Europäische Einwanderungspolitik gegenüber Nicht-EU-BürgerInnen seit dem Vertrag von Amsterdam Österreichische Akademie der
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Transcript Europäische Einwanderungspolitik gegenüber Nicht-EU-BürgerInnen seit dem Vertrag von Amsterdam Österreichische Akademie der
Österreichische Akademie der
Wissenschaften
Forschungsstelle für institutionellen
Wandel und europäische Integration (IWE)
Europäische Einwanderungspolitik
gegenüber Nicht-EU-BürgerInnen seit
dem Vertrag von Amsterdam
Bernhard Perchinig
unter Verwendung von Unterlagen
von Karin König und Jan Niessen
Für die Fachtagung „EU – Immigrations und Integrationspolitik“,
Arbeiterkammer Wien, 19.2.2004
Inhalt
Vorgeschichte – frühe Quellen der Einwanderungspolitik
Von der Arbeitnehmerfreizügigkeit zur EU-Bürgerschaft
Assoziierungsabkommen
Vertrag von Amsterdam
Direkte migrationspolitische Instrumente
Antidiskriminierungspolitik
Europäischer Rat Tampere 1999
Grundrechtskatalog
Richtlinienentwürfe und ihr Schicksal
Laeken 2001, Sevilla 2002, Thessaloniki 2003
Vergemeinschaftung wohin ?
Von der Arbeitnehmerfreizügigkeit zur
EU-Bürgerschaft
EG Vertrag 1957: Freizügigkeit eine der 4 Grundfreiheiten
Einheitliche Europäische Akte 1987: Arbeitnehmerfreizügigkeit wird
Gemeinschaftskompetenz, Niederlassungsrecht für EU-BürgerInnen
1985: Schengener Abkommen über den schrittweisen Abbau von
Grenzkontrollen (B,D,F,Lux,Nl)
1990: Schengener Durchführungsübereinkommen: Ausdehnung auf
EG-12 exkl. UK, Dänemark, Irland.
Vertrag von Maastricht 1992:
Asyl, Grenzübertritt, Immigration und Politik gegenüber
Drittstaatsangehörigen „matters of common interest“
European Union Citizenship als eigenständiger Status:
Niederlassungsfreiheit, kommunales und Europawahlrecht,
Konsularschutz
Vorgeschichte – Migration
aus Drittstaaten
80er Jahre gekennzeichnet von Stagnation im EG-Rahmen
Wesentliche Impulse (Schengen) ausserhalb des EG-Rahmens
Entwicklung von intergouvermentalen Arbeitsgruppen (TREVI, AdHoc
Gruppe Einwanderung) der für Einwanderung und Polizei
zuständigen Minister: Geheimpolitik ausserhalb der Kontrolle von
Parlament und Kommission
Epochenjahr 1989: Neubewertung von Migration:
Zuwanderungskontrolle: Sicherheitspolitik
Integrationspolitik: Gleichstellung
Erster Vorschlag der Harmonisierung der europäischen Asyl-,
Einwanderungs- und Ausländerpolitik: BRD Luxmeburger Gipfel 1991,
scheitert
Vorgeschichte:
Assoziationsabkommen
Asssoziationsabkommen EG-Türkei 1963
Assoziationsratsbeschluss 1/1980 Arbeitsrechtliche Gleichstellung
mit EG-Bürgern – Freier Zugang zum Arbeitsmarkt nach 4 Jahren,
freier Zugang für Kinder nach Abschluss einer Ausbildung in der
EG
Assoziationsratsbeschluss 3/1980: Sozialrechtliche Gleichstellung
mit EG-Bürgern
EuGH: Demirel (30.9.1987), Sevince (20.9.1990): Unmittelbare
Wirkung des AAB 1/80
Kus (16.12.1992), Eroglu (5.10.1994): Aufenthalstrechtliche
Wirkung
Auslegung des Assoziationsabkommens durch den EuGH öffnet
Angleichung des Rechtssstatus an EU-Bürger für grosse
Migrantengruppe
Vorgeschichte Assoziationsabkommen
1985: EG- Kommission: Empfehlungen für eine
Einwanderungspolitik der Gemeinschaft:
„An initial step in the gradual extension of Community
treatment to workers from other countries will be
achieved by the cooperation and association
agreements concluded between the Community and
certain countries“
Vertrag von Amsterdam
Direkte migrationspolitische Instrumente:
Vergemeinschaftung der Migrationspolitik bis 1.5.2004, ausgenommen
gemeinsame Visaliste, permanente Aufenthaltstitel, Familienzusammenführung,
Aufenthaltsbedingungen für Drittstaatsangehörige
Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
Indirekte migrationspolitische Instrumente:
Artikel 13: „„... kann der Rat durch einstimmigen Beschluss ... angemessene
Maßnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts,
der rassischen oder ethnischen Herkunft, Religion oder Glaubensüberzeugung,
einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung ergreifen.“
Inklusion von Antidiskriminierung in europäische Beschäftigungspolitik
Aufwertung der EU-Bürgerschaft durch Inkorporierung des Schengen-Acquis
Grundlage für Förderprogramme und Haushaltslinien (EQUAL, INTI etc.)
Tampere 1999
„21. Die Rechtsstellung von Drittstaatsangehörigen sollte der
Rechtsstellung der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten
angenähert werden. Einer Person, die sich während eines noch
zu bestimmenden Zeitraums in einem Mitgliedstaat rechtmäßig
aufgehalten hat und einen langfristigen Aufenthaltstitel besitzt,
sollte in diesem Mitgliedstaat eine Reihe einheitlicher Rechte
gewährt werden, die sich so nahe wie möglich an diejenigen der
EU-Bürger anlehnen; z.B. das Recht auf Wohnsitznahme, das
Recht auf Bildung und das Recht auf Ausübung einer
nichtselbständigen oder selbständigen Arbeit sowie der Grundsatz
der Nichtdiskriminierung gegenüber den Bürgern des
Wohnsitzstaates. Der Europäische Rat billigt das Ziel, daß
Drittstaatsangehörigen, die auf Dauer rechtmäßig ansässig sind,
die Möglichkeit geboten wird, die Staatsangehörigkeit des
Mitgliedstaats zu erwerben, in dem sie ansässig sind.“
Mitteilung der EU-Kommission über
eine Migrationspolitik der
Gemeinschaft 2000 (KOM (2000) 757
endg.
EU als Einwanderungsraum
Appell an Mitgliedsstaaten legale Migration in allen
Bereichen zulassen
Verhinderung irregulärer Einwanderung
Vergleichbare Rechte für Nicht-EU-BürgerInnen
Zivilbürgerschaft (Grundrechtscharta)
Mitteilung der EU-Kommission über
eine Migrationspolitik der
Gemeinschaft 2000 (KOM (2000) 757
endg.
“Die Kommission schlägt die Entwicklung - in Abstimmung mit den
Mitgliedstaaten – eines gemeinsamen Rechtsrahmens für die
Aufnahme von Drittstaatsangehörigen vor, das sich auf die Prinzipien
Transparenz, Rationalität und Flexibilität gründet. Der den
Drittstaatsangehörigen zu gewährende Rechtsstatus würde sich auf
den Grundsatz gleicher Rechte und Pflichten wie für Inländer stützen;
dabei würde eine Differenzierung je nach Aufenthaltsdauer
vorgenommen und gleichzeitig eine Weiterentwicklung hin zu einem
dauerhaften Status vorgesehen. Längerfristigkönnte die Verleihung
einer Art Zivilbürgerschaft mit bestimmten Rechten und Pflichten für
Drittstaatsangehörige auf der Grundlage des EG-Vertrags und in
Anlehnung an die Grundrechtscharta in Aussicht gestellt werden.“
Mitteilung der EU-Kommission über
eine Migrationspolitik der
Gemeinschaft 2000 (KOM (2000) 757
endg.
„Die Grundrechtscharta könnte bei der Entwicklung des Konzepts der
Zivilbürgerschaft (mit einem Grundbestand an gemeinsamen Rechten
und Pflichten) für Drittstaatsangehörige in einem bestimmten
Mitgliedstaat als Orientierungspunkt dienen. Würde Migranten der
Erwerb einer solchen Bürgerschaft nach einer mehrjährigen
Mindestfrist in Aussicht gestellt, könnte dies vielen bereits genügend
Gewähr für ihre gesellschaftliche Integration bieten oder einen ersten
Schritt zur Einbürgerung in dem betreffenden Mitgliedstaat
darstellen.“
Mitteilung der EU-Kommission über
eine Migrationspolitik der
Gemeinschaft 2000 (KOM (2000) 757
endg.
„Diese stärker auf Öffnung und Transparenz angelegte
Migrationspolitik würde durch verstärkte Anstrengungen zur
Bekämpfung der illegalen Einwanderung und vor allem des
Menschenhandels und Menschenschmuggels flankiert; ermöglicht
werden soll dies nicht allein durch eine engere Zusammenarbeit und
Verschärfung der Grenzkontrollen, sondern auch durch eine
ordnungsmäßige Anwendung der arbeitsrechtlichen Vorschriften auf
Drittstaatsangehörige“
Grundrechtskatalog
Zivilbürgerschaft mit bestimmten Rechten und Pflichten...
in Anlehnung an die Grundrechtscharta“
Rechte der EU – BürgerInnen laut Grundrechtscharta
Niederlassungsfreiheit (Art. 15.2, Art. 45)
Nicht-Diskriminierung aufgrund der
Staatsangehörigkeit (Art 21.2)
Diplomatischer Schutz (46.)
Kommunales Wahlrecht und Wahlrecht zum
Europaparlament (Art. 39, 40).
Richtlinienentwürfe
1999: Richtlinie Recht auf Familienzusammenführung
2001: Richtlinie zum Status langansässiger Drittstaatsangehöriger
2001: Richtlinie über die Bedingungen für die Einreise und Aufenthalt
von Drittstaatsangehörigen
Weitgehende rechtliche Gleichstellung mit EU-BürgerInnen, liberaler
Familiennachzug. Scheitern im Rat bzw. werden von Mitgliedsstaaten
verwässert bzw. Scheinharmonisierung
Seit 2001: mehrere Richtlinien zur illegalen Migration und
Verschärfung der strafrechtlichen Massnahmen gegen illegale
Einwanderung – werden vom Rat angenommen
Europäischer Rat Laeken
2001
Einbeziehung der Steuerung der Wanderungsbewegungen in die EU
- Außenpolitik
Rückübernahmeabkommen / Klauseln in Assoziationsabkommen
Erstellung eines Aktionsplans gegen irreguläre Immigration (2/2002)
Effizientere Kontrolle an den Außengrenzen zur Bekämpfung von
Terrorismus, Schleuserkriminalität und Menschenhandel
System zur Identifizierung von Visa, gegen Fälschung von
Dokumenten usw.
Europäischer Rat von Sevilla
2002
Fokus auf Verhinderung irregulärer Immigration
Überprüfung der Länderlisten für Visapolitik
Visa-Identifizierung
Rückübernahmeabkommen rasch abschließen usw.
Druck im Rahmen der wirtschaftl. und Entwicklungszusammenarbeit
Sanktionen gegen Herkunftsstaaten angedroht
„Symbolische“ Erwähnung der Rechte von Nicht – EU - BürgerInnen
usw. Keine weiteren Fortschritte
Europäischer Rat
Thessaloniki 2003
Weitgehender Fokus auf Verhinderung/Bekämpfung illegaler Migration und
Rücknahme
Bestätigung der Tampere – Schlussfolgerungen:
„28. Der Europäische Rat hält die Erarbeitung einer umfassenden und
multidimensionalen Politik für die Integration der sich rechtmäßig in der EU
aufhaltenden Drittstaatsangehörigen für erforderlich. Gemäß den
Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere und zur Umsetzung
dieser Schlussfolgerungen sollte dieser Personenkreis mit vergleichbaren Rechten
und Pflichten wie EU-Bürger ausgestattet werden.“
Aufforderung an Mitgliedsstaaten, Integrationspolitik innerhalb eines EURahmens zu entwickeln
Betonung der Rolle der Kommunen
Vorlage jährlicher Migrations- und Integrationsberichte durch Kommission
Gründung nationaler Kontaktstellen für Migration sowie für Integration als
VorläuferInnen einer Zentralstelle
Vergemeinschaftung wohin ?
Selektive Vergemeinschaftung:
Seit Laeken zunehmender Schwerpunkt der Vergemeinschaftung auf
Migration als Sicherheitsproblem und illegaler Migration
Stagnation der Vergemeinschaftung im Integrationsbereich seit 2001
Verwässerung/Scheitern der integrationspolitischen Richtlinien
Zögerliche Umsetzung der Antidiskriminierungsrichtlinien
Integrationspolitik lässt Mitgliedsstaaten weiten Gestaltungsspielraum
– EuGH als zukünftiger zentraler migrationspolitischer Akteur ?
Europ. Kommission: „Bürokratische Harmonisierung“ durch Schaffung
von Netzwerken und Förderstrukturen
Wieder neue Dynamik von ausserhalb des migrationspolitischen
Bereichs wie in den Achtzigern ?
Zivilbürgerschaft Hebel der Integrationspolitik ?