Bürgerliches Recht II Prof. Dr. Burkhard Boemke 2. An. § 257 BGB i

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Bürgerliches Recht II
Prof. Dr. Burkhard Boemke
Vorlesung BGB II - Übungsteil
Übung im Bürgerlichen Recht für Anfänger
Sommersemester 2012
4. Besprechungsfall
„Impressionen einer Versteigerung“
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I. Anspruch von H auf Kaufpreiszahlung in Höhe von 1.400.000 €
1. Anspruch gegen K
An.: § 433 Abs. 2 BGB
Voraus.: Wirksamer Kaufvertrag = zwei korrespondierende WE
Antrag durch K (vgl. § 156 BGB)
K hat selbst nicht gehandelt,
aber Zurechung der WE von S gem. § 164 Abs. 1 BGB
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a) Eigene Willenserklärung von S (+)
<= Abgrenzung zum Boten>
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b) im Namen von K (+)
<= Abgrenzung zu Eigengeschäften des Erklärenden>
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c) innerhalb zustehender Vertretungsmacht
Hier: Innenvollmacht durch Erklärung seitens K ggü. S (§ 167 I Alt.
1 BGB)
aa) Erteilung von (Innen-)Vollmacht (§ 167 Abs. 1 BGB)
WE die auf Bevollmächtigung zum Kauf eines Manets lautet
WE durch K abgegeben:
„Monet“
WE bei S zugegangen:
„Manet“
§§ 133, 157 BGB: Maßgeblichkeit des Empfängerhorizonts
Vollmacht
zum Kauf eines Manet
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bb) Unwirksamkeit der Vollmachtserteilung gemäß (§ 142 I
BGB)
Voraussetzungen:
(1) Zulässigkeit der Anfechtung
(2) Anfechtungsgrund
(3) Anfechtungserklärung
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(1)
Zulässigkeit der Anfechtung einer ausgeübten Innenvollmacht
1.
Mindermeinung (-): der Vertretene will sich letztlich mit der
Anfechtung nicht von der erteilten Vollmacht, sondern dem
Vertretergeschäft lösen will

Anfechtbar nur das Vertretergeschäft (§ 166 BGB analog)
2.
H.
M.:
Willensmangel
bezieht
sich
nicht
auf
Vertretergeschäft, sondern die Erteilung der Vollmacht

Anfechtbarkeit auch der ausgeübten Vollmacht
Ggf. Korrektur über „Anfechtungsgegner“ (§ 143 II BGB)
das
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(2) Anfechtungsgrund
§ 120 BGB i. V. m. § 119 BGB
-WE:
Erteilung der Innenvollmacht (+)
-Unrichtig
übermittelt:
-Nichtabgabe
Würdigung (+)
bei
erklärt wurde
„Monet“
Übermittelt wurde
„Manet“
Kenntnis
der
Sachlage
und
verständiger
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(3) Anfechtungserklärung
(3.1) Anfechtungsgegner
h. M.:
Anfechtung
der
Innenvollmacht
ggü.
dem
Bevollmächtigten,
diesem ggü. wurde die Erklärung abgegeben
dieser ist der andere Teil i. S. v. § 143 III 1 BGB
a. A.:
Anfechtung ggü. dem Vertragspartner des Vertretenen
wirtschaftlich betrachtet soll Vertretergeschäft angegriffen
und beseitigt werden
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(3.2) Fristgerechte Erklärung (§ 121 I 1 BGB)
Nach h. M.:
Anfechtungsgegner S
Unverzügliche Erklärung im Rahmen des Telefonats (+)
Nach A. A.:
Anfechtungsgegner H
Unverzügliche Erklärung nach Ende der Auktion durch S
Wird K über § 164 I BGB zugerechnet
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dd) Genehmigung durch K (§§ 177 I, 184 BGB)
Zwischenergebnis: Infolge der Anfechtung hat S als Vertreter ohne
Vertretungsmacht gehandelt
Vertrag
ist gemäß § 177 I BGB schwebend unwirksam
Verweigerung der Genehmigung durch K
Anfechtung bedeutet, dass K das Geschäft nicht für und gegen
sich gelten lassen will
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d) Zwischenergebnis
Wirksame Anfechtung der Vollmacht (h. M.)
bzw. des Kaufvertrags (MM)
kein
Zahlungsanspruch gegen K
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2. Anspruch gegen S
An.: §§ 433 Abs. 2, 179 Abs. 1 BGB
a) Voraussetzungen
1. Vertragsschluss durch S als Vertreter ohne Vertretungsmacht (+),
s. o.
Nach Auffassung, wonach nur Vertretergeschäft angefochten
werden kann,
hat S als Vertreter mit Vertretungsmacht gehandelt

§ 179 I BGB nicht gegeben
2. Verweigerung der Genehmigung durch K als Vertretenem (+), s. o.
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b) Haftungseinschränkung (§ 179 Abs. 2 BGB)
Haftung auf das Vertrauensinteresse beschränkt,
wenn der Vertreter Mangel der Vertretungsmacht nicht kannte
lt. SV (+)
Haftung
auf Erfüllungsinteresse begrenzt
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3. Zwischenergebnis
H steht weder gegen K noch gegen S ein Anspruch auf
Kaufpreiszahlung zu
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II. Anspruch von H auf Ersatz des Vertrauensschadens in
Höhe von 205.000 €
1. Anspruch gegen K aus § 122 Abs. 1 BGB (analog)
Mindererlös und Kosten der neuen Versteigerung
a) Anwendbarkeit von § 122 Abs. 1 BGB (analog)
Auffassung,
betätigte Innenvollmacht ist gegenüber dem
Geschäftsgegner
bzw. unmittelbar das Vertretergeschäft
anzufechten
unmittelbare Anwendung von § 122 Abs. 1 BGB
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h. M.: Anfechtung der Innenvollmacht gegenüber dem Vertreter
§
122 Abs. 1 BGB greift nicht unmittelbar
analoge Anwendung?
h. M. (+), Anfechtung der Vollmacht richtet sich wirtschaftlich
gegen das Vertretergeschäft
Geschäftsgegner
Dagegen:
materiell von der Anfechtung betroffen
Geschäftsgegner nicht schutzwürdig, wenn er
ohne entsprechende Vertrauensgrundlage an
Vertretungsmacht des Vertreters glaubt
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b) Ersatzfähiger Schaden
Ersatz des Vertrauensschadens (= negatives Interesse)
Anfechtungsgegner wird so gestellt, wie er stehen würde, wenn er
nicht auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut hätte
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H hätte nicht S als Vertreter von K den Zuschlag erteilt, sondern das
vorhergehende Gebot (1.300.000 €) angenommen
Vertrauensschaden: Differenz zwischen
nunmehr erzieltem Verkaufserlös
1.200.000 € und
vorhergehendem Gebot
1.300.000 €
0.100.000 €
Nicht: Differenz zum Gebot von K = Erfüllungsinteresse
Aber: auch Kosten der neuen Versteigerung
0.005.000 €
diese nicht erforderlich, wenn H nicht auf die Wirksamkeit des Gebots von
S vertraut hätte.
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Der Schadensersatzanspruch besteht also in Höhe von 105.000 €.
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2. Anspruch gegen S aus § 179 Abs. 2 BGB
Bei Anfechtbarkeit der Innenvollmacht (h. M.)
Haftung von S als Vertreter ohne Vertretungsmacht
= 105.000 €
Mindermeinung:
betätigte
Innenvollmacht
kann
nicht
angefochten werden
Kein
Handeln von S als Vertreter ohne Vertretungsmacht
kein
Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens
mehr
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III. Ansprüche von S gegen K
Bestehen einer Verpflichtung von S ggü. H zum Ersatz des
Vertrauensschadens aus § 179 Abs. 2 BGB
Anspruch S gegen K auf Befreiung von dieser Verbindlichkeit?
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1. An. § 122 Abs. 1 BGB
Voraussetzungen liegen vor.
Kein Anhaltspunkt für § 122 II BGB
Schaden ist z. Zt. die Verbindlichkeit gegenüber H

S kann von K verlangen, dass dieser ihn von der
Verbindlichkeit befreit
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2. An. § 257 BGB i. V. m. § 670 BGB
Voraussetzung: Auftragsverhältnis zwischen K und S i. S. v. § 662
BGB
K hat mit Telegramm S nicht nur Vollmacht erteilt, sondern diesen
zugleich auch mit dem Einkauf des Manets beauftragt
Aber: Erklärung hat K angefochten
entsprechender Auftrag wurde mit Rückwirkung (§ 142 Abs. 1
BGB) beseitigt
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3. An. § 257 BGB i. V. m. §§ 670, 683 S. 1 BGB
(-), weil Geschäftsführung nicht dem wirklichen Willen von K
entsprach