EU Osterweiterung - Universität Bamberg

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Transcript EU Osterweiterung - Universität Bamberg

Proseminar
Prof. Dr. Herbert Brücker
1
Gliederung
• Einleitung
• Rechtliche & institutionelle
Rahmenbedingungen
• Umfang der Migration
• Theoretische Überlegungen zu
den Auswirkungen von
Migration auf den
Arbeitsmarkt
• Struktur der Migration
• Für EU-15
• Arbeitsmarktwirkungen der
• Für Deutschland
Migration
• Für NMS-8
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Einleitung
• »Die Einigung Europas, die sich in der Geschichte
bereits seit längerem abzeichnet, ist eine zwangsläufige
Entwicklung. [...] Europa ist zu klein geworden für sich
befehlende und sich gegenseitig absperrende
Souveränitäten [...] Die Lösung der europäischen Frage
kann nur auf föderativer Basis herbeigeführt werden,
indem die europäischen Staaten sich aus freiem, der
Einsicht der Notwendigkeit entsprungenen Entschluss zu
einer Gemeinschaft souveräner Staaten
zusammenschließen. [...] Der europäische Staatenbund
muss die Gemeinschaft möglichst aller europäischen
Staaten sein.«
von Hannes Hofbauer
3
- 1. Mai 2004 Beitritt
der NMS-8
- Malta & Zypern ohne
Übergangsfristen
- 1. Januar 2007 Beitritt
NMS-2 Rumänien &
Bulgarien
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Rechtliche & institutionelle
Rahmenbedingungen
freier Warenverkehr
Personenfreizügigkeit
EU
Grundfreiheiten
Dienstleistungsfreiheit
freier Kapital &
Zahlungsverkehr
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Freier Warenverkehr
• keine Beschränkungen bezüglich des Handels
Personenfreizügigkeit
• Arbeitnehmerfreizügigkeit:
– unter gleichen Bedingungen und
Voraussetzungen gilt gleicher Zugang zur
Arbeitsbeschäftigung und Entlohnung
• Niederlassungsfreiheit:
– EU- Bürger dürfen innerhalb der EU wohnen, wo sie
wollen
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Dienstleitungsfreiheit
• der EU-Bürger kann vorübergehend in anderen
Mitgliedsstaaten tätig sein
• keine Niederlassung
• für die Dienstleistungserbringer gelten die
Bestimmungen des Herkunftslandes
• seit 1996 gibt es EU weit einen Mindeststandart
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Freier Kapital & Zahlungsverkehr
• Transfer von Geldern und Wertpapieren
• Mitgliedsstaat ↔ Mitgliedsstaat
• Mitgliedsstaat ↔ Drittländer
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Übergangsfristen
• für die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die
Dienstleistungsfreiheit gibt es
Übergangsfristen innerhalb der NMS-8 und
NMS-2
• „2+3+2“- Formel
• Maximal 7 Jahre Laufzeit (Ende 1.Mai 2011)
• Übergangsfristen treten nur bei
wirtschaftsschwachen Länder auf
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Übergangsfristen
Ende der Übergangsfristen
November 2007
Luxemburg
Mai 2011
Österreich und
Deutschland
Mai 2007
Niederlande
Juli 2006
Italien
2003
2004
2005
2006
Mai 2004
Irland, Groß Britannien
&Schweden
Juli 2008
Frankreich
2007
2008
Mai 2006
Griechenland,
Portugal, Spanien
und Finnland
2009
2010
2011
2012
2013
2014
Mai 2009 Belgien
& Dänemark
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Umfang der Migration
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Prognosen vor der EU - Erweiterung
• Ursachen der Migration
– Unterschiede im Pro-Kopf-Einkommen
– Unterschiede in den Arbeitsmarktbedingungen
• Mehrheit schätzte das Migrationspotenzial auf
3-5% der Bevölkerung in den
Herkunftsländern
– beruht auf der Annahme, dass alle EU-Länder ihre
Arbeitsmärkte gleichzeitig öffnen
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Prognosen vor der EU - Erweiterung
• Prognose vor Osterweiterung: 3-5 %
Migrationspotential der Bevölkerung in den
Herkunftsländern
• Durch Erfahrung der ersten 6 Jahre, kann man sagen,
dass die Größenordnung richtig erfasst wurde
• Jedoch konnten Prognosen den Umleitungseffekt nach
Großbritannien und Irland nicht vorhersagen
• Es gibt kein historisches Vorbild
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Entwicklung seit 2004
• Erhebliche Zuwanderung in die EU-15 aus den
NMS-8 Staaten
• je größer die Differenz zwischen Einkommen
des Heimatlandes und eines EU-15 Landes ist,
um so größer ist das Migrationspotenzial
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Entwicklung seit 2004
• Großbritannien & Irland (Schweden) haben die
Arbeitnehmerfreizügigkeit früher eingeführt
– starke Zuwanderung (ca.80%)
– Umlenkung der Migrationsströme nach Großbritannien
und Irland
• Finanzkrise:
– Verschlechterung der Arbeitsmarktlage
– Rückgang in der Registrierung der Arbeitsgenehmigung
(GB)
– Rückgang der Anmeldungen der Sozialversicherung (Irland)
in Deutschland/Österreich (ehemalige Hauptzielländer): vor EUErweiterung: 60% - danach auf 1/5 gefallen
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Prognosen nach Einführung der
Freizügigkeit 2011
• Frage: Auswirkungen der Einführung der
Freizügigkeit für Deutschland nach der
Öffnung des Arbeitsmarktes?
– Prognosen sind sehr schwierig - hängt von vielen
Faktoren ab, kein vergleichbarer historischer Fall
– Durch Öffnung der Arbeitsmärkte steigt die
Zuwanderung wieder an
– Prognose der Migration für 2020: ausländische
Bevölkerung aus NMS-8:
3,9 Millionen wandern in EU-15
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Prognosen nach Einführung der
Freizügigkeit 2011
– Bruttoinlandsprodukt steigt um 1,16 %
– Gesamtwirtschaftliche Lohnniveau fällt um
0,4 %
– Arbeitslosenrate steigt um 0,2 % steigt
– Steigendes Kapitaleinkommen
– Nettogewinn für einheimische Bevölkerung
in Deutschland
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Prognosen nach Einführung der
Freizügigkeit 2011
• Neuorientierung der Wanderungsbewegung
wieder zurück nach Deutschland durch
günstige Arbeitsmarktbedingungen und
robusten Arbeitsmarkt
• Unsicherheiten in Schätzungen
• Im Falle eines erneuten wirtschaftlichen
Einbruchs würden Migrationsraten niedriger
ausfallen
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3 Probleme, die zur Unsicherheit
beitragen
Annahme, dass sich
Migranten aus neuen
Mitgliedsstaaten
genauso verhalten, wie
Migranten aus den
alten Mitgliedsstaaten
Schätzung der fixen
Effekte verzerrt (zu
kurze Periode von 6
Jahren)
Entwickelt sich die
Zuwanderung/Migratio
n/Rückwanderung wie
die Prognosen es
vorhersagen?
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Prognosen nach Einführung der
Freizügigkeit 2011
• Gewährung der Arbeitnehmerfreizügigkeit
kann bewirken, dass viele Zuwanderer, die
bereits in Deutschland leben und arbeiten,
ihren Aufenthaltsstatus legalisieren
– statistischer Anstieg der Zuwanderung, ohne
tatsächlich neue Migration
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Struktur der Migration
Arbeitsmarktwirkungen der
Migration
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Qualifikation
„In den neuen Mitgliedstaaten der EU entspricht der Anteil
der Schüler oder Studenten in den einzelnen
Bildungsbereichen etwa dem von Deutschland und
Großbritannien.“,
Herbert Brücker et al., WISO Diskurs, September 2010
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Qualifikation
• Positive Entwicklung seit 2004
– Anteil der Schulabgänger in den NMS-8 deutlich
gesunken, liegt bei der Mehrzahl unterhalb des
Wertes von Deutschland und Großbritannien
– Bevölkerung aus den NMS-8 ist im Vergleich zu
andern wichtigen Herkunftsländern der Migration
sehr gut ausgebildet
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Qualifikation
• Problemfaktoren der Qualifikation
– Anerkennung der Bildungsabschlüsse der
Migranten
– Anteil der Migranten mit unbekanntem Abschluss
– Art des Bildungsabschlusses: Volks-, Haupt-,
Realschule ( o.B. / m.B. ), Abitur ( o.B. / m.B. ),
Fachhochschulabschluss, Hochschulabschluss &
Ausbildung unbekannt
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Qualifikation
• Anteil der Migranten mit unbekanntem Abschluss ist sehr
hoch
• Seit 2004 ist der Anteil der NMS-8 Beschäftigten ohne
Berufsausbildung um 6% gesunken
• Anteil an Migranten im mittleren Qualifikationsniveau ist
auffällig niedrig, ( was auf erschwerte Anerkennung von
schulischen oder beruflichen Ausbildungszertifikaten
hindeutet)
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Altersstruktur
• das durchschnittliche Alter der NMS-8
Migranten in Deutschland ist jünger als das
der Inländer
• auf Grund der niedrigen Migration ist der
Effekt auf die Gesellschaft gering
• Beurteilung der Altersstruktur ist möglich, da
ein Teil der Migration bereits Anfang der
1990er Jahre stattgefunden hat
26
Altersstruktur
27
Altersstruktur
• der Anteil der Gruppe der 15 - 24-Jährigen nimmt seit 2000
wie auch die Gruppe der 25-34-jährigen Beschäftigten seit
2005 stark ab
• der Anteil der Gruppe der 35 - 44-jährigen- und der 55 64-jährigen Beschäftigten nimmt dagegen stark zu
• Fazit
– Langfristig dürfte sich eine Altersstruktur der NMS-8 Migranten
der unter35-Jährigen einstellen welche nur etwas höher ist als
die bei allen anderen Beschäftigten der Fall ist. Die Ausprägung
dieser Alterungseffekte hängt vom Umfang der zukünftigen
Migration nach Deutschland ab.
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Arbeitsmarktintegration
• Arbeitssuche wird durch Geschlechter spezifische
Hürden erschwert
• Das Migrationsalter spielt eine tragende Rolle
• Die Anerkennung von Bildungszertifikaten
• Fazit
– die Herausforderung liegt in der bestmöglichen
Integration der neuen Migranten in den
Deutschen Arbeitsmarkt
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Proseminar
Prof. Dr. Herbert Brücker
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Theoretische Überlegungen zu den Auswirkungen
von Migration auf den Arbeitsmarkt
„Der Staat ist verpflichtet, seine Bürgerinnen und
Bürger zu schützen, er ist verpflichtet zu
verhindern, dass Familienväter und Frauen
arbeitslos werden, weil Fremdarbeiter zu niedrigen
Löhnen ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen.“,
Oskar Lafontaine 2005
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Theoretische Überlegungen
 Befürchtungen in der einheimischen Bevölkerung:
• Sinken der Löhne
• Anstieg der Arbeitslosigkeit
 Theoretische Überlegungen der Wirtschaftswissenschaftler
• Strukturelle Veränderung des Arbeitsmarktes
• Erweiterte Qualifikationen erhöhen Arbeitsproduktivität
• Behebung von Arbeitskräftemangel
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Theoretische Überlegungen
Überlegungen zu den Auswirkungen auf die
Sendeländer:
• Rückgang der gesamtwirtschaftlichen
Produktivität
• Kapitaleinkünfte fallen
• Eventuelle Rückübertragung des Einkommens
durch in EU-15 arbeitenden
Familienmitgliedern
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Empirische Erkenntnisse
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Für EU-15
Unterschiedliche
Übergangsfristen
für die EU-15
• Großbritannien und Irland
öffneten den Arbeitsmarkt schon
2004
• Deutschland und Österreich
wenden die Übergangsfristen für
Arbeitnehmerfreizügigkeit für
Bürger aus den NMS-8 bzw.
NMS-2 bis 2011 bzw. 2014 an
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Makroökonomische Effekte
• Nur geringe Effekte, da
schnelle Anpassung des
Kapitalstocks
Arbeitsmarkt- • Kurzfristiger Anstieg der
wirkung
Arbeitslosenquote
• Langfristig auch leichter
Anstieg der Arbeitslosenquote
37
Arbeitslosenquote nach Bildungsgrad
Großbritannien
Kurzfristig
Langfristig
Gesamt
0,26
0,18
Keine Ausbildung
1,02
0,92
Berufliche Ausbildung
0,15
0,06
Schulabschluss
0,14
0,04
Universität
0,04
0,02
Werte aus: Labour mobility within the EU in the context of enlargement and the
functioning of the transitional arrangements, European Integration Consortium (2009)
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Makroökonomische Effekte
• Insgesamt Steigerung
des BIP in den EU-15
Ländern
Auswirkungen
auf das BIP
• BIP pro Kopf sinkt
kurzfristig, langfristig
steigert es sich
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Löhne und Gehälter nach Bildungsgrad
Großbritannien
Kurzfristig
Langfristig
Gesamt
-0,29
0,00
Keine Ausbildung
-0,67
-0,38
Berufliche Ausbildung
-0,23
0,06
Schulabschluss
-0,27
0,02
Universität
-0,26
0,05
Werte aus: Labour mobility within the EU in the context of enlargement and the
functioning of the transitional arrangements, European Integration Consortium (2009)40
Für Deutschland
Erklärungsmodell von Herbert Brücker und Elke Jahn:
Untersuchung der Arbeitsmarktwirkung der Migration in
Deutschland
Annahmen:
• Die Löhne fallen bei steigender Arbeitslosigkeit
• Der Lohn fällt wenn sich alternative
Beschäftigungsmöglichkeiten durch
Arbeitslosigkeit verringern
• Die Lohnflexibilität unterscheidet sich nach
Arbeitsmarktsegmenten
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Ergebnisse der Studie
Hohe Lohnflexibilität bei Arbeitern mit geringer Erfahrung
Hohe Arbeitsmarktflexibilität bei ungelernten Arbeitern
Schnelle Anpassung des Kapitalstocks an Ausweitung des
Arbeitsangebots
Unvollkommene Substitute
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Quantitative Ergebnisse
Einheimische Arbeitnehmer
Ausländische Arbeitnehmer
Langfristig
Kurzfristig
Langfristig
Löhne
+0,07%
-0,71%
-0,64%
Arbeitslosenqu
ote
-0,01%
+0,42%
+0,11%
Werte aus: Brücker, Herbert (2009): Arbeitsmarktwirkungen der Migration. In:
Aus Politik und Zeitgeschichte, H. 44, S. 6-12.
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Für NMS-8
Allgemein unterschiedliche Auswirkungen
in den Sendeländern
Effekte jedoch deutlicher zu spüren als
bei EU-15-Ländern
Migrationsschock fällt meist gering aus
(Ausnahmen Polen/ Slowakei)
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Für NMS-8
Beispiel: Entwicklung in Polen nach EU-Erweiterung
Veränderung in %
BIP
- 0,92
BIP pro Kopf
0,81
Priv. Konsum
-0,75
Staatl. Konsum
-0,88
Investitionen
-0,78
Steuern
-0,84
Exporte
-1,25
Importe
-0,80
Löhne
+0,32
Arbeitskraft
-1,71
Polen zeigt zu Beginn die größten
makroökonomischen Effekte
660.000 Migranten nach EUErweiterung
Höchste Arbeitslosenquote mit 19,6%
Werte aus: The macroeconomic
consequences of labour mobility
Baas, Brücker, Jahn,Hauptmann 2008
45
Für NMS-8
Beispiel: Entwicklung in Slowenien nach EU-Erweiterung
2004-2007
2008-2011
Veränderungen in %
BIP
0,17
-0,38
BIP pro Kopf
-0.06
0,16
Priv. Konsum
0,14
-0,31
Staatl. Konsum
0,17
-0,37
Investitionen
0,15
-0,33
Steuern
0,16
-0,36
Exporte
0,20
-0,45
Importe
0,16
-0,36
-0,05
0,13
0,23
-0,54
Löhne
Arbeitskraft
Ausnahme
unter den
NMS-8-Staaten
Kurzfristig positive
makroökonomische
Effekte
Langfristig jedoch
negative
Auswirkungen
Werte aus: The macroeconomic
consequences of labour mobility
46
Baas, Brücker, Jahn,Hauptmann 2008
Diskussion
Welche Vorurteile bezüglich
der EU-Osterweiterung gibt es
und sind sie gerechtfertigt???
Deutschland noch deutsch?
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