Schrumpfbeirat

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Transcript Schrumpfbeirat

Wohnungseigentumsrecht
Beschlüsse, die Sie in Eigentümerversammlungen
besser nicht fassen sollten.
XV. Immobilientag Thüringen, Erfurt, 5. November 2014
Kanzlei für Immobilienrecht & Inkasso
Beschluss zur Begründung von Sondernutzungsrechten
Ein Verwalter lässt in einer
Eigentümerversammlung über
eine Beschlussvorlage
abstimmen, wonach einem
Sondereigentümer ein
Sondernutzungsrecht an einem
Teil der gemeinschaftlichen
Wiese zugesprochen wird.
© Rechtsanwalt Stephan Scharlach
Andreasstraße 25 a, 99084 Erfurt
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Gemeinschafts- u. Sondereigentum bzw. Sondernutzungsrecht
Wohnungseigentümergemeinschaft
Gemeinschaftseigentum
Sondereigentum
Sondernutzungsrechte
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Können Sondernutzungsrechte
begründet werden?
durch
Beschluss
Es besteht keine Beschlusskompetenz, Sondernutzungsrechte zu
begründen.
LG Hamburg, Urteil vom 09.04.2014 - 318 S 117/13
Beschlüsse, hinsichtlich denen keine Beschlusskompetenz
besteht sind nicht nur auf erfolgreiche Anfechtung hin für
ungültig zu erklären, sondern nichtig.
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EXKURS:
Beschlussungültigkeit bzw. Beschlussnichtigkeit
Beschlussungültigkeit:
Beschlüsse können – etwa wenn sie nicht dem Prinzip ordnungsgemäßer
Verwaltung entsprechen – für ungültig erklärt werden.
Dies geschieht aber nur durch das zuständige Gericht auf eine entsprechende
Anfechtungsklage hin. Bis zur Ungültigerklärung bleiben die Beschlüsse
wirksam und können/müssen ungesetzt werden.
Wird die Anfechtungsklage nicht binnen eines Monats nach Verkündung des
Beschlusses erhoben, ist der Beschluss bestandskräftig
Beschlussnichtigkeit:
Sin Beschlüsse – etwa mangels entsprechender Beschlusskompetenz –
nichtig, so sind sie ex tunc, d.h. von Anfang an, unwirksam.
Es bedarf keiner Klage. Dennoch is eine Klage zur Feststellung der Nichtigkeit
möglich.
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Zur beschlussmäßigen Bestellung eines "Schrumpfbeirates"
Schrumpfbeirat
Im Rahmen einer Eigentümerversammlung wurde die
Bestellung eines sogenannten
Schrumpfbeirates beschlossen.
Schrumpfbeirat:
Regulärer Beirat aus 3 Eigentümern
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Verwaltungsbeirat, der aus
weniger als drei Mitgliedern
besteht
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EXKURS:
Empfehlungen des Beirats sind nicht verbindlich
Es widerspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, die
Jahresabrechnung zu genehmigen, nachdem ein Verwaltungsbeirat eine ablehnende Empfehlung in der Eigentümerversammlung gegeben hat.
Es gibt keine Pflicht der Eigentümer auf einer Eigentümerversammlung, den Empfehlungen des Beirats zu folgen.
LG Berlin, Urteil vom 19.04.2013 - 55 S 170/12 WEG
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Gesetzliche
Grundlagen
zum
Verwaltungsbeirat
§ 29 Abs. 1 S. 2 WEG:
„Der Verwaltungsbeirat besteht aus einem Wohnungseigentümer als Vorsitzenden und zwei weiteren Wohnungseigentümern als Beisitzern.“
3 Verwaltungsbeiratsmitglieder
Nur Wohnungseigentümer können Mitglieder sein!
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Entscheidung zur beschlussmäßigen Bestellung eines
"Schrumpfbeirates"
Im seinem Urteil vom 16.07.2014 - 5 C (WEG) 1/13 – teilt das Amtsgericht
Erfurt unsere Rechtsauffassung, wonach ein Verwaltungsbeirat, soweit keine
abweichenden Regelungen in der Gemeinschaftsordnung bzw. der
Teilungserklärung vorhanden sind, gem. § 29 Abs. 1 S. 2 WEG zwingend aus
drei Mitgliedern zu bestehen hat.
Scheidet nun während der Bestellungszeit aus dem Verwaltungsbeirat ein
oder mehrere Mitglieder aus, so dass nur noch ein "Schrumpfbeirat" besteht
und wird dieser "Schrumpfbeirat" sodann per Beschluss auf unbestimmte
Dauer bestellt, so handelt es sich hierbei nicht um die bloße deklatorische
Bestätigung des nur noch aus zwei Mitgliedern bestehenden Beirates,
sondern um eine ausdrückliche § 29 Abs. 1 S. 2 WEG zuwiderlaufende und
somit unzulässige Bestellung des "Schrumpfbeirates".
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Nichtigkeit von Dritte verpflichtenden Beschlüssen
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann in Eigentümerversammlungen
per Beschluss grundsätzlich nur innergemeinschaftliche Regelungen treffen.
Es besteht keine Beschlusskompetenz zur Verpflichtung Dritter, d.h. nicht zur
Gemeinschaft gehörender Personen – etwa des Verwalters, des
Hausmeisterdienstes und sonstiger Dienstleister und Versorger.
Bis auf gesetzlich bestimmte Ausnahmefälle – etwa Pflicht zur Leistung von
Hausgeldern, Nachzahlungsbeträgen und Sonderumlagen – besteht auch
keine Beschlusskompetenz zur Verpflichtung der Mitglieder der
Gemeinschaft, d.h. der Wohnungseigentümer, z.B. zur Zahlung von
Mahngebühren etc.
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Nichtigkeit von Dritte verpflichtenden Beschlüssen
Ich darf hier
parken!
Eigentümerin aus Nachbargemeinschaft
In dem zu einer Eigentümergemeinschaft
gehörenden Parkhaus sind bestimmte
Stellplätze Eigentümern aus einer
Nachbargemeinschaft
zugewiesen,
welche dies voll berechtigt nutzen
können.
In einer Eigentümerversammlung hat der
Verwalter nun über einen Beschluss
abstimmen
lassen,
wonach
den
Nutzungsberechtigten, welche Mitglieder
der Nachbargemeinschaft sind, anteilig
nach Kopfschlüssel die Kosten der
notwendigen Instandsetzungsmaßnahme
mit auferlegt werden.
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Nichtigkeit von Dritte verpflichtenden Beschlüssen
Ein in einer Eigentümerversammlung gefasster Beschluss durch
den dritten, nicht zur Eigentümergemeinschaft gehörenden
Personen, Pflichten auferlegt werden (hier Eigentümern einer
Nachbargemeinschaft), ist auf eine Beschlussanfechtung hin
nicht nur für ungültig zu erklären. Er ist darüber hinaus auch
nichtig.
Amtsgericht Erfurt - Hinweis v. 22.05.2014
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Wie kann das Problem gelöst werden, d.h. wie können
Dritte verpflichtet werden?
Zwischen der Eigentümergemeinschaft und den
Vereinbarungen, also Verträge, geschlossen werden.
Dritten
können
D.h. die Eigentümergemeinschaft, beispielsweise vertreten durch den
Verwalter, schließt mit der Nachbargemeinschaft, zu denen die
nutzungsberechtigten Eigentümer an den besagten Stellplätzen gehören,
ebenfalls vertreten durch deren Verwalter, eine entsprechende Vereinbarung
zur Instandsetzung.
Zuvor müssen in den beiden Eigentümerversammlungen aber einfache
Mehrheitsbeschlüsse im Hinblick auf die Vereinbarungsinhalte und die
Bevollmächtigung der jeweiligen Verwalter zum Abschluss der Vereinbarung
mit der jeweiligen Nachbargemeinschaft gefasst werden.
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Nichtigkeit von Beschlüssen
Anfechtungsprozess
zur
Berufung
im
Dem Berufungsverfahren vorausgegangen war ein Anfechtungsprozess, in dem der
angefochtene Beschluss für
ungültig erklärt wurde.
Die Verwaltung ließ nun in einer
Eigentümerversammlung
darüber abstimmen, ob gegen
das Urteil Berufung eingelegt
werden soll.
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EXKURS: Prozessformen
Prozess
zwischen
einer
Eigentümergemeinschaft und
Mitgliedern der Gemeinschaft
(Wohnungseigentümer) bzw.
Dritten.
Gemeinschaft
Dritter
Anfechtungsprozess zwischen
Mitgliedern der Eigentümergemeinschaft.
Gemeinschaft
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Nichtigkeit von Beschlüssen
Anfechtungsprozess
zur
Berufung
im
Amtsgericht Erfurt - 2 C (WEG) 46/12:
Ein in einer Eigentümerversammlung gefasster Beschluss, wonach gegen ein
Urteil, ausweislich dessen ein Beschluss für ungültig erklärt wurde,
Berufung eingelegt werden soll ist nichtig.
Das AG Erfurt hat entsprechend unserer Auffassung entschieden, dass der
Beschluss über die Berufungseinlegung nichtig ist, da der Eigentümergemeinschaft diesbezüglich keine Beschlusskompetenz zur Seite steht.
Parteien im Anfechtungsverfahren sind nämlich die einzelnen Wohnungseigentümer - keinesfalls jedoch die Eigentümergemeinschaft selbst.
Deshalb kann der Gemeinschaft auch keine Beschlusskompetenz
diesbezüglich zufallen.
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Veränderte Kostenverteilung bei der Legionellenprüfung
Die Eigentümergemeinschaft
hatte eine Umlegung der
laufenden Kosten der Legionellenprüfung (nach der
Trinkwasserverordnung)
nur
auf die Eigentümer, die ihre
Wohnungen vermieten, beschlossen.
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Veränderte Kostenverteilung bei der Legionellenprüfung
Amtsgericht Heilbad Heiligenstadt - 3 C 331/13:
Eine Änderung der Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums ist
gemäß § 16 Abs. 3 WEG möglich, soweit dies ordnungsgemäßer Verwaltung
entspricht.
Eine Umlegung der laufenden Kosten der Legionellenprüfung (Trinkwasserverordnung) nur auf die Eigentümer, die ihre Wohnungen vermieten,
ist systemwidrig, nicht sachgerecht, umpraktikabel und entspricht
demzufolge nicht dem Prinzip ordnungsgemäßer Verwaltung.
Darüber hinaus stellen auch nicht alle Maßnahmen im Zusammenhang mit
der Trinkwasserverordnung Betriebs- und Verwaltungskosten gemäß § 16
Abs. 3 WEG dar.
Etwa bei der Installation von Probeentnahmestellen handelt es sich um
Instand-setzungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen, wo eine veränderte
Kostenverteilung nur im Einzelfall nach Maßgabe des § 16 Abs. 4 WEG
erfolgen könnte.
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EXKURS: Möglichkeiten der veränderte
verteilung nach § 16 Abs. 3 u. 4 WEG
Kosten-
(2) Jeder Wohnungseigentümer ist den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet,
die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung,
Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des
gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen.
(3) Die Wohnungseigentümer können abweichend von Absatz 2 durch Stimmenmehrheit
beschließen, dass die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des
Sondereigentums im Sinne des § 556 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die nicht
unmittelbar gegenüber Dritten abgerechnet werden, und die Kosten der Verwaltung nach
Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder nach einem anderen Maßstab
verteilt werden, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.
(4) Die Wohnungseigentümer können im Einzelfall zur Instandhaltung oder Instandsetzung im
Sinne des § 21 Abs. 5 Nr. 2 oder zu baulichen Veränderungen oder Aufwendungen im Sinne des
§ 22 Abs. 1 und 2 durch Beschluss die Kostenverteilung abweichend von Absatz 2 regeln, wenn
der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die
Wohnungseigentümer Rechnung trägt. Der Beschluss zur Regelung der Kostenverteilung nach
Satz 1 bedarf einer Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer
im Sinne des § 25 Abs. 2 und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile.
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Errichtung
einer
Mobilfunkanlage
Veränderung
als
bauliche
Die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft
fassten
mehrheitlich den Beschluss, einem
Unternehmen die Aufstellung und den
Betrieb einer Mobilfunkanlage auf
dem Fahrstuhldach der Wohnungseigentumsanlage zu gestatten.
Die Klägerin - ebenfalls Mitglied der
Wohnungseigentümergemeinschaft war damit nicht einverstanden.
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Errichtung
einer
Mobilfunkanlage
Veränderung
als
bauliche
Der u.a. für Wohnungseigentumssachen zuständige V. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat nun entschieden, dass auf der Grundlage des
allgemeinkundigen wissenschaftlichen Streits um die von Mobilfunksendeanlagen ausgehenden Gefahren und der daraus resultierenden
Befürchtungen zumindest die ernsthafte Möglichkeit einer Minderung des
Miet- oder Verkaufswerts von Eigentumswohnungen besteht.
Dies stellt eine Beeinträchtigung dar, die ein verständiger Wohnungseigentümer nicht zustimmungslos hinnehmen muss (§ 22 Abs. 1 i.V.m. §
14 Nr. 1 WEG).
Die Errichtung einer Mobilfunksendeanlage bedarf somit der Zustimmung
aller Wohnungseigentümer.
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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