rep-ss2014_03 - Universität Innsbruck

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Vertiefung Unternehmenssteuerrecht
Mag. Richard Wachter
Gegründet im Jahr 1669, ist die Universität Innsbruck heute mit mehr als 28.000 Studierenden und über 4.000 Mitarbeitenden die größte und
wichtigste Forschungs- und Bildungseinrichtung in Westösterreich. Alle weiteren Informationen finden Sie im Internet unter: www.uibk.ac.at.
Programm am 02.04.2014
• Gruppenbesteuerung
• Folgen der UFS-Rsp zu§9 Abs 7 KStG
• Rückstellungen
Gruppenbesteuerung
Gruppenbesteuerung
• Voraussetzungen

Beteiligungsausmaß, Dauer, Antrag, Vereinbarung über Steuerausgleich
• Beteiligungsertragsbefreiung


beim Gruppenträger (Mutter/Empfängerin):§10 KStG
beim Gruppenmitglied (Tochter/Ausschüttende):§94 Z 2 EStG
• Fremdfinanzierungskosten

§11 Abs 1 Z 4 KStG idF vor AbgÄG 2014
• Erfolgskonsolidierung




Individualbesteuerung  jedes Gruppenmitglied zunächst für sich selbst
Konsolidierung nach§9 Abs 4 KStG  dh die Ergebnisverrechnung folgt stets der
finanziellen Verbundenheit
Vollkonsolidierung im Inland
Quotenkonsolidierung bei Auslandsverlusten (§9 Abs 6 Z 6 KStG)
• Firmenwertabschreibung nach§9 Abs 7 KStG


Im Inland: bisher Ja (vgl aber AbgÄG 2014)
grenzüberschreitend: bisher nein  bis UFS-Urteil: Diskriminierung  derzeit
EuGH: unfaire Steuerwettbewerbsmaßnahme sowie Verstoß gegen Art 107 AEUV
Zusammentreffen von Gruppenbesteuerung und
internationaler Schachtelbeteiligung
• Bei Beteiligungen an GM sind idR Voraussetzungen erfüllt für:
 Gruppenbesteuerung als auch
 finanzielle Verbundenheit iSv mehr als 50%
 Mindestbestandsdauer von 3 Jahren
 Internationale Schachtelbeteiligung
 Mindestbeteiligungsausmaß von 10%
 Mindestbehaltedauer von 1 Jahr
• Rechtsfolgen nach der Rsp des UFS bei ausländischen GM
 steuerfreier Beteiligungsverkauf und
 sofern keine Option zur Steuerwirksamkeit
 FWA als fiktive BA ohne Nachversteuerung
 im Gegensatz zu inländischen GM
 sachwidrige Privilegierung von Auslandsbeteiligungen
Kombination von FWA und steuerfreier Veräußerung bei
Auslandsbeteiligungen mehrfach bedenklich
• auf Unionsebene

Verstoß gegen Verhaltenskodex zur Unternehmensbesteuerung


Maßnahmen des unfairen Steuerwettbewerbs sind zu unterlassen/zurückzunehmen
EU-Rüge an AUT wegen „altem§10 Abs 2 KStG“
o
o
o


steuerfreie Veräußerungsgewinne und steuerwirksame Veräußerungsverluste bei
Auslandsbeteiligungen
Besserstellung von Auslandsbeteiligungen  unfaire Steuerwettbewerbsmaßnahme
Beseitigung durch BudgetbegleitG 2003: Neutralisierung von Gewinnen und Verlusten während des
Bestands der Beteiligungen (=§10 Abs 3 KStG)
Kombination von FWA und steuerfreier Veräußerung = unfaire Steuerwettbewerbsmaßnahme
Verstoß gegen das Beihilfenverbot nach Art 107 AEUV


Beihilfe iS einer Steuerverschonung aufgrund unterlassener Nachversteuerung
selektive Begünstigung für grenzüberschreitend tätige Unternehmen  Wettbewerbsverzerrung
• auf nationaler Ebene

Abzugsverbot nach§12 Abs 2 KStG



Kombination von steuerfreien Einnahmen und steuerwirksamen Aufwendungen unzulässig
Leistungsfähigkeitsprinzip  Einmalerfassung
Gleichbehandlung nach Art 7 B-VG

sachlich nicht gerechtfertigte Besserstellung/Privilegierung von Auslandsbeteiligungen
Rückstellungen
Allgemeines
• Rückstellungen = Passivposten der Bilanz = FK
• Definition
 ungewisse Verpflichtungen gegenüber Dritten
 Aufwand, der hinreichend wahrscheinlich erwartet wird, aber hinsichtlich
des Entstehens bzw Bestehens oder der Höhe nach ungewiss ist.
 Dh der Grund und/oder der Umfang der Inanspruchnahme kann ungewiss sein.
• Ausdruck des Vorsichtsprinzip (§201 Abs 2 Z 4 UGB)
 ernstlich drohende Verluste und Risiken sind zu berücksichtigen
• Periodizitätsprinzip
 Bildung = Aufwand, Verbrauch, Auflösung = Ertrag
• Ziel der Unternehmensbilanz = Gläubigerschutz
 Gewinnspeicherung bzw niedriger Gewinnausweis (mehr Haftkapital)
• Ziel der Steuerbilanz = Aufkommensgenerierung
 hoher Gewinnausweis = mehr Steuereinnahmen
Rückstellungen in der Steuerbilanz (§9 EStG taxativ)
•
•
•
•
Anwartschaften auf Abfertigungen (Z 1)
laufende Pensionen und Anwartschaften auf Pensionen (Z 2)
sonstige ungewisse Verbindlichkeiten (Z 3)
drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (Z 4)
• Unzulässig in Relation zur Unternehmensbilanz sind insbesondere:
 pauschale Rückstellungen (Abs 3)
 Rückstellungen anlässlich eines Firmenjubiläums (Abs 4)
 VfGH (1997/99 im Kodex): Aufhebung des Rückstellungsverbots anlässlich Dienstjubiläen
 Aufwandsrückstellungen
 Faustregel: Rückstellungen ergeben sich aufgrund ungewisser Verpflichtungen gegenüber Dritten
 Beispiel: Maschinenschaden in X01 und Aufwandsrückstellung; Auflösung und Reparatur in X02
 Verpflichtung gegenüber einem Dritten fehlt
Finanzierungseffekt aus Rückstellungen
Beispiel:
Für einen Schaden von € 100.000.- (berechnet nach Gegenwartspreisen), der (erst)
in 10 Jahren droht, wird eine Rückstellung gebildet. Im Jahr der
Rückstellungsbildung vermindert sich der Gewinn um € 100.000.- und damit die
Steuerbelastung. Bei einem Grenzsteuersatz von 50% ergibt sich daher ein
Stundungseffekt von € 50.000.-.
Zudem sinkt der ausschüttbare Gewinn (Annahme: € 1.000.000.-) nach
Rückstellungsbildung und Steuern auf € 450.000.-. Es kommt beim Unternehmen zu
einem Ausschüttungsspareffekt von € 50.000.-.
Der gesamte Finanzierungseffekt der Rückstellung beträgt € 100.000.-. Es
bleiben bis zur Auflösung der Rückstellung Cash-Mittel im Betrieb (interne
Finanzierungsquelle).
Legt der Steuerpflichtige die € 100.000.- bis zum Eintritt des Schadens in 10 Jahren
zu einem Zinssatz von zB 4% an, dann beträgt der Zinsvorteil € 4.000.- pro Jahr,
insgesamt also € 40.000.- (ohne Zinseszinsen).
Bisherige Regelung des§9 Abs 5 EStG
• Bewertungsmaßstab von Rückstellungen
 unternehmensrechtlich:
 §211 Abs 1 UGB: „Rückstellungen sind in der Höhe anzusetzen, die nach vernünftiger
unternehmerischer Beurteilung notwendig ist.“
 Im Beispiel: € 100.000. Vorsichtsprinzip und Höchstwertprinzip
 steuerrechtlich (für Vblk- und Verlustrückstellungen):
 §9 Abs 5 EStG: „…mit 80% des Teilwertes anzusetzen. Der maßgebliche Teilwert ist ohne
Vornahme von Abzinsungen zu ermitteln.“ (= pauschale Abzinsung)
 Es sei denn, die Laufzeit beträgt weniger als 12 Monate.
 Im Beispiel: € 80.000.- (= Abzinsungsspanne von € 20.000.-)
• Bewertungsmaßstab = Erfüllungsbetrag
 Jener Betrag, den das Unternehmen voraussichtlich aufbringen muss.
Kritik von Beiser zur bestehenden Regelung
• Pauschale Abzinsung ist willkürlich
• Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip
 In Höhe der Abzinsungsspanne wird ein fiktives und kein tatsächliches
Einkommen besteuert.
 Ein Gewinn iHv 20% des drohenden Schadens ist reine Fiktion.
• Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip
 In Höhe der Abzinsungsspanne werden fiktive Betriebserlöse unterstellt
bzw Betriebsausgaben willkürlich gekürzt.
• Verstoß gegen das Realisationsprinzip




Nur relativ sichere Gewinne dürfen besteuert werden.
In Höhe der Rückstellung ist ein Gewinn nicht zu erwarten.
Vielmehr ist ein drohender Aufwand wahrscheinlich.
Vorweggenommene Besteuerung (noch) nicht realisierter Zinsvorteile ist
nicht sachgemäß.
§9 Abs 5 EStG idF AbgÄG 2014
• Bewertungsmaßstab von Rückstellungen
 unternehmensrechtlich:
 §211 Abs 1 UGB: „Rückstellungen sind in der Höhe anzusetzen, die nach vernünftiger
unternehmerischer Beurteilung notwendig ist.“
 Im Beispiel: € 100.000. Vorsichtsprinzip und Höchstwertprinzip
 steuerrechtlich (für Vblk- und Verlustrückstellungen):
 „Rückstellungen … sind mit dem Teilwert anzusetzen. Der Teilwert ist mit einem Zinssatz von
3,5% abzuzinsen, sofern die Laufzeit der Rückstellung am Bilanzstichtag mehr als zwölf
Monate beträgt.“
 Im Beispiel: 100.000/1,03510 = 70.892.-; Differenz von 29,108 ist im Jahr der
Rückstellungsbildung trotz drohender Verpflichtung als fiktiver Gewinn zu versteuern.
 Bilanztechnisch wird zum unternehmensrechtlichen Ergebnis über die sog Mehr/WenigerRechnung der Differenzbetrag als Ertrag hinzugerechnet und versteuert.
• Berücksichtigung künftiger Kosten- und Preissteigerungen?
 Antwort (Mayr): Ja  Der Erfüllungsbetrag enthält auch künftige
Preisentwicklungen. Erfüllt wird zum tatsächlichen Erfüllungsbetrag.
 Verschlechterung der Praktikabilität  auf und abzinsen!!!
Begründung der Abzinsung (Mayr)
• Zinsen
 Entgelt für die Überlassung von Kapital
• Funktion der Abzinsung
 Bestimmung des Barwerts (Gegenwartwert) zukünftiger Zahlungen durch
Multiplikation mit dem jeweiligen Abzinsungsfaktor
 Heute verfügbare Kapitalerträge sind aufgrund der ihnen inhärenten Finanzierungsfunktion
(=Nutzung alternative Veranlagungsoptionen) wertvoller als künftige gleich große Beträge.
• Abzinsung unverzinslicher Forderungen führe zu Abzinsung
unverzinslicher (gewisser und ungewisser) Verbindlichkeiten
 Keine Abzinsung bei verzinslichen (un)gewissen Verbindlichkeiten
 Zinsloses Darlehen gegen Einräumung einer Bierbezugsverpflichtung  Zinsvorteil wird
durch andere Verpflichtung ausgeglichen/kompensiert
 Prozesskostenrückstellung: Klage wegen Baumängel samt Anhang
• Unternehmerische Vernunft: Es wird sich nichts geschenkt!
• Vorbild = die deutsche Rechtslage
Kaufpreisstundung
Beispiel
Eine Maschine wird zum KP von € 106.000.- unter Eigentumsvorbehalt und
Kaufpreisstundung (zu 6%) auf ein Jahr erworben. Das Rechtsgeschäft ist in ein
Warenlieferungsgeschäft und ein Kreditgeschäft nach Lehre und Rechtsprechung
aufzuspalten, weil der gestundete Kaufpreis einen Zinsanteil enthält (USt wird vernachlässigt).
 deshalb keine Zinslosigkeit vgl aber Mayr, RdW 2014, S 152 f.
• Erwerber (=Schuldner/Kapitalnehmer)


Abgezinste Betrag (Barwert) ist als AK anzusetzen; Differenz zum Erfüllungsbetrag als
Zinsaufwand aktivieren (ARAP) und auf die Dauer der Stundung verteilt auflösen.
AV: 100.000.FK: 106.000.ARAP: 6000.-
• Verkäufer (=Gläubiger/Kapitalgeber)


Forderung zum Nennbetrag ausweisen und den Zinsanteil verteilt auf die Dauer der Stundung
erfolgswirksam auflösen.
UV: 106.000.Umsatzerlöse/EK: 100.000.PRAP: 6.000.-
• Annahme der Ausnahme: zinslose Forderung

gedachter Erwerber würde zinslose Forderung (Nennbetrag) mittels TWA auf Barwert abzinsen und
den Differenzbetrag im Rahmen der Forderungsbewertung durch periodengerechte Zuschreibungen
auf den steigenden TW (Nennbetrag) aufwerten
Kritik an der Abzinsung (Beiser) I
Beispiel zur Abzinsung von gewissen Verbindlichkeiten
A erhält ein unverzinsliches Darlehen vom Land zur Förderung einer
Infrastrukturinvestition (Anbindung an ein Schienennetz) iHv € 1 Mio, Laufzeit 10
Jahre.
Unternehmensrechtlich = erfolgsneutrale Vermögensumschichtung
 1 Mio Bankeingang an Darlehensverbindlichkeit
Ertragsteuerrechtlich = Aufspaltung
 Erfolgsneutrale Vermögensumschichtung in Höhe des Barwertes
 Bankeingang an abgezinste Darlehensverbindlichkeit iHv € 708.918,81.-
 Ertrag in Höhe der Abzinsungsspanne
 Bankeingang an Abzinsungsertrag iHv € 291.081,19. Grenzsteuersatz: 50% = € 145.540,60.-
Kritik an der Abzinsung (Beiser) II
• Der Ertrag in Höhe der Abzinsungsspanne ist fiktiv.

Vorteil der Unverzinslichkeit = Erleichterung der Finanzierung  senkt den
Gesamtfinanzierungsaufwand Jahr für Jahr (Zinsvorteil)
• Besteuerung verstößt gegen das Realisationsprinzip


Kostenvorteile künftiger Perioden werden im Jahr der Darlehenszuzählung durch die
Abzinsung kumuliert und als Ertrag vorweggenommen besteuert
Zinsen werden aber pro rata temporis gezahlt
 Tatsächlich geleistete Zinsen werden der Periode als Aufwand zugeordnet, in der sie bezahlt
werden.
 niedrige Zinsen = Zinsvorteil in Form eines niedrigen Aufwands  führt allenfalls zu einem
höheren Gewinnausweis = Erfassung in der jeweiligen Periode der Kapitalnutzung

Besteuerung des kumulierten Vorteils im Jahr der Zuzählung = Besteuerung eines
noch nicht realisierten Ertrages.
• Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip
 Nur relativ sicheres Einkommen unterliegt der Ertragsbesteuerung.
 Ob der Kostenvorteil in künftigen Perioden tatsächlich in Gewinne dieser Perioden
umgesetzt werden kann, ist im Jahr der Zuzählung ungewiss.
Übergangsbestimmung§124b Z 251 EStG
• Restlaufzeit von bisherigen Rückstellungen bestimmt, ob
Altregelung oder Neuregelung günstiger ist.
• Übergangsbestimmung ist sachwidrig
• geht einseitig zulasten der Steuerpflichtigen


Neuregelung ungünstiger = Abzinsung ergibt geringeren Betrag  Ansatz:
geringere Betrag; Differenzbetrag erfolgswirksam auf 3 Jahre verteilen; betrifft
Rückstellungen mit einer Restlaufzeit ab 6,5 Jahren
Neuregelung günstiger  Altregelung fortführen, sofern Restlaufzeit > als 1 Jahr;
betrifft also Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von über 1 und bis zu 6,5 Jahren
• Rechtfertigung: budgetäre Gründe
• Sachgemäß wäre eine korrekte Aufspaltung entsprechend der
alten und neuen Rechtslage
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit