Basis of Migration Policies

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Switzerland as a country of immigration and asylum Conference „Basis of Migration Policies“ 14th November 2011, Prague Prof. Dr. iur. Alberto Achermann, Universität Bern

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Gesetzliche Grundlagen der Schweizer Migrationspolitik

• • • • • Ausländergesetz von 2005 (in Kraft seit 2008) mit zahlreichen Verordnungen Freizügigkeitsabkommen mit EU und EFTA (progressiv; in Kraft seit 2002) Schengen-Assoziierung der Schweiz (seit Ende 2008 operabel) Bilaterale Verträge (Niederlassung, Rückführung, weitere) Menschenrechtsabkommen 2

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Gesetzliche Grundlagen (II)

• • • Asylgesetz von 1998 (in Kraft 1999, mehrfach revidiert) und zahlreiche Verordnungen Dublin-Assoziierung der Schweiz mittels Assoziierungsabkommen (Inklusive EURODAC, ohne Harmonierungsrichtlinien; seit 2008) Genfer Flüchtlingskonvention und Menschenrechtsabkommen • Bürgerrechtsgesetz von 1952 (mehrfach revidiert) 3

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Rückblick

• BV von 1848: „Gegen die Auswärtigen Staaten besteht Freizügigkeit unter Vorbehalt des Gegenrechts“. Niederlassungsverträge. Niederlassungsfreiheit bis 1914.

• 1850 : 70‘000 AusländerInnen in der Schweiz; Auswanderungsland Schweiz; Kontrolle der Auswanderungsagenturen) • • 1914: 690'000 Ausländer, Anteil 18%, Diskussion um Zwangseinbürgerungen Ab 1920 Einwanderungskontrollgesetze (USA, UK, AUS, CAN, NZL) 4

Rückblick (II)

• CH Ausländergesetz 1931: «Überfremdungsabwehr» • 1950 - 1980 Phase von grossem Bedarf an Arbeitskräften • 1964 «Italienerabkommen» (Abkommen zwischen der Schweiz und Italien „über die Auswanderung italienischer Arbeitskräfte nach der Schweiz“) = Migrationspartnerschaft • Überfremdungsinitiativen: 5 Initiativen zw. 1965 und 1974; 1988, 2000) 1970: Schwarzenbach-Initiative Danach Kontingentierungssystem 5

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Rückblick (III)

• 1990 : verstärkte Zuwanderung aus dem Balkan, Balkankriege. Gleichzeitig starker Abbau von Arbeitsplätzen ab 1992 • 2002 Personenfreizügigkeit mit der EU • Langer Gesetzgebungsprozess: Ausländergesetz von 2005 • 2009: Abstimmung über FZA-Weiterführung und Ausweitung auf Rumänien/Bulgarien 6

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Übergangsperioden FZA CH-EU/EFTA EU-17/ EFTA

02 03 04 05 06 07 08 2002-2020 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

A B C D A C D EU - 8 A C EU - 2 A § B C D

Arbeitsmarktkontrolle (Inländervorrang, Lohnkontrolle, Kontingente) Weiterführung der Kontingente Schutzklausel (einseitige Wiedereinführung der Kontingente möglich im Falle einer massiven Zunahme der Arbeitskräfteeinwanderung) volle Personenfreizügigkeit

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Konzeption des Schweizer Migrationsrechts

• • • • «Duales System» (Zwei-Kreise-Modell): • Freizügigkeit mit den EU- und EFTA-Staaten • Zulassung von gut Qualifizierten aus Drittstaaten gemäss Kontingentssystem (jährliche Höchstzahlen) • Viele Ausnahmebestimmungen Ausländergesetz: Wesentliche Teile nur für Drittstaatsangehörige anwendbar = «Zwei Ausländerrechte» Integration der Ausländerinnen und Ausländer als neue staatliche Aufgabe Schutzgewährung als staatliche Daueraufgabe • Aktive Migrationsaussenpolitik 8

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«Ständige ausländische Wohnbevölkerung»

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Basis of Migration Policies 1700 1600 1500 1400 1300 1200 1100 1000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 Bundesamt für Migration BFM, Statistikdienst Ausländer, CH-3003 Bern-Wabern Office fédéral des migrations ODM, Service de la statistique des étrangers, CH-3003 Berne-Wabern

Ständige ausl. Wohnbev ölkerung nach Staaten, seit Dezember 1983 Population résidante permanente de nationalité étrangère, par nationalité, depuis décembre 1983

In Tausend / En milliers                             1983 '90 '00 '10 '85 '95 '05 Serbien und Montenegro Frankreich Deutschland Serbien Portugal Italien Kosovo Türkei Spanien Bosnien und Herzegowina Übrige Ehemaliges Jugoslawien Mazedonien BFM 622_1283R 10

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Top-Ten nach Staatsangehörigkeit 2010 Land

Italien Deutschland Portugal Serbien Frankreich Türkei Spanien Kosovo Mazedonien Österreich Übrige

In % Bestand

16.8

15.4

12.4

6.6

5.5

4.1

3.7

3.7

3.5

2.2

26.1

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Migrationsrecht I 13

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Statistisches

• Ende 2010: Ständige Ausländische Wohnbevölkerung von 1’720’393 Personen (22.4%) • • • Über 170 Nationalitäten Ca. 13% Staatsangehörige eines nichteuropäischen Landes Ca. 64% aus EU 27 oder EFTA – Staaten • Wanderungssaldo 2008: 98’200 Personen 2010: 74’600 Personen 14

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Statistisches (II)

• • Ca. 27% der AusländerInnen in der Schweiz geboren, weitere ca. 36% seit mind. 15 Jahren in der Schweiz 27% der Erwerbstätigen sind AusländerInnen (Bauarbeiter: 69%) • • 32 % der Bevölkerung „mit Migrationshintergrund“ (= Personen, deren Eltern im Ausland geboren sind) «Foreign-Born Rate» von 25.8% (Australien 26, Kanada 20, USA 10) 15

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Statistisches (III)

• • Ca. 1/3 der Zuwanderung über Familiennachzug oder Heirat Mehr als jede dritte Eheschliessung (37.5%) ist bi national (CH AusländerIn); nur ca. 50% Heiraten in der Schweiz zwischen zwei SchweizerInnen • 40 50‘000 Einbürgerungen jährlich seit 2006 (2010: 40’400), in den letzten 20 Jahren ca. 540‘000 16

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Demographie

• • • • • Steigende Lebenserwartung, sinkende Geburtenraten (2003 in der EU 1.48) In einem Drittel der EU-Regionen und in fast allen neuen Mitgliedstaaten nimmt die Bevölkerung seit Ende der 90er Jahre ab Basisszenario mit Zuwanderung: 458 Millionen 2005, 469 im Jahr 2025, 468 Millionen im Jahre 2030, aber viel mehr ältere Menschen. R ü ckgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zwischen 2005 und 2030 um 20 Millionen. Deutschland braucht ca. 500 ‘ 000 Arbeitskräfte jährlich, um aktive Bevölkerung stabil zu halten.

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August 20, 2010:

Migration Could Triple Populations in Some Wealthy Nations Some poor nations could see adult populations reduced by half

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Zulassungspolitik

• Art. 3 Ausländergesetz — Zulassung «im Interesse der Gesamtwirtschaft» — Ausserdem: Familiennachzug, völkerrechtliche Gründe und humanitäre Verpflichtungen — Berücksichtigung der «demographischen, sozialen und gesellschaftlichen Entwicklung» Zulassung von Erwerbstätigen aus Drittstaaten, wenn dies einem gesamtwirtschaftlichen Interesse entspricht (Art. 18) und es sich um «Führungskräfte, Spezialisten und andere qualifizierte Arbeitskräfte» (Art. 23) handelt. Ausnahmen: Investoren, Unternehmer, die Arbeitsplätze schaffen; anerkannte Wissenschaftler, Sportler, Künstler, Kader transfer, «Personen mit besonderen beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten, sofern für deren Zulassung ein Bedarf ausgewiesen ist» (Art. 23) 20

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Zulassung (II)

• • • Quotensystem mit jährlich festgelegten Höchstzahlen für Jahresaufenthalt oder Kurzaufenthalt Vorrang der Inländer Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen • • Zulassung von Studierenden, Rentnerinnen und Rentnern oder Zulassung zu medizinischer Behandlung Weitere Ausnahmen (Opferschutz, internationaler Austausch, Au Pairs, Stagiaires •

Fazit: Arbeitsmarkt bestimmt Zulassungspolitik

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Integrationspolitik

Art. 4 und 53ff Ausländergesetz Art. 4 Abs. 2 und 3: «Die Integration soll es langfristig und rechtmässig anwesenden Ausländerinnen und Ausländern ermöglichen, am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben der Gesellschaft teilzuhaben » «Integration setzt sowohl den entsprechenden schweizerischen Bevölkerung voraus» Willen der Ausländerinnen und Ausländer als auch die Offenheit der — Förderung der Integration — Über die Regelstrukturen, möglichst keine Sonderstrukturen schaffen 22

Ziel: Chancengleichheit und Partizipation

• „Integration ist erreicht, wenn Ausländerinnen und Ausländern unter Berücksichtigung ihrer sozioökonomischen Lage und familiären Situation hinsichtlich – – Schul- und Berufsbildungserfolge Arbeitsmarktintegration – – – Gesundheit Soziale Sicherheit Straffälligkeit ähnliche Werte erreichen wie SchweizerInnen “ 23

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Integration als Verpflichtung?

• Aufenthaltsbewilligung kann mit Auflage erteilt werden, dass ein Sprach- und Integrationskurs besucht wird • a.

b.

c.

d.

Art. 4 Integrationsverordnung: Der Beitrag der Ausländerinnen und Ausländer zu ihrer Integration zeigt sich namentlich: in der Respektierung der rechtsstaatlichen Ordnung und der Werte der Bundesverfassung im Erlernen der am Wohnort gesprochenen Landessprache; in der Auseinandersetzung mit den Lebensbedingungen in der Schweiz; im Willen zur Teilnahme am Wirtschaftsleben und zum Erwerb von Bildung.

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Integration und Sprache in einem offiziell viersprachigen Land

• Sprachtests vor Einreise?

• Sprachtests bei Nachzug durch Ehepartner durch SchweizerInnen ? (Inländerdiskriminierung) • Integrationsbegriff selbst brauchbar? Ist eine Person nur integriert, weil sie die Sprache beherrscht, eine Arbeit hat und nicht straffällig wird? • Wo hat der Staat ein öffentliches Interesse?

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Familiennachzug

• Zunehmende Inländerdiskriminierungen aufgrund der Ausweitung des Familiennachzuges EU- und EFTA • Förderung des Familiennachzugs zwecks Integration oder Einschränkung des Nachzugs aufgrund von «Integrationsanforderungen»? 26

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Ausweisungspolitik

• • • Widerruf von Bewilligungen bei Straffälligkeit und Sozialhilfeabhängigkeit Widerruf bei Verurteilung zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe (ab 1 Jahr) mit Prüfung der Verhältnismässigkeit Annahme der «Ausschaffungsinitiative» mit Ausweisungsautomatismus bei gewissen Delikten wie Diebstahl und Körperverletzung • «Konsequente Ausschaffungspolitik» mittels Zwangsmassnahmen 27

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Asylpolitik

• Schweiz als Asylland: Wechselvolle Geschichte mit Phasen grosser Offenheit (19 JH) und Abschliessung (2. Weltkrieg) • Aufnahmeaktionen nach dem 2. Weltkrieg • «Resettlement-Politik» • Balkankriege • Dublin-Assoziierung und aktuelle Situation 28

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Asylgesuche 1994 bis 2008

50'000 45'000 40'000 42'979 47'513 35'000 30'000 25'000 20'000 19'418 25'507 15'000 19'750 21'854 26'987 21'759 15'061 16'606 10'795 11'173 10'844 10'000 5'000 0 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 29

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Asylgesuche nach Herkunftsland 2010

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Statistiken: Internationaler Vergleich

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Aktuelle Fragen der Asylpolitik

• • Zugang zum Asylsystem (Schweiz als Dublin-Staat) Verfahren in Schweizer Botschaften • Verfahrensbeschleunigung um welchen Preis?

• Umgang mit Flüchtlingen aus Eritrea (Dienstverweigerung als Asylgrund) • • Protection in the Region?

Resettlement? 33

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Migration und Politik

• Starke Politisierung – geringer Konsens (Runder Tisch Migrationspolitik 2030) • Gründe — Politische Instrumentalisierung der Migrationsphänomene — Steuerbarkeit? Freizügigkeit?

— Xenophobie (Asylbereich) — «Massenzuwanderung» — Neue Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt 34

• • • • • •

Einige Streit- und Diskussionspunkte in der Schweiz

Steuerbarkeit? Freizügigkeit? Zulassung von Personen ausserhalb der EU? Weiterführung der Freizügigkeit? Um welchen Preis?

Bedürfnisse der Wirtschaft und Demographie Zunehmende Ungleichheiten zwischen verschiedenen Migrantengruppen und mit Inländern. Zwei Regime: Freizügigkeit und Begrenzung Neue Formen «zirkulärer Migration?» 35

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Streit- und Diskussionspunkte (II)

• Integration oder Assimilation?

• Europäischer Freizügigkeitsraum • • Wie weit Angleichung der Migrationspolitik?

Wie weit Angleichung der Bürgerrechtspolitik?

• Umgang mit sog. „Sans-Papiers“?

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Streit- und Diskussionspunkte (III)

Flüchtlingspolitik: Welche Flüchtlinge?

«Protracted Refugee Situations » Resettlement Lager? Individualrechte oder Arrangements? Zugang nach Europa? 37