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Rechtliche Aspekte von Personalgesprächen Reinbek – 25. September 2013 I. Einstellungsgespräche II. Gespräche im bestehenden Arbeitsverhältnis III. Trennungsgespräche Einstellung Bestehendes Arbeitsverhältnis Trennung keine besonderen gesetzlichen Grundlagen für Personalgespräche I. Einstellungsgespräche Einstellungsgespräche Problembereiche: • Diskriminierungsschutz (AGG) • Datenschutz (Bewerberdaten erheben, speichern, löschen) • unzulässige Fragen • Anwesenheit Betriebsrat Einstellungsgespräche AGG AGG-relevante Fragen sollten stets unterbleiben: • • • • • • • • Rasse ethnische Herkunft Geschlecht Religion Weltanschauung Behinderung Alter sexuelle Identität für Bewerber regelmäßig ungünstige Beweissituation Einstellungsgespräche Datenschutz § 32 BDSG Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zweckes des Beschäftigungsverhältnisses • Neuregelung zum 01.09.2009 • „Beschäftigte“ • zentrales Merkmal: Erforderlichkeit (vorher § 28 BDSG: „dienen“) Einstellungsgespräche Datenschutz § 32 BDSG betrifft • Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten • anlässlich Entscheidung über Begründung, für die Durchführung oder die Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen Einstellungsgespräche Datenschutz BDSG § 32 BDSG nur automatisierte DV auch manuelle DV Einstellungsgespräche Datenschutz Merkmal der Erforderlichkeit: • Müssen für diesen Zweck überhaupt Daten erhoben werden? • Müssen gerade diese Daten erhoben werden? • Mindestergebnis oder bestes Ergebnis? • Objektiver oder individueller Maßstab? Einstellungsgespräche Fragerecht Fragerecht des Arbeitgebers: Der Arbeitgeber darf immer nach Umständen fragen, die sich auf die in Aussicht genommene Tätigkeit beziehen. Fragen, die gegen das Persönlichkeitsrecht verstoßen, sind unzulässig und dürfen falsch beantwortet werden, z.B. • Gewerkschafts-/Parteizugehörigkeit • geplante Heirat, Kinderwunsch • Weltanschauungsfragen Frage nach Schwerbehinderung im laufenden Arbeitsverhältnis – BAG Urt. v. 16.02.2012 – 6 AZR 553/10 Einstellungsgespräche Fragerecht Mitteilungspflichten des Bewerbers: Der Bewerber muss von sich aus offenbaren, wenn bestimmte Umstände die Arbeitsausübung als solche beeinträchtigen, z.B. • Verurteilung wegen Untreue eines Buchhalters • fehlende Fahrerlaubnis eines LKW-Fahrers • gesundheitliche Beeinträchtigungen, Allergien Einstellungsgespräche Fragerecht Wird ein mitteilungspflichtiger Umstand nicht mitgeteilt oder eine zulässige Frage betreffend einen für den Abschluss des Arbeitsvertrages relevanten Umstand falsch beantwortet kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis - bei späterer Kenntnis ggf. auch noch nach Jahren – wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB anfechten. Einstellungsgespräche Mitbestimmung • • • • • kein Anwesenheitsrecht bei Vorstellungsgespräch und Vertragsverhandlungen kein Mitbestimmungsrecht, wer konkret eingestellt wird – keine Auswahlentscheidung ggf. interner Ausschreibungsanspruch § 93 BetrVG allgemeines Zustimmungserfordernis § 99 BetrVG, aber beschränkte Verweigerungsgründe Mitbestimmung bei Personalfragebögen/ Bewerberfragebögen § 94 BetrVG II. Bestehendes AV Bestehendes AV Situationen von Personalgesprächen: • Personalentwicklungsgespräche • Störungen im Arbeitsverhältnis / Krisengespräche • Mitarbeiterbeschwerden Bestehendes AV Allgemeines: • Anspruch auf Personalgespräch? • Anspruch auf Waffengleichheit? • Wer sollte auf Arbeitgeberseite teilnehmen? • Wer handelt rechtsverbindlich für den Arbeitgeber? Bestehendes AV Problembereiche: • Verbindlichkeit von Absprachen • Mündliche Abmahnungen • Teilnahmepflicht • Quittungspflicht • Beschwerderecht • Anwesenheit Dritter Bestehendes AV Verbindlichkeit Beispiel: mündliche Zielvereinbarung • Schriftformerfordernis nur für Vertragsbeendigung • Arbeitgebervertreter muss Handlungskompetenz haben • getroffene Vereinbarungen sind beiderseitig bindend • Beweissituation und Dokumentation Bestehendes AV Verbindlichkeit Beweissituation: AN Partei AG Zeuge Bestehendes AV Verbindlichkeit Dokumentation: • Gesprächsnotiz • Bestätigungs-Email • Aufnahme in Personalakte • Gegenzeichnung durch Arbeitnehmer Heimlicher Tonbandmitschnitt eines Personalgesprächs – LAG Köln Urt. v. 18.05.2011 – 8 Sa 364/11 Bestehendes AV Abmahnung Formalien der Abmahnung • keine Formvorschriften (mündlich/schriftlich) • Dokumentationsfunktion der schriftlichen Abmahnung • kein Anhörungserfordernis des Arbeitnehmer • weitere formell-inhaltliche Voraussetzungen Bestehendes AV Abmahnung Inhaltliche Formalien der Abmahnung 1. Hinweisfunktion 2. Warnfunktion Entfernung einer „bedeutungslosen“ Abmahnung aus der Personalakte – BAG Urt. v. 19.07.2012 – 2 AZR 782/11 Bestehendes AV Teilnahmepflicht • folgt aus Direktionsrecht, § 106 GewO • besteht damit grundsätzlich • Missverständnisse durch fehlerhafte Interpretation einer BAG-Entscheidung Teilnahmepflicht am Personalgespräch – BAG Urt. v. 23.06.2009 – 2 AZR 606/08 Bestehendes AV Quittungspflicht Beispiel: Bestätigung einer Sicherheitsbelehrung • zählt i.d.R. zum Pflichtenkreis des Arbeitnehmers • Weigerung i.d.R. Pflichtenverstoß • keine Pflicht zur Abgabe von Willenserklärungen Bestehendes AV Beschwerderecht • Arbeitnehmer hat Recht zur Beschwerde, § 84 BetrVG (auch ohne Betriebsrat im Betrieb) • Maßregelungsverbot • Bescheidungsanspruch • aber: ergebnisoffen Bestehendes AV Anwesenheit Dritter Fallgruppen: • Kollegen • Ehepartner • Rechtsanwälte • Betriebsrat • Schwerbehindertenvertretung • Gewerkschaftsmitarbeiter Bestehendes AV Anwesenheit Dritter Betriebsrat: • nur im Rahmen ausdrücklicher gesetzlicher Regelung • § 81 Abs. 4 BetrVG: Tätigkeitsänderung mit Know-how-Defiziten • § 82 Abs. 2 S. 2 BetrVG: Leistungsbeurteilungen • § 83 Abs. 1 S. 2 BetrVG: Einsicht in Personalakte • § 84 Abs. 1 S. 2 BetrVG: Beschwerderecht Anwesenheit des Betriebsrat bei Personalgesprächen – BAG Beschl. v. 16.11.2004 – 1 ABR 53/03 III. Trennung Trennung Problembereiche: • Primäre Zielsetzung: Aufhebungsvertrag • sozialrechtliche Folgen • Anfechtung des Aufhebungsvertrags • Anhörung vor Verdachtskündigung Trennung Aufhebungsvertrag Vorteile von Aufhebungsverträgen aus Arbeitgebersicht: • ähnlich rechtssicher wie Eigenkündigung • kein allgemeiner oder besonderer Kündigungsschutz • Vermeidung von Kündigungsschutzverfahren • keine Einbeziehung des Betriebsrats • geräuschlose Abwicklung Trennung Sozialrechtliche Folgen Hauptrisiko für den Arbeitnehmer: Sperrzeit im Arbeitslosengeldbezug • § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III • 12 Wochen Dauer und Minderung des Bezugszeitraums • „Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe“ • Aufhebungsvertrag ist grds. Mitwirken an Beendigung und Herbeiführung des Versicherungsfalls Trennung Sozialrechtliche Folgen Bundesagentur (Verwaltungsanweisung): keine Sperrzeit, wenn • Abfindung nicht größer 0,5 BMG pro Beschäftigungsjahr • sonst betriebsbedingte Kündigung erfolgt wäre • Kündigungsfrist eingehalten wird und • Arbeitsnehmer nicht unkündbar war Trennung Anfechtung • Aufhebungsverträge wie alle Verträge anfechtbar • Folge: kein Beendigungstatbestand, Verzugslohnanspruch bei Arbeitsangebot, § 615 BGB • Anfechtungsvorschriften u.a. §§ 123, 119 BGB • Darlegungs- und Beweislast: Arbeitnehmer Trennung Anfechtung Anfechtung nach § 123 BGB: arglistige Täuschung und widerrechtliche Drohung • Täuschung auch durch Unterlassen oder Behauptungen „ins Blaue“ • Drohung grds. zulässig, aber darf nicht widerrechtlich sein Trennung Anfechtung Anfechtung nach § 119 BGB: Anfechtung wegen Irrtums • keine Motivirrtümer (Sperrzeit!) • nur Erklärungsirrtümer Trennung Anfechtung Hauptanfechtungsgründe: • Behauptung, massiv unter Druck gesetzt worden zu sein • Behauptung, nicht wegen Überraschung und Verzweiflung mehr gewusst zu haben, was man tue • Irrtum über die Sperrzeitproblematik • fehlende familiäre Rücksprache • Anwaltskontakt Trennung Verdachtskündigung • stark kritisiert, aber gleichwohl anerkannt • Kündigungsgrund liegt im Verdacht einer schwerwiegenden Vertragspflichtverletzung • Verdacht muss dokumentierbar sein • Anhörungserfordernis vor Ausspruch Trennung Verdachtskündigung Anhörung vor Ausspruch: • Fairnessgebot, Aufklärungspflicht • muss den zeitlichen Rahmen des § 626 Abs. 2 BGB berücksichtigen • schriftlich wie mündlich möglich Trennung Verdachtskündigung Aufforderung zur Äußerung: • unter Information über konkreten Verdacht • unter Fristsetzung zur schriftlichen Äußerung oder Gesprächsteilnahme am … • Möglichkeit der Hinzuziehung einer Vertrauensperson? Einladung zur Anhörung vor einer Verdachtskündigung – LAG Berlin-B. Urt. v. 30.03.2012 – 10 Sa 2272/11 (nicht rechtskräftig) Trennung Verdachtskündigung Gesprächsverlauf: • substantiierte Konkretisierung des Vorwurfs • Aufklärung des Sachverhalts • Befassen mit Verteidigungsvorbringen • ggf. weitere Nachforschungen und erneuter Vorhalt