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Schwerbehinderte Arbeitnehmer
Reinbek – 1. September 2011
Eingangsfall 1:
Arbeitgeber A wird zur Zahlung von Ausgleichsabgabe
herangezogen. Mitarbeiter S hat seine
Schwerbehinderung mit einem GdB von 70 bislang in
20 Jahren Betriebszugehörigkeit nicht offenbart. Erst
als er eine Kündigung erhält, gibt er die
Schwerbehinderung bekannt. A klagt gegen S auf
Schadensersatz, weil er bei vorheriger Kenntnis die
Ausgleichsabgabe nicht hätte zahlen müssen.
Mit Erfolg?
Eingangsfall 2:
Der schwerbehinderte Arbeitsnehmer S war seit 6
Monaten arbeitsunfähig erkrankt. Er legt nun einen
ärztlich bestätigten Wiedereingliederungsplan vor,
der eine stufenweise Wiedereingliederung vorsieht.
Arbeitgeber A lehnt die Beschäftigung vor
vollständiger Genesung des S als unzulässige
Teilarbeitsleistung ab. S könnte aus betrieblichen
Gründen nicht zeitweise nur anteilig eingesetzt
werden.
Wer hat Recht?
Eingangsfall 3:
Arbeitnehmer A erfährt vom Betriebsrat am 01.09.,
dass dort eine Anhörung zu seiner betriebsbedingten
Kündigung eingegangen sei. A stellt daraufhin
taggleich einen Antrag auf Anerkennung als
Schwerbehinderter. Am 12.09. wird ihm die
Kündigung zustellt. A wird später als
Schwerbehinderter mit einem GdB von 50 anerkannt.
Besteht Sonderkündigungsschutz für A?
I.
Administratives
II. Einstellungsverfahren
III. Laufendes Arbeitsverhältnis
IV. Kündigung
V. Schwerbehindertenvertretung (SBV)
I. Administratives
Schwerbehinderter Mensch ist, wer
•
seinen gewöhnlichen Aufenthalts- oder
Beschäftigungsort in Deutschland hat
•
einen Grad der Behinderung (GdB) von
mindestens 50 hat
•
einen GdB von weniger als 50 aber mindestens 30
hat und einem schwerbehinderten Menschen
gleichgestellt wurde
Antragsverfahren auf Feststellung
•
Versorgungsämter bei Schwerbehinderung
•
Agentur für Arbeit bei Gleichstellung
Gleichstellung eröffnet teilweise Rechte, die sonst nur
Schwerbehinderten vorbehalten sind
Antragsverfahren vor dem Versorgungsamt
•
begründetet Bescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung
•
auf Antrag Ausweiserteilung (für Behördennachweis)
Antragsverfahren vor der Agentur für Arbeit
•
setzt Feststellung der Schwerbehinderung mit GdB
von mindestens 30 und weniger als 50 voraus
•
wenn aufgrund der Behinderung ohne Gleichstellung
Arbeitsplatz nicht erlangt oder behalten werden
kann
•
besondere Anhaltspunkte für Benachteiligung durch
Behinderung erforderlich
Besondere Anhaltspunkte für Gleichstellungserfordernis:
•
wiederholte behinderungsbedingte Fehlzeiten
•
behinderungsbedingte verminderte Arbeitsleistung
•
dauernd verminderte Belastbarkeit
•
auf Dauer notwendige Hilfestellung durch andere
Mitarbeiter
•
eingeschränkte berufliche oder regionale Mobilität
Beschäftigungspflichtquote
•
bei durchschnittlich mehr als 20 Arbeitnehmern
•
5 % Beschäftigungspflichtquote bezogen auf zu
besetzende Arbeitsplätze
•
Auszubildendenarbeitsplätze werden nicht gezählt
•
Mehrfachanrechnung auf Pflichtquote möglich
(76 Abs. 1 SGB IX)
Ausgleichsabgabe
•
zahlbar für jeden nicht mit einem SB besetzten
Quotenarbeitsplatz
•
Staffelung nach erfüllter Quote unter 5 %
•
entfällt erst bei Erfüllung von mind. 5 %
•
hebt Beschäftigungspflicht von SB nicht auf
•
Verwendung muss gruppennützig erfolgen
Überblick über besondere Rechte Schwerbehinderter
(einschließlich Gleichgestellter)
•
besondere Einstellungs- und Beschäftigungsanreize
•
besonderer Kündigungsschutz
•
Hilfen zur Arbeitsplatzausstattung
•
Betreuung durch Fachdienste
Besondere Rechte ausschließlich für Schwerbehinderte
•
Anspruch auf Zusatzurlaub von 5 Tagen
•
unentgeltliche Beförderung
•
besondere Regelung bei der Regelaltersrente
II. Einstellungsverfahren
Gesetzliche Einstellungsanreize
•
Minderung/Wegfall der Ausgleichsabgabe
•
finanzielle Kompensationsleistungen (§ 34 SGB IX)
Verfahren bei Stellenbesetzung (§ 81 Abs. 1 SGB IX)
1.
Prüfung, ob freier AP SB-geeignet ist,
hierbei Einbeziehung von BR + SBV
2.
falls vorhanden  Kontakt mit Agentur für Arbeit
3.
Hereinnahme von Vorschlägen der AA
4.
Mitteilung der Vorschläge an BR + SBV mit
Gelegenheit zur Stellungnahme
5.
Einstellungsauswahl durch Arbeitgeber unter allen
Bewerbern
5.
Einstellungsauswahl durch Arbeitgeber unter allen
Bewerbern
•
Erörterungspflicht mit BR + SBV bei gegenteiliger
Ansicht
•
Anhörung des abgelehnten SB-Bewerbers (!)
Fragerecht nach Schwerbehinderung
•
bislang: keine Informationspflicht des Bewerbers, nur
bei wesentlichen Leistungseinschränkungen
•
Frage nach SB grundsätzlich unzulässig
(§ 81 Abs. 2 SGB IX, AGG)
•
Ausnahme: gezielte Förderung von SB
•
Frage nach allgemeinem Gesundheitszustand aber
zulässig
Eingangsfall 1:
Arbeitgeber A wird zur Zahlung von Ausgleichsabgabe
herangezogen. Mitarbeiter S hat seine
Schwerbehinderung mit einem GdB von 70 bislang in
20 Jahren Betriebszugehörigkeit nicht offenbart. Erst
als er eine Kündigung erhält, gibt er die
Schwerbehinderung bekannt. A klagt gegen S auf
Schadensersatz, weil er bei vorheriger Kenntnis die
Ausgleichsabgabe nicht hätte zahlen müssen.
Mit Erfolg?
III. Laufendes Arbeitsverhältnis
Falls schwerbehinderter Mensch nicht offenbart (freie Wahl)

keine besonderen Rechte
Hilfen bei Arbeitsplatzausstattung
•
finanziert aus Ausgleichsabgabe (§ 77 SGB IX)
•
korrespondiert mit Anspruch auf Schaffung
behindertengerechter Arbeitsplatzsituation
Schaffung behindertengerechter Arbeitsplatzsituation
•
Pflicht und Anspruch (§ 81 Abs. 4 SGB IX)
•
betrifft Anlagen, Maschinen, Geräte, Arbeitsplätze,
Umfeld, Organisation, Arbeitszeit, bevorzugte
Parkplätze, Nachtarbeit, technische Arbeitshilfen
•
ist klagbar
•
kann erhebliche Kostenlast nach sich ziehen
•
Zumutbarkeitsgrenze
Weitere Rechte im laufenden Arbeitsverhältnis:
•
Betreuung durch Fachdienste
•
unentgeltliche Beförderung
•
Zusatzurlaub 5 Tage (nicht Gleichgestellte),
erhöht den gesetzlichen Urlaubsanspruch
Anspruch auf stufenweise Wiedereingliederung
(BAG Urt. v. 13.06.2006 – 9 AZR 229/05)
•
Anspruchsgrundlage § 81 SGB IX
•
verminderte Wiedereingliederungsleistung ist
teilweise Arbeitsleistung
•
Voraussetzung: Vorliegen eines ärztlichen
Wiedereingliederungsplans
Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz auch für
Nicht-Schwerbehinderte
(BAG Urt. v. 13.08.2009 – 6 AZR 330/08)
•
Vertragsanpassungspflicht bei Leistungsminderung
•
schadensersatzbewehrt
•
Meldepflicht des Arbeitnehmers
•
Prüf- und Anpassungspflicht des Arbeitgebers
Eingangsfall 2:
Der schwerbehinderte Arbeitsnehmer S war seit 6
Monaten arbeitsunfähig erkrankt. Er legt nun einen
ärztlich bestätigten Wiedereingliederungsplan vor,
der eine stufenweise Wiedereingliederung vorsieht.
Arbeitgeber A lehnt die Beschäftigung vor
vollständiger Genesung des S als unzulässige
Teilarbeitsleistung ab. S könnte aus betrieblichen
Gründen nicht zeitweise nur anteilig eingesetzt
werden.
Wer hat Recht?
IV. Kündigung
Zustimmungserfordernis durch Integrationsamt
•
Antragsverfahren (§§ 85 ff. SGB IX)
•
keine Zustimmung  Kündigung unwirksam
•
dann keine Klagfrist nach § 4 KSchG
•
Voraussetzung aber: Kenntnis von der
Schwerbehinderung oder Gleichstellung
Keine Kenntnis von Schwerbehinderteneigenschaft

kein Zustimmungserfordernis, es sei denn
offenkundige Schwerbehinderung
Häufiger Fall: keine Kenntnis bis Ausspruch
•
falls vor Kündigungszugang bereits festgestellt

Nachweismöglichkeit durch Arbeitnehmer

Frist: 3 Wochen nach Kündigungszugang
•
falls Antrag auf Anerkennung als SB

kein Sonderkündigungsschutz, wenn bei
Kündigungszugang nicht nachgewiesen

aber:
doch ggf. Sonderkündigungsschutz, wenn Antrag so
frühzeitig vor Kündigungszugang gestellt, dass Entscheidung
vor Ausspruch der Kündigung noch bei ordnungsgemäßer
Mitwirkung des Antragstellers möglich gewesen wäre

3 Wochen vor Kündigungszugang

dann aber auch Mitteilungserfordernis binnen 3
Wochen nach Kündigungszugang an AG

Kündigung schwebend unwirksam, abhängig vom
endgültigen Bescheid des Versorgungsamtes
Eingangsfall 3:
Arbeitgeber A erfährt vom Betriebsrat am 01.09.,
dass dort eine Anhörung zu seiner betriebsbedingten
Kündigung eingegangen sei. A stellt daraufhin
taggleich einen Antrag auf Anerkennung als
Schwerbehinderter. Am 12.09. wird ihm die
Kündigung zustellt. A wird später als
Schwerbehinderter mit einem GdB von 50 anerkannt.
Besteht Sonderkündigungsschutz für A?
Mitteilungserfordernis der Schwerbehinderten- oder
Gleichgestellteneigenschaft an Kündigungsberechtigten oder
Geschäftsleitung
Verfahren vor dem Integrationsamt
•
schriftlicher Antrag:
Personaldaten, Kündigungsart, Gründe
•
Fristbindung nur bei außerordentlicher Kündigung
•
Anhörung von Betroffenem und BR/SBV durch IAmt
•
Entscheidung ist Verwaltungsakt
•
1 Monat Bindungsdauer (ord. Kündigung)
•
Widerspruch  Klage vor dem Verwaltungsgericht
Verfahren bei ordentlicher Kündigung
•
Bearbeitungsfrist: 1 Monat ab Eingang
•
keine Zustimmungsfiktion, wenn Fristüberschreitung
„geboten“ (z.B. fehlende SB-Feststellung)
•
gebundene Ermessensentscheidung
Verfahren bei außerordentlicher Kündigung
•
Bearbeitungsfrist: 2 Wochen ab Eingang
•
Zustimmungsfiktion bei Fristablauf
•
Regelzustimmung
•
eingeschränktes Ermessen
•
Prüfungspflicht der 2-Wochen-Frist
V. Schwerbehindertenvertretung
Rechtliche Voraussetzungen
•
Pflichtwahl einer Vertrauensperson
bei mind. 5 Schwerbehinderten oder Gleichgestellten
•
Hinwirkungspflicht für BR auf Wahl
•
Wahl in betriebsratslosen Betrieben möglich
•
passives Wahlrecht: auch Nicht-Schwerbehinderte
•
aktives Wahlrecht: alle SB und Gleichgestellte
•
Turnuswahl: alle 4 Jahre (zuletzt Nov. 2010)
Aufgaben der SBV
•
Förderung der Eingliederung
•
Hilfe und Unterstützung
•
Kontrolle der Einhaltung von Schutzgesetzen
•
Beantragung geeigneter Maßnahmen bei den
zuständigen Stellen
•
Abschluss einer Integrationsvereinbarung
Rechte der SBV
•
Teilnahmerecht an allen BR-Sitzungen
•
Antragsrecht für Tagesordnungspunkte des BR
•
Unterrichtungspflicht des AG an SBV in allen
Angelegenheiten, die Schwerbehinderte betreffen
•
Mitteilungspflicht des Verzeichnisses der
Schwerbehinderten und Gleichgestellten zum 01.04.