Sanierungshindernisse im Steuerrecht

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Vorlesung Steuerberatung
Sanierungshindernisse im Steuerrecht
24. Juni 2010
von
Dr. Stephan Schauhoff
Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht
Sanierungshindernisse im Steuerrecht
Vorlesungsbegleitende Literatur
Birk,
Tipke
§ 6 Rz. 542-554
§ 9 C 2.5 Verluste; § 17 B V.
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Sanierungshindernisse im Steuerrecht
I. Grundfall:
Seit vielen Jahren leidet die O-GmbH unter einem negativen Cash-Flow.
Die fortlaufenden betrieblichen Verluste werden durch
Gesellschafterdarlehen der GM AG ausgeglichen. Auch der GM AG
geht es schlecht, wenigstens erhält sie Lizenzzahlungen von der
O-GmbH. Nun will GM AG nicht mehr weiterfinanzieren, ein neuer
Investor muss her
II. Steuersituation der O-GmbH:
Hohe Verluste führen regelmäßig zu körperschaftsteuerlichen und
gewerbesteuerlichen Verlustvorträgen
Wozu führen die Gesellschafterdarlehen?
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Sanierungshindernisse im Steuerrecht
1. Darlehen passivieren
rechtliche und wirtschaftliche Verursachung
2. Verzicht auf die Darlehen durch die GM AG?
Folge: ao Ertrag der O-GmbH
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jährlicher operativer Verlust der O-GmbH von EUR 10
Mio.
nach drei Jahren 30 Mio. Verlustvortrag, durch Darlehen finanziert
Teilwert der Darlehen EUR 0, da O-GmbH nicht zurückzahlen kann
jetzt: 30 Mio. Gewinn bei O-GmbH
10 Mio. laufender Verlust
20 Mio. Jahresergebnis
Einlage wird mit Teilwert gegengerechnet
steuerliche Behandlung:
30 Mio. Verlustvortrag
20 Mio. Jahresergebnis
10 Mio. verbleibender Verlust
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Sanierungshindernisse im Steuerrecht
20 Mio. Jahresergebnis
1 Mio. Mindeststeuer § 10d Abs. 2 EStG
19 Mio. x 60 v.H.
11,4 Mio.
7,6 Mio. x 30 v.H. Steuersatz (KSt/GewSt) zu bezahlen aus Cash-Flow
3. Alternative: Sanierungserlass, BMF-Schreiben v. 27.3.2003, BStBl. I 2003, 240.
Finanzverwaltung erlässt die Steuer aus Billigkeitsgründen, wenn Steuer bei
sanierungswürdigen Unternehmen entsteht:
● Sanierungsplan
● nicht bei Erlass wertloser Forderungen, da dies kein Sanierungsbeitrag
sei
● Billigkeitsregelung zulässig?
FG München v. 12.12.2007, I K 4487/06, EFG 2008, 615; Revision
eingelegt, BFH VIII R 2/08
FG Köln v. 24.4.2008, VI K 2488/06, EFG 2008,1555; Revision eingelegt,
BFH X R 34/08
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Sanierungshindernisse im Steuerrecht
Erlass wertloser Gesellschafterdarlehen ist nach Auffassung Finanzverwaltung
kein Sanierungsbeitrag
Erlass setzt Sanierungserfolg voraus, sukzessive wird Steuerforderung, die
nach Verrechnung mit vorhandenen Verlustvorträgen unter Außerkraftsetzung
der Mindeststeuer verbleibt, erlassen
Zuständig für den Erlass ist Finanzamt bzw. Gemeinde für die Gewerbesteuer
4. Alternative: Rangrücktritt
Was ist das? Wofür?
Steuerliches Hindernis: § 5 Abs. 2a EStG
Ausbuchen der Forderung führt zu ao Ertrag mit beschriebenen Konsequenzen
§ 5 Abs. 2a EStG trifft nicht den Rangrücktritt ohne jede Besserungsabrede
(BFH I R 11/03, BStBl. II 2005, 581)
Bei einer Besserungsabrede (Verzinsung nachholend aus künftigen
Gewinnen) muss die Tilgung aus sonstigem freien Vermögen vereinbart sein,
um Ausbuchung zu verhindern (BMF-Schreiben, BStBl. I v. 8.9.2006, IV B 2 S
2133-10/06,2006, 497)
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Sanierungshindernisse im Steuerrecht
III. Steuersituation der GM-AG
1. Darlehen aktivieren
2. Wertberichtigung auf die Darlehen
Teilwert-AfA (§ 6 I Nr. 1,2 EStG) ao Aufwand oder Einlage?
AfA auf Gesellschafterdarlehen in der Krise?
Keine Einlage, sondern ao Aufwand, da Rechtsposition bleibt, Verlust aber
nicht abziehbar:
§ 8b III 3 KStG: ● mehr als 25 v.H. beteiligt
● kein Nachweis, dass auch fremder Dritter Darlehen
gegeben hätte
Achtung:
Wertberichtigung auf Darlehen an Gesellschafter nahestehende
Person kann zu vGA unabhängig von § 8b III 3 KStG führen
(BFH v. 8.10.2008, I R 61/07)
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Sanierungshindernisse im Steuerrecht
3. Verzicht auf das Darlehen durch den Gesellschafter
Forderungsverzicht durch den Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft
nur iHd. Werthaltigkeit der Forderung bei Verzicht (BFH GrS 1/94, BStBl. II
1998, 307) Einlage
Bei überschuldeter Kapitalgesellschaft Teilwert von EUR 0 (BFH I R 35/04,
DStR 2005, 1896)
Im Betriebsvermögen (anders § 17 EStG: Verzicht eigenkapitalersetzender
Darlehen erhöht im Umfang Nominalwert Anschaffungskosten auf Beteiligung
in PV) nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung aus kapitalersetzenden Darlehen (BFH VIII R 27/00, BStBl. II 2002, 733); X R 2/03,
BStBl. II 2005, 694), in Höhe des verbleibenden Wertes im Übrigen nicht
abziehbarer Aufwand
4. Rangrücktritt
Forderung ist wertzuberichtigen, wenn Tilgung unwahrscheinlich
Rangrücktritt ist Indikation für Wertlosigkeit
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Veräußerung der Beteiligung an neuen Investor
EUR 1 für Anteile an wertloser O-GmbH, Pflicht Arbeitsplätze zu erhalten,
Sicherheiten (Bürgschaften) der GM-AG zu übernehmen. EUR 1 für
Darlehensforderungen von EUR 10 Mio.
1. Veräußerung
GM AG realisiert Verlust aus Beteiligung und Forderungsverkauf, soweit
diese bislang nicht wertberichtigt
Verlust nach § 8b Abs. 3 KStG aber nicht nutzbar, es sei denn,
Forderungen hätten auch Kreditgeber gegeben (typischerweise kaum
nachweisbar)
Folge: Verluste aus dieser Beteiligung können steuerlich nicht verwertet
werden
Deswegen: Lieber Verzicht mit Besserungsschein
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Veräußerung der Beteiligung an neuen Investor
2. Verlustvorträge der O-GmbH
§ 8c KStG:
Verlust der Verluste bei Veräußerung von 50 % über 5 Jahre an einen
Erwerber oder diesem nahestehende Person;
mittelbarer Anteilseignerwechsel genügt, gleichgültig ob Kapital oder
Anteilsrechte
§ 8c KStG greift nicht bei Umhängung im Konzern
In Höhe stiller Reserven bei Erwerb bleibt Verlustvortrag bestehen (§ 8c
Abs. 1a KStG)
Sanierungsklausel in § 8c KStG:
bei Sanierung (sanierungswürdiger Betrieb, Erhalt Arbeitsplätze etc.) gilt
§ 8c KStG nicht
Finanzmarktstabilisierungsgesetz
bei Übernahme durch Bund (Soffin) gilt § 8c KStG nicht
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Veräußerung der Beteiligung an neuen Investor
3. Folge für Investor
Gewinne der O-GmbH müssen sofort versteuert werden
Tückisch: Wer trägt Steuerlasten, die durch ao Ertrag auf Grund
Forderungsverzichten entstehen?
Nur Sanierungserlass, dieser greift aber nicht für Erlass wertloser
Forderungen und ist in der Handhabung schwerfällig und unsicher
Besserung durch den Gesetzgeber ist nicht in Sicht, dieser präferiert
gesetzgeberische Spezialbefreiungen bei Staatseingriff
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Gestaltungsmaßnahmen bei Verlusten
Gestaltungsmaßnahmen bei Verlusten
● Verlustverrechnungspotential schaffen
 Heben stiller Reserven, z.B. durch Veräußerung, Sale and lease back,
Entstrickung
 Übertragung von (Teil-)Betrieben aus der Verlustgesellschaft
 Genussrecht, das aus künftigen Gewinnen zu erfüllen ist
● Ertragspotential zuführen
 Unentgeltliche Überlassung von Wirtschaftsgütern
 Nutzungseinlage; z.B. zinsloses Darlehen
 Verlagerung von (Teil-)Betriebskosten in die Verlustgesellschaft
● Anteilserwerb strukturieren
●
Organschaft begründen
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Gestaltungsmaßnahmen bei Verlusten
● Fall
 A-GmbH und B-GmbH schließen Anteilskaufvertrag über Anteile an
Verlust-GmbH
 B-GmbH gewährt Verlust-GmbH ein zinsloses Darlehen
 A-GmbH tritt Anteile an Verlust-GmbH an B-GmbH ab
● Lösung
 Ertragswirksame Abzinsung des Darlehens für steuerliche
Zwecke
 Verrechnung des Ertrags mit bestehenden Verlustvorträgen
 Aufwandswirksame Aufzinsung in den Folgejahren
 Gestaltungsmissbrauch?
 Schenkungsteuer?
 Auswirkungen auf Zinsschranke und GewSt beachten!
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Gestaltungsmaßnahmen bei Verlusten
Umwandlungsmaßnahmen
Umwandlungsmaßnahmen
M-GmbH
Folge
Verschmelzung V auf G
Untergang der steuerlichen
Verlustvorträge
Verschmelzung G auf V
Schädlicher Beteiligungserwerb:
Untergang der steuerlichen
Verlustvorträge
G-GmbH
Abspaltung von (Teil-)Betrieben bei Partieller Untergang der
V
Verlustvorträge
V-GmbH
Abspaltung/Ausgliederung von
Unternehmensteilen auf V
Grds. Unschädlicher
Beteiligungserwerb: kein
Untergang der Verlustvorträge
Restrukturierungen oberhalb von V Auswirkungen in Bezug auf
schädlichen
Gesellschafterwechsel
beachten!
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