Komplizierte erbrechtliche Fälle in der Patchworkfamilie

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Transcript Komplizierte erbrechtliche Fälle in der Patchworkfamilie

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Komplizierte erbrechtliche Fälle
in der
Patchworkfamilie

Rechtsanwältin Michaela Porten-Biwer
Fachanwältin für Familienrecht
Fachanwältin für Erbrecht
König Rechtsanwälte, Trier


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Begriff der Patchworkfamilie
Soziologisches Phänomen
- aufgrund gestiegener Scheidungsraten

- Neue Partnerschaft nach Tod des Ehepartners
- Partner sind verheiratet/unverheiratet
- ein oder mehrere Kinder aus früheren
Partnerschaften bei einem oder beiden
Partnern und ggfls. gemeinsame Kinder


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Regelungen
- keine gesetzliche Ausgestaltung
- gesetzliches Erbrecht, das für eine
„herkömmliche“ Familie akzeptabel ist,
entspricht nicht den
Wünschen/Regelungsbedürfnissen der
Mitglieder einer Patchworkfamilie
- Errichtung einer letztwilligen Verfügung
erforderlich!


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Problematik des gesetzlichen Erbrechts
Fall:

M und F heiraten

Tochter T
aus erster Ehe

keine gemeinsamen
Kinder

Sohn S
aus erster Ehe

M verstirbt/ T bekommt ½ und F bekommt ½/ Wenn anschließend F verstirbt,
erhält S den kompletten Nachlass von F und somit auch die vererbte ½ des M!
Vom Vermögen insgesamt erhält daher S ¾ und T ¼ !
Bei umgekehrten Todesfällen wäre die Verteilung andersherum!


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Art der letztwilligen Verfügung
- Einzeltestamente
nicht geeignet weil einseitige Abänderung möglich

- Gemeinschaftliches Testament
kann nur durch Ehepartner errichtet werden

- Erbvertrag
- notarielle Beurkundung erforderlich
- Pflichtteilsverzicht möglich
- Kinder können beteiligt werden


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Wünsche/Regelungsbedürfnisse
1) Der Partner soll abgesichert werden.
2) Das eigene Kind soll abgesichert werden.

3) Das Stiefkind soll nicht am Nachlass
beteiligt werden.
4) Alle Kinder sollen gleich behandelt werden.
5) Bei minderjährigen Kindern soll der frühere
Partner von einer Teilhabe und Mitwirkung
am Nachlass ausgeschlossen sein.


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1) Absicherung des Partners
Fall:

M
Tochter T

Nachlass M
- Hausanwesen
- Yacht
- Auto

heiratet F
Sohn S

Nachlass F
- Geldvermögen

Die Ehegatten wollen sich gegenseitig absichern/ Die jeweiligen Kinder sollen
jedoch nach dem Tod des Letztversterbenden den eigenen Nachlass erhalten.


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Lösungen
- Vermächtnislösung: Die Partner setzten sich
gegenseitig zu Alleinerben ein/ zugunsten des
eigenen Kindes wird ein Vermächtnis hinsichtlich
des gesamten eigenen Nachlasses angeordnet,
welches erst mit dem Tod des Längstlebenden
anfällt.
- Anordnung von Vor- und Nacherbschaft: Partner
wird zunächst nur Vorerbe und darf nur auf die
Nutzungen, nicht aber den Nachlass zugreifen.
- Nießbrauchsvermächtnis: Das eigene Kind wird
Alleinerbe und der Partner erhält Niebrauch am
Nachlass.


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2) Absicherung des eigenen
Kindes
Fall: M und F haben beide ausreichendes Vermögen, beide ein
Hausanwesen und jeweils ein eigenes Kind. Sie haben sich
zusammen eine Yacht gekauft, die im hälftigen Miteigentum
steht.
Lösung: Das eigene Kind wird als Alleinerbe eingesetzt.
Problem hierbei sind die Pflichtteilsansprüche des
überlebenden Ehegatten. Im Rahmen des Erbvertrages kann
ein gegenseitiger Pflichtteilsverzicht erklärt werde. Als
„Anreiz“ hierzu kann ein Vermächtnis angeordnet werden
(Miteigentumsanteil an der Yacht).


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3) Nichtbeteiligung des
Stiefkindes
Fall:
M und F heiraten und bekommen
2 gemeinsame Kinder

M hat aus einer
Vorhergehende
Beziehung den
„missratenen“ Sohn S1,
zu dem er keinen
Kontakt hat.
Sohn S2

Tochter T

M und F wollen sich gegenseitig beerben. Nach dem Tod
des Letztversterbenden sollen die gemeinsamen Kinder erben.
S1 soll nicht am Nachlass beteiligt sein.


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Lösung
Gemeinschaftliches Testament oder Erbvertrag:
M und F setzen sich gegenseitig ein, die gemeinsamen Kinder
als Schlusserben des Letztversterbenden.
Problem: Pflichtteil des S1, wenn F zuerst verstirbt. Dann
errechnet sich der Pflichtteil aus dem gesamten Nachlass
und nicht lediglich aus dem Nachlass des M.
Lösung: F setzt M nur als Vorerbe und die Kinder als
Nacherben ein. Dann bleiben die Vermögen getrennt!


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4) Gleichbehandlung aller Kinder
Fall der „glücklichen Patchworkfamilie“
Sohn S1

Tochter T1

Sohn S2
Sohn S3
Tochter T2

.


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Lösung
Erbvertrag: M und F setzen sich gegenseitig,
und alle 5 Kinder zu 1/5 Anteil
als Schlusserben ein.
Problem: Wenn zuerst M, dann F verstirbt,
liegt der Pflichtteil von T1 und T2
jedoch bei ¼ (höher als Erbteil). T1
und T2 könnten dann einen
Zusatzpflichtteil geltend machen.
Lösung: Pflichtteilsverzicht aller Beteiligten.


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5) Ausschluss des früheren
Partners
Fall: Boris Becker braucht ein Testament!
1. Ehe mit Barbara: Noah und Elias

dazwischen: Besenkammeraffäre mit Angela
Ermakowa: Anna
2. Ehe mit Lilly: Amadeus

Boris möchte seine Kinder als Erben einsetzen.
Lilly erhält ein Geldvermächtnis. Barbara
Becker und Angela Ermakowa sollen am
Nachlass nicht beteiligt sein!


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Lösung
Einsetzung der Kinder als Erben.
Problem bei Noah und Elias: Wenn die Kinder versterben,
würde Barbara das verbleibende Vermögen erben.
Lösung: Vor- und Nacherbschaft, die auflösend bedingt ist
(wenn Kinder selbst Kinder bekommen oder Barbara
verstirbt)
Problem bei Anna: s.o. und Minderjährigkeit
Lösung: Vor- und Nacherbschaft (s.o)

Testamentsvollstreckung anordnen
Anna Ermakowa von der Verwaltung des ererbten Vermögens
ausschließen.


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Schlussfolgerung:
Bei Patchworkfamilien ist eine
juristische Beratung
unumgänglich!
Bitte wenden Sie sich an einen
Experten!