1142 Cc:
Toute obligation de faire ou de ne pas faire se résout en
dommages et intérêts, en cas d’inexécution de la part du
débiteur.
Jede Verpflichtung zum Handeln
oder Unterlassen
verwandelt sich bei Nichterfüllung durch den Schuldner in
einen Anspruch auf Schadensersatz.
Cass.civ. 20.1.1953, JCP 1953.II.7677
Bei einem Spezieskauf wandte der Verkäufer ein, er könne
die geschuldeten Waren nicht beschaffen. Der Tatrichter
verurteilte den Verkäufer zur Lieferung gleichwertiger
Waren. Der Verkäufer sah darin einen Verstoß gegen Art.
1142 Cc. Die Cour de Cassation bestätigte das Urteil.
Leistungsanspruch nach deutschem Recht
BGH 10.10.1985, BGHZ 96, 111
Bei der Ausführung eines Werkvertrags hatte der
Unternehmer Türen und Fenstern mit einem K-Wert
(Wärmedurchgangskoeffizient) von 3,8 eingebaut, während
der Vertrag 2,4-2,6 vorsah. Der Kunde klagte auf Lieferung
und Einbau von vertragskonformen Türen und Fenstern. Der
Unternehmer wandte u.a. ein, dass die Kosten für diese
Nachbesserung unverhältnismäßig hoch i.S.v. § 635 Abs. 3
BGB seien. Der BGH befand, bei der Prüfung der
Verhältnismäßigkeit seien die Kosten mit den längerfristigen
Nutzen der Nachbesserung zu vergleichen. Lohnkosten seien
dabei nicht zu berücksichtigen.
Rücktritt – ein Überblick nach § 323 BGB
§ 323
Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter
Leistung
(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige
Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er
dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder
Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.
(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn
1. der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2. der Schuldner die Leistung zu einem im Vertrag bestimmten Termin
oder innerhalb einer bestimmten Frist nicht bewirkt und der Gläubiger im
Vertrag den Fortbestand seines Leistungsinteresses an die Rechtzeitigkeit
der Leistung gebunden hat oder
3. besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung
beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.
(3(3) – (6) ...
der
Erfüllungsverweigerung nach deutschem
Recht
BGH 13.11.1953, BGHZ 11, 80 (Ouistreham)
Bei einem Frachtvertrag weigerte sich die Beklagte trotz
mehrmaliger Aufforderungen ausdrücklich, die vereinbarten
Ladungen zur Verfügung zu stellen. Daraufhin erklärte die
Klägerin den Vertrag für nicht erfüllt, zog das Schiff aus New
York zurück und behielt sich Ansprüche auf Schadensersatz vor.
Schließlich klagte sie auf Erstattung der Kosten für die vergebliche Reise nach New York. Nach §§ 569f HGB hätte die Klägerin
zunächst eine Nachfrist setzen müssen. Der BGH befand, dass
unter den gegebenen Umständen eine Nachfrist nicht
erforderlich war. Dabei hob der BGH hervor, dass die Beklagte
die Klägern mehrfach an nicht existierende Firmen verwiesen
und wissentlich falsche Behauptungen über die Finanzierung des
Frachtvertrags durch Banken gemacht habe. Nach Treu und
Glauben sei unter diesen Umständen der Klägerin nicht
zuzumuten gewesen, noch eine weitere Nachfrist zu stellen.
Anticipatory breach
Avery v Bowden (1855) 5 E & B 714; (1856) 6 E.&B. 953
Ein Frachvertrag sah vor, dass das Schiff “Lebanon” nach
Konstantinopel, von dort nach Odessa und anschließend nach
Hull segeln sollte. Im Falle eines Kriegsausbruchs sollte das
Schiff in Konstantinopel Fracht zu einer geringeren Rate
aufnehmen. Die Vertreter der Beklagten in Konstantinopel hatten
keine Fracht und drängten den Schiffsmaster, erst in Odessa
Fracht aufzunehmen. Das Schiff kam am 11. März 1854 in
Odessa an. Dort wurde ebenfalls keine Fracht angeboten. Am 1.
April brach Krieg zwischen Großbritannien und Russland aus. Das
Schiff segelte ohne Ladung zurück.
Lord Campbell CJ:
… if the defendant, within the running days and before the
declaration of war, had positively informed the captain of The
"Lebanon" that no cargo had been provided or would be
provided for him at Odessa, and that there was no use in his
remaining there any longer, the captain might have treated this
as a breach and renunciation of the contract; and thereupon,
sailing away from Odessa, he might have loaded a cargo at a
friendly port from another person; whereupon the plaintiff
would have had a right to maintain an action on the charter
party to recover damages equal to the loss he had sustained
from the breach of contract on the part of the defendant. The
language used by the defendant's agent before the declaration
of war can hardly be considered as amounting to a renunciation
of the contract: but, if it had been much stronger, we conceive
that it could not be considered as constituting a cause of action
after the captain still continued to insist upon having a cargo in
fulfilment of the charter party.
Nachfrist: Überblick
Nach deutschem und englischem Recht muss der
Gläubiger dem säumigen Schuldner zunächst eine
Nachfrist zur Erfüllung des Vertrags setzen. Nach
fruchtlosem Verstreichen dieser Nachfrist kann
der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten. Das
französischen Recht sieht in Art. 1184 Cc eine
Nachfrist nicht vor, wohl weil grundsätzlich nur
das Gericht den Vertrag auflösen und dieser bis
dahin noch erfüllt werden kann.
Nachfrist
RG 11.4.1902, RGZ 50, 255
Nachdem der Verkäufer von mehreren Ladungen Petroleum
dem Käufer mitgeteilt hatte, dass er seine Zahlungen habe
einstellen müssen, erkärte der Käufer Rücktritt vom Vertrag.
Der Verkäufer bot Lieferung an und forderte den Käufer
nachfolgend auf, innerhalb von drei Tagen Tankschiffe für die
fälligen Lieferungen zur Verfügung zu stellen. Der Käufer
beharrte darauf, dass der Vertrag nicht mehr bestehe. Der
Verkäufer klagte auf Schadensersatz.
Das Reichsgericht sah in der Zahlungsunfähigkeit von V keinen
Grund für einen Rücktritt durch V und sprach dem Verkäufer
ein Schadensersatzrecht aus § 326 (in der damaligen Fassung)
zu. Dabei grenzte das RG § 326 BGB von Art. 1184 Cc ab.
Making Time of the Essence
Behzadi v Shaftesbury Hotels Ltd [1992] Ch 1 (CA)
Der Fall betraf einen Kaufvertrag über Grundstücke
mit zwei Hotels. Die beklagten Verkäufer hatten
gewisse Probleme dabei, beim Grundbuchamt (Land
Registry) einen für den Eigentumsübergang
erforderlichen Zwischenschritt herbeizuführen. Die
klagende Käuferin setzte für diesen Zwischenschritt
mit Briefen vom 23. und 30. August eine Frist bis
zum 6. September, erklärte am 7. September
Rücktritt vom Vertrag und verlangte ihre Anzahlung
zurück.
Nourse LJ:
Accepting that the vendor's solicitors could have applied more
pressure on the Land Registry, could have made further
inquiries of the mortgagee's solicitors and should have kept the
purchaser's solicitors better informed, I nevertheless think that
with the information which was available on 30 August it was
unreasonable to require compliance within no more than seven
days. The purchaser's solicitors had not themselves treated the
matter as urgent before their letter of 10 August and on 30
August it could not reasonably have been thought that seven
days was long enough to enable the vendor to be sure of
resolving the difficulties with the Land Registry.
Purchas LJ:
The important matter is that the notice must in all the
circumstances of the case give a reasonable opportunity for the
other party to perform his part of the contract. However, one
who elects to serve a notice immediately upon the breach of
the contract will be well advised to be cautious in his selection
of the period to be included in the notice before he reserves the
right to repudiate.