Gesundheit und Migration - Medizinische Universität Wien

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Gesundheit und Migration
Ein Überblick über die Situation in
Österreich/Deutschland/Schweiz
Migrationsströme nach Österreich
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1956: Ungarn (219.000)
1968/69: Tschechoslowakei (162.000)
1973: Chile
1974: Rekrutierungsstopp für GastarbeiterInnen (308.000
AusländerInnen)
• 1983: Polen (50.000)
• 1992: Bosnien-Herzegowina: 90.000
Aktuelle Zahlen
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Ausländeranteil Österreich gesamt: 10,7 %
Wien: 18%
Vorarlberg: 14%
Burgenland: 5%
Medical Anthropology in Österreich, in der
Schweiz und in Deutschland
• Ö: Plattform für Medical Anthropology (Uni
Wien)
• D: AMIKO: Arbeitskreis Medizinethnologie und
interkulturelle Kommunikation (Freiburg)
• Studienschwerpunkt Medical Anthropology:
Südasieninstitut Heidelberg
• Ethnopsychiatrie: FU Berlin, Charité Berlin
• CH: Uni Basel, Bern, Zürich (Ethnologie-Inst.)
Ausbildung Med. Anthropology
• Seit 1986: Institut für Ethnologie
• Seit 2005: Wahlpflichtfach Meduni
• Ausbildungsziele:
Integration von kultureller und sozialer
Diversität
(Einkommen, Bildung, Analphabetismus,
Immigrationserfahrung, Religion, soziale Stressoren,
soziale Netzwerke)
Die Amsterdamer Erklärung 2005
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Investition in individuellere und persönlichere Dienstleistungen
Bewusstsein für spezifische Erfahrungen
Bereitstellung entsprechender Ressourcen
Strukturen, Prozesse und Ergebnisse sollten regelmäßig überprüft
werden
Geäußerte Bedenken, Beschwerden sollten ernst genommen werden.
Investitionen hinsichtlich der kulturellen und sprachlichen
Kompetenz des Personals
Verstärkte Aufmerksamkeit auf traumatische Migrationserfahrungen
und auf die psychische Gesundheit der NutzerInnen
persönliches Wissen über Gesundheit und Krankenversorgung führt
zur Verbesserung der eigenen Gesundheit und zu einer optimaleren
Nutzung der Gesundheitsdienste
Strategien in Österreich und in der Schweiz
• CH: Strategie Migration und Gesundheit 2008-2013
• Ö: 2005: Interkulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen
2006 Tagung: Interkulturalität im Gesundheitswesen
2005: Migrant Friendly Hospital im SMZ- Süd
2005: Gelebte Integration im Krankenhaus (Hanusch)
Dauerhafte Einrichtung im SMZ-Süd: FEM (seit 1999)
Problemfelder im Gesundheitswesen
• Kommunikation
• Unterschiedliche Konzepte von Gesundheit und
Krankheit => Compliance?
• Zeitmangel des Personals
• Unverständnis über kulturelle Eigenheiten (z.B.
Hygienerituale, Speisegewohnheiten)
• Besuchszeiten und Besucheranzahl
• Stationsabläufe
Kommunikation - Gesetzeslage
• Patientenrecht: uneingeschränktes Recht auf Aufklärung
• Bundesministerium für Gesundheit: keine expliziten
Regelungen zur Frage mangelnder Sprachkenntnisse im
Zusammenhang mit einer ärztlichen Behandlung
• Landesgesetzgebung: Kosten für Dolmetschleistungen sind
von der jeweiligen Krankenanstalt zu tragen
• KAV: „SprachmittlerInnen“, Botschaften,
DolmetscherInnen
• Patientenanwaltschaft
Themenauswahl
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Migration und Alter, Demenz
Gesundheitsversorgung von Menschen ohne Papiere
unterschiedliche Gesundheits-und Krankheitskonzepte
Flucht, Trauma, Folter
Frauen in den Wechseljahren
gyn. Behandlung muslimischer Frauen
GFM- genital female mutilation
Schmerzbehandlung von MigrantInnen
Zwangsverheiratung
Migration und Alter
Probleme
• Institutionen kaum vorbereitet
• unzureichende Studien aufgrund fehlendem Datenmaterial
Wünsche der Betroffenen:
• Dominanz der sozioökonomischen Lage
• Bleibeabsicht
• Hohe Akzeptanz für ambulante Dienste (Wunsch nach
muttersprachlicher Betreuung)
• Hohe Akzeptanz für Wohnheime (multikulturell angelegt)
• Bedürfnis nach Erleichterung nach sozialen Kontakten
• Skepsis bezüglich innerfamiliärer Versorgung
Gesundheitsversorgung von Menschen ohne
Papiere
• PICUM (EU-NGO), Health Care in NowHereLand (Donau-Uni Krems)
• Asylwerber haben staatlichen Rechtsanspruch, Illegale nicht
• Gesundheit ist ein Menschenrecht - staatliche Verpflichtung
National unterschiedliche Problemlagen:
• Arzt wird zu spät aufgesucht => schwerer Krankheitsverlauf,
Chronifizierung
• D: Schlepperparagraph (§96AufenthG): Meldepflicht öffentlicher Stellen
– widerspricht ärztlicher Schweigepflicht
• Ö: ärztliche Hilfe darf in Notfällen nicht verweigert werden, Kosten
müssen privat beglichen werden, es besteht keine Meldepflicht
(Gynäkologische) Behandlung muslimischer
Frauen
Fakten
• Vorschriften des Korans müssen beachtet werden (körperliche Unversehrtheit geschlechtliche Trennung, Verbot von Schweinefleisch und Alkohol)
• Nicht alle PatientInnen sind gleich religiös
Lösungsvorschläge
• Behandlung von Frauen durch Ärztinnen
• Keine Ganzkörperentkleidung
• Keine Medikamente, die Schweinefleisch (Gelatine) bzw. Alkohol
(homöopathische Tinkturen) enthalten
• Zeitrahmen der Therapie gemeinsam festlegen (Einhaltung von Zeiten der
Medikamenteneinnahme, z. B: Antibiotika)
Verpflichtung, die Gesundheit zu bewahren steht über den Speise- und
Fastengeboten
Unterschiedliche Gesundheits- und
Krankheitskonzepte
• Naturwissenschaftliches Menschenbild
• Biopsychosoziales Menschenbild
• Konzept der Salutogenese (A. Antonovsky)
• Subj. Krankheitstheorien in der westlichen Industriegesellschaft
Betonung von Ursache und Verantwortlichkeit
(Attributionstheorie)
Sinnfindung und Reformulierung von Lebensplänen
(Handlungstheorie)
Aktivierung von Vorstellung und Bedeutungsassoziation
(Gedächtnispsychologie)
Modell der Salutogenese (Antonovsky)
• Allgemeine Widerstandsressourcen
(materiell, sozial, körperlich, psychisch,
kulturell
• Kohärenzgefühl (stabile Lebensorientierung)
• Comprehensibility
• Managability
• Meaningfulness
Einflussbedingungen auf die Gesundheit
Ethnie
Migrationsprozesse
Kulturelle Merkmale:
• Geschichte
• Sprache
• Religion
• Gewohnheiten
• Soziale Bindungen
• Konfrontation von
verschiedenen Ethnien und
Kulturen
• Migration als kritisches
Lebensereignis
• Minoritätsstatus,
Diskriminierungen
• Anpassungsprozesse
Soziale Lage
• Materielle Lage, Ressourcen
• Bildung, Geschlecht, Alter
• beruflicher Status
• ökologische Umwelt
• soziale Integration
Gesundheitsbezogene Orientierung
• Subjektiver Stellenwert von Gesundheit eher
gering
• Gesundheit ist Abwesenheit von
Krankheit/Schmerzen
• Gesundheitsverhalten ist weniger präventiv
orientiert (Ernährung, Drogenkonsum,
Risikobereitschaft)
• Geringere Inanspruchnahme von
Vorsorgeuntersuchungen
Lokale Einrichtungen für MigrantInnen
• ZEBRA: interkulturelles Beratungs- und Therapiezentrum,
Graz (seit 1986)
• Frauengesundheitszentrum, Graz
• FEM, Wien
• AmberMed: Wien (seit 2004)
• Deutschland: Malteser Migranten Medizin (seit 2001)
• Schweiz: Rotes Kreuz: Ambulatorium für Folter- und
Kriegsopfer
• Spezielle Randgruppen: med. Versorgung von Illegalen
Felder der Medical Anthropology
• International/Global Health bedingt durch
Migration, Reisen
• MigrantInnen in österreichischen Krankenhäusern
• transkulturelle Altenpflege
• transkulturelle Psychiatrie (Ethnopsychiatrie)
• Erweiterung des traditionellen
Gesundheitsverständnisses (TCM, Homöopathie,
Ayurveda, Schamanismus)
Danke für die Aufmerksamkeit!