D. Mantelkaufregelung - Stille Reserven-Klausel

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Vorlesung Steuerberatung
Nutzung von Verlusten im Steuerrecht
30. Juni 2011
von
Dr. Stephan Schauhoff
Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht
Verlustnutzung
Vorlesungsbegleitende Literatur
Birk,
Tipke
§ 6 Rz. 542-554
§ 9 C 2.5 Verluste; § 17 B V.
1
A. Vorüberlegungen zur Verlustnutzung
 Grundsätzlich vollständiger Ausgleich aller Gewinne und Verluste eines
Steuerpflichtigen innerhalb eines Veranlagungszeitraums in unbegrenzter Höhe
möglich (Ausgleich negativer Einkünfte einer Einkunftsart oder Einkunftsquelle mit
positiven Einkünften einer anderen Einkunftsart oder Einkunftsquelle)
 Viele fiskalpolitisch motivierte Einschränkungen vorhanden
 Grundsätzlich auch Veranlagungszeitraum-übergreifender Verlustabzug möglich
(ein Jahr Verlustrücktrag bei ESt und KSt und zeitlich unbegrenzter Verlustvortrag
bei ESt, KSt und GewSt)
 Einschränkung des Verlustabzugs im Wesentlichen durch Mindestbesteuerung
und Verlustuntergang bei Übertragungsvorgängen
 Im Regelfall sind Verluste an das Steuersubjekt gebunden (kein Übergang von
Verlusten bei Tod einer natürlichen oder Beendigung einer juristischen Person);
Ausnahme insbesondere bei Organschaftsverhältnissen
2
Einschränkungen beim Verlustausgleich
Einkommensteuergesetz
 Negative Einkünfte mit Bezug zu Drittstaaten (§ 2a EStG)
 Verlustverrechnungsbeschränkungen im System der Tonnagebesteuerung (§ 5a






Abs. 3 Satz 2 EStG)
Verluste infolge Zinsaufwand bei der Ermittlung des Gewinns aus Land- und
Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen (§ 13a Abs. 3 Satz 3 EStG)
Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung (§ 15 Abs. 4
Satz 1 und 2 EStG)
Verluste aus gewerblichen Termingeschäften (§ 15 Abs. 4 Satz 3 bis 5 EStG)
Verluste aus stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (§ 15 Abs. 4 Satz 6 bis 8,
§ 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG)
Verluste bei beschränkter Haftung (§ 15a EStG)
Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodell (§ 15b EStG)
3
Einschränkungen beim Verlustausgleich

Verlustverrechnungs- und Abzugsbeschränkungen bei der Veräußerung von
Wirtschafsgütern des Privatvermögens (§ 17 Abs. 2 Satz 6, § 20 Abs. 6, § 23 Abs. 3
Satz 9 und 10 EStG)

Verluste aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG

Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 Abs. 3 Satz 7 EStG)

Einschränkung der Verlustverrechnung bei Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a
Abs. 8 EStG)
Körperschaftsteuergesetz

Entsprechende Anwendung von Vorschriften des EStG

Verlustverrechnung im kommunalen Querverbund (§ 8 Abs. 7 bis 9 KStG)

Wohnungsunternehmen (§ 13 Abs. 3 Satz 2 ff. KStG); abgeschafft durch JStG 2010

Spartenverluste (§ 15 Satz 1 Nr. 4 KStG)
4
B. Verlustnutzungsstrategien
Vorrangige Strategie: Vermeidung der Entstehung von Verlustvorträgen, z.B. durch
 Realisierung stiller Reserven und Erzeugung künftigen Aufwandspotenzials durch
 „Interner“ Verkauf einzelner Wirtschaftsgüter/sale and lease back
 Einbringungen zum Zwischenwert oder Teilwert/Gemeinen Wert (problematisch wg.
Gleichmäßigkeit der Wertaufstockung)
 Forderungsverzichte (mit Besserungsschein)
 Gezielte Nutzung von Wertaufholungen durch Verzicht auf Nachweis nach
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG
 Sonstige bilanzpolitische Maßnahmen wie Auflösung von Rücklagen nach
§ 6b EStG
5
B. Verlustnutzungsstrategien
 Einrichtung von Organschaftsverhältnissen
 Stille Beteiligung an Kapitalgesellschaften (beachte §§ 15 Abs. 4, 20 Abs. 1
Nr. 4 EStG)
 Unentgeltliche Nutzungsüberlassung an Tochter-Kapitalgesellschaften
(zinslose oder zinsverbilligte Darlehensgewährung)
 Umstrukturierungen (z.B. Verschmelzung von Gewinn- und Verlustgesellschaften; Einbringung von ertragbringenden Aktivitäten in VerlustKapitalgesellschaften)
 Vorziehen von Aufwand durch Verkauf verlustträchtiger Teilbereiche mit
„negativem Kaufpreis“
 Vermeidung von „Gewerbesteuer-Inseln“
6
C. Mindestbesteuerung
 Nutzung eines Verlustvortrags gem. § 10d Abs. 2 EStG der Höhe nach beschränkt:
 Für Gesamtbetrag der Einkünfte bis EUR 1 Mio. unbeschränkt abzugsfähig
 Darüber hinausgehend nur zu 60 % abzugsfähig
 Beispiel:
– Verlustvortrag bei V GmbH zum 1.1.2010 EUR 5 Mio.
– Gewinn 2010 EUR 4 Mio.
– Maximaler Verlustabzug:
EUR 1 Mio. unbeschränkt + EUR 3 Mio. zu 60 %: EUR 1,8 Mio.
=> Nutzbarer Verlust EUR 2,8 Mio.
=> Steuerpflichtig EUR 1,2 Mio.
=> verbleibender Verlustvortrag EUR 1,2 Mio.
Ab Gewinn von EUR 7,67 Mio. ist vollständige Nutzung des Verlustvortrags
möglich
7
C. Mindestbesteuerung
Verfassungsmäßigkeit
 Trotz wirtschaftlichem Verstoß gegen das Gebot der Besteuerung nach der
Leistungsfähigkeit, ist Mindestbesteuerung im Grundsatz verfassungsgemäß,
da in der Totalperiode voller Verlustabzug möglich
 BFH sieht allerdings ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der
Mindestbesteuerung, wenn Verlustvortrag ansonsten endgültig untergeht, wie
z.B. im Beispiel bei Verkauf von 100% an V GmbH zum 31.12.2010 ( AdVBeschluss vom 26.08.2010, IB 49/10; DStR 2010, 2179)
 Entscheidung des BFH in der Hauptsache und des BVerfG stehen noch aus
=> Verfahren offen halten
8
D. Mantelkaufregelung gem. § 8c KStG – Grundlagen
 Bei mittelbarer oder unmittelbarer Übertragung von mehr als 25 % der Anteile an
Kapitalgesellschaft innerhalb von fünf Jahren auf einen Erwerber anteiliger Untergang
eines Verlustes; bei mehr als 50 % vollständiger Untergang
 Betroffen sind Verlustvorträge, laufende Verluste, Verluste nach §§ 15 IV, 15a, 15b
EStG etc. bis zum Tage der Übertragung
 Laufende Gewinne bis zum Übertragungsstichtag können bei unterjähriger
Übertragung nicht mit Verlustvorträgen verrechnet werden
 Als ein Erwerber werden auch Personengruppen mit gleichgerichteten Interessen und
nahestehende Personen angesehen
 Abzustellen ist sowohl auf Kapitalanteil als auch auf Stimmrechte und sonstige
Beteiligungsrechte
 Alle Übertragungen außer im Erbfall und bei vorweggenommener Erbfolge werden
erfasst
9
D. Mantelkaufregelung gem. § 8c KStG – Grundlagen
 Erwerb kann auch durch Kapitalerhöhung, Verschmelzung, Stimmrechtsvereinbarungen, Erwerb eigener Anteile etc. ausgelöst werden
 Maßgeblich ist Verlust im Zeitpunkt des Überschreitens der jeweiligen Grenze
 Ab Überschreiten der jeweiligen Grenze beginnt für diese Grenze neue Zählfrist
Verkauf von 26 % in 2010: Untergang von 26 % der Verluste
Verkauf von weiteren 23 % in 2012: Kein weiterer Verlustuntergang
Verkauf von weiteren 2 % in 2014: Vollständiger Untergang
10
D. Mantelkaufregelung- Übergangsregelungen
Weiterhin parallele Anwendung der alten Mantelkaufregelung
(§ 8 Abs. 4 KStG-alt)
 Anwendbar für Anteilsübertragungen von mehr als 50 % innerhalb von fünf
Jahren, beginnend vor dem 1. Januar 2008 und Betriebsvermögenszuführung
bis zum 31. Dezember 2012
 Keine Erfassung von mittelbaren Anteilseignerwechseln
 Betriebsvermögenszuführungen nach BFH innerhalb von einem Jahr nach
schädlichem Anteilseignerwechsel (nach BMF im Regelfall innerhalb von zwei
Jahren)
 Nach BFH ist Verschmelzung von Tochtergesellschaft auf Verlust-Muttergesellschaft nach Anteilserwerb keine schädliche Betriebsvermögenszuführung (BFH v. 12.10.2010, GmbHR 2011, 215)
11
D. Mantelkaufregelung - Ausnahmen
Entschärfung der Mantelkaufregelung im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise
 Sanierungsklausel (von EU als unzulässige Beihilfe eingestuft)
 Konzernklausel
 Stille Reserven-Klausel
Ausnahmen gelten nur für Fälle des § 8c KStG, nicht aber im Bereich des
UmwStG.
12
D. Mantelkaufregelung - Konzernklausel
 Betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen sollen nicht behindert
werden
 Dazu regelt § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG:
„Ein schädlicher Beteiligungserwerb liegt nicht vor, wenn an dem übertragenden und an dem übernehmenden Rechtsträger dieselbe Person zu
jeweils 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist“
13
D. Mantelkaufregelung - Konzernklausel
 Ausgangsfall: Übertragung von mehr als
50% der Anteile an einer VerlustKapitalgesellschaft
 Grundsätzlich vollständiger Untergang des
Verlustvortrags der VV GmbH
 Aber: Eine Person ist zu 100% am
übertragenden und am übernehmen-den
Rechtsträger beteiligt
=> Klassischer Anwendungsfall für die
Konzernklausel
P
100 %
100 %
A GmbH
B GmbH
80 %
Verkauf
VV GmbH
14
D. Mantelkaufregelung - Konzernklausel
 Wie Ausgangsfall, aber P ist nur zu
99,9% an übertragendem Rechts-träger
beteiligt
 Obwohl dem Sinn und Zweck nach
Konzernklausel greifen müsste (keine
Gefahr des Verlustübergangs auf
Dritte), verhindert dies der klare
Wortlaut des Gesetzes
P
D
99,9 %
100 %
0,1 %
A GmbH
80 %
B GmbH
Verkauf
VV GmbH
 Bagatellklausel erforderlich
15
D. Mantelkaufregelung - Konzernklausel
 Keine Anwendbarkeit auf Verschmelzungen
P
100 %
100 %
A GmbH
B GmbH
VV GmbH
C GmbH
Verschmelzung
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D. Mantelkaufregelung - Konzernklausel
 An übertragendem und übernehmendem
Rechtsträger sind unterschiedliche
Personen beteiligt
 Obwohl VV GmbH im Konzern verbleibt
und Verlustvortrag nicht auf Dritte übergeht, keine Anwendung der Konzernklausel
Streubesitz
A-AG
100 %
A GmbH
Verkauf
80 %
VV GmbH
17
D. Mantelkaufregelung - Konzernklausel
 Fraglich, was unter Person i.S.d. Konzernklausel zu verstehen ist
 U.E. sollten auch Personengesellschaften
solche „Personen“ sein, wenn Sie Mitunternehmerschaften sind
 Wohl nicht, wenn XY KG vermögensverwaltend tätig ist, da dann die Anteile an A GmbH
und B GmbH nach § 39 Abs. 2 AO unmittelbar X und Y steuerlich zugerechnet werden
X
Y
50 %
50 %
XY KG
100 %
A GmbH
80 %
100 %
B GmbH
Verkauf
VV GmbH
18
D. Mantelkaufregelung - Konzernklausel
 Fraglich ist, auf welchen Parameter
hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals „zu 100% beteiligt“ abzustellen
ist
 U.E. ist auf Anteil am Kapital bzw.
Vermögensbeteiligung abzustellen.
 Reine Gesellschafterstellung ohne
vermögensmäßige Beteiligung sollte
unschädlich sein
X GmbH
0%
Y
100 %
100 %
XY GmbH & Co. KG
B GmbH
80 %
VV GmbH
Verkauf
19
D. Mantelkaufregelung - Stille Reserven-Klausel

Soweit in den Wirtschaftsgütern der Verlustgesellschaft stille Reserven gebunden sind, stellt dies
eigenes Ertragspotenzial dar, das mit den Verlustvorträgen verrechenbar sein soll

§ 8c Abs. 1 Satz 6 ff. KStG:„
6Ein nicht abziehbarer nicht genutzter Verlust kann abweichend von Satz 1 und Satz 2 abgezogen werden, soweit er bei einem schädlichen Beteiligungserwerb im Sinne des Satzes 1 die
anteiligen und bei einem schädlichen Beteiligungserwerb im Sinne des Satzes 2 die gesamten,
zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs vorhandenen im Inland steuerpflichtigen
stillen Reserven des Betriebsvermögens der Körperschaft nicht übersteigt. 7Stille Reserven im
Sinne des Satzes 6 sind der Unterschiedsbetrag zwischen dem anteiligen oder bei einem
schädlichen Beteiligungserwerb im Sinne des Satzes 2 dem gesamten in der steuerlichen
Gewinnermittlung ausgewiesenen Eigen-kapital und dem auf dieses Eigenkapital jeweils
entfallenden gemeinen Wert der Anteile an der Körperschaft, soweit diese im Inland steuerpflichtig sind. 8Ist das Eigenkapital der Körperschaft negativ, sind stille Reserven im Sinne des
Satzes 6 der Unterschiedsbetrag zwischen dem anteiligen oder bei einem schädlichen Beteiligungserwerb im Sinne des Satzes 2 dem gesamten in der steuerlichen Gewinnermittlung
ausgewiesenen Eigen-kapital und dem diesem Anteil entsprechenden gemeinen Wert des
Betriebsvermögens der Körperschaft. 9Bei der Ermittlung der stillen Reserven ist nur das
Betriebsvermögen zu berücksichtigen, das der Körperschaft ohne steuerrechtliche Rückwirkung,
insbesondere ohne Anwendung des § 2 Absatz 1 des Umwandlungssteuergesetzes,
zuzurechnen ist.“
20
D. Mantelkaufregelung - Stille Reserven-Klausel
 Grundsatz:
Trotz schädlichen Beteiligungserwerbs bleibt ein Verlustvortrag in Höhe
der stillen Reserven des im Inland steuerpflichtigen Betriebsvermögens
erhalten
 Bei anteiligem Untergang des Verlustvortrags werden stille Reserven
ebenfalls nur anteilig berechnet
 Stille Reserven sind definiert als Differenz zwischen gemeinem Wert der
Anteile und steuerlichem Buchwert des Betriebsvermögens.
Wenn steuerlicher Buchwert des Betriebsvermögens negativ ist, ist
anstelle gemeinem Wert der Anteile der gemeine Wert des Betriebsvermögens maßgeblich
 Maßgeblich sind nur die in Deutschland steuerpflichtigen stillen
Reserven
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D. Mantelkaufregelung - Stille Reserven-Klausel
 VV-GmbH hat Unternehmenswert EUR 100 Mio.,
Steuerbilanzielles EK beträgt EUR 20 Mio.,
Verlustvortrag beträgt EUR 100 Mio.
Alle stillen Reserven sind in Deutschland steuerpflichtig
 Bei Verkauf von 30 % der Anteile geht Verlustvortrag i.H.v. EUR 6 Mio. unter,
30 % von 100 = 30 abzgl. 30 % von 80 = 24), EUR 94 Mio. bleiben erhalten.
 Bei Verkauf von mehr als 50 % geht Verlustvortrag i.H.v. EUR 20 Mio. unter,
EUR 80 Mio. bleiben erhalten
22
D. Mantelkaufregelung - Stille Reserven-Klausel
 Frage: Werden stille Reserven im
Betriebsvermögen der OG bei OT zugerechnet?
 Dem Gesetzeswortlaut nach nicht, aber
Finanzverwaltung berücksichtigt das
Betriebsvermögen von Organgesellschaften für
Zwecke des § 8 Abs. 4 KStG a.F. (BMF vom
16.04.1999, BStBl. I 1999, 455, Tz. 9). Dies
könnte analog bei Stille Reserven-Klausel
gelten.
M AG
Verkauf
OT GmbH
(Verlustvortrag)
Organschaft
 Auch im Bereich der (z.Zt. suspendierten)
Sanierungsklausel in § 8c KStG soll Organkreis
als Einheit betrachtet werden (OFD Rheinland
vom 30.03.2010, Tz. 9)
OG GmbH
(stille Reserven)
23
D. Mantelkaufregelung - Stille Reserven-Klausel
 Frage: Werden stille Reserven vom Betriebsvermögen der M GmbH & Co. KG der VV GmbH
zugerechnet?
 Dem Gesetzeswortlaut nach nicht, aber nach Sinn
und Zweck der Vorschrift sollte eine solche Zurechnung zumindest für körperschaftsteuerliche Zwecke
erfolgen, da diese stillen Reserven bei der VV
GmbH der Körperschaftsteuer unterliegen (anders
bei GewSt)
 Wird dann besonders offensichtlich, wenn KStVerlustvorträge durch Verlustzurechnung aus der M
GmbH & Co. KG entstanden sind
M AG
Verkauf
VV GmbH
(Verlustvortrag)
M GmbH & Co. KG
(stille Reserven)
24
E. Besonderheiten bei Personengesellschaften
I. Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag bei Mitunternehmerschaften
 Allgemeines
 Bei den Mitunternehmerschaften ist Voraussetzung für den Verlustabzug nach
§ 10a GewStG, dass Unternehmensidentität und Unternehmeridentität vorliegt
[Sind an einer Mitunternehmerschaft Kapitalgesellschaften beteiligt, ist auf den
Verlustvortrag der Mitunternehmerschaft zusätzlich § 8c KStG anzuwenden]
 Unternehmensidentität
Gewerbebetrieb im Anrechnungsjahr muss mit Gewerbebetrieb im Entstehungsjahr
des Verlustes übereinstimmen
 Unternehmeridentität
Der Gewerbetreibende, der den Verlustabzug in Anspruch nehmen will, muss
den Gewerbeverlust in eigener Person erlitten haben
 Mitunternehmerschaften
Träger des Rechts auf Verlustabzug sind die einzelnen Mitunternehmer (§ 10a Satz
4 und 5 GewStG)
25
E. Besonderheiten bei Personengesellschaften
I. Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag bei Mitunternehmerschaften
Beispiele:
–

Ausscheiden aus Personengesellschaft
 anteiliger Verlustuntergang
–
Gesellschafterwechsel
 anteiliger Verlustuntergang
–
Betriebseinbringungen in Personengesellschaften
 kein Unternehmerwechsel, soweit Gesellschafter
der eingebrachten Gesellschaft auch Gesellschafter
der aufnehmenden Gesellschaft sind
–
Realteilung
 kein Unternehmerwechsel, soweit „Quotengleichheit“
–
Anwachsung
 kein Unternehmerwechsel, soweit Quotengleichheit“
doppelstöckige Mitunternehmerschaft
Gesellschafterin der Untergesellschaft ist die Obergesellschaft und nicht deren Gesellschafter. Ein
Gesellschafterwechsel bei der Obergesellschaft hat keine Auswirkungen auf einen Verlustvortrag bei der
Untergesellschaft.
[§ 8c KStG-Anwendung allerdings auch auf mittelbare Beteiligungen; § 10a Satz 10 Nr. 2 GewStG]
26
E. Besonderheiten bei Personengesellschaften
I. Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag bei Mitunternehmerschaften

BFH vom 03.02.2010, IV R 59/07
B-GmbH
0%
A-GmbH
50 %
A
50 %
C-KG
40 %
D-KG
B-GmbH
40 %
D-KG
Dritte

A hält Anteile an C-KG treuhänderisch für A-GmbH

A-GmbH wird auf B-GmbH verschmolzen; Treuhandvertrag entfällt
Folge:

Erlöschen der Mitunternehmerschaft der C-KG

Anwachsung des Vermögens der C-KG auf die B-GmbH
Frage:
40-prozentiger Untergang der Verlustvorträge der D-KG?
Argumentationen:
Steuerpflichtiger: Anwachsung habe keinen Einfluss auf Mitunternehmerstellung: B-GmbH führt Betrieb der
C-KG fort
FinVerw:
Gesellschafterwechsel bei D-KG
27
E. Besonderheiten bei Personengesellschaften
I. Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag bei Mitunternehmerschaften
Urteil/Begründung:
FG:
Bezugnahme auf Anwachsungsargumentation: Kein
Verlustuntergang
BFH: 
Betonung der Doppelstöckigkeitsargumentation

Auf die Anwachsung kommt es nicht an, da bezüglich
der Anteile an der D-KG durch die Übertragung von der
C-KG auf die B-GmbH ein Unternehmerwechsel eintritt

anteiliger Verlustuntergang
28
E. Besonderheiten bei Personengesellschaften
II. Unterjähriger Beteiligungswechsel - Gewerbesteuer
§ 10a GewStG (BFH v. 22.01.2009, IV R 90/05)
01.01.2009
gewstl. VV
31.08.2009
31.12.2009
Gewinn
partieller
Unternehmerwechsel

31.12.2009:
Untergang des Verlustvortrags, soweit der Verlustvortrag anteilig auf
den ausgeschiedenen Mitunternehmer/Gesellschafter entfällt

01.01.200931.08.2009:
Verrechnung Verlustvorträge mit Gewinn möglich (Gleichstellung mit
vollständigem Unternehmerwechsel; § 2 Abs. 5 GewStG)
29
E. Besonderheiten bei Personengesellschaften
III. § 10a Satz 10 GewStG
„Auf
die Fehlbeträge ist § 8c des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden;
dies gilt auch für den Fehlbetrag einer Mitunternehmerschaft, soweit dieser
1. einer Körperschaft unmittelbar oder
2. einer Mitunternehmerschaft, soweit an dieser eine Körperschaft unmittelbar oder
mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt ist,
3. zuzurechnen ist.“
 Gewerbesteuerliche Verluste unterliegen einer zweifachen Verlustnutzungsbeschränkung:
 Erhalt nur, wenn Unternehmer- und Unternehmensidentität gegeben ist
 Zusätzlich Beachtung von § 8c KStG über § 10a Satz 10 GewStG
30
F. Sanierungsthemen
I. Rangrücktritt
Anwendungsbereich: Abwendung einer Insolvenz
Zivilrechtlich:
 einfacher Rangrücktritt (Gläubiger tritt hinter alle anderen Gläubiger zurück)
 qualifizierter Rangrücktritt (Tilgung der Forderung darf nur mit Einlagerückgewähransprüchen der Gesellschafter erfolgen)
 „neu“: Erklärung des Nachrangs im Insolvenzverfahren (§ 19 Abs. 2 Atz 2 InsO i.V.m.
§ 39 Abs. 2 InsO).
steuerlich:
 Grds. keine steuerlichen Auswirkungen, da Verbindlichkeit handels- und steuerbilanziell fortbesteht (keine Qualifikation als Forderungsverzicht)
31
F. Sanierungsthemen
I. Rangrücktritt
 Zu beachten: Keine Ausbuchung der Verbindlichkeit in der Steuerbilanz nach
§ 5 Abs. 2a EStG, wenn Verpflichtungen nur zu erfüllen sind, soweit künftige
Einnahmen oder Gewinne anfallen, auch bei Abhängigkeit von zukünftigem
Eigenkapital, nicht Liquiditätsstatus
 Folge:
einfacher Rangrücktritt: Tilgung auch aus sonstigem freien Vermögen vorsehen
qualifizierter Rangrücktritt für § 5 Abs. 2a EStG unschädlich
 vgl. BMF vom 08.09.2006, BStBl. I 2006, S. 497
32
F. Sanierungsthemen
II. Darlehens-/Forderungsverzicht
1. Materielle Regelungen

Drittgläubiger: Ertrag (Aufwand) bei Schuldner-Gesellschaft (Gläubiger) in Höhe des
Nominalwerts der Forderung.

Gesellschafter (Verzicht im Gesellschaftsverhältnis begründet):

Gesellschafter (Verzicht im Gesellschaftsverhältnis begründet):

Einlage in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung (Bewertungsgutachten ggf.
erforderlich); nicht werthaltiger Teil = Ertrag (Aufwand) bei Schuldner Gesellschafter); aber Abzugsverbot bei Gfter-Darlehen nach § 8b Abs. 3
Satz 4 KStG (Ausnahme: Gesellschafter = Finanzunternehmen i.S.d. § 8b Abs. 7
KStG)

Bei Personengesellschaften: grds. steuerneutral, es sei denn, Verzicht
erfolgt aus eigenbetrieblichen Interessen des Gesellschafters

Mindestbesteuerung (§10d Abs. 2 EStG): beschränkte Verlustverrechnung,
ausreichend laufende Verluste!

Qualifikation des Verzichtsgewinns als Sanierungsgewinn i.S.d. des Sanierungserlasses?
sofern nicht
33
F Sanierungsthemen
II. Darlehens-/Forderungsverzicht
2. Sanierungserlass
(BMF-Schreiben vom 27.03.2003, BStBl. I 2003, 240)
 Hintergrund
– Sanierungsmaßnahmen (z.B. Forderungsverzicht) führen häufig zu einem
steuerpflichtigen Ertrag auf Ebene der zu sanierenden Gesellschaft
– auftretende Steuerbelastung kann die finanzielle Situation der Gesellschaft
weiter verschlechtern
 Maßnahmen
– „Steuerfreiheit“ von Sanierungsgewinnen
– Stundung und Erlass aufgrund sachlicher Billigkeitsregelung möglich
– Begünstigter Sanierungsgewinn wird durch Verrechnung mit bestehenden
Verlusten (wohl ohne Anwendung der Verlustverrechnungsbeschränkung)
ermittelt
34
F. Sanierungsthemen
II. Darlehens-/Forderungsverzicht
3. Rechtslage Sanierungserlass
 § 3 Nr. 66 EStG



vom 12. Dezember 2007 (Revision anhängig, VIII R 2/08): Fortführung einer aus dem Gesetz
gestrichenen Regelung im Erlasswege nicht zulässig
Urteil FG Köln


27. März 2003 Möglichkeit Erlass/Stundung der Steuer, aber vollumfängliche Verlustnutzung erforderlich
Urteil FG München


ab VZ 1998 ersatzlos abgeschafft
Sanierungserlass


Bis 1997 galt eine gesetzliche Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen,
vom 24. April 2008 (Rev. X R 34/08): Regelungen des BMF-Schreibens können angewendet werden
Urteil BFH (X. Senat)

vom 14. Juli 2010, X R 34/08 (Rev. zum FG Köln): Der Auffassung des FG München wird nicht gefolgt;
Regelungen des Sanierungserlasses können grds. angewendet werden
 Entscheidung des VIII. Senats zum Sanierungserlass steht noch aus!
35
F. Sanierungsthemen
II. Darlehens-/Forderungsverzicht
4. Voraussetzungen für eine begünstigte Sanierung
 Kapitalgesellschaft ist sanierungsbedürftig und sanierungsfähig
 Schuldenerlass muss eine geeignete Maßnahme zur Sanierung darstellen
 Gläubiger müssen mit Sanierungsabsicht auf ihre Forderungen verzichten
 Nachweis der Voraussetzungen mit Hilfe eines Sanierungsplans
 Ergebnis:
Stundung und später Erlass der ESt/KSt auf den Sanierungsgewinn
 Gewerbesteuer muss separat mit den Gemeinden verhandelt werden (zeitliche
Koordination!)
 Kein Steuererlass, wenn Anteilseigner oder nahestehende Person den Forderungsverzicht nur aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses ausgesprochen hat
 Finanzverwaltung verlangt fairen Beitrag von Gläubigern, die nicht Gesellschafter
sind, werden oder waren
36
F. Sanierungsthemen
II. Darlehens-/Forderungsverzicht
5. Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Sanierungserlass
 Im Ermessen der Finanzverwaltungen
 Uneinheitliche Anwendung in der FG-Rechtsprechung; Bestätigung durch BFH vom
14.07.2010, X R 34/08; Entscheidung des VIII. Senats weiterhin offen
 Nach BFH-Rspr. weiterhin offen, ob der Erlass gemessen an der Intention zu
weitreichende Billigkeitsmaßnahmen enthält
 Absicherung durch verbindliche Auskunft zu empfehlen!
6. Alternative Lösungen?
 Ziel: Verbindlichkeit bei Sanierungsgesellschaft bleibt bestehen
 Folge: Kein steuerpflichtiger Ertrag - aber auch keine Entschuldung
37
F. Sanierungsthemen
II. Darlehens-/Forderungsverzicht
7. Forderungsverzicht gegen Besserungsschein (s. BMF vom 02.12.2003, BStBl.
I. 648):
 Zunächst: Folgen wie bei Forderungsverzicht (keine Passivierung der
Verbindlichkeit); etwaiger Sanierungsgewinn ist zunächst bis zum Ablauf der
Besserungsfrist zu stunden.
 Besserungsfall:
Rückgängigmachung der ursprünglichen Folgen:

Aufwand Schuldner aus Einbuchung Verbindlichkeit und aufgelaufenen Zinsen
abzugsfähig; bei Sanierungsgewinn nur übersteigender Teil abzugsfähig.

Ertrag Gläubiger: Steuerfreiheit nach § 8b Abs. 3 Satz 8 KStG oder
(5 %) Steuerpflicht trotz Abzugsverbot nach § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG?
38
F. Sanierungsthemen
II. Darlehens-/Forderungsverzicht
8.
Beispiel mit bzw. ohne begünstigten Sanierungsgewinn
MG verzichtet in 09 auf nicht
mehr werthaltige Forderung
von EUR 10 Mio.
TG:
MG
Einkommen
09
Verlust 09
Ohne
SanE
-4
Mit
SanE
-4
a.o. Ertrag
+ 10
+ 10
6
6
Einkommen
vor VV
./. VV 08
Darlehen
EUR 10 Mio.
TG
VV: EUR 5 Mio.
Verlust 09: EUR - 4 Mio.
VV 09
MG:
-4
2
(Mindestbesteuerung)
1
-5
1 (Steuerfreier
Sanierungsgewinn)
0
a.o.Verlust von EUR 10 Mio. nicht abzugsfähig, es sei
denn, Drittvergleich gelingt (§ 8b Abs. 3 Satz 4 u. Satz 6
KStG)
39
F. Sanierungsthemen
III. Rückkauf von Verbindlichkeiten unter Nominalwert
(„distressed loans“)
Rückkauf durch Schuldner (T-AG):
NL-BV
Rückerwerb
Darlehen/
Anleihe für 60

steuerpflichtiger Konfusionsgewinn von 40 (Ausnahme
verbriefte Forderung, die nicht eingezogen wird)
 Mindestbesteuerung bei Verlustvortrag

Steuerfreier Sanierungsgewinn?
Kauf durch verbundenes Unternehmen (NL-BV):
T-AG
Gläubiger/
Bank
Darlehen/
Anleihe:
Nominal 100

Grds. keine vGA bei T-AG; Zinsen an NL-BV grds. nicht
beschränkt steuerpflichtig im Inland

Realisierung grds. erst bei Rückzahlung i.H.d. Differenz
zwischen Kaufpreis und Nominalbetrag (40)

aber: gewstl. Hinzurechnung der Zinsen innerhalb der
Gruppe, ggf. Zinsschrankenproblem (keine
grenzüberschreitende Organschaft)
40
F. Sanierungsthemen
III. Rückkauf von Verbindlichkeiten unter Nominalwert
(„distressed loans“)
Gestaltungsmöglichkeit
NL-BV
T-AG
EAV
Gläubiger/
Bank
Darlehen/
Anleihe:
Nominal 100
 NL-BV gründet SPV GmbH mit EK von 60
 SPV GmbH erwirbt Forderung (nominal) 100 für 60
 NL-BV bringt SPV GmbH in T-AG im Wege der
verdeckten Einlage ein und SPV GmbH wird
organschaftlich an T-AG angebunden
SPV GmbH
Rückerwerb
Darlehen/
Anleihe für 60
 Zinsschrankenproblem und gewstl. Hinzurechnung
entfällt im Organkreis
 Realisierung erst bei Rückzahlung von mehr als 60
bzw. bei planmäßigem (Vermeidung
Mindestbesteuerung) schrittweisen
Forderungsverzicht
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F. Sanierungsthemen
IV. Schuldübernahme durch Muttergesellschaft
MG
Schuldübernahme

MG übernimmt Verb. von TG bei gleichzeitigen Verzicht auf
Regressansprüche ggü. TG

Verb. der TG erlischt bei Zustimmung durch Gläubiger (bis
dahin Freistellungsanspruch ggü. MG = Einlage MG)

HB-Ertrag wird steuerlich neutralisiert (Einlage)
 zahlungsneutrale Sanierung der TG;
TG
Gläubiger/
Bank
 erfolgsneutrale Verlagerung der Verb. und
Sanierungsthematik auf MG (ggf. vorteilhaft bei hohen VV
der MG)
 gilt auch, wenn Darlehen nicht mehr (voll) werthaltig (BFH
vom 20.12.2001, BFH/NV 2002, 678)
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F. Sanierungsthemen
VI. Befristetes Zinslosstellen bzw. Reduzierung des Zinssatzes
 Aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Schuldner-Gesellschaft reduziert die
Gläubigerin den Zinssatz oder stellt das Darlehen für einen bestimmten Zeitraum
zinslos
 Behandlung Gläubiger:
 Im Inlandsfall keine Auswirkungen
 Behandlung Schuldner:
 Wird die Verbindlichkeit zinslos gestellt, muss die Verbindlichkeit gem. § 6 Abs. 1
Nr. 3 EStG mit einem Zinssatz von 5,5 % abgezinst werden, wenn die Laufzeit
am Bilanzstichtag mehr als 12 Monate beträgt
– Steuerpflichtiger Ertrag bei der Schuldner-Gesellschaft aus Abzinsung der
Schuld
– Folgezeit: korrespondierender Aufwand aus Aufzinsung der Schuld, der über
die Laufzeit des Darlehens verteilt wird
 Um eine gewinnwirksame Abzinsung zu vermeiden, kann eine niedrigere Verzinsung
vereinbart werden; nach Auffassung der Finanzverwaltung reicht dafür bereits eine
geringfügig höhere Verzinsung als 0 % aus
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