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Wenn Kinder da sind:
Stalking bei
Sorgerechtsstreitigkeiten
Hans-Georg W. Voß
AFPG/Arbeitsstelle für Forensische Psychologie und
Gerichtsgutachten
(Groß-Gerau)
Der § 238 StGB (Nachstellung) im Wortlaut
Wer einem Menschen unbefugt nachstellt, indem er beharrlich
1. seine räumliche Nähe aufsucht,
2. unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder
sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte
Kontakt zu ihm herzustellen versucht,
3. unter missbräuchlicher Verwendung von dessen
personenbezogenen Daten Bestellungen von Waren oder
Dienstleistungen für ihn aufgibt oder Dritte veranlasst, mit
diesem Kontakt aufzunehmen,
4. ihn mit der Verletzung von Leben, körperlicher
Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit seiner selbst oder
einer ihm nahe stehenden Person bedroht oder
5. eine andere vergleichbare Handlung vornimmt und dadurch
seine Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt, wird
mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe
bestraft.
• (2) Auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren ist
zu erkennen, wenn der Täter das Opfer, einen Angehörigen
des Opfers oder eine andere dem Opfer nahe stehende Person
durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren
Gesundheitsschädigung bringt.
• (3) Verursacht der Täter durch die Tat den Tod des Opfers,
eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer
nahe stehenden Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von
einem Jahr bis zu zehn Jahren.
• (4) In den Fällen des Absatzes 1 wird die Tat nur auf Antrag
verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen
des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung
ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.
Nachstellung (Stalking): Tatverdächtige 2009
(Quelle: Statistisches Bundesamt)
§ 238 StGB (3)
9
§ 238 StGB (2)
541
§ 238 StGB (1)
22780
4556
weiblich(19,6%)
männlich (80,4%)
18691
Gesamt Tatverdächtige
23247
0
5000
10000
15000
20000
25000
Nachstellung (Stalking): Opfer 2009
Jugendliche 14-18 (4 %)
1218
Kinder 6 bis unter 14 (1,2%)
385
65
Kinder unter 6 (0,2%)
24498
weiblich (79,6%)
6265
männlich (80,4%)
30763
Opfer gesamt
0
5000
10000
15000
20000
25000
30000
35000
Definition
• „Das willentliche, wiederholte
Verfolgen oder Belästigen einer
Person, deren physische/ psychische
Unversehrtheit und Sicherheit dadurch
bedroht wird“
(Voß, Hoffmann & Wondrak, 2006)
1. Studie: Zur Struktur von Häuslicher
Gewalt und Stalking1
900 über Internet befragte weibliche Opfer, davon
473 auswertbar (52,5 %)
Altersdurchschnitt 38 Jahre
Ex-Partner: 95,8% Männer im Mittel 42 Jahre
Zeitintervall seit Trennung im Mittel: 36 Monate
Instrument: Fragebogen zu Häuslicher Gewalt und
Stalking , 526 Fragen
----------------------------------------------------------------1 gefördert vom Weißen Ring e. V.
Studie 1: Vorhandensein von Kindern und Effekte auf
Gewalt nach der Trennung, Häusliche Gewalt und
Stalking
(Einfaktorielle Varianzanalysen)
 Physische Gewalt nach Trennung erhöht, wenn gemeinsame
Kinder mit dem Ex-Partner vorhanden sind
 Signifikante Effekte für alle Faktoren der Häuslichen
Gewalt1
 sowie für Stalking „Inhalt der Kommunikation“ , wenn
gemeinsame Kinder vorhanden sind
 schwächere Effekte, wenn auch Kinder aus einer früheren
Beziehung vorhanden sind
 keine Effekte, wenn nur Kinder aus einer früheren Beziehung
vorhanden sind
--------------------------------------------------------------------------------------------1 physische, psychische, sexuelle Gewalt und Gewalt gegenüber
Dritten
2 unerwünschte Liebesbekundungen, Beschimpfungen, Drohungen
2. Studie: Internetbefragung zu Stalking
bei Ex-Partnern mit Kindern
200 beantwortete Fragebögen (75 Fragen)
176 Frauen, Mittelwert Alter 38,2 J.
24 Männer, Mittelwert Alter 40,2 J.
94,7% deutsche
Hauptschule 10,7%
Realschule/mittlere Reife 46,7%
Abitur 14,7%
Universität/Fachhochschule Abschluss 25,3%
Angestellte 45,3%
Kinder
gemeinsames Kind mit Expartner: 66%
eigenes leibliches Kind: 22%
leibliches Kind des Expartners: 12%
Gewalt nach der Trennung
2,5
2
Keine Kinder vorhanden (Studie 1)
1,5
Kinder vorhanden
(Studie 1)
Kinder vorhanden (Studie 2)
1
0,5
0
daran
zu sexuellen
gehindert das Handlungen
Haus zu
gezwungen
verlassen
Schläge
Tritte
Würgen
gestoßen
oder Haare
gezogen
Familie oder
Freunden
Gewalt
angetan
Dauer des aktuellen Stalkings und elterlicher Status
25
Anzahl Fälle
20
15
10
5
gemeinsames Kind
leibl. Kind d. verfolgten P.
leibl.Kind d. Verfolgers
0
Stalking Dauer
Zur Rolle von Kindern im NachtrennungsStalking allgemein
(1)
(2)
(3)
(4)
Instrumentalisierung
Opferstatus und Chronifizierung
„Objektbesetzung“ im Sorgerechtsstreit
Kind wird herausgehalten
Instrumentalisierung
 beginnt häufig mit ersten geäußerten
Trennungswünschen
nachdem eine Trennung von mir angekündigt
-
wurde: 25%,
direkt im Anschluss an die Trennung: 47%
nachdem ich einen neuen Partner hatte: 9%
 Anlässe sind die Übergabe- und Abholsituationen im
Rahmen der Umgangsregelung
-
„es kam zu Auseinandersetzungen?“:
häufig: 34%, fast jedes mal: 51%
Das Kind als Opfer
• Stalking unabhängig von Sorgerechtsentscheidung
- nach Sorgerechtsentscheidung:
es wurde schlimmer: 28%
Intensität hat sich nicht geändert: 50%
Das Kind als Opfer
gibt es protektive Faktoren?
Falls ein Näherungs- und Kontaktverbot bestand, hat Ihr
Expartner sich an dieses Verbot gehalten?
• Nein 92,9%
• Ja 7,1%
Bindungstyp Täter
zurückw eisend
18%
sicher
25%
ängstlich
13%
besitzergreifend
44%
Welche der folgenden Veränderungen haben zu einer
Minderung oder Beendigung des Stalkings geführt?
als...
• ... mein Ex-Partner umgezogen ist. 8,3%
• ... mein Ex-Partner Hilfe erhalten hat (z.B. in
psychotherapeutischer Behandlung war). 8,3%
• ... mein Ex-Partner eine neue Partnerin hatte. 25,0%
• ... sich der Lebensmittelpunkt meines Ex-Partners
änderte (z.B. durch eine neue Arbeitsstelle, etc.) 8,3%