Transcript Folie 8
Vorlesung Steuerverwaltungsrecht Dienstag, den 28. Mai 2013 I. Steuergeheimnis II. Besteuerung und Datenverarbeitung Steuergeheimnis I • Rechtsgrundlage: § 30 AO (Vergleich mit § 30 VwVfG), strafbewehrt gemäß § 355 StGB • Verpflichtete: Amtsträger, §§ 30 I, 7 AO, gleichgestellte Personen, § 30 III AO • Gegenstand: fremde Verhältnisse, § 30 II Nr. 1 AO, fremde Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, § 30 II Nr. 2 AO, jeweils unabhängig von steuerlicher Relevanz • Verletzungshandlungen: Offenbaren, Verwerten und Abrufen im automatisierten Verfahren. Offenbaren ist jede Weitergabe geschützter Daten an Dritten, auch an andere Behörden, auch innerhalb der Finanzverwaltung, § 30 IV AO • Ausnahmen bei Offenbarung – Abs. 5 - und Abruf – Abs. 6: Offenbarungsgründe sind Erforderlichkeit für die Durchführung eines Besteuerungsverfahrens (Nr. 1), gesetzliche Zulassung (Nr. 2, z.B. § 31 AO), Zustimmung des Steuerpflichtigen (Nr. 3), Durchführung eines Strafverfahrens, Fachbereich, Titel, Datum 2 Steuergeheimnis II das kein Steuerstrafverfahren ist, unter weiteren einschränkenden Voraussetzungen (Nr. 4), zwingende öffentliche Interessen (Nr. 5, mit Regelbeispielen) • Fall 1 (BVerwGE 65, 1): S hat einen Dachdeckerbetrieb mit mehreren Mitarbeitern. Aufgrund der Insolvenz eines Großkunden gerät S selbst in Zahlungsschwierigkeiten. Seit März 2010 hat er deshalb für seine Mitarbeiter keine Lohnsteuern mehr an das Finanzamt abgeführt. Die einbehaltenen Beträge verwendet S vielmehr, um eine eigene Insolvenz abzuwehren. Der Lohnsteuerrückstand für 2010 beläuft sich schließlich auf ca. 200.000 Euro. Hiervon erhält die zuständige Gewerbeaufsichtsbehörde im Januar 2011 durch eine Mitteilung des Finanzamts Kenntnis. Diese Behörde untersagt dem S darum im März 2011 in einem auf § 35 GewO gestützten Bescheid die weitere Ausübung des Dachdeckergewerbes. Ist der Bescheid rechtmäßig? Fachbereich, Titel, Datum 3 Steuergeheimnis III • Fall 2 (BVerfG NJW 2008, 3489): Um einem Steuerstrafverfahren zuvorzukommen, erstattet ein beamteter Lehrer Selbstanzeige. Er gibt an, aus Kapitalvermögen und aus einer Tätigkeit als Testamentsvollstrecker Einkünfte in Höhe von ca. 600.000 Euro erzielt und nicht deklariert zu haben. Das Finanzamt teilt dies dem Dienstherrn des Lehrers mit, der daraufhin ein förmliches Disziplinarverfahren einleitet, das mit einer Degradierung um eine Rangstufe durch Urteil des letztinstanzlichen Disziplinargerichts endet. Hiergegen richtet sich die Verfassungsbeschwerde des Lehrers. Fachbereich, Titel, Datum 4 Datenverarbeitung und Besteuerungsverfahren • Elektronische Steuererklärung • Abruf von Kontostammdaten • Datenzugriff im Rahmen einer Außenprüfung Fachbereich, Titel, Datum 5 Elektronische Steuererklärung (ELSTER) • seit 1999 • Vereinfachung der Abgabe der Steuererklärung, Plausibilitätskontrolle, Abweichung Steuererklärung ./. Steuerbescheid, keine manuelle Eingabe durch Finanzbeamte, Abgleich mit Daten aus Vorjahren • U.a. in den Bereichen Lohn- und Umsatzsteuer gesetzlich verpflichtend, Ende der Lohnsteuerkarte „alter Art“ • Rechtsgrundlage: § 150 AO, insb. Abs. 6. Problem: Unterschrift. Mögliche Problemlösung: elektronische Signatur (§ 87a III 2 AO). Zu kompliziert, darum „anderes sicheres Verfahren“ (§ 87a VI AO) Fachbereich, Titel, Datum 6 Kontenabruf • Rechtsgrundlage: § 93 VII / VIII AO, § 24c III KredWG • Eingeführt 2005 als Reaktion auf die massive Steuerhinterziehung Ende der 1990er Jahre; seit 2009 – Einführung der Abgeltungsteuer – von geringerer Bedeutung • Zweck: Schaffung der Grundlage für ein Auskunftsbegehren gemäß § 93 I 3 AO • Kontostammdaten: Kontonummer, Tag der Errichtung bzw. Auflösung, Name des Kontoinhabers • Voraussetzungen: Erforderlichkeit zur Festsetzung oder Erhebung von Steuern, Subsidiarität im Verhältnis zu einem Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen • Anwendungsbereich: hauptsächlich in der Vollstreckung • Rechtsschutz: vorbeugende Unterlassungsklage bzw. Feststellungsklage Fachbereich, Titel, Datum 7 Digitale Außenprüfung • § 147 VI AO: Drei Formen, unmittelbarer Datenzugriff, mittelbarer Datenzugriff (Auswertung durch den St.Pfl.), Datenträger-überlassung • Übergang von papiergestützter zu digital papierloser Buchführung soll von den Finanzbehörden nachvollzogen werden können. Fachbereich, Titel, Datum 8