techem FOKUS IMMOBILIE 10. Februar 2011

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Berlin-Brandenburger Verwalterforum
2. November 2011
Ständerbalkone/Balkoneinhausung und
Balkonvergrößerung im Anwendungsbereich des § 22
WEG – welche Mehrheiten und sonstigen
Voraussetzungen gelten?
RA Dr. Jan-Hendrik Schmidt, W.I.R Hamburg
S. 1
Neutraler Oberbegriff: Bauliche Maßnahme
Eine bauliche Maßnahme ist nicht zwingend eine bauliche
Veränderung. Sie kann sein:
• Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung (§ 21 III WEG)
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Instandhaltung od. Instandsetzung (§ 21 V Nr. 2 WEG)
Modernisierende Instandsetzung (§ 22 III WEG)
Erfüllung gesetzlicher oder behördlicher Vorgaben
Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht
Sonstige Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung
• »Privilegierte« bauliche Veränderung, d.h. Modernisierung
oder Anpassung an den Stand der Technik (§ 22 II WEG)
• »Klassische« bauliche Veränderung (§ 22 I WEG)
S. 2
§ 22 II: »privilegierte« bauliche Veränderung
1. Modernisierung i.S.d. Mietrechts (§ 559 BGB)
• Nachhaltige Erhöhung des Gebrauchswerts
• Verbesserung der allgemeinen
Wohnverhältnisse auf Dauer
• Nachhaltige Einsparung von Energie oder
Wasser
• [Vom Gesetzgeber geplant: energetische
Modernisierung (§ 555b I Nr. 1 BGB-E gem.
MietRÄndG aus Mai 2011)].
2. Anpassung an den Stand der Technik
S. 3
§ 22 II: großzügiger Modernisierungsbegriff
• Der Gebrauchswert einer Wohnung wird nachhaltig erhöht,
wenn infolge der baulichen Maßnahme das Wohnen aus der
Sicht eines durchschnittlichen und vernünftigen
Bewohners angenehmer, bequemer, gesünder, sicherer
oder weniger arbeitsaufwändig wird.
• Der mietrechtliche (§ 559 BGB) und der
wohnungseigentumsrechtliche (§ 22 II 1 WEG)
Modernisierungsbegriff sind nicht 1:1 deckungsgleich. Die
wohnungseigentumsrechtliche Modernisierung ist
großzügiger zu handhaben (BGH 18.2.2011 – V ZR 82/10)
S. 4
Fall: Balkoneinhausung
• Mietrechtlich streitig, ob es sich um eine
Modernisierung handelt. Die h.M. verneint das
wegen des fehlenden Freilufterlebnisses.
• Wohnungseigentumsrechtlich wird es sich um
eine Modernisierung i.S. des § 22 II 1 WEG
handeln. Dabei wird dahinstehen können, ob die
Maßnahme dem Schallschutz dient, da bereits die
(ganzjährige) wetterunabhängige Nutzbarkeit für
eine Gebrauchswertserhöhung darstellen dürfte.
S. 5
Achtung: § 22 II WEG hat weitere Voraussetzungen!
1. Keine Änderung der Eigenart der Wohnanlage
– Eigenart ist mehr als Erscheinungsbild!
– Anbau, Aufstockung, Abriss, Luxussanierung eines
Wohnhauses einfacher Wohnqualität, Asphaltierung
einer Grünfläche zu Parkzwecken.
2. Keine unbillige Beeinträchtigung einzelner WEer
– Unbillig ist mehr als erheblich!
– Optische Grenze: „Verschandelungen“, funktionale
Grenze: Komplettentzug von Gebrauchsmöglichkeiten.
– Problemfall: Verdunkelungen oder Einsehbarkeit
anderer Wohnungen durch Balkonanbau
S. 6
Fall: Nachträglicher Balkonanbau
Der erstmalige Anbau eines Balkons stellt als
Gebrauchswerterhöhung eine Modernisierung
nach § 22 II WEG n.F. dar. Hierdurch kann sich
aber eine unbillige Beeinträchtigung eines WEers
ergeben, wenn durch den Balkonanbau ein
bereits vorhandener Balkon eine andere Qualität
erhält und sich die Lichtverhältnisse in der
Wohnung verschlechtern.
(AG Konstanz v. 25.10.2007 – 12 C 10/07, NZM
2007, 888)
S. 7
Fall: Neue größere Ständerbalkone
Eine WEG plant eine Fassaden- und Balkonsanierung. Die
baufälligen 8 Altbalkone sollen abgerissen, die Fassade
verschlossen und wärmegedämmt werden. Die Flächen der
Balkone sollen um 40–60% vergrößert und in einer
Stahlkonstruktion vor die Fassade gestellt werden. Die
WEG besteht aus 12 Wohnungen, die 10 WEern gehören.
Die 2 EG- und die 2 DG-Einheiten haben keinen Balkon, die
anderen 8 Wohnungen haben je einen Balkon.
Frage: Wie ist die Rechtslage? Was rät RA dem Verwalter?
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Überlegungen für die Diskussion:
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Interessenlage unter den Eigentümern.
Instandsetzungsbedarf besteht. § 21 III, V Nr. 2 WEG gebietet aber
die Reproduktion des veralteten Zustandes.
Eine modernisierende Instandsetzung (§ 22 III WEG) setzt einen
aktuellen oder absehbaren Instandsetzungsbedarf an einer
vorhandenen Anlage oder Einrichtung voraus. Vorhanden sind
kleinere alte Balkone. Vergrößerung eher mit Anbau vergleichbar
Problem: Weist eine bauliche Maßnahme Merkmale verschiedener
Fallgruppen auf, ist fraglich, ob die Gesamtmaßnahme einheitlich
nach ihrem Schwerpunkt zu beurteilen oder in die verschiedenen
Einzelmaßnahmen zu zerlegen ist.
Variante: Was gilt, wenn die Gemeinschaftsordnung die Ersetzung
frei hängender durch aufgeständerte Balkone gestattet und die
Erdgeschosseigentümer zur Duldung verpflichtet?
S. 9
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
und die Einladung nach Berlin
S. 10