Wie gefährlich ist Skifahren tatsächlich

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Wie gefährlich
ist Skifahren
tatsächlich?
Gerhard Ruedl
Institut für Sportwissenschaft
Universität Innsbruck
Skifahren ist gefährlich (?)
Schwere Verletzungen mit lebenslangen
Einschränkungen bis hin zum Tod drohen (?)
FAKT:
Das Verletzungsrisiko und
die Mortalitätsrate
sind auf der Skipiste gering!
Wie gefährlich
ist Skifahren
tatsächlich?
 Skiunfälle sind „schon wieder“ gestiegen (?)
 Skiunfälle steigen permanent (?)
 Skiunfälle = Verletzungen (?)
 Mehr Verletzungen = höheres Risiko (?)
Art und Qualität der Daten
Unfallerhebungen der Alpinpolizei bei:
• Kollisionsunfällen;
• Unfällen mit Verdacht auf Fremdverschulden;
• Tödliche Unfälle im organisierten Skiraum;
• NICHT bei selbstverschuldeten Stürzen mit
Verletzungsfolge!
• Fast 90% der Verletzungen auf der Skipiste sind
durch selbstverschuldete Stürze bedingt und
werden daher nicht von der Alpinpolizei erfasst!
Art und Qualität der Daten
Daten der Alpinpolizei Unfallstatistik
Kuratorium f. Verkehrssicherheit
Daten aus einzelnen Krankenhäusern
Daten der Pistenrettung
Daten von Versicherungen (z.B. ARAG)
KfV Unfallstatistik
KfV 2009
Unfallstatistik
Skifahren ist gefährlicher als Snowboarden (?)
Wintersport ist gefährlicher als Fußball (?)
Aber
Anzahl Skifahrer > Anzahl Snowboarder!
Anzahl Wintersportler > Anzahl Fußballspieler!
Krankenhausdaten
200
150
50% mehr Verletzungen
 Höheres Verletzungsrisiko?
100
100
0
2008
2009
700
600
Verletzte
500
400
400
300
200
300
100
200
0
2008
100
Verletzte
0
2008
Verletzte
2009
2009
Skifahrer gesamt
2008: 100/400 = 0,25
Skifahrer gesamt
2008: 100/400 = 0,25
2009: 150/600 = 0,25
2009: 150/400 = 0,38
2009: 150/700 = 0,21
Risikoberechnung im Skisport
Anzahl der Verletzungen pro 1000 Skitage
(skiers days) pro Jahr
Anzahl der Verletzungen pro 1000 Skifahrer
pro Jahr
Anzahl der Verletzungen pro 1 Mio. Stunden
Ausübung
Mean Days Between Injuries (MDBI)
Anzahl der Todesfälle pro 1 Mio. Skitage
Verletzungsrisiko beim Skifahren
KfV-Prognose : ~ 1 Verletzter pro 1000 Skitage
Burtscher et al. (2008): 1,3 Verletzte pro 1000 Skitage
International < 2 Verletzte pro 1000 Skitage
Verletzungsrisiko beim Skifahren
Annahme: 2 Verletzte pro 1000 Skitage
 1 Verletzung pro 500 Skitage
Bei durchschnittlich 14 Tagen Skifahren pro Jahr
 1Verletzung alle ca. 35 Jahre
Bei durchschnittlich 1 Monat (28 Tage) Skifahren
pro Jahr  1 Verletzung alle ca. 18 Jahre
Aber: wer häufiger fährt, ist in der Regel ein
besserer Skifahrer  Verletzungsrisiko ist beim
„Könner“ geringer!
Verletzungshäufigkeit in Relation
zu den Expositionszeiten
Langfristiger Trend
Langfristiger Trend
In den letzten Jahrzehnten zeigte sich ein
kontinuierlich sinkendes Verletzungsrisiko im
alpinen Wintersport:
7-8 Verletzungen pro 1000 Skitage vor 1970
3-4 Verletzungen pro 1000 Skitage Mitte der 80er
2-3 Verletzungen pro 1000 Skitage frühe 90er
< 2 Verletzungen pro 1000 Skitage ab 2000
Johnson et al. (2009). Skiing Trauma Safety
Burtscher et al. (2008). Clin J Sport Med
Natri et al (1999). Sport Med
Gründe für das sinkendes
Verletzungsrisiko
- Einführung der Sicherheitsbindung
Natri et al. (1999). Sports Med
- Aufkommen des Carvingskis
Burtscher et al. (2008). Clin J Sport Med
- Bessere Pistenpräparation
Bergstrom, Ekeland (2004). Br J Sport Med
- Bewusstmachen potenzieller Risikofaktoren und
entsprechender Präventivmaßnahmen
Ettlinger et al. (1995). Am J Sports Med
Risikofaktoren
• Geschlecht: Frauen verletzen sich häufiger an der
unteren Extremität (Knie), Männer häufiger an der
oberen Extremität (Schulter, Kopf).
• Skikönnen: Weniger geübte Skifahrer verletzen sich
häufiger, bessere Skifahrer verletzen sich schwerer.
• Sportart: Snowboarder haben einen höheres
Verletzungsrisiko als Skifahrer.
• Ausrüstung: Bindungseinstellung, Kantenpräparierung,
Schutzausrüstung (Skihelm), adäquate
Wärmebekleidung (Frauen!).
• Umweltbedingungen: Pistensteilheit, Schnee- und
Wetterbedingungen.
Risikobereitschaft
Studie: Radarmessung auf der Skipiste: N ~ 500
Erfasst wurden neben Alter und Geschlecht das
Verhalten (eher risikobereit vs. eher vorsichtig) und das
Skikönnen.
Ruedl et al. (2010). Br J Sports Med
Ergebnis: Risikobereite Skifahrer sind jünger, männlich,
mit gutem bis sehr gutem Skikönnen und fahren
schneller als vorsichtige Skifahrer (53 vs. 45 km/h).
 „Auf der Piste wird man niedergefahren!“
Todesfälle auf österr. Pisten
60
50
40
30
20
10
0
Number of fatalities
Million skier days per year
2005/2006
2006/2007
2007/2008
2008/2009
2009/2010
44
40
31
47
45
52,72
43,7
53,24
56,81
52,72
~ 41 Pistentote jährlich zw. 2005 und 2010
~ 0,8 Todesfälle pro 1 Million Skitage
Todesfälle auf österr. Pisten
~ 9% Personenkollisionen
~ 17% durch Aufprall (Baum, Liftmast etc.)
~ 20% durch Sturz
~ 53% durch HK-Ursachen (z.B. Herzinfarkt)
Vergleichsdaten
Skipiste 2005-2010: durchschnittlich 41 Tote bei
ca. 8 Mio. Wintersportler Ruedl et al. (2011) WEM
Radfahren 2000-2010: durchschnittlich 52 Tote
bei ca. 6 Mio. Fahrrädern BMVIT/Statistik Austria
Verkehr 2010: 552 Tote bei ca. 6 Mio.
zugelassener Kraftfahrzeuge
Statistik Austria
Bergwandern 2011: 81 Tote bei ca. 2 Mio.
Wanderer
Kuratorium für alpine Sicherheit
 Wozu braucht es dann überhaupt einen
Skihelm?
Schützt ein Helm vor tödlichen
Kopfverletzungen?
Ein Skihelm ist gemäß der EN-Norm für einen Aufprall
bis zu rund 22 km/h ausgelegt.
Die Durchschnittsgeschwindigkeit auf Österr. Skipisten
beträgt ~ 44 km/h.
Ruedl et al. (2010). Sportverl Sportschaden
 Todesfälle mit Helm
aber:
Dieter Althaus (BRD)
Daniel Albrecht (SUI)
Hans Grugger (AUT)
Ein Helm KANN vor tödlichen
Kopfverletzungen schützen!
Um wie viel senkt ein Skihelm
das Kopfverletzungsrisiko?
~ 60%
Sulheim et al. (2006). JAMA
~ 35% bzw. 59% (< 13 Jahre)
META-ANALYSE von Russel et al. (2010). CMAJ
~ 28%
Ruedl et al. (2010). Dtsch Z Sportmed
Ein Skihelm reduziert das Risiko von
Schädelfrakturen bei Kindern (5% vs. 37%)!
Rughani et al. (2011). J Neurosurg Pediatrics
Schlussfolgerungen
Das Verletzungsrisiko auf der Skipiste ist
gering!
Die Mortalitätsrate auf der Skipiste ist
gering!
Internale und externale Risikofaktoren
beeinflussen das Verletzungsrisiko!
Schlussfolgerungen
Bewusstmachen und Berücksichtigen der
Risikofaktoren als Präventivmassnahme!
Schutzausrüstung (Skihelm,
Rückenprotektor) reduzieren das
Verletzungsrisiko!
Geschwindigkeit an das individuelle
Skikönnen und die Umweltbedingungen
(Schnee, Sicht, etc.) anpassen!
Vielen Dank
für Ihre
AUFMERKSAMKEIT
Gerhard Ruedl
Institut für Sportwissenschaft
Universität Innsbruck