Transcript Lernen

Das Leben ist kein Streichelzoo und
Lernen ist kein Honiglecken
Schul- und Lernkultur neu denken:
AUF-richten statt UNTER-richten
Ti m e l k a m , 1 2 . 3 . 2 0 1 3
[email protected]
Was heißt
dieses Zitat für
mich?
•Was für den
Lernbegriff?
•In welchem
Kontext siedle
ich das Zitat
an? Wem
schreibe ich es
zu?
„Der Überblick ist
verlorengegangen, das
verfügbare Wissen nicht
überschaubar, pausenlose
Neuerungen erzeugen
Orientierungsprobleme und
Zukunftsängste.“
Uns Gesunden öffnet die Alzheimerkrankheit die Augen dafür, wie komplex die
Fähigkeiten sind, die es braucht, um den
Alltag zu meistern. Gleichzeitig ist
Alzheimer ein Sinnbild für den Zustand
unserer Gesellschaft. Der Überblick ist
verlorengegangen, das verfügbare Wissen
nicht überschaubar, pausenlose Neuerungen erzeugen Orientierungsprobleme
und Zukunftsängste. Von Alzheimer reden
heißt, von der Krankheit des Jahrhunderts
reden. Durch Zufall ist das Leben des Vaters symptomatisch
für diese Entwicklung. Sein Leben begann in einer Zeit, in der
es zahlreiche feste Pfeiler gab (Familie, Religion,
Machtstrukturen, Ideologien, Geschlechterrollen, Vaterland),
und mündete in die Krankheit, als sich die westliche
Gesellschaft bereits in einem Trümmerfeld solcher Stützen
befand.
Überblick
Ich weiß, was ich nicht weiß:
Was heißt hier Lernen?
Kompetenzbegriff
Wo findet Lernen statt?
Aufmerksamkeit:
Regression und Progression
Emotionen im Lernprozess
Schlussfolgerungen
Der ganze Blick aufs schulische Lernen
Wie und was
lernen
Wie und
was lernt
Schüler
/innen?
das
Kollegium
?
Wie und
was lernen
Systeme?
3 Mythen in Bildungssystemen
Lernen = Ergebnis
von Lehren
Vom Lernen und Lehren
„Ich kann in 4 bis 7 Worten zusammenfassen, was ich
als Lehrer letztendlich lernte: Die 7-Wort-Variante ist:
Lernen ist nicht das Produkt von Lehren.
Die 4-Wort-Variante ist:
Lehren erzeugt kein
Lernen.
Lerner erzeugen Lernen.
Der Grund, warum dies
vergessen wurde, ist, dass
die Tätigkeit des Lernens zu
einem Produkt, genannt
‚Bildung‘, gemacht wurde…“
–John Holt (2009), „In jeder wachen Stunde“, Das Freilerner-Buch.
3 Mythen in Bildungssystemen
Lernen = Ergebnis
von Lehren
Entwicklung =
Ergebnis von Implementieren
Umsetzung =
Ergebnis von Verordnen
Es ist was faul ….
• 6% keinen
Schulabschluss (ohne
ASO!)
• 10,7% Sek 2 - Schulabbrecher/innen
• 21% funktionale Analphabeten
• 29% Burn-out gefährdete Lehrer/innen
aber:
• Platz 4 bei Bildungsausgaben:
10.974$ / SchülerIn / Jahr
(OECD-Schnitt:8.216$)
Lernen ist das Persönlichste
auf der Welt; es ist so eigen
wie ein Gesicht oder ein
Fingerabdruck. Noch
individueller als das
Liebesleben. (Heinz von Foerster)
Licht ins
Dunkel!
Drei
Dinge /
Tätigkeiten,
die Sie gut
können:
Bitte spontan
aufschreiben!
 Wie haben Sie das gelernt?
 Wobei? Von wem?
 Warum wollten Sie es können?
 Welches Gefühl ist mit dem
damaligen Lernen verbunden?
… im Gegensatz dazu: die Bildungsarithmetik
+?=
… so what ???
Überblick
Ich weiß, was ich nicht weiß:
Was heißt hier Lernen?
Kompetenzbegriff
Wo findet Lernen statt?
Aufmerksamkeit:
Regression und Progression
Emotionen im Lernprozess
Schlussfolgerungen
Lernzyklus
Bewusste
Kompetenz
Bewusste
Inkompetenz
bewusst
aha!
lernen
kompetent
Unbewusste
Kompetenz
üben
wahrnehmen
unbewusst
inkompetent
Unbewusste
Inkompetenz
Lernen als
Selbstwirksamkeitserfahrung
Bewusste
Kompetenz
Bewusste
Inkompetenz
bewusst
aha!
lernen
kompetent
Unbewusste
Kompetenz
üben
wahrnehmen
unbewusst
inkompetent
Unbewusste
Inkompetenz
Lernen als …
1. Lernen als … was?
Wodurch zeigt sich LERNEN?
Woran erkennen Sie es?
 Was sagen / machen / gestikulieren
Kinder, wenn Lernen stattfindet
/stattgefunden hat???

1. Durch welche Faktoren wird
Tischgespräche
+
aufschreiben!!
Lernen erschwert?
Lernen als…
 Nachahmung
 Kreatives Problemlösen
 Chance
 Üben
 Persönlichkeitsentwicklung
 Fragen stellen
 Motivation
 Ausprobieren
 Interaktion
 Frusterlebnis
 Versuch und Irrtum
 Herausforderung
 Fehler machen
 Unterstützung suchen
 Einzelkämpfer
 Provokation
 Erforschen/Experimentieren
 Konzentration
 Auseinandersetzung
 Informationen suchen
 Beschäftigung
 Miteinander
 Neugierde
 Nachdenken/Meditieren
 Lob und Anerkennung
 Beobachten
Lernen wird erschwert durch…
 Demotivation
 Abstoppen des Forscherdrangs
 Starke Grenzen
 Fehlende Herausforderung
 Lehrerzentrierter
 Frustration







Unterricht
Kränkung
Zu wenig Lob und
Anerkennung
Sprachbarrieren
Falscher Zugang zu Lob
Zeitdruck
Andere Denkstrukturen
nicht zulassen
Überhöhte
Erwartungshaltungen
 Chancenungleichheit
 Fehlende Differenzierung
 Fehlende Flexibilität
Lernen ist eine Erfahrung, in der wir…
 herausgefordert bzw. in Anspruch




genommen werden
ins Schwitzen kommen
in Eigenbewegung tun und handeln
umlernen und verlernen, Vorwissen
und Vorerfahrung umstrukturieren,
uns auf Neues umgewöhnen
… und am Ende sehen / riechen /
schmecken / spüren / erleben wird
die Welt anders
Überblick
Ich weiß, was ich nicht weiß:
Was heißt hier Lernen?
Kompetenzbegriff
Wo findet Lernen statt?
Aufmerksamkeit:
Regression und Progression
Emotionen im Lernprozess
Schlussfolgerungen
Was ist Kompetenz?
Ein Orgelspieler hat in zwei Tagen ein
Konzert in einer Kirche, wo er noch nie
gespielt hat. Er kennt die Stücke im
Programm „in- und auswendig“. Er
kommt in der Stadt an, wo das Konzert
stattfinden wird, und geht in die Kirche
um zu proben.
Was wird er zunächst machen? Was wird ihm wichtig
sein, damit er für das Konzert bereit ist? Was wird er
dabei erleben?
Zweck des
Lernens ist
Kompetenzaufbau …
… um in neuen Situationen eigenständig
handeln zu können (Transferleistung).
Kompetenz ist das
Zusammenspiel
von…
Wissen
Kenntnisse
Disposition
(fachliche)
Einstellung
Können
Fertigkeiten
Lernen = Kompetenz entwickeln
„Ein Erwerb genereller Fähigkeiten bedeutet, dass wir in
die Lage versetzt werden, auf typische Situationen, die
nicht material identisch sind, mit variablen Mitteln zu
antworten.“
-
Bernhard Waldenfels (2000), Das leibliche Selbst, S. 167
„… Lernen bedeutet stets eine Ausbildung allgemeiner
Strukturen. Lernen besagt immer auch eine
Neuschöpfung.“
(ebenda)
Vom Kennen und Können
(Waldenfels, 2000)
• Das Kennen verweist auf eine Geschichte des
•
•
•
•
•
Kennenlernens, das Können auf eine Geschichte der
Eingewöhnung durch Bestätigung.
Der Erwerb von beiden ist ein Prozess der
Verallgemeinerung, damit sie uns über die Situation
hinaus zur Verfügung stehen
Der Erwerb kann passiv oder aktiv sein
Kennen = etwas als etwas wiedererkennen
Können = eine Gewohnheit
Kenntnisse können vergessen werden,
Können verlernt
Waldenfels, B. (2000). Das leibliche Selbst: Vorlesungen zur
Phänomenologie des Leibes. Frankfurt: Suhrkamp.
Nur in Handlung wird Kompetenz sichtbar
„Voraussetzung für Lernen ist deshalb die
Empfänglichkeit für anderes oder den anderen … Stets
meinen wir mehr, als wir sagen können. Unweigerlich
können wir mehr, als wir ahnen. Erst die
Herausforderung durch den anderen oder das andere,
die an diesem Überfluss ansetzt, verwirklicht ein
Wissen und Können, das zuvor nur möglich war. Im
Lernen als Umlernen werden wir von etwas getroffen,
auf das wir dann als etwas antworten. Dieses Etwas
kommt immer nur in Deutungen und Strebungen vor.“
- Käte Meyer-Drawe (2010). Zur Erfahrung des Lernens.
Perspektivenwechsel:
Kompetenzorientierung
Schülerinnen
Die Mathematikerin
Was haben diese Themen bzw.
Bereiche mit Mathe zu tun?
•Investitionsstrategien
•Antilopen
•DNA
•Computeranimation
•Klimaerwärmung
 Was meine ich, wenn ich
Denkpause
sage, jemand ist kompetent?
 Welche Verben kommen mit
kompetent häufig vor?
(kompetent lesen? Kompetent
wissen? Kompetent … ?)
Überblick
Ich weiß, was ich nicht weiß:
Was heißt hier Lernen?
Kompetenzbegriff
Wo findet Lernen statt?
Aufmerksamkeit:
Regression und Progression
Emotionen im Lernprozess
Schlussfolgerungen
Kernidee: Jede/r denkt!
Use it or lose it:
Neuroplastizität
Lernen =
• bestehende
Synapsenverbindungen
werden verstärkt
• neue Synapsenverbindungen zwischen
Nervenzellen werden aufgebaut
• neue Nervenzellen werden aus bestehenden
„schlummernden“ Vorläuferzellen gebaut
Speicherprozess:
cells that fire together
wire together
• wiederholtes Erleben,
Zuschauen, Beobachten
• Ausprobieren, Fehler
machen, Experimentieren
je öfter die Verbindung aktiviert wird, desto
stärker wird die Verbindung
 gleichzeitige Aktivierung von Nerven-Netzwerken
bedeutet gemeinsames Abspeichern von Erlebnis
und Inhalt
„Lernen am
Modell“:
Spiegelneuronen
• spezielle Nervenzellen, die
Verhalten(sabläufe) speichern
• Begründen das Lernen am Modell
• erzeugen einen gemeinsamen
Aufmerksamkeitsfokus
• Stress und Angst sind Hemmer !!!
Überblick
Ich weiß, was ich nicht weiß:
Was heißt hier Lernen?
Kompetenzbegriff
Wo findet Lernen statt?
Aufmerksamkeit:
Regression und Progression
Emotionen im Lernprozess
Schlussfolgerungen
Aufmerksamkeit als Motor des
Lernens
• allgemeine Wachheit vs.
• selektive Aufmerksamkeit
• Neugier = Aufmerksamkeit
Lernen als
affektive Betroffenheit
skillful
frustration
statt
overprotection
Regression und Progression
Tiefe der
affektiven
Betroffenheit
ErKenntnisGewinn
Aufmerksamkeit?
Atmosphäre ?
Offenheit?
Lernen als Labilisierung
• Verwirrung durch das
Neue: Neugier und
Angstbereitschaft
• Verstörung bekannter
Muster
• Erkenntnis auf höherem
Niveau
• Können  Nicht-Können
 neues Können
Murmelgruppen:
 Brüchigkeit
 Ahnungslosigkeit
 Frust
 Unsicherheit
 Verwirrung
Die
Schattenseite des
Lernens …
 Wie gehen Sie mit dieser
Negativität um?
Lassen Sie sie zu?
 Wenn sie vorkommt, nutzen Sie sie
als pädagogisches Momentum?

Überblick
Ich weiß, was ich nicht weiß:
Was heißt hier Lernen?
Kompetenzbegriff
Wo findet Lernen statt?
Aufmerksamkeit:
Regression und Progression
Emotionen im Lernprozess
Schlussfolgerungen
Emotionen
 Interaktionsgefüge innerer und
äußerer Faktoren
 Bewertung von Reizen im
limbischen System
 Bedürfnis nach Bestimmtheit
 Informieren über die
„Sicherheitslage“
Emotionen sind Lernbegleiter
• „Verschiedene Stimmungen
und Gefühle bedeuten einen
verschiedenen Umgang mit
sonst gleichem Wissen. „
Dietrich Dörner: „Emotion und Wissen“
• Inhaltserfahrungen in
emotionalem Setting
abgespeichert.
• intrinsische Schizophrenie: Inhalt soll bleiben
– negative Emotion soll weg!
 Personale und Soziale Dimension des
Lernens
Jede/r empfindet Situationen anders
 Wie gehe ich mit meinen Emotionen
„umweltschonend“ um?

Emotionen als Lerninhalt
Überblick
Ich weiß, was ich nicht weiß:
Was heißt hier Lernen?
Kompetenzbegriff
Wo findet Lernen statt?
Aufmerksamkeit:
Regression und Progression
Emotionen im Lernprozess
Schlussfolgerungen
Emotionalen Halt in Lernsituationen geben
 Wenn also Emotionen …
 positive Stimmung,
 holistisches, kreatives Denken begünstigen und
 im Schlepptau der Motivation wirken,
so haben sie einen Einfluss auf den Lernprozess.
 Gestalten von Lernanlässen:





Senkung von Angst,
Reduzierung von Neid,
Kontrolle von Ärger,
Erhöhen von Sympathie und
Erhöhung von Vergnügen
Tragfähige Beziehungen
 Die Qualität der Beziehung bestimmt die Qualität
des Lernens
 Hohe Beziehungs- und Kommunikationskompetenz
aller am Bildungsprozess Beteiligter
 Sicherheit gebendes Lernumfeld und Begleitung
ermöglichen sinnstiftende
Selbstwirksamkeitserfahrungen
 Skillful frustration: affektive Betroffenheit
erhöhen  auf die vorhandenen Kompetenzen
aufbauen
lehrseits
lernseits
oder
von Unterricht ??
Bewusste
Kompetenz
Bewusste
Inkompetenz
bewusst
aha!
lernen
kompetent
Unbewusste
Kompetenz
üben
wahrnehmen
unbewusst
inkompetent
Unbewusste
Inkompetenz
lehrseits
von Unterricht
lernseits
Die Aufgabe für die
SchülerInnen steht im
Mittelpunkt.
Die SchülerInnen stehen
im Zentrum ihres Lernens.
Aufmerksamkeit auf
gelingender Umsetzung
von Planung.
Aufmerksamkeit auf entstehende
Lernbedürfnisse und flexible
Adaptierung von Geplantem
Individuen
Persönlichkeiten
Lehrplan
Lebensplan
Lernfragen
Lebensfragen
Michael Schratz (2009), „Lernseits des Unterrichts“
Lernende Schule,12/2009
lernseitige
Orientierung des
Unterrichts
 „Lernen“ neu denken:



forschen
entdecken
Fehler machen, ……
 Lernen ist ein personaler Prozess der Bildung:
Neues entsteht – Altes erhält neue Bedeutung
 Urheberschaft des Lernens  Kultur des
Entwickelns
Wie ist jetzt
Ihre
persönliche
EKG-Kurve?
Gab‘s /
gibt‘s
affektive
Betroffenheit?
DANKE !