rep-ss2014_09 - Universität Innsbruck
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Vertiefung Unternehmenssteuerrecht
Mag. Richard Wachter
Gegründet im Jahr 1669, ist die Universität Innsbruck heute mit mehr als 28.000 Studierenden und über 4.000 Mitarbeitenden die größte und
wichtigste Forschungs- und Bildungseinrichtung in Westösterreich. Alle weiteren Informationen finden Sie im Internet unter: www.uibk.ac.at.
Programm am 28.05.2014
• Grenzüberschreitende Einbringungen
• ins Unionsgebiet
• ins Drittstaatsgebiet
• Unionsrechtsrechtliche Implikationen
• §16 Abs 3 Z 1 UmgrStG – Option zur Tauschregel
Grenzüberschreitende
Einbringungen
Ausgangsfall I
An einer gewerblich tätigen GmbH & Co KG mit Sitz, Geschäftsleitung
und Betriebstätte in Kufstein (§23 EStG) sind sechs Kommanditisten je
zu 10% (Fixkapital) am Vermögen und Erfolg der KG beteiligt.
Das steuerliche Eigenkapital beträgt 100 Mio. Der Unternehmenswert
beträgt auf Grund von stillen Reserven und Firmenwert 500 Mio.
Die in Österreich ansässige Komplementär-GmbH (Sitz und Geschäftsleitung in Kufstein) hält einen Anteil von 40% am Fixkapital der KG.
Die sechs Kommanditisten sind drei natürliche Personen und drei
Kapitalgesellschaften (GmbH) jeweils ansässig in:
•Österreich
•Deutschland
•Schweiz
Ausgangsfall II
Auf Grund bester Zukunftsaussichten ist ein Börsengang geplant:
I. Schritt: Einbringung der MU-Anteile in die Komplementär-GmbH
•Einbringung aller MU-Anteile führt zur Anteilsanwachsung nach§142 UGB
•= Untergang der KG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge
•Sofern das KG-Vermögen Grundstücke enthält GrESt und EG von begünstigter BMGl
II. Schritt: Umwandlung der GmbH in eine AG
III. Schritt: Börsengang
Frage: Ist eine ertragsteuerneutrale Buchwerteinbringung iVm
der Einbringung der MU-Anteile in die Komplementär-GmbH
möglich?
Ansässigkeit in Österreich
• Einbringung zu Buchwerten
§16 Abs 1 UmgrStG: sowohl für natürliche als auch juristische Personen
• Ebene der übernehmenden Körperschaft
§18 Abs 1 Z 1 UmgrStG: Ansatz der Buchwerte für das eingebrachte Vermögen
• Ebene der einbringenden Gesellschafter
§20 Abs 4 UmgrStG: Zuschreibung des Einbringungskapitals laut steuerlicher
Einbringungsbilanz zu den AK der Anteile an der übernehmenden
Körperschaft
• „Verdoppelung der stillen Reserven bzw der Steuerhängigkeit“
BWF macht die stillen Reserven auf beiden Ebenen steuerhängig
Veräußert die übernehmende GmbH einen eingebrachten Kommanditanteil
zB 10% um 50 Mio 40 Mio stille Reserven sind zu versteuern (50 – 10 = 40)
Veräußert der einbringende Gesellschafter seinen GmbH-Anteil
Annahme der Beteiligungsidentität: 10% um 50 Mio 40 Mio stille Reserven sind zu versteuern
• Einmalerfassung bleibt gewahrt
Ansässigkeit in Deutschland I
(Natürliche Personen)
• Vor Unionsbeitritt
Tauschregel grenzüberschreitende Einbringung = Besteuerung stiller Reserven
• Nach Unionsbeitritt – Auffassung Wiesner (BMF alt)
Differenzierung:
Unionsbürger: Buchwerteinbringung aufgrund von Diskriminierungs- und Beschränkungsverboten
Drittstaatsansässige: Teilwerte sind anzusetzen = Tauschregel
• Nach Unionsbeitritt – Auffassung Mayr (BMF neu)
Differenzierung auf zwei Ebenen:
Unionsbürger:
o Ebene der übernehmenden Körperschaft Buchwerteinbringung
o Ebene der einbringenden Gesellschafter Tauschregel
Drittstaatsansässige: Tauschregel
• Nach Unionsbeitritt – Auffassung Beiser
Buchwerteinbringung für alle! (Begründung: Kapitalverkehrsfreiheit)
Ansässigkeit in Deutschland II
(Natürliche Personen)
• Auffassung Mayr (BMF neu)
Vor Einbringung: Österreich hat das Besteuerungsrecht an den MUAnteilen
Grund: Betriebstättenregel gemäß Art 7 DBA/D
MU-Anteil: Durchgriffsprinzip Mitunternehmer hat aliquoten Anteil am Betriebsvermögen
Besteuerung nach§24 iVm§33 EStG (50%) bzw§24 iVm§27a,§30a oder§37 Abs 5 EStG!!!
Bei Einbringung: Österreich verliert das Besteuerungsrecht auf
Gesellschafterebene
Österreich verliert im Ausgangsfall das Besteuerungsrecht gemäß Art 13 DBA/D
Deutschland gewinnt im Ausgangsfall das Besteuerungsrecht gemäß Art 13 DBA/D
Art 13 DBA/D: Ansässigkeitsstaat hat das Besteuerungsrecht auf Veräußerungen von
Kapitalgesellschaftsanteilen aus dem PV!
Rechtsfolgen
Ebene der übernehmenden Körperschaft: Buchwerteinbringung
Ebene des einbringenden Gesellschafters: Tauschregel nach§6 Z 14 EStG
Begründung:§16 Abs 2 Z 1 verweist auf Abs 1 und dieser auf§1 Abs 2 UmgrStG
Gewinnrealisierung mit Antrag auf Besteuerungsaufschub bis zur tatsächlichen Veräußerung
Steuersatz: 25% linear für die Anteilsveräußerung an der GmbH!!!
Ansässigkeit in Deutschland III
(Natürliche Personen)
• Auffassung Beiser I
Buchwerteinbringung auf beiden Ebenen
§16 Abs 2 Z 1 iVm Abs 1 UmgrStG
Begründung: Besteuerungsrecht bleibt auf Ebene der übernehmenden Körperschaft gewahrt
Betriebsvermögen der KG bleibt in der AUT-GmbH
Kombination von Gewinnrealisierung auf Gesellschafterebene und BWF
auf Ebene der übernehmenden Körperschaft gesetzlich nicht gedeckt
Vergleich den Wortlaut des§16 Abs 2 Z 1 und§1 Abs 2 UmgrStG!!!
Verstoß gegen Art 18 B-VG
BWF auf beiden Ebenen = Wahrung einer konsistenten Einmalerfassung
Symmetrie bei übernehmenden Körperschaft (§18 UmgrStG), beim einbringenden
Gesellschafter (§20 UmgrStG) und im Evidenzkonto (§4 Abs 12 EStG)
Ansässigkeit in Deutschland IV
(Natürliche Personen)
• Auffassung Beiser II
Gewinnrealisierung nach§6 Z 14 EStG auf Ebene des Gesellschafters löst
im Umkehrschluss eine Aufwertung des Vermögens in der EB-Bilanz aus
Wahrung der Einmalerfassung:
o Aufwertung der steuerlichen Buchwerte der übernehmenden Körperschaft
o Aufwertung der AK auf Ebene des Gesellschafters
o Erhöhung des Einlagenstandes nach§4 Abs 12 EStG
Exzessive Steuerbelastung nach der Rechtsmeinung des BMF
Veräußerung der Anteile zB 2 Jahre nach Einbringung idR 50% (nicht 25%), da
Österreich zum Einbringungszeitpunkt nach§24 iVm§33 EStG festsetzen muss
(=Besteuerungsaufschub für MU-Anteile – nicht GmbH-Anteile denn hier liegt
Besteuerungsrecht nach DBA bei Deutschland) – Ausnahme:§27a,§30a,§37 Abs 5 EStG
Veräußerung des KG-Anteils zB 3 Jahre nach Einbringung durch GmbH 25% KöSt
und im Ausschüttungsfall 25% KESt = 43,75% auf die stillen Reserven (Grund: BWF auf
Ebene der übernehmenden Körperschaft)
Gesamtsteuerbelastung: 93,75%!!!
Durch die Rechtsmeinung des BMF kommt es zur Verfehlung einer konsistenten
Einmalerfassung hinsichtlich der Besteuerung der stillen Reserven! (Doppelbesteuerung)
Ansässigkeit in Deutschland V
(Kapitalgesellschaften)
• Buchwerteinbringung
• BMF lässt in diesem Fall eine Buchwerteinbringung auf
beiden Ebenen zu!
• Ungleichbehandlung auf der Ebene der einbringenden
Gesellschafter durch Rechtsmeinung des BMF
Natürliche Personen: Tauschregel nach§16 Abs 2 Z 1 iVm Abs 1
iVm§1 Abs 2 UmgrStG iVm§6 Z 14 EStG
Juristische Personen: Buchwerteinbringung nach§16 Abs 2 Z 1 iVm
Abs 1 UmgrStG
Ergebnis: BMF-Lösung stellt Unionsbürger schlechter
als im
Inland und im Drittstaat ansässige Bürger!!!
Sachliche Rechtfertigung?
Ansässigkeit in der Schweiz
• Einbringung zu Teilwerten (Tauschregel)
§16 Abs 2 Z 2 UmgrStG iVm§6 Z 14 EStG
sowohl für natürliche als auch juristische Personen (=Gleichbehandlung)
• Ebene der übernehmenden Körperschaft
Ansatz der Teilwerte für das eingebrachte Vermögen = Erhöhung des steuerlichen
Einbringungskapitals
• Ebene der einbringenden Gesellschafter
Erhöhung der AK und des Einlagenstandes nach§4 Abs 12 EStG
Eine konsistente Einmalerfassung bleibt gewahrt!
Zwischenfazit
• Inlandssachverhalt
BW-Einbringung nach§16 Abs 1 iVm§18 und§20 UmgrStG
Einmalerfassung auf beiden Ebenen gesichert
für natürliche und juristische Personen gleichermaßen
• Drittstaatssachverhalt
Tauschregel nach§16 Abs 2 Z 2 UmgrStG iVm§6 Z 14 EStG
Einmalerfassung auf beiden Ebenen gesichert
für natürliche und juristische Personen gleichermaßen
• Unionssachverhalt
Beiser/Wiesner BW-Einbringung nach§16 Abs 2 Z 1 und§16 Abs 1 UmgrStG
Einmalerfassung auf beiden Ebenen gesichert
für natürliche und juristische Personen gleichermaßen
Mayr/BMF/Gesetzesmaterialien AbgÄG 2010 Gewinnrealisierung mit Antrag auf
Besteuerungsaufschub nach§16 Abs 2 Z 1 iVm§1 Abs 2 UmgrStG
Einmalerfassung durchbrochen
Ungleichbehandlung in der Person des einbringenden Gesellschafters
Unionsrechtsrechtliche
Implikationen
Unionsrecht I
• Steuerautonomie der Mitgliedstaaten
verschiedene BMGl, Tarife, Befreiungen etc zulässig
Grundfreiheiten schränken Steuerautonomie ein
Beschränkungs- und Diskriminierungsverbot hinsichtlich des grenzüberschreitenden
Wirtschaftsverkehrs
Abgabennormen dürfen Unionsbürger weder offen noch verdeckt benachteiligen
• Freiheit des Kapitalverkehrs
Geltung gegenüber Drittstaaten
EuGH Rs DMC: Einbringung von Kommanditanteilen betrifft Kapitalverkehr
Begründung: Art III UmgrStG stellt weder auf die Höhe des eingebrachten Kommanditanteils noch auf
die Höhe der dafür gewährten Anteile an der übernehmenden Körperschaft ab
• Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis
Kann ein Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung der Unionsbürger sein.
Gewinnrealisierung (Tauschregel) zulässig, sofern durch Einbringung
Besteuerungsrechte entzogen werden!
EuGH: Feststellung durch nationalen Gerichte
Unionsrecht II
• Besteuerungsrecht auf Ebene der übernehmenden
Körperschaft
Besteuerungsrecht bleibt voll aufrecht GmbH in AUT ansässig
stille Reserven aus dem zu Buchwerten eingebrachten Vermögen mit KöSt und KESt
erfasst
Besteuerungsrecht wird durch die Einbringung nicht entzogen!
• Besteuerungsrecht auf Ebene der einbringenden
Gesellschafter
Besteuerungsrecht für Anteilsveräußerungen aus dem PV Ansässigkeitsstaat
Art 13 DBA AUT/D und AUT/CH
Österreich verliert das Besteuerungsrecht
Deutschland und die Schweiz gewinnen das Besteuerungsrecht
Ausfluss aus der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse in den DBA
freie Vereinbarung in völkerrechtlichen Verträgen
Unionsrecht III
• Muss das Besteuerungsrecht auf beiden Ebenen aufrecht bleiben?
Frage an den EuGH: Ist die Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsrechte durch die
Einbringung verletzt worden (und damit eine Ungleichbehandlung zulässig oder nicht)?
Beiser: Anwendung der Tauschregel auf Ebene der einbringenden Gesellschafter sachlich
nicht gerechtfertigt!
Grund: MS können die Aufteilung der Besteuerungsrechte frei vereinbaren.
Ausfluss aus der Gestaltungsautonomie
Steuerautonomie muss Grundfreiheiten und Diskriminierungsverbote achten
Tausch von Besteuerungsrechten in DBA frei vereinbart = Wahrung der Aufteilung
Einmal verliert Österreich und im umgekehrten Fall gewinnt Österreich
Folge: Entweder die Aufteilung neu vereinbaren oder der vereinbarten Aufteilung folge leisten und die
Besteuerungsrechte tauschen!
Selbstbeschränkung der Ertragsteuerbefugnis durch DBA nicht durch Sofortbesteuerung
verletzen „Pacta sunt servanda“
Antwort des EuGH noch offen: sofern keine Verletzung der Aufteilung der
Besteuerungsrechte erachtet wird Gleichbehandlung gefordert Buchwerteinbringung
für Unionsbürger und für Drittstaatsangehörige (Kapitalverkehrsfreiheit)
Option zur Tauschregel
§16 Abs 3 Z 1 UmgrStG
Option zur Tauschregel
• Bezugnahme auf Unionsansässige
zB Kommanditist ist in UK ansässig
Welteinkommensbesteuerung in UK mit Anrechnungsmethode
UK sieht bei Einbringungen Tauschregel vor
Daraus folgt: Österreich gewährt zwar Buchwerteinbringung, aber in UK muss
aufgewertet werden!
Folge: Doppelbesteuerung
Steuern auf Gewinne aus Österreich werden in UK auf die Gewinnbesteuerung angerechnet
Anrechnung = 0, da in Österreich BWF greift
Späterer Verkauf des KG-Anteils aus der GmbH = erneute Besteuerung der stillen Reserven
Deshalb Option zur Tauschregel
Tauschregel ist günstiger als kumulative Steuerbelastung aus UK-Besteuerung und 43,75%
bei der veräußernden GmbH
Kein Diskriminierungsfall
UK wendet die Tauschregel auf In- und Ausland gleichermaßen an!
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit