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Vorlesung Steuerverwaltungsrecht
Dienstag, den 21. Mai 2013
I.
Das Bankgeheimnis
II. Die Außenprüfung
III. Entscheidung unter Ungewissheit
IV. Steuergeheimnis
V. Besteuerung und Datenverarbeitung
Befugnisse der Finanzbehörden
• Befugnisgeneralklausel: § 93 I (Auskunftspflicht) und II (VABefugnis zu deren Durchsetzung) AO; Heranziehung Dritter
(etwa Banken) nur subsidiär, § 93 I 3 AO
• Vorlage von Urkunden und Gegenständen, Betreten von
Grundstücken, §§ 97 – 100 AO
• Buchführung und Aufzeichnung, §§ 140 – 148 AO (s. § 147 VI
AO)
• Durchsetzung von Steuererklärungspflichten gem. §§ 149 –
153 AO
• Keine Eingriffsbefugnisse im engeren Sinne geben die §§ 159
und 160 AO
Fachbereich, Titel, Datum
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Bankgeheimnis
• Rechtsgrundlage seit 1988 § 30a AO; zur Verknüpfung mit §
93 s. § 30a V 1 AO.
• Grundgedanke: Vertrauensverhältnis, in das nur aus
konkretem Anlass eingegriffen werden darf (Abs. 1)
• Keine allgemeine Kontoüberwachung (Abs. 2 und 4)
• Keine Kontrollmitteilungen bei Außenprüfung in der Bank
(Abs. 3 als Einschränkung von § 194 III AO;
verfassungskonforme Auslegung im Licht von Art. 3 I GG)
• Verfassungsrechtlicher Hintergrund: Konflikt von Art. 2 I und
Art. 3 I GG
• Abfrage von Kontenstammdaten; dazu BVerfGE 118, 168
Fachbereich, Titel, Datum
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Außenprüfung
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•
•
•
Zweck
Zulässigkeitsvoraussetzungen
Prüfungsanordnung (als Ermessensentscheidung)
Prüfungsablauf
Schlussbesprechung
Fachbereich, Titel, Datum
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Außenprüfung
• Rechtsgrundlage: §§ 193 – 203 AO, BetrPrO
• Zweck: § 199 I AO, keine bloße Augenscheinsnahme
• Kreis betroffener Steuerpflichtiger: § 193 AO, Besonderheiten
in Abs. 1 Sätze 3 und 4 und Abs. 2
• Prüfung nicht an Amtsstelle, sondern typischerweise beim
Steuerpflichtigen, Mitwirkung § 200 Abs. 1, 2 AO, Zugang zu
EDV-Systemen § 147 Abs. 6 AO. Grundrechtseingriff: § 413
AO.
• Prüfungsanordnung, § 196 AO. Verwaltungsakt, Rechtsmittel
haben grds. keine aufschiebende Wirkung
• Schlussbesprechung, Prüfungsbericht, §§ 201, 202 AO
• Osnabrücker Modell: begleitende Außenprüfung
Fachbereich, Titel, Datum
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Steuerfahndung, Steueraufsicht
• Doppelnatur der Steuerfahndung, § 208 I 1 AO
• Strafverfolgungsbehörde, Finanzbehörde
• Steueraufsicht: laufende Kontrolle von Betrieben, die
verbrauchsteuerpflichtige Tatbestände erfüllen
• Umsatzsteuernachschau, § 27b UStG
Fachbereich, Titel, Datum
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Entscheidung unter Ungewissheit
• Grundsatz: Die Finanzbehörde trägt objektive Beweislast für
steuerbegründende, der Steuerpflichtige trägt die objektive
Beweislast für steuersenkende Tatsachen.
• Vermutung für die inhaltliche Richtigkeit einer ordnungsgemäßen Buchführung / ordnungsgemäßer Aufzeichnungen, §
158 AO
• Nachweispflicht für Treuhandschaft, § 159 AO
• Benennungsverlangen, § 160 AO
Fachbereich, Titel, Datum
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Schätzung I
• Grundgedanke: Wenn der Steuerpflichtige Mitwirkungspflichten verletzt, muss die Finanzbehörde nicht kompensatorisch
mehr tun; vielmehr erhält die Finanzbehörde die Befugnis zur
Schätzung
• Die Schätzung kommt in Betracht: (1) wenn der Steuerpflichtige Mitwirkungspflichten nicht erfüllt, (2) wenn ein
Sachverhalt ohne Verschulden von Finanzbehörde und
Beteiligten unaufklärbar ist, (3) wenn die Aufklärung für
Finanzbehörde und Beteiligte einen unzumutbaren Aufwand
bedeutete.
• Die Schätzung ist eine besondere Art der Sachverhaltsaufklärung im Wege freier Beweiswürdigung, bei der der Grad der
Senkung der Beweisanforderungen sich nach dem konkreten
Schätzungsanlass richtet.
• Schätzungsmethoden wie Fremdvergleichsgrundsatz,
Schätzungszuschlag gemäß § 162 IV AO
Fachbereich, Titel, Datum
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Schätzung II
• § 173 I Nr. 2 AO (ohne den dortigen Satz 2)
• § 96 I FGO
Fachbereich, Titel, Datum
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Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der
Nachprüfung
Rechtsnatur: Nebenbestimmung zum Steuerbescheid
Voraussetzung: Steuerfall ist nicht abschließend geprüft,
Ermessen, keine Begründung
Umfang: ganzer Steuerfall, nicht nur einzelne Punkte
Rechtsfolge: umfassende Aufheb- und Änderbarkeit des
Steuerbescheids, auch zur Korrektur evtl. Rechtsfehler (§ 164
II 1 AO), Korrekturanspruch des Steuerpflichtigen (§ 164 II 2,
3 AO)
Aufhebung: jederzeit, nach Außenprüfung Aufhebungspflicht
Fachbereich, Titel, Datum
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Vorläufige Steuerfestsetzung
• Rechtsnatur: Nebenbestimmung zum Steuerbescheid
• Voraussetzungen: nicht ausräumbare tatsächliche
Ungewissheit (Satz 1), rechtliche Ungewissheit (Satz 2, dort 4
Ziffern, DBA, höchstrichterliche Entscheidung), Ermessen,
Begründung
• Umfang: nur im Umfang der Ungewissheit (§ 165 I 3 AO)
• Rechtsfolge: Aufheb- und Änderbarkeit des Steuerbescheids,
aber nur im Umfang der Vorläufigkeit
• Aufhebung: zwingend nach Wegfall der Ungewissheit (§ 165
III AO)
• Verhältnis § 164 zu § 165 AO: kombinierbar
Fachbereich, Titel, Datum
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Steuergeheimnis I
• Rechtsgrundlage: § 30 AO (Vergleich mit § 30 VwVfG),
strafbewehrt gemäß § 355 StGB
• Verpflichtete: Amtsträger, §§ 30 I, 7 AO, gleichgestellte
Personen, § 30 III AO
• Gegenstand: fremde Verhältnisse, § 30 II Nr. 1 AO, fremde
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, § 30 II Nr. 2 AO, jeweils
unabhängig von steuerlicher Relevanz
• Verletzungshandlungen: Offenbaren, Verwerten und
Abrufen im automatisierten Verfahren. Offenbaren ist jede
Weitergabe geschützter Daten an Dritten, auch an andere
Behörden, auch innerhalb der Finanzverwaltung, § 30 IV AO
• Ausnahmen bei Offenbarung – Abs. 5 - und Abruf – Abs.
6: Offenbarungsgründe sind Erforderlichkeit für die
Durchführung eines Besteuerungsverfahrens (Nr. 1),
gesetzliche Zulassung (Nr. 2, z.B. § 31 AO), Zustimmung des
Steuerpflichtigen (Nr. 3), Durchführung eines Strafverfahrens,
Fachbereich, Titel, Datum
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Steuergeheimnis II
das kein Steuerstrafverfahren ist, unter weiteren einschränkenden Voraussetzungen (Nr. 4), zwingende öffentliche
Interessen (Nr. 5, mit Regelbeispielen)
• Fall 1 (BVerwGE 65, 1): S hat einen Dachdeckerbetrieb mit
mehreren Mitarbeitern. Aufgrund der Insolvenz eines
Großkunden gerät S selbst in Zahlungsschwierigkeiten. Seit
März 2010 hat er deshalb für seine Mitarbeiter keine
Lohnsteuern mehr an das Finanzamt abgeführt. Die einbehaltenen Beträge verwendet S vielmehr, um eine eigene
Insolvenz abzuwehren. Der Lohnsteuerrückstand für 2010
beläuft sich schließlich auf ca. 200.000 Euro. Hiervon erhält
die zuständige Gewerbeaufsichtsbehörde im Januar 2011
durch eine Mitteilung des Finanzamts Kenntnis. Diese Behörde
untersagt dem S darum im März 2011 in einem auf § 35
GewO gestützten Bescheid die weitere Ausübung des
Dachdeckergewerbes. Ist der Bescheid rechtmäßig?
Fachbereich, Titel, Datum
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Steuergeheimnis III
• Fall 2 (BVerfG NJW 2008, 3489): Um einem Steuerstrafverfahren zuvorzukommen, erstattet ein beamteter Lehrer
Selbstanzeige. Er gibt an, aus Kapitalvermögen und aus einer
Tätigkeit als Testamentsvollstrecker Einkünfte in Höhe von ca.
600.000 Euro erzielt und nicht deklariert zu haben. Das
Finanzamt teilt dies dem Dienstherrn des Lehrers mit, der
daraufhin ein förmliches Disziplinarverfahren einleitet, das mit
einer Degradierung um eine Rangstufe durch Urteil des
letztinstanzlichen Disziplinargerichts endet. Hiergegen richtet
sich die Verfassungsbeschwerde des Lehrers.
Fachbereich, Titel, Datum
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Datenverarbeitung und Besteuerungsverfahren
• Elektronische Steuererklärung
• Abruf von Kontostammdaten
• Datenzugriff im Rahmen einer Außenprüfung
Fachbereich, Titel, Datum
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Elektronische Steuererklärung (ELSTER)
• seit 1999
• Vereinfachung der Abgabe der Steuererklärung, Plausibilitätskontrolle, Abweichung Steuererklärung ./. Steuerbescheid,
keine manuelle Eingabe durch Finanzbeamte, Abgleich mit
Daten aus Vorjahren
• in den Bereichen Lohn- und Umsatzsteuer gesetzlich
verpflichtend, Ende der Lohnsteuerkarte „alter Art“
• Rechtsgrundlage: § 150 AO, insb. Abs. 6. Problem:
Unterschrift. Mögliche Problemlösung: elektronische Signatur
(§ 87a III 2 AO). Zu kompliziert, darum „anderes sicheres
Verfahren“ (§ 87a VI AO)
Fachbereich, Titel, Datum
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Kontenabruf
• Rechtsgrundlage: § 93 VII / VIII AO, § 24c III KredWG
• Eingeführt 2005 als Reaktion auf die massive Steuerhinterziehung Ende der 1990er Jahre; seit 2009 – Einführung der
Abgeltungsteuer – von geringerer Bedeutung
• Zweck: Schaffung der Grundlage für ein Auskunftsbegehren
gemäß § 93 I 3 AO
• Kontostammdaten: Kontonummer, Tag der Errichtung bzw.
Auflösung, Name des Kontoinhabers
• Voraussetzungen: Erforderlichkeit zur Festsetzung oder
Erhebung von Steuern, Subsidiarität im Verhältnis zu einem
Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen
• Anwendungsbereich: hauptsächlich in der Vollstreckung
• Rechtsschutz: vorbeugende Unterlassungsklage bzw.
Feststellungsklage
Fachbereich, Titel, Datum
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Digitale Außenprüfung
• § 147 VI AO: Drei Formen, unmittelbarer Datenzugriff,
mittelbarer Datenzugriff (Auswertung durch den St.Pfl.),
Datenträger-überlassung
• Übergang von papiergestützter zu digital papierloser
Buchführung soll von den Finanzbehörden nachvollzogen
werden können.
Fachbereich, Titel, Datum
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