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Das neue Beschäftigtendatenschutzrecht Hamburg - 24. März 2011 I. Überblick und Einführung II. Die aktuelle Rechtslage – „Neufassung“ des § 32 BDSG III. Der Entwurf des BeschäftigtendatenschutzG IV. Bewerbungsverfahren V. Laufendes Beschäftigungsverhältnis VI. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats I. Überblick und Einführung Zentrales Gesetz: BDSG • Neuregelung betreffend Beschäftigungsverhältnisse zum 01.09.2009 (§ 32 BDSG) • Schutzbereich: personenbezogene Daten natürlicher Personen • Datenschutz ist Querschnittsmaterie • weitere datenschutzrelevante Gesetze: SGB, BGB, StGB, Telekommunikationsgesetze, HGB, AO, BetrVG BDSG Grundbegriffe: • personenbezogene Daten / Betroffene • Umgang mit personenbezogenen Daten • verantwortliche Stelle • Zulässigkeit der Datenverarbeitung • Übermittlung von Daten BDSG Grundsätze: • Datenvermeidung und Datensparsamkeit • Einwilligungsmöglichkeit Betroffener • unabdingbarer Kernbereich • Schadensersatzpflicht bei Verstößen Rechte der Betroffenen • Benachrichtigung (§ 33 BDSG) • Auskunft (§ 34 BDSG) • Berichtigung (§ 35 BDSG) • Sperrung (§ 35 BDSG) • Löschung (§ 35 BDSG) • Anrufung der Aufsichtsbehörden (§ 38 BDSG) Verpflichtung auf das Datengeheimnis (§ 5 BDSG) • für Mitarbeiter, die mit personenbezogenen Daten umgehen • gilt auch für das Fernmeldegeheimnis • Schriftform • gilt auch für leitende Angestellte • Auswahlrecht des Arbeitgebers Datenschutzbeauftragter Bestellungspflicht (§§ 4 f, g BDSG): • für jede verantwortliche Stelle, die personenbezogene Daten automatisiert erhebt und • in der Regel mindestens 10 Personen ständig in der automatisierten DV oder • in der Regel mindestens 20 Personen ständig in der konventionellen DV beschäftigt Datenschutzbeauftragter • Aufgabe: Überwachung der Einhaltung von Datenschutzvorschriften • kann Angestellter oder Externer sein • keine Selbstkontrolle (z.B. IT-Leiter) • neu: erweiterter Sonderkündigungsschutz Folgen von Datenschutzverstößen für den Arbeitgeber • Bußgeld- und Strafvorschriften §§ 43, 44 BDSG • evtl. Strafvorschriften nach StGB • Haftung auf Schadensersatz und Schmerzensgeld? • Presse-Echo Folgen von Datenschutzverstößen für den Arbeitnehmer • Bußgeld- und Strafvorschriften §§ 43, 44 BDSG • evtl. Strafvorschriften nach StGB • Haftung auf Schadensersatz und Schmerzensgeld? • Kündigung des Arbeitsverhältnisses II. Die aktuelle Rechtslage – „Neufassung“ des § 32 BDSG § 32 BDSG – Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zweckes des Beschäftigungsverhältnisses • Neuregelung zum 01.09.2009 • „Beschäftigte“ • zentrales Merkmal: Erforderlichkeit (vorher § 28 BDSG: „dienen“) • besondere Regelung bei Straftaten § 32 BDSG betrifft • Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten • anlässlich Entscheidung über Begründung, für die Durchführung oder die Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen BDSG § 32 BDSG nur automatisierte DV auch manuelle DV Merkmal der Erforderlichkeit: • Müssen für diesen Zweck überhaupt Daten erhoben werden? • Müssen gerade diese Daten erhoben werden? • Mindestergebnis oder bestes Ergebnis? • objektiver oder individueller Maßstab? Erforderlichkeit immer gegeben bei gesetzlichen Vorgaben oder Folgen gesetzlicher Vorgaben, z.B. : • Betriebliches Eingliederungsmanagement • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz • Unfallverhütungsvorschriften • Arbeits- und Gesundheitsschutz • Pflegedokumentationen Fazit: • Erforderlichkeitsfeststellung am vom Arbeitgeber verfolgten Zweck • breiter Einschätzungsspielraum • Ausscheiden nur von schlicht überflüssigen Erhebungen • faktische Änderung gegenüber § 28 BDSG Missglückte Regelung bei Straftaten • Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte • diese sind zu dokumentieren • kein überwiegend schutzwürdiges Interesse des Beschäftigten am Ausschluss der Datennutzung • Verhältnismäßigkeitsprüfung Konkrete Anhaltspunkte • Stichproben (z.B. Arbeitszeitkontrollen)? • überflüssige Innenrevision? • problematisch insbesondere wegen der Ausdehnung auch auf manuelle DV-Vorgänge Dokumentationspflicht • ewige Aufbewahrungspflicht ./. Löschungpflicht Besondere Probleme des § 32 BDSG • keine Regelungen für ausgeschiedene Mitarbeiter • ungeklärte Frage der geschäftlichen Email-Überwachung bei gestatteter Privatnutzung • Übermittlung von Daten im Konzern III. Der Entwurf des BeschäftigtendatenschutzG Entwurf des Beschäftigtendatenschutzgesetzes • bislang lediglich abgestimmter Kabinettsbeschluss • Stellungnahme des Bundesrates liegt vor (rund 30 Änderungsanträge) • hebt des bisherigen § 32 BDSG auf • fügt §§ 32 – 32 l BDSG in das BDSG ein (kein eigenes Gesetz) weitere „technische“ Maßnahmen: • Erhebungs-, Verarbeitungs- und Nutzungserlaubnis auch aus Betriebs- und Dienstvereinbarungen (§ 4 Abs. 1 S. 2 BDSG-E) • auch manuelle Verarbeitung von Beschäftigtendaten wird erfasst (§ 32 Abs. 2 BDSG wird § 27 Abs. 2 BDSG-E) • hebt des bisherigen § 32 BDSG auf • fügt §§ 32 – 32 l BDSG in das BDSG ein (kein eigenes Gesetz) Begriff der Beschäftigtendaten: • Beschäftigtendaten sind personenbezogene Daten von Beschäftigten (§ 3 Abs. 12 BDSG-E) Begriff des Arbeitgebers (§ 3 Abs. 13 BDSG-E): • Arbeitgeber sind öffentliche und nichtöffentliche Stellen, die • Personen nach Abs. 11 beschäftigen oder beschäftigten oder • beabsichtigen, Personen nach Abs. 11 zu beschäftigen Beschäftigtenbegriff § 3 Abs. 11 BDSG: • Arbeitnehmer • Auszubildende • Rehabilitanten • in Behindertenwerkstätten Beschäftigte • nach dem JugendfreiwilligendiensteG Beschäftigte • arbeitnehmerähnliche Personen • in Heimarbeit Beschäftigte • Bewerber • Beamte, Richter des Bundes, Soldaten, Zivildienstler Neuer Rechtsbehelf § 32 l Abs. 4 BDSG-E: • individuelles Beschwerderecht gegenüber Datenschutzbehörde • aber: zwingend Beschwerde beim Arbeitgeber zuvor erforderlich Einwilligungsmöglichkeit § 32 l Abs. 1 BDSG-E: • keine generelle Einwilligungsmöglichkeit • Einwilligung nur zulässig, sofern in §§ 32 – 32 I BDSG-E ausdrücklich gestattet • unionsrechtswidrig? Bewerbungsverfahren Laufendes Arbeitsverhältnis Kündigung „Nachlauf“ IV. Bewerbungsverfahren Bewerbungsverfahren Bewerbungsverfahren Datenerhebung vor Begründung eines Arbeitsverhältnisses § 32 Abs. 1 BDSG-E: • nur: Name, Anschrift, Telefonnummer, Email • weitere Daten nur zur Feststellung der Eignung für die vorgesehene Tätigkeit • insbesondere fachliche und persönliche Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen • bisheriger Ausbildungs- und beruflicher Werdegang Bewerbungsverfahren Eingeschränktes Erhebungsrecht bei Fragen über • rassischer und ethnischer Herkunft • Religion oder Weltanschauung • Behinderung • sexuelle Identität • Gesundheit • Vermögensverhältnisse • Vorstrafen und laufende Ermittlungsverfahren Bewerbungsverfahren zulässig nur bei Rechtfertigung nach § 8 Abs. 1 AGG • Verbot der Erhebung über Schwerbehinderung (§ 32 Abs. 3 BDSG-E) • Sonderregelungen für Tendenzbetriebe (§ 32 Abs. 4 und 5 BDSG-E) Bewerbungsverfahren Verfahren der Erhebung von Bewerberdaten • Erhebung nur unmittelbar beim Beschäftigten (§ 32 Abs. 6 S. 1 BDSG-E) • allgemein zugängliche Daten nur bei Hinweis des Bewerbers vor der Erhebung es sei denn, dass schutzwürdige Interessen des Bewerbers überwiegen (§ 32 Abs. 6 S. 2 BDSG-E) • „Soziale Netzwerke“: überwiegendes Bewerberinteresse; Ausnahme: berufsbezogene Netzwerke Bewerbungsverfahren Verfahren der Erhebung von Bewerberdaten • Erhebung bei Dritten: nur mit Einwilligung des Bewerbers • allgemein gilt: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Bewerbungsverfahren Ärztliche Untersuchungen und Eignungstests § 32 a BDSG-E: • Einstellung nur dann von ärztlicher Untersuchung abhängig, wenn gesundheitliche Voraussetzungen wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung • Einwilligung nach Aufklärung erforderlich • Mitteilungspflicht des Untersuchungsergebnisses an Bewerber • Arzt darf nur Eignung an sich mitteilen (keine Inhalte) Bewerbungsverfahren keine generellen Eignungsuntersuchungen zulässig GenDG geht ggf. vor Bewerbungsverfahren Ärztliche Untersuchungen und Eignungstests § 32 a BDSG-E: • Einstellung nur dann von Eignungstest abhängig, wenn wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung erforderlich, um festzustellen, ob Bewerber für die vorgesehene Tätigkeit geeignet ist • Einwilligung nach Aufklärung erforderlich • Mitteilungspflicht des Untersuchungsergebnisses an Bewerber • muss wissenschaftliche anerkannten Methoden entsprechen, falls vorhanden Bewerbungsverfahren Verarbeitungs- und Nutzungsbefugnisse (§ 32 b BDSG-E) • zur Eignungsfeststellung und Auswahlentscheidung zulässig (§ 32 b Abs. 1 BDSG-E) • ohne Erhebung durch Arbeitgeber zur Eignungsfeststellung und Auswahlentscheidung zulässig, wenn hätte rechtmäßig erhoben werden dürfen (§ 32 Abs. 2 BDSG-E) • gilt nicht bei Übermittlung durch Bewerber ohne Veranlassung des Arbeitgebers Bewerbungsverfahren Löschungsverpflichtung (§ 32 b Abs. 3 BDSG-E) • wenn feststeht, dass Beschäftigungsverhältnis nicht begründet wird Löschungsverpflichtung § 35 BDSG • Aufbewahrung nur bei Einwilligung des Bewerbers V. Laufendes Beschäftigungsverhältnis Laufendes Beschäftigungsverhältnis Laufendes Arbeitsverhältnis • Datenerhebung grds. nur mit Kenntnis (§ 32 e) • ohne Kenntnis nur bei Straftaten oder schwerwiegenden Pflichtverletzungen wenn zur Aufdeckung erforderlich keine Präventivkontrollen • nur zulässig, wenn kein milderes Mittel • Observationen nur bis 24 Stunden oder 4 Tage • keine Besonderen technischen Hilfsmittel (Ausnahme: Ferngläser und Fotoapparate) Laufendes Arbeitsverhältnis § 32 f BDSG – Videoüberwachung • heimliche Videoüberwachung untersagt (Kennzeichnungspflicht) • nur zulässig bei ausdrücklich aufgezählten Maßnahmen • Dummieverbot • kein Zugriff auf Teile der Betriebsstätten, die überwiegend der privaten Lebensgestaltung dienen Laufendes Arbeitsverhältnis § 32 f BDSG – Videoüberwachung zulässig bei • Zutrittskontrollen • Wahrnehmung des Hausrechts • Schutz des Eigentums • Sicherheit des/der Beschäftigten • Sicherung von Anlagen • Abwehr von Gefahren für die Sicherheit des Betriebs • Qualitätskontrolle §§ 32 j - l BDSG • Unterrichtungspflicht bei unrechtmäßiger Speicherung (§ 32 j) • Änderungsmitteilung an Drittverarbeiter (§ 32 k) • Einwilligung nur soweit zulässig, wie gesetzlich zugelassen (§ 32 l) • Rechte der „Interessenvertretung“ bleiben unberührt VI. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats • Überwachungsanspruch § 80 Abs. 1 S. 1 BetrVG • Auskunftsanspruch § 80 Abs. 2 BetrVG • Fragen betrieblicher Ordnung und Arbeitnehmerverhalten § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG • Technische Überwachungseinrichtungen § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG