Mediensucht und Persönlichkeit

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Transcript Mediensucht und Persönlichkeit

Mediensucht und
Persönlichkeit
Dr. F. Weiß
Magdalenenstift
Chemnitz
Psychischer Zustand
Paradiesisches
Wohlbefinden
Wirkung von Alkohol /
Drogen...
Manie
Träume / Verwöhnung
Erfüllung von Wünschen
Erfolg / Anerkennung
Unreal (Krankheit, Drogenwirkung), Kick
Gewünschter
psychischer
Zustand
Spannung
Misserfolg
Überforderung, Angst
Versagen / Mobbing
/Abwertung
Negative Lebensumstände,
Katastrophen usw.
Realer
psychischer
Zustand
Extreme Umstände, Krankheit (Depression)
Völlige
Niedergeschlagenheit
Pathologische Ziele des
Mediengebrauchs
Schlechte Gefühle verhindern, z. B.:
• Ärger / Wut / Zorn
• Schmerz (körperlich / seelisch)
• Enttäuschung / Frust
• Niedergeschlagenheit
• Wertlosigkeit / Sinnlosigkeit
• Erschöpfung
• Verlassenheit / Einsamkeit
Pathologische Ziele des
Mediengebrauchs
Gute Gefühle erreichen / verstärken, z. B.:
•Gefühl der Stärke und Kompetenz
•Geborgenheit, Annahme empfinden
•Gefühle und Fantasien „ausleben“ können
•Andere lustvolle Empfindungen
(z. B. clever oder cool sein)
Letztlich wird eine Scheinwelt empfunden, die
angenehmer erscheint, als die Realität ist.
Scheinwelt
Warum?
 Realität als unerträglich empfunden
Wie erreichbar?
• Einnahme von bewusstseinsverändernden Substanzen
• Größenfantasien, Tagträume
• Extremsportarten
• Schaffung einer „kleinen eigenen Welt“ (Kommune,
Sekte, Einsiedelei ...)
• Spannende / fesselnde (!) Hobbys
• Fernsehen zur Ablenkung
• Intensives Spielen
• Virtuelle Welt (Spiele, unverbindliches Chatten)
Klassifizierungsmodelle des
pathologischen Mediengebrauchs
Pathologischer
Mediengebrauch
Suchterkrankung
(Nichtsubstanzbezogene Sucht)
Völlig eigenständige
Erkrankung
Psychosomatische
Störung
(Zwangserkrankung)
-„Suchtverlagerung“
-Gleiche Hirnareale
aktiv wie bei Sucht
„salomonische“
Lösung: Komponenten von beiden
-Kein Suchtmittel
zugeführt
-Hoher Drang
Suchtmechanismus
Suchtmittel
Alkohol
Drogen
Medikamente mit Suchtpotential
Schnüffelstoffe
weitere
Spezifische Wirkungen
Spezielle Handlungen z. B..:
Glücksspielen
LAN-Party
SMS
„Kick“
Freisetzung von
Botenstoffen im ZNS
(Medikamente)
(z. B. Endorphine „Glückshormone“, Dopamin)
Befindensverbesserung
(Wunsch zur) Wiederholung
Verminderung der Wirkung der
Botenstoffe
Erhöhung der Dosis /
Intensität
Diagnose Abhängigkeit (ICD 10)
Die sichere Diagnose «Abhängigkeit» sollte nur gestellt
werden, wenn irgendwann während des letzten Jahres drei
oder mehr der folgenden Kriterien gleichzeitig vorhanden
waren:
1. Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, psychotrope
Substanzen zu konsumieren.
2. Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der
Beendigung und der Menge des Konsums.
3. Ein körperliches Entzugssyndrom (siehe Flx.3 und Flx.4) bei
Beendigung oder Reduktion des Konsums, nachgewiesen
durch die substanzspezifischen Entzugssymptome oder durch
die Aufnahme der gleichen oder einer nahe verwandten
Substanz, um Entzugssymptome zu mildern oder zu
vermeiden.
Diagnose Abhängigkeit (ICD 10)
4. Nachweis einer Toleranz. Um die ursprünglich durch
niedrigere Dosen erreichten Wirkungen der psychotropen
Substanz hervorzurufen, sind zunehmend höhere Dosen
erforderlich
5. Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügen
oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums,
erhöhter Zeitaufwand, um die Substanz zu beschaffen, zu
konsumieren oder sich von den Folgen zu erholen.
6. Anhaltender Substanzkonsum trotz Nachweises
eindeutiger schädlicher Folgen, wie z. B. Leberschädigung
durch exzessives Trinken, depressive Verstimmungen
infolge starken Substanzkonsums oder drogenbedingte
Verschlechterung kognitiver Funktionen. Es sollte dabei
festgestellt werden, dass der Konsument sich tatsächlich
über Art und Ausmaß der schädlichen Folgen im Klaren
war oder dass zumindest davon auszugehen ist.
Einige „Vorteile“
der virtuellen Welt
• Lässt sich z. T. bei sich tragen
• Geringe Wartezeit bis „Wirkung“
(Knopfdruck)
• Tarnung (Handy, Computer)  „Arbeit“,
„innovativ“, „kreativ“, „Lernhilfe“ …..
• Relativ kostengünstig
• Die Maßstäbe vom Anwender bestimmt
• Begleitphänomene schwer erkennbar
(keine Fahne, kein „Kater“ - Ursache der
Übermüdung ?)
Diagnostik
SKALA ZUM ONLINESUCHTVERHALTEN
BEI ERWACHSENEN (OSVe-S)
(Wölfling, K., Müller, K.W. & Beutel, M.E., 2008)
Störungsniveaus
Störungsniveau
Neurotisches
Niveau
(funktionelles IchDefizit)
„Reifere
Persönlichkeitsstörung“
(strukturelles IchDefizit)
„Unreife
Persönlichkeitsstörung“
(Autodestruktive Formen)
Hirnfunktionsstörung
(Organische
Psychosyndrome,
Psychosen)
Neurotische Störung
Werte
Normen
Bedürfnisse
Wunsch
Spannung
Forderungen
Gesetze
Grundbedürfnisse
1. Konflikte können
nicht gelöst werden
2. Spannung steigt
3. Ablenkung /
Ersatzbefriedigung
4. Zunehmendes
Spielen
5. Zunehmende
Bedeutung
6. Abhängigkeit
Strukturelles Ich-Defizit
•Frustrationstoleranz
•Angsttoleranz
•Antizipation
•Innere Leere / Umgang mit
langer Weile
•Geistige (Alltags-)
Leistungsfähigkeit
•Einsichtsfähigkeit
•Realitätsprüfung
•Reife der psychischen
Abwehrmechanismen
1. Mensch versucht,
Defizite auszugleichen
2. Ist dazu kaum in der
Lage /
Ständiger Konflikte mit
Umwelt
3. Ablenkung /
Ersatzbefriedigung
4. Zunehmendes Spielen
5. Zunehmende Bedeutung
6. Abhängigkeit
Autodestruktives Verhalten
Ablehnung/ mangelnde Zuwendung durch primäre Objekte
Negatives Selbstbild
Selbsthass
Selbstbeschädigung
Hass auf Umwelt
Realitätsflucht
Rückzug in die
virtuelle
Welt
Sucht und Realitätsverlust
Sozialer Abstieg / Isolation
Gewalttätigkeit
Beispiele für Attraktivität
Spiel
Realität
Identität
Weitgehend frei wählbar,
mit Fortschritt „besser“
festgelegt,
mühevoll veränderbar
Bedeutsamkeit
Mächtig, einflussreich
„Lehrjahre sind
keine Herrenjahre“
Soziale
Integration
ohne mich geht nichts
in Pubertät oft Gefühl der
Ablehnung
Können/
Fertigkeit
Spezialkönnen,
Anforderungen frei wählen
Anforderungen werden
vorgegeben
Erfolg
wer intensiv genug spielt,
hat Erfolg, lustbetont
Erfolg hängt wesentlich von
Kontextfaktoren ab,
Bemühung oft frustran
Konflikt zu
Ich kann was, was Eltern /
Eltern, Lehrer Lehrer nicht können, „sind
nur neidisch“  überlegen
Eltern / Lehrer bestimmen,
„ich bin ihnen unterlegen“
Fazit
– Virtuelle Welt wird zunehmend zum Ersatz
der in der Realwelt nicht erreichbaren
Ziele.
– Virtuelle Welt immer bedeutsamer für das
Leben des Betroffenen  Ist kaum in der
Lage, sich realitätsadäquat zu verhalten /
Bedürfnisse zu befriedigen  immer
„lebensunfähiger“.
– Leben und Denken zunehmend durch
virtuelle Welt geprägt
 Manipulationspotenzial!
Hilfe
•Keine spontanen „Gewaltakte“
•Gespräch suchen, dafür Zeit nehmen
•Interessieren für die Aktivitäten
•Familie, Schule, Firma usw. gemeinsame
Aktivität
•Verhinderung von Heimlichkeit: Computer in
stark genutztem Zimmer
•Klarheit und Konsequenz von Vereinbarungen
•Versuch der Begrenzung der Nutzung
(vereinbaren!) – anderenfalls Therapie
Hilfe
• Suchtberatungsstellen
• Stationäre Therapie ab 18 Jahren:
Asklepios Fachklinikum Wiesen,
Kirchberger Straße 2, 08134 Wildenfels
Tel.: (0 37 603) 540
• Fachstellen für Suchtprävention
• Professionalität im Umgang mit
Jugendlichen: Jugendalter bedeutsamer
Lebensabschnitt für pathologischen
Mediengebrauch
• Erhöhen der Attraktivität der Realität
Vielen Dank für
Ihre
Aufmerksamkeit!