Gesellschaft und Werte im Wandel von Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer Vorüberlegungen Subjektive Perspektive von Bedeutung Relativität durch „Brillen“ und „Filter“ Gesellschaftswandel objektivierbar? Gesellschaft und Werte (c) KHA Ein.
Download ReportTranscript Gesellschaft und Werte im Wandel von Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer Vorüberlegungen Subjektive Perspektive von Bedeutung Relativität durch „Brillen“ und „Filter“ Gesellschaftswandel objektivierbar? Gesellschaft und Werte (c) KHA Ein.
Slide 1
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 2
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 3
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 4
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 5
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 6
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 7
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 8
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 9
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 10
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 11
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 12
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 13
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 14
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 15
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 16
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 17
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 18
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 19
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 20
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 21
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 22
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 23
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 24
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 25
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 26
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 27
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 28
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 29
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 30
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 31
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 32
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 33
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 34
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 35
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 36
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 37
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 38
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 39
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 40
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 41
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 42
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 2
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 3
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 4
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 5
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 6
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 7
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 8
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 9
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 10
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 11
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 12
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 13
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 14
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 15
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 16
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 17
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 18
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 19
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 20
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 21
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 22
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 23
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 24
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 25
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 26
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 27
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 28
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 29
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 30
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 31
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 32
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 33
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 34
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 35
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 36
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 37
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 38
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 39
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 40
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 41
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43
Slide 42
Gesellschaft und Werte
im Wandel
von
Prof. Dr. Dr. Karl Heinz Auer
Vorüberlegungen
Subjektive Perspektive von Bedeutung
Relativität durch
„Brillen“ und „Filter“
Gesellschaftswandel
objektivierbar?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
2
Ein Blick in die Geschichte
Die geistesgeschichtlichen Wurzeln Europas
Hellenismus
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
Judentum/Christentum
3
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
4
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
5
Platon (427-347)
Aristoteles (384-322)
Augustinus (354-430)
Thomas von Aquin (1225-1274)
Martin Luther (1483-1546)
René Descartes (1596-1650)
Jean Jaques Rousseau (1712-1778)
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Immanuel Kant (1724-1804)
Georg F.W. Hegel (1770-1831)
Karl Marx (1818-1883)
Hans Jonas (1903-1993) uvam.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
6
Aristoteles versus Kant?
Bis ins Spätmittelalter überwiegend Vorrang des
Allgemeinen vor dem Individuellen.
In der Theorie des Vernunftrechts (18. Jh.) wird
das einzelne, freie, auf sich selbst gestellte
Individuum zur Grundlage der Subjektwerdung des
Menschen.
Der Mensch als Einzelperson wird autonom und frei
definiert, „freigesetzt“ zur Selbstbestimmung.
Extreme Individualisierungsprozesse im 20./21. Jh.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
7
Gegensätze und Determinanten
Thomas Hobbes:
(1588 – 1679)
homo homini lupus
Der Mensch ist dem Mensch
ein Wolf
Der Mensch als
Vernunftwesen
animal rationabile – animal
rationale
Gesellschaft und Werte
J.J. Rousseau:
(1712 – 1778)
Der Mensch ist von Natur
aus gut!
(c) KHA
Naturwissenschaftliche
Determinanten
8
Leib-Seele-Geist-Verhältnis
Zarathustra
(Persien, 7. Jh. v. Chr.)
– Ethischer Dualismus: Materie/Geist,
Körper/Seele
Aristoteles: „Wesen Mensch“ besteht aus
– Vegetativer, animalischer u. geistiger Schicht
– Versuch einer ganzheitlichen Anthropologie
Sigmund Freud
(1856 – 1939)
– Instanzenlehre: Es – Ich – Über-Ich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
9
Mensch als Vernunftwesen
Immanuel Kant
– Was ist Aufklärung? „Sapere aude! Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
– Aufklärung ist der „Ausgang des Menschen aus
seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Platon
(428–347 v.Chr.),
Aristoteles, Stoa
(um 300 v.Chr.)
– Begründer der Vernunftethik
– Erst der aus seiner Vernunft lebende Mensch ist
wahrhaft individueller Mensch.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
10
Wurzeln und Stufen
Der Mensch als verbindende Mitte aller Seinsstufen im Gesamtgefüge der Seinsordnung
(Aristoteles)
Abbild Gottes und als Mann und Frau gleichberechtigt (jüd/christl. Tradition, Gen 1,1-2,4a; Gen
2,4b-25) – Menschenwürde
Verbindung von Platons „Gottähnlichkeit“ mit der
atl. Gottabbildlichkeit. Syntheseprozess; Patristik
Vom theozentrischen zum anthropozentrischen
Weltbild
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
11
Das Menschenbild der zwei atl.
Schöpfungsberichte
Gen 1,27
Gott formte den Menschen aus
Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem.
Gott schuf also den Menschen als
sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf
er ihn. Als Mann und Frau schuf er
sie.
Anthropologischer Gehalt:
Imago Dei: Abbild Gottes
Mann und Frau als schöpferische
Grundgegebenheit
Keine Über-/Unterordnung
Gen 2,7
Anthropologischer Gehalt:
Mensch als Träger göttlichen
Atems - Würde
Zugang zu Gen 1,1-2,4a durch Entfremdung: Zink, die letzten 7 Tage der Schöpfung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
12
Wurzeln der Menschenwürde
Ägyptische Ma‘at
Homoiosis Theo
Gottähnlichkeit
Würde
Inkarnation
Gottabbildlichkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
13
Personales Menschenbild
„Personal“ Im Gegensatz zum normativen,
idealytpischen oder realtypischen Menschenbild
Schnittpunkt zwischen Souveränität des
Individuums und der Gemeinschaftsgebundenheit (Vgl Menschenwürdebild des BVerfG zu Art 1 GG)
Das personale Menschenbild ist seinshaft und
prozesshaft zugleich.
Es ist resistent(er) gegen Instrumentalisierungen
und Reduzierungen und offen für die evolutionäre
Dynamik.
Pädagogen sind Hebammen auf dem Weg
von der Person zur Persönlichkeit.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
14
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Der antike Humanitätsgedanke
– Der Mensch: zoon politikon und zoon logon echon
Das theozentrische Mittelalter
– Antike Bildungsideen verschmelzen mit Christentum
– Klöster als Träger von Kultur und Wissenschaft
Das anthropozentrische Zeitalter
– Humanismus/Renaissance/Reformation; Aufklärung
– Der Mensch als freies und unabhängiges Individuum
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
15
Blick in die Geschichte
Bruch- und Leitlinien
Vom Idealismus zum Materialismus
– Die Seuche der Nationalismen und die (Welt-)Kriege
– Der Mensch als homo oeconomicus – Globalisierung
Von der Aufklärung zu den Grundrechten
– Politische, wirtschaftliche und soziale Rechte
– Grundrechte für Völker/Volksgruppen
– Recht auf Entwicklung, Teilhabe am Erbe der Menschheit
Abschied von den Grundrechten?
– Der gläserne Mensch
– Sicherheit statt Freiheit?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
16
Präambel der AEMR 1948
Die Anerkennung der angeborenen Würde und
der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller
Menschen bildet die Grundlage von Freiheit,
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.
Die Nichtanerkennung und Verachtung der MR
haben zu Akten der Barbarei geführt.
Es ist notwendig, die MR durch die Herrschaft
des Rechtes zu schützen.
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
17
Präambel der EU-Grundrechtscharta
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde
des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und
der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie
stellt die Person in den Mittelpunkt ihre
Handelns…
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
18
Zeitgeschichtliche Perspektive
(nach Hermann Denz)
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
Die Reformgesellschaft: 1960 – 1980
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
19
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
20
Die Nachkriegsgesellschaft: 1945 - 1960
„Traditionale Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Die formierte Gesellschaft
Homogene Gesellschaft, gemeinsame
Werte, einheitliche Kultur (Musik,
Kleidung, Wohnen), keine Toleranz
gegenüber Abweichung
Übergang durch
„Aufstand“ der ReformerInnen
Rebellion gegen traditionale Strukturen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
21
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
22
Die Reformgesellschaft: 1960 - 1980
„Moderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Kommunitarische Gesellschaft
Gemeinsame Verantwortung für alle
Bereiche der Gesellschaft, Solidarität (im
eigenen Land und mit der Dritten Welt),
Offenheit, Toleranz, Menschenrechtspakte
Übergang durch
„Aufstand“ der Individualist/innen
Rebellion gegen die Gesellschaft als
gemeinschaftliche Aufgabe
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
23
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
formierte Gesellschaft
Reformgesellschaft
EGO-Gesellschaft
Kleinbürgergesellschaft
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
24
Die EGO-Gesellschaft: 1980 - 1990
„Postmoderne Gesellschaft“
Vorherrschendes Gesellschaftsmodell:
Projekt „Ich“
Jede/r trägt die Verantwortung für sein/ihr Leben
(Bastelbiographie), es gibt unendlich viele
Chancen, man muss sie nur nützen, mehr
Verantwortung für den Einzelnen, Chancen auf
rasche Gewinne für gute Ideen
Übergang durch
„Aufstand“ der Modernisierungsverlierer/innen
Rebellion gegen den Verlust von „Beheimatung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
25
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
Konflikt zwischen Gesellschaftsmodellen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
26
Die Konfliktgesellschaft: 1990 - ?
„Post-postmoderne Gesellschaft“
Das Gesellschaftsmodell des
verunsicherten Kleinbürgers
Suche nach neuen Sicherheiten im gesellschaftlichen, religiösen und privaten
Bereich
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
27
Besondere Merkmale unserer Gegenwart
(nach W. Palaver)
Das Rechts-Links-Schema der Zeit des Kalten
Krieges ist unbrauchbar geworden
Globalisierung und Konkurrenz
– Konkurrenz als weltweites/globales Phänomen
Pluralismus
– auf lokaler und internationaler Ebene erfahren wir
heute eine plurale, multikulturelle Welt
Rückkehr der Religion in die Politik
– wir erfahren heute das Ende naiver Säkularisierungsvorstellungen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
28
Globalisierung und Konkurrenz
Globale „Ellenbogen-Gesellschaft“: weltweite
Konkurrenz (P. Thureau-Dangin)
– Gleichgültigkeit anstelle von Solidarität
– R. Dahrendorf: „Globalisierung bedeutet, dass
Konkurrenz groß- und Solidarität klein geschrieben
wird.“
Unterscheide:
Johannes Paul II. (Weltfriedenstag 1998)
– Globalisierung: multidimensionales Phänomen
– Globalismus: Vorherrschaft der Wirtschaft;
Verdrängung der Politik (Neoliberalismus)
– „Globalisierung in Solidarität, Globalisierung ohne
Ausgrenzung“
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
29
Pluralismus
Wir leben weder lokal noch national oder international in einer homogenen Welt
Das Neben-, Mit- und manchmal auch Gegeneinander verschiedener Kulturen (und Religionen) prägen unsere lokale, nationale,
europäische und internationale Welt
Multikulturalität und Pluralismus gehören zu den
prägenden Kennzeichen unserer Welt
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
30
Zahlen der letzten Volkszählung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
31
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
32
Rückkehr der Religion in die Politik
Rückkehr der Religion in die Politik
– 1979 iranische Revolution (Khomeini);
Fundamentalismus
– nach dem Kalten Krieg: religiös-politischer
Nationalismus
– Globalismus – Fundamentalismus (B. Barber: „Jihad
versus McWorld“)
Madeleine Albright, Der Mächtige und der
Allmächtige. Gott, Amerika und die Weltpolitik
(2006)
– religiöser Analphabetismus ist gesellschaftlich
gefährlich
C. Bertram: „Gott auf dem Vormarsch“ (ZEIT,
August 2006)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
33
Katholische Soziallehre
Gegen Sozialismus
– positive Sicht der Konkurrenz; keine grundsätzliche
Ablehnung des Eigentums
Gegen Paläo- und Neoliberalismus
– Wettbewerb ist nicht oberstes Prinzip; Unterordnung
unter das Solidaritätsprinzip soziale Gerechtigkeit und
soziale Liebe
es braucht einen sozialstaatlichen Rahmen für den
freien Markt und eine Zivilisation der Liebe
Globalisierung: Erweiterung des Sozialstaats in
Richtung internationaler Kontroll- und
Leitungsorgane
– Wertordnung gegen Ökonomismus und
Konsumismus; Sein vor Haben; ewige Güter
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
34
Katholische Soziallehre
Personalitätsprinzip
– der Mensch ist Individuum und Sozialwesen (Mater et
magistra 219)
– Mensch als geselliges Wesen
Neben Vernunft: Tradition, Religion/Glaube
– Fides et ratio; Deus caritas est
Kirche als globale Gemeinschaft lokaler
Gemeinschaften
– Subsidiaritätsprinzip (Quadragesimo anno 79)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
35
Gemeinsamer Nenner
Werterziehung
Verfassung
Grund- und Freiheitsrechte
Menschenrechte
EU-Grundrechtscharta
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
37
Legitimation und Verpflichtung
Zielparagrafen
z.B. SchOG, Art 14 Abs 5a B-VG
Verfassungsnormen: Grundwerte, -rechte
z.B. GG, StGG, EMRK, Grundrechtscharta
Schulgesetzgebung, Konkordate
(z.B. RUG)
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
38
Kirchen und Staat
Kirchen als
Staat als
„Unternehmer“ des
Unternehmer des
konfessionellen
konfessionell
Religionsunterrichts
neutralen
Ethikunterrichts
Kirchen als Träger von
privaten Kindergärten, Staat als Träger des
Schulen,
öffentlichen
Hochschulen,
Bildungswesens in
Universitäten
allen Bereichen
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
39
Weltanschauliche Neutralität?
Sinn- und Wertfragen im Kontext:
Weltanschauliche Neutralität als
Staatsfundamentalnorm
Verhältnis Kirchen und Staat
Erziehungsauftrag von beiden
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
40
Ethische und religiöse Erziehung
in der Schule
Gegenargumente
Schule hat genug damit zu tun, Kindern
„objektives“ Faktenwissen zu vermitteln
Fragen der Ethik, Moral und Religion sind
zu subjektiv
Differenz zwischen „Kinder- und
Erwachsenenmoral“
Uneinigkeit selbst der Moralphilosophie
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
41
Ethische Erziehung in der Schule
Argumente dafür
Schule hat gesetzlich-gesellschaftlichen
Auftrag für Mitwirkung an sittlicher und
religiöser Erziehung
Es gibt keine wertfreie Erziehung.
Das Verschweigen von Wertefragen ist
eine unzulässige Manipulation.
Beschäftigung mit Wertefragen stärkt
Eigenverantwortung
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
42
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Gesellschaft und Werte
(c) KHA
43