Datenschutz in der Jugendhilfe

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Datenschutz in der Jugendhilfe
Köln, den 16.09.2011
Grundlage des Datenschutzes: Das Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung
Art 1 Abs. 1, Art 2 Abs. 1 GG: Grundrecht auf informationelle
Selbstbestimmung
Die Weitergabe von persönlichen Daten ist nur erlaubt bei
einer wirksamen Einwilligung des Betroffenen oder
einer verfassungsgemäßen gesetzlichen
Grundlage.
Grundprinzipien des Datenschutzes nach dem
Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
Erforderlichkeit
Zweckbindung
Nachvollziehbarkeit
Transparenz
Die wirksame Einwilligung in die Weitergabe von Daten
•Wirksamkeit setzt Einsichtsfähigkeit voraus, d.h. Fähigkeit,
Tragweite und Folgen der Erklärung abzuschätzen (nicht an
Altersgrenzen gebunden)
•Formen der Einwilligung:
Ausdrücklich, schriftlich
Konkludent
Mutmaßlich
Beachte: In einigen Gesetzen sind schriftliche
Einwilligungserklärungen vorgeschrieben (BDSG, § 67b SGB X)
Bereichsspezifische Datenschutzgesetze
•§§ 61 – 68 SGB VIII (Datenschutz in der Jugendhilfe)
•§ 35 SGB I (Definition Sozialgeheimnis)
•§§ 67 – 85a SGB X (Datenschutz der Sozialbehörden)
•§§ 203, 34 StGB (Strafrechtliche Schweigepflicht,
rechtfertigender Notstand)
•Demnächst: Bundeskinderschutzgesetz( RegE)
•Subsidiär: Bundesdatenschutzgesetz,
Datenschutzvorschriften freier Träger, z.B. kirchlicher
Datenschutz)
Übersicht über die
Datenschutzvorschriften des SGB VIII
Vorschrift
Inhalt
§ 61
Anwendungsbereich, Freie Träger, Verhältnis zu
SGB X
§ 62
Erhebung von Daten
§ 63
Speicherung von Daten; Erforderlichkeit der
Aufbewahrung; Aktenführung
§ 64
Übermittlung und Nutzung von Daten;
Zweckbindungsprinzip
§ 65
Besonderer Vertrauensschutz, persönlich
anvertraute Daten
§ 68
Amtsvormundschaft, Amtspflegschaft und
Beistandschaft
Schutzauftrag nach § 8a und Vertraulichkeit
in der Jugendhilfe
Informationsgewinnung
Risikoabschätzung
Sozialdaten sind beim
Betroffenen zu erheben (§ 62
Abs. 2)
Dem Mitarbeiter persönlich
anvertraute Sozialdaten dürfen
von diesem nur weitergegeben
werden ..
Ohne Mitwirkung des
Betroffenen dürfen Sozialdaten
nur erhoben werden, wenn
..die Kenntnis der Daten
erforderlich ist für die Erfüllung
des Schutzauftrags .. nach § 8a
(§ 62 Abs. 3 Ziff. 2d)
Bei Zuständigkeitswechsel und
Gefährdung des Kindeswohls
sowie
An die Fachkräfte, die zum
Zweck der Abschätzung des
Gefährdungsrisikos nach § 8a
hinzugezogen werden.
(vgl. § 65 Abs. 1 Ziff. 3 und 4)
Die Schweigepflicht nach § 203 StGB
Verpflichtung, anvertraute Geheimnisse nicht unbefugt zu
offenbaren
Geheimnis
Offenbaren
Jede in
Zusammenhang
mit der
beruflichen
Tätigkeit erlangte
Information über
eine Person
Jede
Weitergabe
von personenbezogenen
Daten
Befugt
Mit Einwilligung des
einsichtsfähigen Betroffenen
oder einer gesetzlichen
Grundlage:
1. Gesetzliche Anzeigepflichten
(§ 138 StGB;
Bundesseuchengesetz etc.)
2. Rechtfertigender Notstand (§
34 StGB)
Die Anwendung von § 34 StGB (nach Fegert
u.a., Das Jugendamt 2009, S. 352)
1. Stufe
Prüfung der eigenen fachlichen Mittel
zur Gefährdungsabwehr
2. Stufe
Direktes Einwirken auf die
Personensorgeberechtigten, Hilfe in
Anspruch zu nehmen
3. Stufe
Mitteilung an das Jugendamt, wenn
dessen Tätig werden dringend
erforderlich ist
Diese Vorgehensweise sollte dokumentiert und so weit
möglich mit den Eltern besprochen werden („evtl. gegen
den Willen, aber nicht ohne Wissen der Betroffenen“).
Das Gesetzgebungsverfahren zum
neuen Bundeskinderschutzgesetz
22.12.2010: Referentenentwurf des Bundesministeriums für Jugend,
Familie..
16.03.2011: Regierungsentwurf des Kabinetts/ 15.04.2011:
Gesetzesentwurf (BR-Drucksache 202/11)
27.05.11: Beschlussfassung des Bundesrates mit einer
Stellungnahme zum Gesetzesentwurf (BR-Drucksache 202/11 B)
Ende Juni: Gegenäußerung der Bundesregierung zu der
Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucks. 17/6256)
Danach: Beschlussfassung Bundestag/ Zustimmung Bundesrat (evtl.
Vermittlungsverfahren)
Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens: vorauss. 01.01.2012
Das neue Bundeskinderschutzgesetz (Stand:
Regierungsentwurf vom 16.03.11)
Art. 1: Kooperation und
Kommunikation im
Kinderschutz (KKG)
Art. 2: SGB VIII-Jugendhilfe
§ 1: Kinderschutz und staatliche
Mitverantwortung
§2: Elterninformation
(Elternbesuchsdienste)
§3: Verbindliche
Netzwerkstrukturen
§4: Beratung und Übermittlung
von Informationen durch
Geheimnisträger bei
Kindeswohlgefährdung
§8a: Neu-Strukturierung des
Schutzauftrags
§8b: Fachliche Beratung und
Begleitung zum Schutz von
Kindern
Und weitere Neu-Regelungen (s.
Folien..)
Art. 3: Träger der Rehabilitation (Ausgestaltung noch unklar)
Die Neu-Strukturierung des Schutzauftrags
in § 8a SGB VIII (neu)
Die Pflichten des Jugendamts
Die Pflichten des freien Trägers
(aufgrund Vereinbarung)
Gewichtige Anhaltspunkte
feststellen
Gewichtige Anhaltspunkte feststellen
Einschätzung des
Gefährdungsrisikos im Fachteam
Einbeziehung des Kindes oder
Jugendlichen und der
Erziehungsberechtigten
(Hausbesuch nach fachlicher
Einschätzung)
Hilfe anbieten
Familiengericht anrufen (Abs.
3)
Gefährdungseinschätzung mit insoweit
erfahrener Fachkraft
Einbeziehung des Kindes oder
Jugendlichen und der
Erziehungsberechtigten (kein
Hausbesuch)
Qualifikation der insoweit erfahrenen
Fachkraft festlegen
Auf Hilfen hinwirken
Jugendamt informieren
Die kinder- und jugendnahen
Berufsgeheimnisträger nach § 4 KKG
•Ärztinnen oder Ärzte, Hebammen oder Entbindungspfleger, Angehörige
anderer staatlich anerkannten Heilberufe;
•Berufspsychologinnen oder –psychologen;
•Ehe- Familien. Erziehungs- oder Jugendberaterinnen oder -berater;
•Beraterinnen oder Berater in anerkannten Suchtberatungsstellen;
•Mitglieder einer anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle;
•Staatlich anerkannte Sozialarbeiterinnen- oder arbeitern bzw.
Sozialpädagoginnen oder –pädagogen
•Lehrerinnen oder Lehrer an öffentlichen Schulen
•Vorschlag BRat: Lehrerinnen und Lehrer an privaten Schulen und
sozialpädagogische und therapeutische Fachkräfte in Einrichtungen der
Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe aufnehmen/ BReg: Ablehnung
Kinder- und jugendnahe Berufsgeheimnisträger,
„Kinderschutzfachkräfte“ und Jugendamt im Zusammenwirken
Berufsgeheimnisträger nach
§ 4 KKG
Öffentlicher Träger der
Jugendhilfe nach § 8b SGB
VIII neu
Bekanntwerden gewichtiger
Anhaltspunkte für
Kindeswohlgefährdung
Verpflichtung, den
Beratungsanspruch der
Berufsgeheimnisträger zu erfüllen
Erörterung der Situation mit
Kindern/Jugendlichen und
Personensorgeberechtigten
Schaffung eines „Pools“ geeigneter
„im Kinderschutz erfahrener
Fachkräfte“ (Gesetzesbegründung)
Hinwirken auf Hilfe
Erweiterter Auftrag der im
Kinderschutz erfahrenen Fachkräfte
in einem System des kooperativen
Kinderschutzes
(Gesetzesbegründung)
Anspruch auf Beratung durch
„insoweit erfahrene Fachkraft„ (s. §
8b SGB VIII)
Befugnis zur Information des
Jugendamts (s. § 34 StGB)
Die Weitergabebefugnis nach § 4 KKG
Voraussetzungen
Eine Abwendung der Gefährdung
scheidet nach Abs. 1 aus
oder
Ein Vorgehen nach Abs. 1 ist
erfolglos
und
Der Geheimnisträger hält ein Tätig
werden des Jugendamts zur
Gefährdungsabwendung für
erforderlich
und
Die Betroffenen wurden darauf
hingewiesen (Ausnahme: Schutz
des Kindes)
Rechtsfolge
Die Geheimnisträger
sind befugt (nicht
verpflichtet!), das
Jugendamt zu
informieren und
Dem Jugendamt die
erforderlichen Daten
mitzuteilen
Generelle Pflichten beim Erkennen einer
Kindeswohlgefährdung
Einschätzung des Gefährdungsrisikos
Kollegiale Beratung - evtl. unter Hinzuziehung einer im
Kinderschutz erfahrenen Fachkraft
Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen und der
Personensorgeberechtigten (falls nicht Schutz des Kindes
in Frage gestellt wird)
Hinwirken auf Hilfe oder eigenes Angebot von Hilfe
Bei Erfolglosigkeit: Information des Jugendamts oder
Familiengerichts
Dokumentation des gesamten Vorgangs
Die Verantwortungsgemeinschaft in einem
kooperativen Kinderschutz
Prävention nach § 3 KKG
Netzwerk Frühe Hilfen
Jugendhilfe, Gesundheitshilfe,
Eingliederungshilfe, Polizei- und
Ordnungsbehörden, Beratungsstellen,
Familienbildungsstätten, Ärzte,
Hebammen, Familienhebammen,
Familiengerichte
_________________________
Vorschlag BRat:
Staatsanwaltschaft
Verantwortung: Öffentlicher
Träger der Jugendhilfe
Intervention nach den §§ 4
KKG, 8a,8b SGB VIII neu
Öffentliche Träger der
Jugendhilfe
Freie Träger der Jugendhilfe
und ihre Einrichtungen und
Dienste
Kinder- und jugendnahe
Berufsgeheimnisträger (neu:
Ärzte und Lehrer)
Koordinierende und beratende
„Kinderschutzfachkräfte“
Familiengericht
Weitere wesentliche Regelungen im neuen
BKiSchG
§ 8a Abs. 5: Mündliche Übergabe bei Zuständigkeitswechsel
§ 8b/§ 45: Anspruch der Einrichtungsträger auf Beratung bei
fachlichen Handlungsleitlinien/ Verbesserung der Rechtsstellung
von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen (Ombudsstelle)
§ 72a: Führungszeugnisse auch für Ehrenamtliche (örtliche
Vereinbarungen)
§§ 79, 79a: Qualitätsentwicklung in der öffentlichen Jugendhilfe
(umstritten)
Art. 3: Einbeziehung der Reha-Träger in den Kinderschutz
(umstritten)