Motorische Grundausbildung: Zum Stellenwert im

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Transcript Motorische Grundausbildung: Zum Stellenwert im

Motorische Grundausbildung:
Zum Stellenwert im langfristigen Leistungsaufbau
und Leitlinien zur Umsetzung in der Praxis.
J. Nicolaus
Pädagogische Hochschule Freiburg
Kongress Nachwuchsförderung NRW 2013
22./23.05. 2013 Bochum
Anspruch und Orientierungen
Allgemeine Grundausbildung  Motorische Grundausbildung
Nachwuchstraining
- Grundlagentraining
- Aufbautraining
- Anschlusstraining
Hochleistungstraining
(Martin, Carl & Lehnertz, 1991)
Die motorische Grundausbild ist der den Einstieg in ein systematisches
sportliches Training markierender und den langfristigen Leistungsaufbau
flankierender Ziel-Inhaltsbereich, der, auf individuelle alltagsmotorische
Erfahrungen aufbauend, elementare motorische Funktionen und deren
strukturelle Basis erweitern und stabilisieren will.
Als Komponente des Nachwuchstrainings muss die motorische Grundausbildung
dabei die Anforderungen der systematischen Leistungsentwicklung erfüllen und
pädagogischen Ansprüchen gerecht werden.
Ziel-Inhaltskonzept: Leistungs- und Entwicklungsorientierung
Individuelle Leistungsvoraussetzungen
bezeichnen das genotypisch und phänotypisch verfügbare Beanspruchungs- und
Entwicklungspotential des Gesamtorganismus eines Individuums zur Realisierung
von (sportlichen) Leistungen.
Sportartspezifische Leistungen sind dabei akzentuierte Beanspruchungsformen
innerhalb des Zusammen- und Wechselwirkungsgefüges individueller
Leistungsvoraussetzungen.
Ziel-Inhaltskonzept: Leistungs- und Entwicklungsorientierung
Wirksam wird Training immer
dann, wenn es motorisch
relevante biologische
Funktionen, wie:
• Engrammbildung
• sensomotorische Kopplung
• inter- und intramuskuläre
Koordination
• Kraftbildung
• energetische Sicherung
im Hinblick auf ihre Entwicklungscharakteristik und -potentiale gezielt und
systematisch anspricht.
Ziel-Inhaltskonzept: Leistungs- und Entwicklungsorientierung
(Diekmann & Letzelter, 1987)
(Hirtz,1985)
(Peters,1980)
Ziel-Inhaltskonzept: Leistungs- und Entwicklungsorientierung
Modell günstiger Phasen der
Trainierbarkeit
Fertigkeits- und Techniklernen
Kindheit
6/7–9/10

Jugend
10/12–12/13 12/13–14/15 14/15–16/18

Reaktionsfähigkeit

Rhythmusfähigkeit


Gleichgewichtsfähigkeit

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Orientierungsfähigkeit

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Differenzierungsfähigkeit
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Schnelligkeitsfähigkeiten

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
Schnellkraft (koordinative Optimierung)
Maximalkraft (energetische Erweiterung)
Anaerobe Ausdauer
Aerobe Ausdauer


(Martin et. al., 1999)
Ziel-Inhaltskonzept
Die motorische Grundausbildung ist ein primär entwicklungsbezogener ZielInhaltsbereich des Kindertrainings, mit einem deutlichen Schwerpunkt auf
Lernfunktionen.
Die Ausbildung orientiert sich insgesamt an acht Trainingsteilzielen:
1. Schulung vielseitiger Bewegungsfertigkeiten in Bewegungsverbindungen
2. Schulung der koordinativen Fähigkeiten
3. Schulung der Schnelligkeitsfähigkeiten
4. Entwicklung der Schnellkraftfähigkeiten der unteren und oberen Extremitäten
5. Erhalt und Entwicklung von Beweglichkeit (funktionales Beweglichkeitstraining)
6. Umfassende Kräftigung der Muskelgruppen des Rumpfes und der Extremitäten
(funktionales Krafttraining und lokale aerobe Muskelausdauer)
7. Entwicklung einer allgemeinen aeroben Ausdauerleistungsfähigkeit
8. Vermittlung einer sportspielübergreifenden Spielfähigkeit
Auf dieser Basis will sie ein solides Fundament für ein zunehmend
sportartbezogen spezifiziertes, intensiviertes und umfänglich zunehmendes
Training schaffen, die individuelle Belastbarkeit und Trainingsverträglichkeit
steigern und zur Gesundheitserhaltung betragen.
Das schließt die Entwicklung hinreichender Funktionsreserven ein.
Modell 4:
Modell 3:
Modell 2:
Modell 1:
Ziel-Inhaltskonzept: Trainingsmodell
Trainingsteilziel
Koordination (10 min)
Beweglichkeit (10 min)
Schnelligkeit (10 min)
Vielseitige Bewegungsfertigkeiten in
Bewegungsverbindungen (40 min)
Koordination (10 min)
Schnellkraft der unteren und oberen
Extremitäten (40 min)
Sportspielübergreifende Spielfähigkeit (30
min)
Kräftigung (40 min)
Beweglichkeit (10 min)
Ausdauer (30 min)
Koordination (10 min)
Beweglichkeit (10 min)
Schnelligkeit (10 min)
Kraftausdauer (40 min)
Trainingsform
Aufgaben zur Verbesserung der Rhythmusfähigkeit
Aufgaben zum Erhalt und zur Verbesserung der Dehnfähigkeit und
Gelenkigkeit
Allgemeine Laufschulung, Spiel- und Übungsformen zur Verbesserung
der Reaktionsschnelligkeit
Elementare Bewegungsfertigkeiten aus den Bereichen Turnen,
Spielen und Leichtathletik
Aufgaben zur Verbesserung des Gleichgewichts
Aufgaben zur Verbesserung des Springens und Werfens
Spiel- und Übungsformen zur Verbesserung der Spielfähigkeit
(Raumwahrnehmung, Kooperation, Basisfertigkeiten, vortaktische
Fähigkeiten)
Aufgaben zur Verbesserung der Arm-, Schultergürtel- und Rumpfkraft
Aufgaben zum Erhalt und zur Verbesserung der Dehnfähigkeit und
Gelenkigkeit
Spiel- und Übungsformen zur Verbesserung der Grundlagenausdauer
Aufgaben zur Verbesserung der räumlichen Orientierungsfähigkeit
Aufgaben zum Erhalt und zur Verbesserung der Dehnfähigkeit und
Gelenkigkeit
Allgemeine Laufschulung, Spiel- und Übungsformen zur Verbesserung
der Bewegungsschnelligkeit
Circuittraining
Inhaltlich-methodische Leitlinien zur motorischen Grundausbildung
1. Prinzip der Wirksamkeit
Inhalte und Methoden müssen sich an den entwicklungsgemäß zu erwartenden Lernund Anpassungsoptionen orientieren und sie nachweislich förderlich ansprechen.
2. Prinzip der Vielseitigkeit der Leistungsanforderungen
• Eine vielseitige Grundausbildung schafft die Voraussetzungen für schnelles Erlernen
auch hochkomplexer motorischer Fertigkeiten und sportlicher Techniken.
• Der Austausch von Inhalten erhält deren Aufforderungscharakter.
3. Prinzip der Übertragbarkeit
Die inhaltliche Auswahl sollte die Übertragbarkeit und das Transferpotential der
Leistungsanforderungen berücksichtigen.
4. Prinzip der Progression
• Erhöhung des Schwierigkeitsgrades der Übungsformen sowie der Lernanforderungen,
• Erhöhung der individuellen Beanspruchung durch Veränderung der
Belastungsanforderungen.
5. Prinzip der optimalen Ausführungsqualitäten von Trainingsübungen
Bewegungsausführungen sind altersentsprechend präzise durchzuführten und
konsequent zu korrigieren.
6. Prinzip der Differenzierung und Individualisierung
Um das richtige Maß individueller Beanspruchung sicherzustellen, ist es notwendig,
differenzierte Belastungs- und Lernanforderungen vorzugeben.
6
Strukturelle Merkmale: langfristiger Leistungsaufbau
Allg.
Grundausbildung
2
7
8
Grundlagentraining
3
9
4
10
Frühes
Schulkindalter
5 6
11 12
Aufbautraining
Anschlusstraining
Hochleistungstraining
7 8 9 10 11 12 …
13 … Entwicklungsalter
Trainingsalter
Spätes
…
Schulkindalter
… unter der Prämisse entwicklungsgünstige Zeiträume für die Ausprägung elementarer
motorischer Funktionen zu nutzen und als Ziel-Inhaltsbereich des Kindertrainings
identifiziert, ist die motorische Grundausbildung für die Zielformulierung und die
inhaltlich-methodische Ausrichtung
• der Allgemeinen Grundausbildung bestimmend
• des Grundlagentrainings mitbestimmend,
• des Aufbautrainings u.U. flankierend.
Strukturelle Merkmale: Trainingsumfang
Empfohlene Trainingsumfänge für
Trainingskonzepte
TE/ Woche:
Stunden/
Woche:
Technisch-akrobatische
Sportarten und
Schwimmen
andere Sportarten
Technisch-akrobatische
Sportarten und
Schwimmen
andere Sportarten
Trainingsetappen
Allg.
Nachwuchstraining
GrundGLT
ABT
AST
ausb.
1–3
3–5
5–9
9 – 12
1–2
2–4
4–6
6 – 10
2–6
6 – 12
12 – 20 20 – 30
2–4
3–8
8 – 14
14 – 22
(Martin et. al., 1999)
Strukturelle Merkmale: Trainingsumfang
(Plantonov & Vajcechovskij, 1985)
Strukturell-organisatorische Leitlinien zur motorischen Grundausbildung
1. Prinzip der Zielgerichtetheit des Trainings
Das Training orientiert sich an vordefinierten Zielen und steuert sie systematisch an.
2. Prinzip des frühen und rechtzeitigen Trainingsbeginns
Entwicklung braucht Zeit. Ein frühzeitiger Einstieg in die systematische motorische
Förderung schafft die für die Leistungsentwicklung notwendigen Zeiträume.
3. Prinzip der ganzjährigen Kontinuität des Trainings
4. Prinzip der Einheit von Qualität und Quantität
Qualitätsansprüche sind nur auf der Basis hinreichender Quantitäten zu erfüllen.
5. Prinzip der Übereinstimmung von Trainings- und Wettkampfanforderungen
Auch das Kindertraining ist in Wettkampfsysteme eingebunden.
Wettkampfanforderungen müssen sich hier in besonderem Maße an den Zielstellungen
der motorischen Grundausbildung orientieren.
6. Prinzip der integrativen Leistungs- und Entwicklungsüberprüfung
Leistungs- und Entwicklungskontrollen sind wichtige Steuerungsinstrumente des
systematischen Trainings.
7. Prinzip des Zusammenwirkens von Schulsport und Training
Die motorische Grundausbildung ist auch Bestandteil des schulischen Bildungsauftrags.
Entsprechende Synergien sollten genutzt und ausgebaut werden.
Pädagogische Leitlinien zur motorischen Grundausbildung
• Kinder
1.
Prinzip sind
des ethischen
keine Spezialisten
Trainingsverständnisses
Spezialsportart
könnte, wenn
sie ohne zusätzliche
Ausprägung der Vielseitigkeit
2. Eine
Prinzip
der
pädagogischen
Verantwortung
und
Fürsorgepflicht
betrieben würde, die Grundlage der erforderlichen Breite der sportlichen Ausbildung
3. nicht
Prinzip
der pädagogischen
Führungsrolle
ersetzen
und wäre deshalb
unter pädagogischen Gesichtspunkten nicht
4. kindgemäß.
Prinzip der Förderung umfassender Persönlichkeitsentwicklung.
•5. Kinder
Satelliten
Prinzip sind
der Gesundheitserhaltung
und -sicherung.
Kinder befinden sich in einem Zustand weitgehender Unselbständigkeit und
6. Abhängigkeit
Prinzip des entwicklungsgemäßen
gegenüber Erwachsenen.Trainings
Ein kindgemäßes Trainingskonzept und ein
Trainerverhalten
müssen
einerseits eine Vertrauensbasis sichern,
7. kindorientiertes
Prinzip der Freudbetontheit
des
Trainings
andererseits aber Entwicklungsmöglichkeiten im Sinne von Individualisierung und
8. Prinzip
der Anerkennung
von Doppelbelastung
Selbststeuerung
mit zunehmender
Bewusstheit gewährleisten.
9.
der zunehmenden
Selbstverantwortlichkeit
• Prinzip
Kinder brauchen
Anerkennung
Das Training muss so differenziert werden, dass jedem Kind angemessen schwierige,
aber lösbare Aufgaben gestellt werden, so dass die daraus resultierenden
Erfolgserlebnisse zum Aufbau einer überdauernden Leistungsmotivation führen.
• Kinder brauchen Kinder
Training im Kindesalter sollte möglichst in Gruppen gleichaltriger Kinder durchgeführt
werden. Ebenso wichtig ist es aber, dass über den Sport hinaus genügend Zeit bleibt,
soziale Kontakte mit Freunden außerhalb des Trainings pflegen zu können.
J. Nicolaus
Pädagogische Hochschule Freiburg
Kongress Nachwuchsförderung NRW 2013
22./23.05. 2013 Bochum
Pädagogische Leitlinien zur motorischen Grundausbildung
• Kinder sind keine Spezialisten
Eine Spezialsportart könnte, wenn sie ohne zusätzliche Ausprägung der Vielseitigkeit
betrieben würde, die Grundlage der erforderlichen Breite der sportlichen Ausbildung
nicht ersetzen und wäre deshalb unter pädagogischen Gesichtspunkten nicht
kindgemäß.
• Kinder sind Satelliten
Kinder befinden sich in einem Zustand weitgehender Unselbständigkeit und
Abhängigkeit gegenüber Erwachsenen. Ein kindgemäßes Trainingskonzept und ein
kindorientiertes Trainerverhalten müssen einerseits eine Vertrauensbasis sichern,
andererseits aber Entwicklungsmöglichkeiten im Sinne von Individualisierung und
Selbststeuerung mit zunehmender Bewusstheit gewährleisten.
• Kinder brauchen Anerkennung
Das Training muss so differenziert werden, dass jedem Kind angemessen schwierige,
aber lösbare Aufgaben gestellt werden, so dass die daraus resultierenden
Erfolgserlebnisse zum Aufbau einer überdauernden Leistungsmotivation führen.
• Kinder brauchen Kinder
Training im Kindesalter sollte möglichst in Gruppen gleichaltriger Kinder durchgeführt
werden. Ebenso wichtig ist es aber, dass über den Sport hinaus genügend Zeit bleibt,
soziale Kontakte mit Freunden außerhalb des Trainings pflegen zu können.
(Kurz, 1981)