Kündigung nach § 573 II Nr. 1 BGB – Teil 2

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Transcript Kündigung nach § 573 II Nr. 1 BGB – Teil 2

München
10. Pantaenius-Immobilientagung
7. Juli 2011
Referentin:
Rechtsanwältin Ruth Breiholdt, Hamburg
S. 1
Relevantes zum Ende
des Mietverhältnisses
• Voraussetzungen fristgemäßer und fristloser Kündigungen
• Schönheitsreparaturen – Was geht noch?
S. 2
Kündigung nach § 573 II Nr. 1 BGB – Teil 1
Fall: Außerordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs des
Mieters wurde unwirksam, weil vollständige Befriedigung durch
öffentlichen Stelle binnen zwei Monaten nach Erhebung der
Räumungsklage.
Vermieter kündigt erneut, diesmal fristgemäß, weil zahlungsunfähiger Mieter die im erledigt erklärten Räumungsprozess
angefallenen Verfahrenskosten nicht erstattet hat.
Kündigung wirksam?
BGH, Urt. v.14.07.2010, VIII ZR 267/09
S. 3
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Lösung nach BGH: Kündigung ist unwirksam.
Berechtigtes Interesse gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB, wenn Mieter
seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt.
Nichtzahlung der Verfahrenskosten = Verletzung mietvertraglicher
Pflichten.
Pflichtverletzung = nicht erheblich.
Zweck der Schonfristregelung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB:
Vermeidung von Obdachlosigkeit finanziell schwacher Mieter.
Unvereinbar, wenn Kündigungsmöglichkeit bei Nichtzahlung der Verfahrenskosten, die bei Schonfristzahlung nicht auszugleichen sind.
S. 4
Kündigung nach § 573 II Nr. 1 BGB – Teil 2
1. Nimmt der Mieter eine Untervermietung vor, ohne die erforderliche
Erlaubnis seines Vermieters einzuholen, verletzt er seine
vertraglichen Pflichten auch dann, wenn er einen Anspruch auf
Erteilung der Erlaubnis hat.
2. Erheblichkeit:
Ob ein derartiger Vertragsverstoß des Mieters ein die ordentliche
Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigendes Gewicht hat, ist
unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.
…
S. 5
3. § 242 BGB:
Hat der Mieter eine Erlaubnis zur Untervermietung vom Vermieter
rechtzeitig erbeten, so ist eine auf die fehlende Erlaubnis gestützte
Kündigung rechtsmissbräuchlich, wenn der Vermieter seinerseits zur
Erteilung der Erlaubnis verpflichtet war und ihm somit selbst eine
Vertragsverletzung zur Last fällt.
4. § 573 Abs. 3 S. 1 BGB:
Der Vermieter kann zur Begründung einer Kündigung auf die in
einem früheren, dem Mieter zugegangenen Schreiben dargelegten
Kündigungsgründe Bezug nehmen.
BGH, Urt. v.02.02.2011, VIII ZR 74/10
S. 6
Verwertungskündigung, § 573 II Nr. 3 BGB
(2)
Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des
Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn
…
3. der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer
angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert
und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit,
durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete
zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht
darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer
beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten
Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.
S. 7
Voraussetzungen
1. Wirtschaftliche Verwertung:
z. B. Verkauf, Umbau- und Sanierungsmaßnahme, Abriss und Neubau,
nicht: Begründung von WEG zum Zwecke der Veräußerung!
2. Angemessenheit der Verwertung
= getragen von vernünftigen, nachvollziehbaren Erwägungen.
(+) BGH, Urt. v. 28.01.2009, VIII ZR 8/08: Abriss und Neubau mit
Schaffung zusätzlichen Wohnraums statt Investition von ca. 70.000 €
für „Minimalsanierung“ eines sanierungsbedürftiges Gebäudes mit
Restnutzungsdauer von 15-20 Jahren;
…
S. 8
(+) BGH, Urt. v. 09.02.2011, VIII ZR 155/10: Abriss und Neubau moderner
Wohnungen, wenn vorhandener Wohnblock schlechten Bauzustand
aufweist und heutigen Anforderungen an angemessen
Wohnraumversorgung nicht entspricht (unzulässig niedrige Decken,
gefangene Räume, kein Bad etc.).
3. Erhebliche Nachteile:
Hintergrund: Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) 
grundsätzliches Bestandsinteresse des Mieters, in der Wohnung als
Lebensmittelpunkt zu bleiben.
…
S. 9
Keine generalisierende Betrachtung, sondern Einzelfallbetrachtung
auch der konkreten Situation des Vermieters.
(+) Vermieter kann nicht auf „Minimalsanierung“ für 70.000 € für
Verlängerung um 15-20 Jahre verwiesen werden;
(+) Wenn durch Erhaltung nur eines veralteten Wohnblocks Vermieter das
städtebauliche Konzept der „R…-Siedlung“ nur unvollständig
verwirklichen könnte.
• BGH, Urt. v. 08.06.2011, VIII ZR 226/09 (Pressemitt. Nr. 100/2011):
Nachteil kann nicht schon deshalb verneint werden, weil Grundstück
bereits im vermieteten unrentablen Zustand geerbt wurde.
S. 10
Fristlose Kündigung, § 543 I BGB – Teil 1
•
Wichtiger Grund, wenn Kündigendem unter Berücksichtigung aller
Umstände des Einzelfalles (insbesondere Verschulden) unter Abwägung beiderseitigen Interessen Fortsetzung des Mietverhältnisses bis
Ablauf der Kündigungsfrist oder sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
•
Jedwede Pflichtverletzung aus Mietvertrag.
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Verletzung der vertraglichen Pflicht, Vermieter mit Veräußerungsabsicht Zutritt für Besichtigung mit Kaufinteressenten zu gestatten.
BGH, Beschluss v. 05.10.2010, VIII ZR 221/09
S. 11
Fristlose Kündigung, § 543 I BGB – Teil 2
•
Die andauernde und trotz wiederholter Abmahnung des Vermieters
fortgesetzte verspätete Entrichtung der Mietzahlung durch den Mieter
stellt eine so gravierende Pflichtverletzung dar, dass sie eine
Kündigung aus wichtigem Grund nach § 543 Abs. 1, Abs. 3 BGB
rechtfertigt.
•
Das gilt auch dann, wenn dem Mieter (nur) Fahrlässigkeit zur Last fällt,
weil er aufgrund eines vermeidbaren Irrtums davon ausgeht, dass er
die Miete erst zur Monatsmitte zahlen müsse.
BGH, Urt. v. 01.06.2011, VIII ZR 91/10 (Pressemitt. Nr. 95/2011)
S. 12
Schönheitsreparaturen – Das Gesetz!
§ 535 I 2 BGB: Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags
(1) … Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum
vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie
während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. …
 Schönheitsreparaturen sind Vermietersache!
S. 13
AGB-Kontrolle, insbes. § 307 BGB
Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den
Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligen,
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was im Zweifel der Fall ist, wenn sie mit wesentlichen
Grundgedanken des Gesetzes nicht in Einklang zu bringen sind,
und was sich auch daraus ergeben kann, dass die Bestimmung
nicht klar und verständlich ist (Transparenzgebot).
S. 14
„Ein Tropfen Gift in der Suppe“
Verpflichtung des Mieters zur Vornahme von Schönheitsreparaturen
stellt eine einheitliche Rechtspflicht dar.
Ist diese Pflicht formularvertraglich so ausgestaltet, dass sie hinsichtlich
der zeitlichen Modalitäten, der Ausführungsart oder des gegenständlichen Umfangs der Schönheitsreparaturen den Mieter
übermäßig belastet, so ist die Klausel nicht nur insoweit, sondern
insgesamt wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters
gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam .
BGH, Urt. v. 13. 1.2010, VIII ZR 48/09
S. 15
Ausführungsart
Beispiel nach BGH:
„Der Mieter hat … die Schönheitsreparaturen auszuführen. …“
Kombiniert mit:
„… Der Mieter darf nur mit Zustimmung des Wohnungsunternehmens
von der bisherigen Ausführungsart abweichen.“
…
S. 16
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Lösung nach BGH:
Diese Klausel ist insgesamt – und nicht nur hinsichtlich der
Ausführungsart – unwirksam.
unklar, weil nicht eindeutig, was „Ausführungsart“ bezeichnet
unangemessene Benachteiligung: Einschränkung der Gestaltung des
persönlichen Lebensbereiches im laufenden Mietverhältnis ohne
anerkennenswertes Interesse des Vermieters.
BGH, Urt. v. 28.03.2007, VIII ZR 199/06
BGH, Beschluss v. 14.12.2010, VIII ZR 143/10
S. 17
Fachhandwerkerklausel?
Beispiel nach BGH:
"5. Der Mieter ist verpflichtet, die Schönheitsreparaturen …
in der Wohnung ausführen zu lassen…, sowie …“
Wirksam?
…
S. 18
Lösung nach BGH: Klausel insgesamt unwirksam!
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Nach Grundsatz der kunden-/"mieterfeindlichsten Auslegung“
wäre Möglichkeit der kostensparenden Selbstvornahme durch Mieter
ausgeschlossen,
und könnte als Fachhandwerkerklausel verstanden werden,
was den Mieter unangemessen benachteiligt.
BGH, Urt. v. 09.06.2010, VIII ZR 294/09
S. 19
Farbvorgabe bei Auszug
Laufende Schönheitsreparaturen …
kombiniert mit:
„Bei Auszug müssen Decken, Fenster und Türen weiß gestrichen sein."
Wirksam?
…
S. 20
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Lösung nach BGH: Klausel insgesamt unwirksam!
Farbvorgabe nur auf Zeitpunkt der Rückgabe: grundsätzlich zulässig.
Während Mietzeit Dekoration nach persönlichem Geschmack möglich.
Aber: Einengung auf nur eine einzige Farbe ("weiß") schränkt
Gestaltungsfreiheit ein, ohne dass dies durch berechtigte Interessen
des Vermieters gerechtfertigt wäre (unangemessene Benachteiligung).
Auch „dezente Farbtöne“ sprechen größeren Interessentenkreis an;
reicht für rasche Weitervermietung.
BGH, Beschluss v. 14.12.2010, VIII ZR 198/10
BGH, Beschluss v. 14.12.2010, VIII ZR 218/10
S. 21
Mieterhöhung bei unwirksamer Klausel
Der Vermieter ist nicht berechtigt, im Falle der Unwirksamkeit einer
Klausel zur Vornahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter von
diesem eine Mieterhöhung in Form eines Zuschlages zur ortsüblichen
Vergleichsmiete zu verlangen.
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Gesetz sieht Zuschlag zu ortsüblicher Vergleichsmiete nicht vor.
§ 558 Abs. 1 S.1 BGB sieht nur Erhöhung bis zur ortsüblichen
Vergleichsmiete und nicht darüber hinaus vor.
BGH, Urt. v. 09.07.2008, VIII ZR 181/07
S. 22
Anders im preisgebundenen Wohnraum
Bei öffentlich gefördertem, preisgebundenem Wohnraum ist der
Vermieter berechtigt, die Kostenmiete einseitig um den Zuschlag nach
§ 28 Abs. 4 II. BV zu erhöhen, wenn die im Mietvertrag enthaltene
Klausel über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter
unwirksam ist.
BGH, Urt. v. 24.03.2010, VIII ZR 177/09
BGH, Beschluss v. 31.08.2010, VIII ZR 28/10
BGH, Beschluss v. 12.01.2011, VIII ZR 6/10
S. 23
Ersatzanspruch …
… bei Durchführung Renovierung aufgrund unwirksamer
Schönheitsreparaturklausel?
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Anspruchsgrund:
Ersatz für Wert der Dekorationsleistungen aus ungerechtfertigter
Bereicherung.
Anspruchshöhe:
Wert bemisst sich nach der üblichen, hilfsweise der angemessenen
Vergütung für ausgeführte Renovierungsarbeiten.
…
S. 24
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Bei Erledigung in Eigenarbeit oder durch Bekannte oder Verwandte:
üblicherweise nach dem, was der Mieter billigerweise neben einem
Einsatz an freier Zeit als Kosten für das notwendige Material sowie als
Vergütung für die Arbeitsleistung seiner Helfer aus dem Verwandtenund Bekanntenkreis aufgewendet hat oder hätte aufwenden müssen.
Wert der erbrachten Leistung durch das Gericht gemäß § 287 ZPO zu
schätzen.
BGH Urt. v. 27.05.2009, VIII ZR 302/07
S. 25
Verjährung des Ersatzanspruches
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Ersatzanspruch wegen Schönheitsreparaturen, die Mieter in irrigen Annahme einer entsprechenden Verpflichtung ausgeführt hat, verjähren
nach § 548 Abs. 2 BGB binnen 6 Monaten ab Mietende.
Bisher streitig: nach a. A. Regelverjährung von 3 Jahren.
Schönheitsreparaturen = Aufwendungen i.S.d. § 548 Abs. 2 BGB.
Anspruchsgrund unerheblich.
Sinn und Zweck: alsbaldige Klarheit über Ansprüche wegen Zustandes
des Mietobjektes.
BGH, Urt. v. 04.05.2011, VIII ZR 195/10, VIII ZR 265/10
S. 26
So weit …, so gut … !
Den Kaffee müssen Sie sich aber
noch mit dem WEG verdienen …
S. 27