Fragen des Alters und des Alterns Vortrag beim Männerverein Sirnach Präsentation von Heinz Ernst 23.
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Fragen des Alters und des Alterns Vortrag beim Männerverein Sirnach Präsentation von Heinz Ernst 23. Januar 2007 Was ist Gerontologie? Interdisziplinäre Wissenschaft vom Alter und vom Altern körperliche Vorgänge psychische Vorgänge soziale Vorgänge Materielles u. Umweltbedingungen NB: Verwechseln Sie Gerontologie nicht mit Geriatrie (Altersmedizin) und mit Gelatologie (Lehre vom Lachen)! 2 Interdisziplinäre Wissenschaft Psychologie Soziologie Gerontopsychologie Gerontopsoziologie Biologie Pädagogik Biologie des Alterns Geragogik Medizin Theologie Geriatrie Psychiatrie Gerontopsychiatrie Gerontologie Pharmakologie Geriatrikaforschung Betriebswirtschaft Seniorenhaushalt Philosophie Demografie Altersstruktur Nationalökonomie Rentenpolitik 3 Was heisst hier eigentlich alt? Ich fühle mich jung... In diesem Alter sollte man nicht mehr... Sie sieht jünger aus, als sie ist... Für einen Sportler ist er schon ziemlich alt... Ist sie nicht zu jung für diesen Posten? 4 Welches Alter ist gemeint? Das kalendarische Alter: Geburtsdatum Das biologische Alter: körperliche Veränderungen Das psychologische Alter: geistigseelische Entwicklung Das soziologische Alter: Gruppen gleichermassen Betroffener (Kohorten) 5 Normale Alterung der Organe zwischen 30. und 75. Altersjahr Organ Sinkt um Mögliche Probleme Herzschlagsvolumen 30 % Geringere körperliche Leistung Maximale Sauerstoffaufnahme 60 % Geringere Leistungsreserve Muskelmasse 30 % Geringere Körperkraft Mineralgehalt der Knochen 15 – 30% Osteoporose Nierenfiltrationsleistung 31 % Langsamere Ausscheidung Anzahl Geschmacksknospen 65 % „Alles schmeckt fade!“ NervenleitungsGeschwindigkeit 10 % Sinkende Reaktionsgeschwindigkeit Gehirngewicht 40 % Sinkende Gedächtnisleistung 6 Je älter - desto dümmer? Quelle: Baltes (1990), Darstellung: Wilkening (2003) 7 Zwei Arten von Intelligenz Kristalline Intelligenz Die Fähigkeit, Aufgaben mit Hilfe von erlerntem Wissen zu lösen Fluide Intelligenz Die Fähigkeit, neue Informationen zu verarbeiten und Situationen zu bewältigen, bei denen nicht auf frühere Erfahrungen zurück gegriffen werden kann Seniorensport Schweiz, 2003 8 Fähigkeiten älterer Menschen Zunehmend Gleich bleibend Abnehmend Lebens- und Berufserfahrung Leistungs- und Zielorientierung Körperliche Leistungsfähigkeit Betriebsspezifisches Wissen Systemdenken Geistige Beweglichkeit Urteilsfähigkeit Kreativität Geschwindigkeit der Informationsaufnahme Zuverlässigkeit Kooperationsfähigkeit Risikobereitschaft Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein Konzentrationsfähigkeit Positive Arbeitseinstellung Aus: Michael Bruggmann, 2000 9 Die Ursachen des Alterns Eine einheitliche Theorie des Alterns steht noch immer aus. Offenbar handelt es sich um ein „multifaktorielles Geschehen“. Die verschiedenen Alterungstheorien verstehen sich dabei nicht als Gegenmodelle, sondern als unterschiedliche Erklärungsansätze, die jeweils einen besonderen Aspekt des Alterns betonen. 10 Lebenserwartung 1880 - 2004 G2.1.2.3 Lebenserwartung bei Geburt nach Geschlecht, 1880-2004 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1880 1890 1900 1910 1920 1930 1940 Männer Quelle: BFS/BEVNAT & BFS/Deux siècles 1950 1960 1970 1980 1990 2000 Frauen © Bundesamt für Statistik 11 Anteil der älteren Menschen heute? Wie gross ist der Anteil der über 65Jährigen an der Wohnbevölkerung der Schweiz heute (2007)? 16,4 % 12 Anteil ältere Menschen in Zukunft? Wie gross ist der Anteil der 65-Jährigen und Älteren an der Wohnbevölkerung der Schweiz im Jahr 2050? ~ 28 % je nach zu Grunde gelegtem Szenario (Bundesamt für Statistik, 2006) 13 Bevölkerungspyramide 2004 G1.1.1 Altersaufbau der ständigen Wohnbevölkerung nach Geschlecht und Staatsangehörigkeit, 2004 Männer Frauen 95 90 85 80 75 70 65 60 55 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 70 60 50 40 30 20 10 0 10 20 30 40 50 60 70 Anzahl Personen in Tausend Quelle: BFS/ESPOP Schw eizer Ausländer Schw eizerin Ausländerin © Bundesamt für Statistik 14 Wieviel % ältere Menschen? 15 Der Altersquotient 1948 - 2040 Altersquotient im Jahr 1948: 14,9 % (d.h. auf 1 Rentner fallen 6,7 Erwerbstätige) Altersquotient im Jahr 2005: 26,3 % (d.h. auf 1 Rentner fallen 3,8 Erwerbstätige) Altersquotient im Jahr 2040: 43,9 % (d.h. auf 1 Rentner fallen 2,3 Erwerbstätige) Quelle: BFS und Avenir Suisse 16 Verhältnis Rentner : Erwerbstätige Jahr Rentner Erwerbstätige 1948 6,7 2005 3,8 2040 2,3 Quelle: BFS 17 Von der Demografie zur Demagogie 18 Herkunft solcher Darstellungen? 19 Jugend-, Alters- und Gesamtquotient 1900 - 2050 Quelle: BFS 20 Einsamkeit im Alter? Untersuchungen über Besuche und Telefongespräche zeigen: Einsamkeit bei älteren Menschen ist die Ausnahme. Soziale Isolation hat abgenommen (Auto, Telefon) Häufig „Intimität auf Distanz“ 21 Das Konvoi-Modell ICH 1 2 3 1 Personen, ohne die das Leben schwer vorstellbar ist 2 Personen, die oft wertvoll sind 3 Personen, die seltener wertvoll sind 22 Wie viele leben im Heim? 1990 lebten in Alters- und Pflegeheimen: Frauen Männer 65 - 79-jährig 3,5 % 2,5 % 80-jährig und mehr 23,8 % 13,1 % Die Hälfte der Heimbewohner waren 1994 84-jährig oder älter. 75 % der Heimbewohner waren Frauen. (Volkszählung 1990) 23 Je älter - desto zufriedener? Psychisches Wohlbefinden im mittleren und höheren Alter Wohlbefinden 24 23,5 23 22,5 22 21,5 40 - 45 Jahre 50 - 55 Jahre 65 - 70 Jahre „Paradoxon der Zufriedenheit im Alter“ (Perrig, 2000) 24 Das Stufenalter des Mannes 25 Das Stufenalter der Frau 26 Eine Lebenskurve 27 Zwei Alterstheorien 28 Die „andere“ Lebenskurve 29 Altern als Weiterentwicklung? Tod Geburt ganzheitliches Wesen Neugierde Spontaneität Spiel Entfaltung Lebensfreude Humor Schule Beruf Druck Quantität Leistung Transzendenz ethische Werte soziale Beziehungen Lebensfreude neue Lebenswege Kreativität Humor neue Herausforderung Selbstentdeckung Sinnfrage Wendepunkt 30 Senioren aus dem Blickwinkel des Kompetenzmodells Wir sehen Senioren als Menschen mit Entwicklungsmöglichkeiten, die fähig sind, Belastungen zu bewältigen, Chancen zu nutzen, Neues zu lernen oder umzulernen und die in der Lage sind, ihr Leben und ihr Umfeld aktiv zu gestalten. Basis-Lernmittel Seniorensport Schweiz (1999) 31 Drei Altersmodelle Defizitmodell: Altersmodell, welches das Altern als unausweichlichen Abbauprozess versteht Aktivitätsmodell: Altersmodell, bei dem der Ausgleich von verkümmernden Funktionen durch Training im Mittelpunkt steht Kompetenzmodell: Altersmodell, das nicht mit den Leistungen jüngerer Menschen vergleicht, sondern die Entwicklungs-Chancen und – Möglichkeiten älterer Menschen ins Zentrum stellt Seniorensport Schweiz (2003) und www.altenpflegeschueler.de (2007) 32 Negative Altersstereotype schlechte Gesundheit fehlende körperliche Beweglichkeit fehlende geistige Beweglichkeit Hilfsbedürftigkeit Passivität Intoleranz Gebrechlichkeit psychischer Abbau finanzielle Unsicherheit Isolierung Einsamkeit 33 Positive Altersstereotype „neue Alte Wirtschaftliche Potenz Unabhängigkeit Kompetenz Mobilität Soziale Integration Aktivität Toleranz Freundlich Friedfertig Erfahren Vital Souverän Weise Grosszügig Hilfsbereit 34 Altersbilder in den Zeitungen Gebrechlich Anonym Von hinten Mit einem Stock in der Hand Beim Nichtstun Bei einer sinnlosen Tätigkeit (Vögel füttern etc.) 35 Sinnvolle Betätigung: Malen 36 Sinnvolle Betätigung: Musizieren 37 Bildung im Alter Bildung Bildung im im Alter Alter So? So? Oder Oderso? so? 25 38 Alter und Sprache Senior (+) älterer Mensch (+) alter Mensch (?) Greis (–) Betagter (–) Betroffener (–) alter Knacker(–) Grufti, Komposti (–) „noch“ (–) 39 „Das Alter ist weiblich“ Im Alter dominieren die Frauen immer deutlicher. Bei den 70- bis 74-Jährigen kommen auf 5 Frauen nur noch 4 Männer, bei den 100Jährigen auf 5 Frauen nur noch 1 Mann. (Bundesamt für Statistik, 1998/2002) 40 Warum leben Männer weniger lang? Gefährlicheres und riskanteres Leben (mehr tödliche Unfälle) Rauchen und trinken mehr (mehr tödliche Krankheiten) Tun weniger für die Erhaltung ihrer Gesundheit (Übergewicht etc.) Gehen weniger zum Arzt Sprechen weniger über ihre gesundheitlichen Probleme Mehr Selbstmorde Genetische Nachteile (Y-Chromosom) Kurz: oft gesundheitsschädigende Lebensweise 41 Die „Männlichkeit“ Einseitige Orientierung an traditionellen Männerbildern (Kraft, Fitness, Potenz) Entfremdung gegenüber den Signalen des Körpers Körperliche Beeinträchtigungen bedeuten eine massive Kränkung der Männlichkeit Nicht altersadäquates Verhalten Körperlicher „Raubbau“ 42 Ältere Männer in der Partnerschaft Ältere Männer leben weniger allein als ältere Frauen Reduzierte Lebenserwartung von verwitweten Männern Verheiratete ältere Männer sind mit ihrer Ehebeziehung meist zufriedener als ihre Frauen. Ältere Männer haben von der Ehe oft idealisierte Vorstellungen. (Unerwartet) geschiedene Männer sind eine höchst verletzliche Gruppe (Isolation, Suchtverhalten, Selbstmord) 43 Das Alter – ein neues Geschäft! „Älter werden heisst: selbst ein neues Geschäft antreten; alle Verhältnisse verändern sich, und man muss entweder zu handeln ganz aufhören oder mit Willen und Bewusstsein das neue Rollenfach übernehmen.“ Johann Wolfgang von Goethe, Maximen und Reflexionen 259 44 Humor im Alter Mit Humor über der Sache stehen! Humor setzt Kreativität frei. Humor lässt Probleme relativieren. Humor „entstresst“. Humor bringt Menschen einander näher. Urs Kalbermatten 45 Das Wichtigste in Kürze 1. Das Altern ist keine Krankheit. 2. Das Alter ist ein Lebens- abschnitt, der sich gestalten lässt. 3. Das Alter hat viele Gesichter. 46 Das Alter hat viele Gesichter! Welches wählen Sie? 47