Flüchtling? Migrant?

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Medical Peace Work Online Kurs 6

Flüchtlinge und Migration

Kurs 6: Flüchtlinge und Migration

Ziele des Kurses:

• • • Die Bedürfnisse von Flüchtlingen und Migranten in Bezug auf Gesundheit und Wohlergehen zu kennen.

Die psycho-sozialen Folgen gewaltsamer Konflikte und die den Flüchtlingen bevorstehenden Probleme zu verstehen. Die Notwendigkeit einer kultursensiblen Gesundheitsversorgung und die ethischen Dilemmata in Bezug auf Gesundheits- und Flüchtlingsarbeit zu erkennen.

Flüchtlinge und Migration

• Kapitel 1: Asyl und Migration • Kapitel 2: Die Reise und das Leben eines Migranten in ein Camp • Kapitel 3: Anpassung an ein neues Umfeld • Kapitel 4: Ethische Fragen und Eigenschutz für Gesundheitspersonal

Was kann Gesundheitspersonal tun?

• • Gesundheitspersonal kann gewährleisten, dass Migranten und Flüchtlinge: Beim Zugang zu Dienstleistungen nicht diskriminiert werden Die bestmögliche Versorgung erhalten • • Außerdem können sie: Als Pädagogen und Anwälte auftreten Das Bewusstsein für die Bedürfnisse der Migranten und Flüchtlinge schärfen Gesundheitspersonal muss immer auch auf sich selbst achten, um diese Arbeit ausführen zu können.

Flüchtling? Migrant? Asylbewerber?

Warum die Begriffswahl wichtig ist • Die gewählten Begriffe können sich auf den rechtlichen Status und den Rechtsanspruch einer Person auswirken • Einige Begriffe haben eine bestimmte Bedeutung im Humanitären Völkerrecht (HVR) • Die verwendeten Wörter können die Sichtweisen von Person beeinflussen • Begriffe können von Politikern und anderen falsch benutzt werden, um bestimmte Ziele zu erreichen

Begriffe, die Sie kennen müssen….

• • • • Ein

Flüchtling

hat eine internationale Grenze überquert und hat ‘begründete Angst, verfolgt zu werden’; Flüchtlinge haben Rechte unter dem HVR Ein

Asylbewerber

hat auch – auf der Suche nach Schutz – eine internationale Grenze überquert und hat einen laufenden Anspruch auf Flüchtlingsstatus Ein

Binnenflüchtling (IDP)

innerhalb des eigenen Landes ist ein Vertriebener Ein

Migrant

lebt ‘zeitweise oder permanent in einem Land, in dem er / sie nicht geboren wurde’.

Reise eines Migranten: verschiedene Etappen I

Vor der Flucht Flucht Photo: Marion Birch Aufnahme Ansiedlung Umsiedlung

• • • • •

Reise eines Migranten: verschiedene Etappen II

Vor der Flucht

: Instabilität, wirtschaftliche Notlage, Gewalt, Verlust und soziale Unruhen

Flucht

: der Punkt, an dem Migranten oft am verletzlichsten sind und ihre Gesundheit am stärksten gefährdet ist

Aufnahme

: kann sehr verschieden sein und wird sehr wahrscheinlich davon beeinflusst, wie viel der Migrant mit der Gastbevölkerung gemeinsam hat

Ansiedlung

: könnte eine Chance darstellen, sich von der Reise zu erholen, ggf. mit Unterstützung wie humanitärer Hilfe einschließlich Gesundheitsversorgung

Umsiedlung

: die verschiedenen Stufen der Integration in die Gemeinschaft können einen starken Einfluss auf die Gesundheit haben

Lösungen – die drei W

Das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) hat die Pflicht zu schützen, was auch die Suche nach dauerhaften Lösungen für Vertriebene beinhaltet: (UNHCR n.d.) • • •

Wiedereinbürgerung

- die ideale Lösung

Wiedereingliederung

- die zweitbeste Option

Wiederansiedlung

- in einem Drittland

Flüchtlinge und Migration

• Kapitel 1: Asyl und Migration • Kapitel 2: Die Reise und das Leben eines Migranten in ein Camp • Kapitel 3: Anpassung an ein neues Umfeld • Kapitel 4: Ethische Fragen und Eigenschutz für Gesundheitspersonal

• • •

Die Gesundheitsrisiken von Migration und Vertreibung

Schlechte sozio-ökonomische Bedingungen, schlechte Unterbringung, unzureichende Ernährung und all zu oft körperliche Gewalt Isolation und Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung Stress und Risiken für psychiatrische und psychosoziale Gesundheit Gesundheitsberufler können sowohl zur Lösung dieser akuten Probleme als auch zur Verringerung des Migrationsdrucks überhaupt beitragen, z.B. durch

- Peace Building und Schutz vulnerabler Populationen - Politische Lobbyarbeit und Konflikttransformation - nachhaltige Entwicklungsarbeit

Warum werden Menschen zu Migranten?

Was sind die ‘push’ & ‘pull’ Faktoren?

Photo: Marion Birch

Erzwungene oder freiwillige Migration

Warum ist das wichtig?

• •

‘gezwungene’ Migranten:

vertrieben durch Konflikte, Natur- oder Umweltkatastrophen, Hungersnot oder Entwicklungsprojekte

aber

Viele Migranten verlassen ihre Heimat in dem Versuch, ihren Familien ein besseres Leben vor dem Hintergrund extremer globaler Ungleichheiten zu ermöglichen; ist diese Art der Migration wirklich

freiwillig

?

Das Leben in einem Flüchtlingslager

Die Gesundheitsrisiken

• • • • • • •

Überbelegung Übertragbare Krankheiten Mangelernährung Mangelnde Wasserversorgung und unzureichende sanitäre Anlagen Mangel an Privatsphäre und sozialer Struktur Stress und Erschöpfung Mangel an Gesundheitsversorgung

Wie können Gesundheitsdienstleis tungen am besten erbracht werden?

• • • • Wo immer es möglich ist sollte man: Mit existierenden Gesundheitsdiensten zusammen arbeiten und sie unterstützen Richtlinien und Standards des Gastlandes befolgen – zum Beispiel bei der Malaria-Kontrolle Sowohl Gesundheitsbedürfnisse der Gastbevölkerung als auch der Flüchtlinge berücksichtigen Gesundheitsversorgung gemäß der Prinzipien von ´ primary health care` und international bewährten Leitlinien gewährleisten

Besonderheiten bei Flüchtlingen/ Migranten in städtischer Umgebung I

Einige finden Unterkunft bei Bekannten oder Verwandten.

Doch können noch mehr Menschen in bereits beengten und armen Verhältnissen eventuell beachtliche Spannungen verursachen.

Besonderheiten bei Flüchtlingen/ Migranten in städtischer Umgebung II

• • Sie können sich vielleicht in der Umgebung von Bekannten/Verwandten niederlassen, oder aber unter Umständen einfach nur dort wo Platz ist.

Auf dem Weg zu ihrem Ziel bleiben Menschen häufig unter schwierigen Bedingungen in anderen Ländern ‘stecken’ und können nicht weiter ziehen. Photo: UNHCR

• • • • • • • •

Gewalt in Flüchtlingslagern

Was sind die Gründe?

Kämpfer und Soldaten unter den Flüchtlingen Erzwungene Wiedereinbürgerung Spannungen mit der Bevölkerung des Gastlandes Ansiedlung in einer heiklen Konfliktregion Ressourcen ziehen bewaffneten Diebstahl an Unzureichende Überwachung oder andere Ordnungsmaßnahmen Schlecht organisiertes und geleitetes oder zu großes und überfülltes Lager Hoher Stresslevel und Fehlen des gewohnten sozialen Umfelds

Was kann Gesundheitspersonal gegen Gewalt in Lagern tun?

• • • Sicherstellen, dass das Lager nicht zu groß sowie richtig lokalisiert ist und auf transparente Weise geleitet wird Die unmittelbaren Aus wirkungen der Gewalt dokumentieren und Informationen wie Berichte von Patienten nutzen, um die Ursachen auszumachen Gewalt verhindern durch intelligenten Lageraufbau und Patrouillen zum Holzsammeln UNHCR

Geschlechtsspezifische Gewalt in Flüchtlingslagern

Warum ist das ein besonderer Aspekt?

• • • • • Erhöhte Verletzlichkeit von Frauen durch: Zusammenbruch familiärer und gesellschaftlicher Strukturen –

Keine normale soziale Unterstützung und Schutz

Fehlen einer Einkommensmöglichkeit –

Sind oft gezwungen, Sex gegen Grundbedürfnisse einzutauschen

Müssen das Lager zu verlassen, um Wasser und Holz zu sammeln Mentale Gesundheitsprobleme, einschließlich Stress aufgrund des Migrationsprozesses Schlecht geplante Lager

Wie Gesundheitspersonal helfen kann, geschlechtsspezifische Gewalt zu verhindern

• • • • Stärkung der Frauen –

Einbeziehung in alle Ebenen des Lagers und des gemeinschaftlichen Entscheidungsprozesses

Einbeziehung der Gemeinschaft in Pläne zur Beseitigung der Gewalt Planung und Leitung von Flüchtlingslagern –

Lichter an den Wegen, die von Frauen und Kindern benutzt werden

– – –

Sichere Bereiche für ledige Frauen und Kinder ohne Begleitung Sichere Zeiten, zu denen Frauen in Begleitung Holz oder Wasser sammeln gehen können Andere Arten von Brennmaterial bereit stellen

Bewusstsein über Zeichen häuslicher Gewalt und Vergewaltigung: Berichterstattung einfach machen

Flüchtlinge und Migration

• Kapitel 1: Asyl und Migration • Kapitel 2: Die Reise und das Leben eines Migranten in ein Camp • Kapitel 3: Anpassung an ein neues Umfeld • Kapitel 4: Ethische Fragen und Eigenschutz für Gesundheitspersonal

Ankunft in / Umsiedlung nach Europa

Was Sie wissen müssen: • • • Wie man Informationen über die nationale Gesetz gebung bekommt Die gesundheitliche Auswirkung von nationalen Asylverfahren Wie sich öffentliche Meinung, Nachrichten in den Medien und politische Entscheidungen auf Migranten auswirken

• • • • • • • • •

Relevante EU-Richtlinien und Gesetzgebung

Dublin (I) Konvention Vertrag von Amsterdam 1997 Tampere 1999 Mindeststandards für die Aufnahme von Asylsuchenden, Richtlinie des Europarates 2003/9/EC Dublin (II), Rechtsvorschrift des Europarates (EC) No 343/2003 Den Haag 2004 Qualifikationsrichtlinie, Richtlinie des Europarates 2004/83/EC Asylverfahrensrichtlinie, Richtlinie des Europarates 2005/85/EC EURODAC

Völkerrechtliche Verpflichtungen

• •

Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

(UDHR): ‘Jeder hat das Recht

auf einen Lebensstandard, der für die eigene Gesundheit und die seiner Familie ausreichend ist, einschließlich Nahrung, Kleidung, Unterkunft und medizinische Versorgung und notwendige soziale Dienstleistungen.’

Artikel 12 des über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte 1976 Internationalen Abkommens

(CESCR): Vertragsstaaten sollten

‘das Recht eines Jeden auf den Genuss des höchsten zu erreichenden Standards physischer

und mentaler Gesundheit’ anerkennen

Umfassende Betreuung & kulturelle Kompetenz

• Was ist die Auswirkung des ‘Anderssein’ auf die individuelle und öffentliche Gesundheits versorgung?

• Wie kann eine umfassende, integrierte Versorgung für Menschen aus marginalisierten Gruppen erreicht werden?

• • •

Das Richtige tun

Beispiele guter Praxis aus Europa

Klinische Versorgung -

„Gesundheitsheft“ in der Hand der Patienten

-

mehrsprachige Informationen/Terminkarten

Anlaufstellen/Sprechstunden

Sprechstunden für Beratung und erste Versorgung

-

persönliche Beratung unter vier Augen

-

Schulung und berufliche Entwicklung

Informations- und Wissensweitergabe

- Wissen und Expertise für Gesundheitspersonal - Netzwerke zur Informations- und Ressourcenteilung - Überwachung des Zugangs zum Gesundheitswesen

Flüchtlinge und Migration

• Kapitel 1: Asyl und Migration • Kapitel 2: Die Reise und das Leben eines Migranten in ein Camp • Kapitel 3: Anpassung an ein neues Umfeld • Kapitel 4: Ethische Fragen sowie Eigenschutz für Gesundheitspersonal

Ethische Fragen sowie Eigenschutz für Gesundheitspersonal

• • • Folgendes sollten Sie kennen: Fachliche und rechtliche Verpflichtungen bei der Arbeit mit Migranten Die persönlichen Auswirkungen der Arbeit mit traumatisierten Klienten Einige grundlegende Selbsthilfekenntnisse

Sorgfaltspflicht, Schweigepflicht und doppelte Loyalität

• Die 

Sorgfaltspflicht

ist die Verpflichtung, Leid, das anderen widerfährt, zu verhindern Gesundheitspersonal muss unter allen Umständen den besten Interessen ihrer Patienten dienen • Die Umständen, respektiert werden 

Schweigepflicht

besondere Sorgfalt bei der Inanspruchnahme von Dolmetschern muss, außer unter speziellen • Es führt zu 

Loyalitätskonflikten

, wenn die Rechte von Einzelpersonen mit familiären oder gesellschaftlichen Interessen kollidieren, oder sie entstehen aufgrund von Druck durch Regierungen oder das Militär Gesundheitspersonal muss die Menschenrechte von Einzelpersonen achten

Hilfe für den Helfer

Gesundheitspersonal, das den oft erschütternden Erfahrungen Anderer zuhört, braucht unter Umständen selbst Hilfe.

Informieren Sie sich über: • • • Sekundärtraumatisierung, PTSD, Abgrenzung, Mitgefühl und Gegenübertragung Mechanismen, wie sich das Gesundheitspersonal selbst helfen kann Schutzmechanismen, die Einzelpersonen und Organisationen nutzen können

Gesundheitspersonal als Anwälte

Target X Trafalgar Square Foto: Marion Birch

Arten der Fürsprache

• • • •

Im Namen der Patienten / Klienten sprechen

Einsatz und Unterstützung für einzelne Betroffene

Öffentliche Fürsprache

Öffentlichkeitsarbeit mit dem Versuch, die Welt aufmerksamkeit zu erlangen (auch durch Berichte etc.)

Stille Fürsprache

Versuch, Regierungen und Andere durch vertrauliche Diskussionen und Beweise zu beeinflussen

Nationale Kampagnen

mit Hilfe von Fachvereinigungen, Gewerkschaften und Verbänden, und professionelle Aktivistorganisationen

Quellenangabe

• • • UN (1948). Universal Declaration of Human Rights – UDHR. Available at www.un.org/en/documents/udhr/ , accessed 10 October 2011 UN (1976). International Convention on Economic Social and Cultural Rights - ICESCR. Available at www2.ohchr.org/english/law/cescr.htm

, accessed 10 October 2011 UNHCR (n.d.). Available at www.unrol.org/article.aspx?n=unhcr , accessed 3 October 2011.

© medicalpeacework.org 2012

Autor: Marion Birch, Redakteure: Mike Rowson und Klaus Melf, grafische Gestaltung: Philipp Bornschlegl