Preisgestaltung und Kartellrecht

Download Report

Transcript Preisgestaltung und Kartellrecht

BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
3. Speyerer Kartellrechtforum
28. bis 29. März 2011
Bundeswettbewerbsbehörde
GD Dr. Theodor Thanner
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
THEMA:
PREISGESTALTUNG
UND
KARTELLRECHT:
Insb Preisbindung, Preisrabatte,
Kosten-Preis-Schere
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Preisgestaltung
 Idealfall: Wettbewerbspreis; kommt frei über
Angebot und Nachfrage zustande
 Realität: Marktpreis; es gibt Wettbewerber,
Lieferanten u Abnehmer und damit
horizontale u vertikale Einflüsse auf
Preisgestaltung
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
KARTELLRECHT
 Gibt Schranken für Preisgestaltung vor
 Schutz des
 freien und fairen Wettbewerbs
 Vertragspartners (Abnehmer)
 Verbrauchers (Endkunde)
 Art 101 + 102 AEUV
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
KARTELLRECHT
 Wichtig:
 Preis an sich sagt nichts aus
 Erst Preis iZm Verhalten aussagekräftig und
zu beurteilen
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
KARTELLRECHT
 Art 101 AEUV:
 Preisabsprache
 Preisbindung, Preisempfehlung
(horizontal)
(vertikal)
 Art 102 AEUV:
 Gs Ausbeutungs- vs Behinderungsmissbrauch
 Kosten-Preis-Schere (Margin Squeeze)
 Kampfpreise, Preisrabatte, Preisunterbietung
(Verkauf unter Einstandspreis)
 Preisdiskriminierung etc
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 101 AEUV
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 101 AEUV: Preisabsprache
 Art 101 (1) lit a AEUV:
 Preisabsprache verboten
 = Harde Core Kartelle
 Art 101 (2) AEUV: Rechtsfolge: Nichtigkeit
 Art 101 (3) AEUV: Einzelfreistellung;
Neue horizontale EK-Leitlinien
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 101 AEUV: Preisabsprache
 Horizontale EK-Leitlinien; 2 stufige Prüfung
a) Wettbewerbsbeschränkend? Falls ja,
b) Wettbewerbsfördernde Auswirkungen >
Wettbewerbsbeschränkungen?
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 101 AEUV: Preisabsprache
 Neuen Horizontale EK-Leitlinien:
=2 Neuerungen
 Neues Kapitel über Austausch von Informationen
 Kapitel über technische Normen (überarbeitet)
 Infoaustausch:
 Kann helfen, effizienter zu wirtschaften zum
Nutzen des Verbrauchers
 Aber: Kann auch Abstimmung des Verhaltens
bewirken
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 101 AEUV: Infoaustausch
 Unzulässigkeit wahrscheinlich (lt LL)
 Bei Infoaustausch über zukünftige Preise,
Mengen, individuelle Absichten
 Weil, ermöglicht Preisanpassung ohne
Gefährdung der Marktanteile
 EK geht hier von Kartell aus
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 101 AEUV: Infoaustausch
 Weiters Unzulässigkeit wahrscheinlich (lt LL)
 auf hinreichend transparenten,
 konzentrierten,
 nicht-komplexen,
 stabilen und
 symmetrischen Märkten
 Verständigung zw Unternehmen u Verstöße
auf solchen Märkten besonders leicht
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 101 AEUV: Infoaustausch
 Unzulässigkeit eher wahrscheinlich (lt LL),
wenn Informationen
 strategische Ungewissheit am Markt verringern,
 umfassend, unternehmensspezifisch und aktuell
sind, und
 häufig ausgetauscht werden
 Dh Eigenschaft der Informationen relevant
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 101 AEUV: Infoaustausch
 Daher liegt kaum ein Verstoß bei Austausch
echter (!) öffentlicher Informationen vor
 = alle Wettbewerber u Abnehmer haben gleich
leichten Zugang zur Information
 Treibstoffpreise keine öffentliche Information
 Obwohl öffentlich ausgeschildert, erheblicher
Zeitaufwand und Transportkosten, um Preise im
ganzen Land zu erfahren (Rdn 109 HH-LL)
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 101 AEUV: Infoaustausch
 In Österreich:
 „Spritpreismonitoring“ geplant
 Bei BWB
 Gesetzesentwurf in den nächsten Wochen?
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 101 AEUV: Preisbindungen
 Neue vGVO (EU) Nr. 330/2010
 Seit 1.5.2010 in Kraft
 Übergangsfrist bestehende Verträge 31.5.2011
 Ersetzt „alte“ vGVO Nr. 2790/99
 Neue Leitlinien ABl C 130/1, 19.5.2011
 Doppelte 30%- MA-Schwelle (Art 3 vGVO)
 Preisbindung zweiter Hand (Art 4 lit a vGVO)
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 101 AEUV: Preisbindungen
 Früher:
„alte“ vGVO nur anwendbar, wenn Marktanteil (MA)
des Lieferanten max. 30%
 Jetzt: Doppelte Schranke (Art 3 vGVO)
MA des Anbieters (Anbietermarkt) und MA des
Abnehmers (Beschaffungsmarkt) jeweils ≤ 30%
Grund: auch Abnehmer kann Marktmacht haben
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 101 AEUV: Preisbindungen
 Preisbindung zweiter Hand, Art 4 lit a vGVO
 Wie bisher:
keine Freistellung, falls Möglichkeit Abnehmer
beschränkt, Verkaufspreis selbst festzusetzen
 Betrifft auch:
 Gewinnspannen, Rabatte, einzelne Preisbestandteile
 Direkte + indirekte Formen der Preisbindung
 Unterstützende Maßnahmen
Preisüberwachungsysteme
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 101 AEUV: Preisbindungen
 Anbieter kann wie bisher
 Höchstverkauspreise festsetzen, oder
 unverbindliche Preisempfehlungen aussprechen
(sofern diese nicht über Druck/Anreiz wie
Mindestverkaufspreise wirken)
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 101 AEUV: Preisbindungen
 Aber NEU: vertikale LL, Rn 225
Preisbindungen ausnahmsweise zu Effizienzgewinnen iSd Art 101 Abs 3 AEUV gerechtfertigt:
 zB:
 Zur Markteinführung neuer Produkte
 Koordinierte Sonderangebotsphasen (2-6
Wochen)
 Kundenberatungen (Verhinderung Trittbrettfahrer)
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 102 AEUV
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 102 AEUV: Grundsätzliches
 Marktbeherrschern ist es verboten:
 Restwettbewerb zu beseitigen
 Entstehen neuen Wettbewerbs (Markteintritte) zu
verhindern
 Lieferanten/Kunden auszubeuten oder zu
diskriminieren
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 102 AEUV: Grundsätzliches
 Ausbeutung- vs Behinderungsmissbrauch
(Opfer: Kunde/Vertragspartner vs Wettbewerber)
 Marktmacht Voraussetzung
 Daher Marktdefinition wesentlich
 Mißbrauchshandlung
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 102 AEUV: Marktdefinition
 SSNIP-Test
 Bei Preiserhöhung um 5-10% anderes Produkt?
 Anwendung: Fusionskontrolle
 ex ante
 Bedarfsmarktkonzept
 Produkt aus Nachfragersicht austauschbar?
 Anwendung: Kartell- + Mißbrauchsaufsicht
 ex post
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 102 AEUV: Marktdefinition
 OGH 25.3.2009, 16 Ok 14/08 – Radiusklausel II
 Verfahrensthema: Einkaufszentrum verbietet
Mietern, in best. Radius andere Filiale zu betreiben
 Zurückverweisung ans Erstgericht
 Beschluss: SSNIP-Test von KG anzuwenden in
einem Kartell- und Mißbrauchsaufsichtsfall!
 Verfahren anhängig
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 102 AEUV: Marktdefinition
Diskussionsbeitrag:
 SSNIP-Test bei Mißbrauchsfällen zur Marktdefinition?
 Preisänderung besseres Kriterium als
Austauschbarkeit?
 Wie SSNIP-Test anzupassen?
 Insb bei Fusionskontrolle zukünftige Preisänderung
beobachtet, bei Mißbrauchsaufsicht aktuelle/
vergangene Preiserhöhungen
 Was zu tun, wenn aktueller Preis bereits
höchstmöglicher Preis?
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 102 AEUV: Preisrabatte
 Funktionsrabatte
 (Für Gegenleistung; zB Markteinführung)
 Grundsätzlich unbedenklich
 Mengenrabatte
 Gewährt für Abnahmemenge
 Muss transparent u einheitliche erfolgen (Michelin)
 Dann keine Diskriminierung; erlaubt
 Unterschiedliche Bezugsmengen rechtfertigen
unterschiedliche Preise
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 102 AEUV: Preisrabatte
 Treuerabatte
 Wenn nur für Abnahmemenge gewährt
=Mengenrabatt; unbedenklich
 Wenn für ausschließlichen Bezug (bei keinem anderen
Anbieter kaufen) = Diskriminierung und
Absatzbeschränkung; verboten
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 102 AEUV: Preisrabatte
Zielrabatte:
 =Preisminderung bei Erreichen eines bestimmten
Verkaufziels
EuGH Michelin: nicht per se mißbräuchlich; kann
aber mangels Transparenz u Einheitlichkeit
diskriminierend sein; war daher im Michelin-Fall
verboten
EK in Irish Sugar: Zielrabatte per se diskriminierend
+ verboten
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 102 AEUV: Margin Squeeze
 Vertikal integriertes marktbeherrschendes Unternehmen
 Margin Squeeze (=Kosten-Preis-Schere)
 Margenquetschung: Die Differenz zwischen
Vorleistungspreis und Verkaufspreis deckt nicht die
Kosten
 Mitteilung der Kommission = Form der
Lieferverweigerung
(Mitteilung der Kommission v 24.02.2009, ABl 2009 C 45/7)
 = Behinderungsmissbrauch
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 102 AEUV: Margin Squeeze
Voraussetzung:
 Produkt auf dem Vorleistungsmarkt objektiv notwendig,
um auf dem nachgelagerten Markt aktiv zu sein
 Als Kostenvergleichsbasis werden die langfristigen
durchschnittlichen Zusatzkosten eines ebenso effizienten
Wettbewerbers herangezogen
 Wahrscheinlichkeit, dass der Wettbewerb auf dem
nachgelagerten Markt ausgeschaltet wird
 Wahrscheinlichkeit, dass dem Konsumenten Schaden
zugefügt wird
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 102 AEUV: Margin Squeeze
Mögliche Rechtfertigungsgründe:
Entsprechende Kosten für das alleinige Anbieten
des Vorleistungsprodukts
Notwendig für Innovation und Investition
(vgl. Voraussetzungen)
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Art 102 AEUV: Margin Squeeze
 Urteil des Gerichtshof vom 14.10.2010 in der Rechtssache
C-280/08 P, Deutsche Telekom AG / Kommission
 Entscheidung der Kommission vom 4. Juli 2007 in einem
Verfahren nach Artikel 82 des EG-Vertrags (Sache
COMP/38.784 — Wanadoo España/Telefónica)
 Urteil des EuGH vom 17.2.2001, Rs C-52/09 - TeliaSonera
BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE
Danke für die Aufmerksamkeit!
www.bwb.gv.at
Twitter: BWB_Wettbewerb