Modelle der Siedlungsstruktur von Christaller und Lösch

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Modelle der Siedlungsstruktur von
Christaller und Lösch
• Walter Christaller: Die zentralen Orte in Süddeutschland, Jena
1933
• August Lösch: Die räumliche Ordnung der Wirtschaft, Jena 1944
• Ders.: The Nature of Economic Regions, Southern Economic
Journal, Vol. 5 (1938), S. 71-78
U. van Suntum, Regionalökonomik,
Christaller-Lösch
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Auszug aus dem Raumordnungsbericht 2000 (1)
Während in vielen europäischen Staaten nur
ein bis zwei Metropolen die herausragenden
internationalen Funktionen übernehmen,
gibt es in Deutschland mehrere Zentren der
internationalen Kommunikation mit
• einem hohen Grad der Bündelung und
Vernetzung der großräumig bedeutsamen
Verkehrsinfrastruktur,
• internationalen Messen und
Ausstellungen,
• Headquarterfunktionen der Wirtschaft,
von Handel, Banken, Versicherungen,
• hochrangigen Angeboten an Kultur- und
Bildungsstätten,
• Produktionsstätten von Presse, Film und
Fernsehen.
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Auszug aus dem Raumordnungsbericht 2000 (2)
Das System der Ober- und Mittelzentren prägt die
Raumstruktur
• System zentraler Orte (von der Landesplanung ausgewiesen) ist grundlegend für
das städtische Siedlungssystem in Deutschland
• System von Ober- und Mittelzentren soll - dezentral konzentriert - die
Versorgung der Bevölkerung und Wirtschaft im Verflechtungsbereich der
zentralen Orte mit infrastrukturellen Leistungen sichern
• Grundversorgung mit Arbeitsplätzen, öffentlichen und privaten
Dienstleistungen in jeder Art von Zentrum realisiert
• Mittelzentren decken darüberhinaus den kurz- und mittelfristigen
Versorgungsbedarf und Oberzentren den mittel- bis langfristigen
Versorgungsbedarf
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Zentrale Orte-System in der Politik
Mittelzentrum: Versorgung
der privaten HH mit Gütern
und Diensten des gehobenen
Bedarfs über die Gemeinde
selbst hinaus
Oberzentrum: dito für
Deckung des spezialisierten
höheren Bedarfs
Festlegung jeweils
durch Landespläne
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Definitionen der Zentren (I)
Unterzentren bedienen den Grundbedarf, z.B.:
•Grund- und Hauptschule
•Sportanlagen
•mehrere Arztpraxen (Zahnärzte)
•Arbeitsplätze
•(Verbands-)Gemeindeverwaltung
•Post
•Bank
•Apotheke
•Geschäfte zur Grundversorgung (Supermarkt,
Tankstelle usw.)
Mittelzentren bedienen neben dem
Grundbedarf den periodischen Bedarf,
insbesondere:
• Weiterführende Schulen und
Berufsschulen
•Krankenhaus
•Fachärzte
•Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater
•Kino, kulturelle Angebote
•Kaufhaus
•Schwimmbäder.
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Definitionen der Zentren (II)
Oberzentren bedienen neben dem
Grundbedarf und dem mittleren Bedarf
den höheren Bedarf, insbesondere
• Warenhäuser
•Spezialgeschäfte
•Fachkliniken
•Theater
•Museen
•Fach- und Hochschulen
•Regionalbehörden
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Oberzentren in NRW:
Aachen
Bielefeld
Bochum
Bonn
Dortmund
Düsseldorf
Duisburg
Essen
Hagen
Köln
Krefeld
Mönchengladbach
Münster
Paderborn
Siegen
Wuppertal
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Zentrale Orte in Deutschland
• Es gibt 154 Ober- und 1086 Mittelzentren in Deutschland.
• Ein Drittel der Bevölkerung lebt in den
Oberzentren.
• Fast jeder (97 % der Bevölkerung)
erreicht ein Oberzentrum innerhalb 60
Minuten PKW-Fahrzeit.
Dies zeigt die ausgeprägte dezentrale
städtische Siedlungsstruktur und die hohe
Versorgungsqualität, auch wenn noch
nicht alle Zentren in allen Teilräumen mit
vergleichbaren Standards ausgestattet
sind.
Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist
damit über die ganze Bundesrepublik
verteilt, mit vielfältigen regionalen und
örtlichen Besonderheiten.
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Beispiel Kammerbezirk Nord-Westfalen
• 1 Oberzentrum (Münster)
• 31 Mittelzentren
• 46 Unterzentren
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Christallers Erklärung hierarchischer Orte
• homogen verteilte Nachfrage
• räumlich konzentrierte Anbieter
• viele Anbieter
• mehrere Güterarten
• Berücksichtigung von Agglomerationsvorteilen
• ubiquitäre Produktionsfaktoren
• Transport- bzw. Anfahrtskosten (bei Dienstleistungen)
• Nachfrager kaufen bei nächstgelegenem Produzenten
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Christaller: vom Kreis zum Sechseck
(sechs Berührungspunkte!)
Vollständige Markterschließung
Das Sechseck...
...ist das Polygon höchster Ordnung, mit dem eine Fläche
vollständig ausgefüllt werden kann
=> d.h. es ist von allen flächenfüllenden Polygonen dem Kreis
am ähnlichsten
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Beispiel: Tarifzonen des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg
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Marktgebiete bei nur einem Gut
• Kurzfristig: Realisierung der Marktobergrenzen => jeder erzielt Gmax
Marktobergrenze (Gmax)
Marktuntergrenze (G = 0)
• Langfristig: Tendenz zur Marktuntergrenze (G = 0)
Marktuntergrenze (G = 0)
= Marktobergrenze (G = Gmax)
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Die drei kleinsten Marktgrößen bei nur einem Gut
(Punkte = Wohnorte der Nachfrager)
Nr. 2
Nr. 1
1/3
1/2
1
1
Nr. 3
1
1
Nr.
1
2
3
Anzahl
3=1+6/
3
4=1+6/
2
7=1+6
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Hinzutritt weiterer Güter
Güter nach abnehmender Reichweite:
A
Gut 1 (Nullgewinn)
Güter 2 und 3 (Übergewinne)
B
C
Gut 4 (Nullgewinn)
Güter 5 bis 8 (Übergewinne)
Gut 9 (Nullgewinn)
usw.
• A-Gebiet ist 3 mal so groß wie B-Gebiet, dieses 3 mal so groß wie C-Gebiet
• Orte mit höherer Zentralität bieten auch alle Güter niedrigerer Zentralität an
• Marktuntergrenzen hierarchischer Grenzgüter stoßen direkt aneinander
• Marktuntergrenzen von Gütern mit Übergewinnen < Waben
• Keine Spezialisierung zwischen Orten gleicher Zentralität
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Christaller-System Zentraler Orte
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Die Größe des Marktgebietes (Sechseck) steigt mit...
•
•
•
•
zunehmender Bedeutung von economies of scale („interne Effekte“)
zunehmenden Urbanisierungsvorteilen (externe Effekte)
abnehmender Bedeutung der Transportkosten*)
Abnehmender Nachfrage pro Flächeneinheit
*)=> Alterung der Gesellschaft kann zu Verkleinerung der
Marktgebiete führen => Renaissance von Tante Emma
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„Laden um die Ecke“ < 300 qm (Casino, Carrefour, 7 Eleven)
Rewe-Konzern testet Laden nach Tante-EmmaKonzept in Köln
Mit einer modernen Interpretation des Tante-Emma-Ladens will
der Handelskonzern Rewe umweltbewusste und genussorientierte
Kunden locken. Die Rewe-Tochter Biokonzept eröffnete am
Mittwoch in Köln das erste sogenannte Temma-Geschäft, eine
Mischung aus Bio-Supermarkt und Gastronomie. Temma verbinde
"bewussten Konsum, Nachhaltigkeit und Gesundheit", erklärte
Christiane Speck, Geschäftsführerin von Biokonzept, aus Anlass der
Eröffnung des Marktes im Stadtteil Bayenthal. Die Testphase für
den Bio-Markt soll für ein Jahr laufen, erst danach will Rewe über
die Eröffnung von Filialen in anderen Städten entscheiden.
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Erweiterungen des Grundmodells durch Christaller
•
•
•
Versorgungsprinzip:
hierarchisches System
zentraler Orte allein aus
privatwirtschaftlichem
Kalkül (siehe Modell)
Verkehrsprinzip:
Berücksichtigung
existierender
Verkehrsachsen
Verwaltungsprinzip:
Berücksichtigung
öffentlicher Güter =>
streng abgegrenzte
Verwaltungsgebiete ohne
Überlappungen
• Ergebnis: streng
hierarchisches System
zentraler Orte
• jeder zentrale Ort bietet
alle Güter niedrigerer
Zentralität auch selbst an
• keine Spezialisierung
zwischen Orten gleicher
Zentralität
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Räumliche Ordnung nach Lösch
•
•
•
•
Grundsätzlich wie
Christaller
aber: keine Übergewinne
möglich
Grund: vollständige
Nischenbesetzung wg.
weniger bedeutsamer
Agglomerationsvorteile
Grundprinzip:
gemeinsamer Mittelpunkt
(= Kern) und größtmögliche
Zahl gemeinsamer
Unterzentren für
verschiedene Produkte
• => sechseckige
Marktgebiete
unterschiedlicher Größe
• aber: teilweise
Spezialisierung zwischen
Orten gleicher Zentralität
• Ausnahme: Kernstadt
bietet alle Güter an
• asymmetrische
Siedlungsstrukturen
möglich
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System der Marktnetze nach Lösch
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Zusammenfassung
Christaller
Lösch
Marktnetze
Streng hierarchisch
Teilweise überlappend
Übergewinne
Möglich
Nicht möglich
Spezialisierung
Nicht zwischen Orten
gleicher Zentralität
Auch zwischen Orten
gleicher Zentralität
Kritik:
• gleiche Nachfrageverteilung im Raum => Widerspruch zur Bildung zentraler
Orte
• Arbeitsplatzkonzentration ausgeblendet, Bodenkosten und
Agglomerationsnachteile dito
• historische Faktoren fehlen, politische und geografische Faktoren unzureichend
berücksichtigt
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