Vortrag Fr. Dr. Schuster

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Transcript Vortrag Fr. Dr. Schuster

Säuglinge und Kleinkinder
Normale und auffällige Entwicklungsbefunde
Dr. med. Katja Schuster
Themengebiete
• Gesunde und kranke Neugeborene
• Frühgeburtlichkeit
• Wachstum und normale Entwicklung
• Typische Meilensteine der Entwicklung
• Körperliche Entwicklung und Vorsorge
• Alterstypischer Verletzungen und –muster
• Unfälle, Verbrennung und Vergiftung
• Plötzlicher Kindstod
Altersgruppen
Neugeborenes (NG):
1.-4. Lebenswoche
Frühgeborenes (FG):
Geburt < 37. SSW
Säugling:
1. Lebensjahr
Kleinkind:
> 1. – 6. Lebensjahr
Das gesunde Neugeborene
• Geburt zw. 38. und 42. Schwangerschaftswoche
• Reifzeichen:
• Ohrmuschelknorpel ausgeformt
• nur vereinzelt Lanugobehaarung
• Käseschmiere fast vollständig entfernt
• Fußsohlenfalten auf der gesamten Sohle
• Nägel überragen die Kuppen von Finger und Zehen
• Hoden im Hodensack/ große Schamlippen bedecken die kleinen
• Länge 49 cm, Gewicht 3000g, KU 35 cm (ca.)
APGAR -Score
Das kranke Neugeborene
•
Organdysfunktion und Infektion machen sich durch „schlechtes
Aussehen“ bemerkbar
•
Periphere Minderdurchblutung – Haut grau, fahl, evtl. bläulich
•
Herzfrequenz etwas langsamer um 100/min
•
Atmung angestrengt, schneller
•
Trinkschwäche
•
Fieber oder andere Krankheitssymptome wie Husten treten nicht auf
→ Hebammenhilfe (www.Hebammen-Hessen.de)
Das Frühgeborene
•
Geburt vor Vollendung der 37. SSW
•
5 % alle Neugeborenen
•
Grenze der Überlebensfähigkeit liegt derzeit bei 24. SSW
•
Zeichen der Unreife:
•
•
Gewicht < 2500g, Größe < 47cm
•
Fehlende Reifezeichen (Ohrmuschel, Lanugobehaarung, Fingernägel)
•
Organunreife
Prophylaxe: Wehenhemmung, Betametason (Kortison) zur Lungenreife
Probleme
• Akut:
• Unreife des Atemzentrums: Maschinelle Beatmung mit Gewebsschädigung und lebenslanger Anfälligkeit für Infektionen und Bronchitis/ Asthma
• Unreife des Darms: Verdauungsprobleme, Darmverschluss (OP)
• Leberunreife: Unterzuckerung, Gelbsucht, Gerinnungsstörung
• Niere: Gestörter Säure-Basen-Haushalt und Wasser- und
Elektrolythaushalt
• Wärmeregulierung
• Langfristig:
• Neurologische Entwicklung abhängig von Hirnblutung, Netzhautblutung
• Gedeihstörung bei Ernährungsschwierigkeiten oder nach Darmresektion
• Lernschwierigkeiten
→ Interdisziplinäre Betreuung und Förderung
Wachstum und Entwicklung
1. Neugeborenes
• Trinkversuche an der Brust im Kreissaal
• Physiologischer Flüssigkeitsverlust in den ersten Tagen
→ Gewichtsverlust 7-10%
• Geburtsgewicht soll am 10. LT erreicht sein
• Wöchentliche Gewichtszunahme um ca.120 g pro Woche in den ersten
Wochen
• Hebammenbegleitung für Mutter und Kind = Leistung der GKV
• Achtung: in Frankfurt rechtzeitig drum kümmern, Migranten informieren
• Ausschließliches Stillen 4-6 Monate lang
• Gestillte Babys oft wohl genährt
Neugeborenes
• Alternativ Flaschenmilch altersadaptiert (Pre,
1er, 2er Nahrung)
• In D. Beginn der Beikost mit Gemüse (Karotte,
Pastinake,…), dann Kartoffeln dazu, dann
Fleisch, später Getreidebreie mit Obst
• Im Verlauf zunehmen stückigere Kost und
selber essen/ abbeißen
• Gewichtsentwicklung verlangsamt sich
• Phasen mit viel und wenig Appetit, je nach
Aktivität/ Krankheit/ Wachstum
• Stuhlveränderung mit Einführen der Beikost
• Bei Getreide zu achten auf andauernde
Durchfälle
• Nach dem 1. Geburtstag langsamer
Heranführen an Familienkost, dezent gewürzt
• Zahnpflege mit Beginn des 1. Zähnchens
Probleme
• Essen und Trinken Potential für Konflikte, Überforderung der Mutter
• Überfütterung, besonders bei Flaschenernährung in den Glauben, jedes
Weinen sei Hunger
• Konflikte bei Ablehnung der Beikost – Zwang zum Essen
• Zu heiße Nahrung und gewaltsames Einführen des Löffels
• Ständiges Essen und Trinken (unterwegs) als Ablenkung
oder Beruhigung
• Gefahr von Übergewicht, Zahnschäden (Babybottlekaries)
Wachstum und Entwicklung
• Entwicklung von Größe und Gewicht individuellen Schwankungen unterlegen
• Genetische Einflüsse (Elterngröße), Ernährung (Übergewicht), chronische
Erkrankung, Aktivitätslevel
• Kontinuierliche Weiterentwicklung vs. Stagnation
• Vorübergehender Stillstand bei Infekthäufung im Winter oder länger
dauernder Krankheit
• Einfluss von Medikamenten (Kortison)
• Kopf wächst bei normaler neurologischer Entwicklung eigentlich immer,
wenn nicht → Alarmsignal
• Beurteilung unter Einbeziehung des gesamten Zustandes (schlankes, aber
muskulöses Kind mit guter Kraft oder zierliches Kind mit geringer
Belastbarkeit)
Dystrophie (Mangelgedeihen)
• Chronische Durchfälle nach Beginn mit
getreidehaltiger Beikost
• Voluminöse, übelriechende,
fettglänzende Stühle
• Kinder auffallend missmutig und
weinerlich
• blass, infektanfällig, muskelschwach
• Gewichtsstillstand und Gedeihstörung
• Schwere Mangelgedeihen mit Fehlen
von Unterhautfettgewebe (Tabaksbeutelgesäß) und massiv vorgewölbtem Bauch, dünne Extremitäten
Körperliche Entwicklung
•
Bei Geburt ca. 3000 g (95% zwischen 2,5-4,2 kg, d.h. zw. 3. und 97.
Perzentile)
•
Gewichtszunahme:
•
x 2 mit 5 Monaten
•
x 3 mit 1 Jahr
•
x 4 mit 2,5 Jahren
•
x 6 mit 6 Jahren
•
x 10 mit 10 Jahren
Vorsorgeuntersuchungen
Meilensteine der Entwicklung
Meilensteine der Entwicklung
Denver Entwicklungsskala
Entwicklungsbereiche
•
In den ersten Monaten Beurteilung der Motorik vorrangig
•
Unterscheidung von Grobmotorik (Drehen, Krabbeln, Sitzen, Stehen,
Gehen) und Feinmotorik (Handgeschicklichkeit, Mimik, Gestik)
•
Temperament
•
Aufmerksamkeit
•
Soziales Kontaktverhalten
•
Spielverhalten, Spiel- und Sprachäußerungen
•
Selbständigkeitsverhalten
1. Lebensjahr - 1. Monat:
• Gebeugte Extremitäten, die relativ wenig koordiniert zueinander bewegt
werden
• Spontanbewegung kurz und ruckartig, Hände oft gefaustet
• Kopf kann noch nicht in der Mittellinien gehalten werden
• Unkoordinierte Augenbewegung, nur kurzes fixieren
• Reaktion auf Geräusche, Geruch, Geschmack, lässt sich trösten
• Schreien und Weinen als Ausdruck von Unwohlsein bei Nässe, Kälte,
hellem Licht, lauten Geräuschen, mangelnder Bewegungsmöglichkeit
oder Hunger
2.-3. Monat:
• Körperhaltung lockerer, Wechseln von Beugung und Streckung
• Bewegung seitengleich
• Aktive Kopfdrehung
• In Bauchlage Kopf länger bis 90 ° heben
• Ende 3. Monat Rumpfdrehung und Beugung in der Hüfte, greift gezielt
nach Gegenständen
• Liegt stabil im Unterarmstütz
• Gesicht, Augen und Haarkranz werden immer länger fixiert
• Wiedererkennen der Eltern, der Milchflasche, Lächeln als soziale
Kontaktaufnahme
• Stabilisierung eines Tag/ Nacht Rhythmus bzw. Schlaf/ Wachrhythmus
4.-6. Monat
• Aus Rückenlage Lagewechsel mit Drehen auf beide Seiten
• In Bauchlage stabil im Streckstütz, beginnt einarmig zu greifen
• Führt Gegenstände zum Mund, spielt mit den Händen, wechselt
Gegenstände von einer zur anderen Hand
• Vokalisiert mit „ggrr“ Lauten
7.-9. Monat
• Aktives Drehen um die Längsachse
• In Bauchlage Drehen um Nabelachse, robben, kriechen
• Beine locker gestreckt
• Meist freies Sitzen
• Greifen kleinerer Gegenstände
• Bewusstes Öffnen und Schließen der Hände
• Nachahmungsversuche beim Anziehen und füttern
• Fremdeln
10.-12. Monat
• Stabilisierung auf Händen und Füßen, krabbeln, Vierfüßlergang
• Hochziehen zum freien Stand
• Seitwärtsgehen an Gegenständen
• Erstes freies Gehen typischerweise mit Hinfallen auf den Po
• Betrachtet kleinere Gegenstände, wirft Dinge weg, greift mit Daumen
und Zeigefinger
• Ahmt nach (Winken, Kopfwackeln) und reagiert auf einfache verbale
Aufforderungen und Verbote
• Versteckspielen
• Macht Doppelsilben, Mama, Papa
2. und 3. Lebensjahr
• Ausgeprägte Variablilität
• Beobachtung von Motorik, Wahrnehmungsfähigkeit, aktiver Sprache,
Sprachverständnis, Interaktion, Gedächtnis
• Kind geht zunehmend sicherer auf unebenem Boden
• Beginnt auf Möbel zu klettern und Gefahren abzuschätzen
• Beginnt zu tanzen
• Feinmotorik wird differenzierter, Gegenstände werden auseinander
genommen und wieder zusammen gesteckt
• Ende 2. LJ Turm mit 4 Klötzen, erste einfache Puzzle
• Erfüllen einfacher Aufträge, will im Haushalt helfen
• Benennt Körperteile
• Versteck-, Rollen-, Fiktionsspiele (Holzstück = Auto, Puppe oder
Werkzeug)
• Sprachverständnis nimmt rasch zu, erkennt Melodien
• Ende 2. LJ mind. 20 Wörter außer Mama und Papa
• Im 3. LJ zunehmend 3-Wort-Sätze
• Führt Nahrung zum Mund
• Zieht sich selber aus teilweise
• Berücksichtigung von anlagebedingten Eigenschaften wie Neugier,
Motivation, motorische Aktivität und Reaktion auf äußere Stimuli
• Phasen der Selbstbehauptung und Ablehnung von Fremdeinflüssen
(Trotzphase, Autonomiephase) und Phasen mit Bedarf von Vertrautem
wie bekannte Wohnung, Eltern, eigenes Bett, eigenes Kuscheltier
Auffällige Befunde
• Alterstypische Verletzungen
Hautveränderungen
Windelsoor/ Windeldermatitis
Mundsoor
Aphten
Blutschwämmchen (Hämangiom)
„Mongolenfleck“
Alkoholembryopathie
• Ca. 4000 Kinder/ Jahr in Deutschland
• Sichtbare Merkmale: schmale Oberlippe,
langes Philtrum („Rotzrinne“), schmale
Augen, kleiner Kopf
• Psyche: Verhaltensstörung (Sozial, Regeln,
Kontaktaufnahme), Lernschwierigkeiten,
ADHS, Gedächtnisprobleme, intellektuelle
Beeinträchtigung bis geistige Behinderung
Vermeidung von Unfällen
• 60 % aller Kinderunfälle sind vermeidbar
• Aufsicht und vorausschauendes Verhalten der Erwachsenen
• Sicherheitserziehung und Einüben umsichtigen Verhaltens
• Förderung der motorischen Fähigkeiten und sozialen Kompetenz
• Sicheres Wohnumfeld (Herdschutzgitter, Steckdosensicherung)
• Keine giftigen Pflanzen in Kindernähe
• Putzmittel und Alkohol gut verschließen
„Messer, Gabel, Scher und Licht sind für kleine
Kinder nicht!“
Schädelhirntrauma
•
Stürze
•
Wickeltisch, Hochstuhl, Lauflernwagen,
ungesicherte Treppen
•
Aus Kinderwippen, Kinderwagen, Tragetaschen
•
Hochbett, Klettergerüst, Balkon/Fenster, Bäume
• Im Straßenverkehr
• Fahrrad/ Fußgänger
• Mitfahrer im Auto
• (Auto)unfälle verursachen zeitgleich eine
Vielzahl von Verletzungen – Misshandlung zeigt
sich durch unterschiedlich alte, teils verheilte
Verletzungen
Verletzungen durch Unfall und Gewalt
Verbrennung und Verbrühung
Unabsichtlich
Vorsätzlich
• Heißes Wasser aus der Leitung
•
Eintauchen in heißes Wasser –
strumpf- oder handschuhförmige
Verbrühung
•
Glühende Zigaretten
• Zu heiße Nahrung (Mikrowelle)
• Herabziehen von Tassen / Kannen
vom Tisch (Tischdecken!)
• Heiße Gegenstände (Herdplatte,
Topf, Bügeleisen, Wärmflaschen/
Kirschkernkissen)
• Grill und offenes Feuer, Feuerwerkskörper
Vergiftungen (Intoxikation)
•
Medikamente
•
Putz- und Reinigungsmittel
•
Pflanzen
•
Genussmittel (Nikotin, Alkohol)
•
Schädlingsbekämpfungensmittel
•
Rauch, Gase
•
Giftnotruf Mainz: 06131-19240: Weshalb? unabsichtlich, suizidal,
Missbrauch
•
Wie? Gegessen/getrunken, eingeatmet, über die Haut aufgenommen,
intravenös
Plötzlicher Kindstod
Plötzlicher Tod eines scheinbar gesunden Säuglings, meist
im Schlaf, ohne dass eine Autopsie oder die Untersuchung
des Auffindeortes die Ursache klären kann
•
•
•
•
2009 196 Kinder in Deutschland
Häufung in den Wintermonaten
Maximum um den 4. Lebensmonat
Tritt weltweit und in allen sozialen Schichten auf
Risikofaktoren
•
Rauchen in der SS und im Elternhaus
•
Suchterkrankung der Mutter
•
Überwärmung des Säuglings
•
Überdecken mit Bettdecke
•
Bauchlage im Schlaf
•
Mangelgeborene Kinder (GG < 2500 g)
•
Frühgeborene
•
“Wiederholungsrisiko“ für Geschwisterkinder
Prophylaxe
•
Richtige Schlafumgebung
• Schlafsack, keine Nestchen, Kopfbedeckung oder Kissen
• Temperatur 16-18 °C
• Rückenlage (im Wachen darf das Kind sehr wohl in Bauchlage, nur eben nicht
unbeobachtet!)
• Feste, luftdurchlässige Matratze
• Schnuller
• Rooming in – aber kein „bedding in“ (Schlafen im Elternbett)
• Rauchfreie Umgebung
•
Stillen
•
Impfen
•
Heimmonitoring bei Risikokindern (FG, Geschwister, Z.n. ALTE)