Leistungserwartung_und_Leistungsdruck.3

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Transcript Leistungserwartung_und_Leistungsdruck.3

Leistungserwartung
und Leistungsdruck
OA J. Perlberg
Dipl. Psych. D. Heidmann
Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie,
-psychosomatik und –psychotherapie Wittenberg
Gliederung:

Fallbeispiel
Studien
Symptome
Ursachen
Was können wir tun?

Diskussion
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
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
Fallbeispiel:
Umfrage:

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
Online-Umfrage 2012 unter dem Motto „Kinder
brauchen Zeit!“ des Deutschen Kinderhilfswerks und UNICEF Deutschland
„Wie verbringt ihr eure Zeit?“
Teilnahme von ca. 2.000 Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre aus Deutschland
Wie sieht eine typische Woche von Kindern und
Jugendlichen in Deutschland aus?
Familie
Freunde
Chillen
Hobbys
Schule
Zocken & Fernsehen
Stunden pro Woche
17,94
11,63
15,08
7,86
38,59
13,90
Wie sieht eine typische Woche von Kindern und
Jugendlichen in Deutschland aus?
Familie
Freunde
Chillen
Hobbys
Schule
Zocken &
Fernsehen
1. bis 4.
Klasse
25,22
11,85
17,88
6,52
35,30
8,23
5. bis 8.
Klasse
18,14
11,81
14,14
7,41
39,23
9. bis 13.
Klasse
11,18
10,29
14,09
8,42
45,21
14,27
15,81
Studie: „Schulstress in
Deutschland“ (Seiffge-Krenke, 2008)
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
mittlere Stressbelastung der dt. Schüler im
Vergleich mit 18 anderen Ländern
klinisch auffällige Jugendliche nehmen Stress
deutlich stärker wahr; starker Zusammenhang
zu Belastungen im Elternhaus
Gymnasiasten berichten meisten Schulstress
je älter die Schüler, desto höher die Stresswerte
Angst vorm „Sitzenbleiben“ erzeugt mehr Stress
als tatsächliche Klassenwiederholung
Studie: „Schulstress in
Deutschland“ (Seiffge-Krenke, 2008)
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
Zukunftssorgen größte Belastung
Schulsorgen an zweiter Stelle
höhere Stresswerte bei Kindern aus Einelternfamilien oder mit Migrationshintergrund
Symptome störungsspezifisch:
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
in der Freizeit nur noch mit schulischen Themen
beschäftigt
ständige Gedanken an die Schule, Lernstoff oder
Noten: Was muss ich noch lernen? Was muss ich
noch vorbereiten?
soziale Rückzugstendenzen
Kinder erscheinen abgeschlagen und erschöpft,
teilweise aber auch demotiviert, des-interessiert
und gereizt
Symptome körperlich:
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
somatische Beschwerden wie Bauch- oder
Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Zittern,
Schweißausbrüche, Kreislaufattacken, Ohnmachtsanfälle, plötzliches Fieber
Schlafstörungen
teilweise übermäßiger Konsum von Nahrung bei Anderen Appetitverlust  damit
verbundene Gewichtsveränderungen oder
„Essstörung“
Symptome psychosozial:
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Stimmungsschwankungen, innere Anspannung
Konzentrationsprobleme
Prüfungs- und Leistungsängste
Schwierigkeiten im Sozialverhalten
ständige Vergleiche mit Mitschülern
Symptome familiär:
oft werden SCHULprobleme zu
FAMILIENproblemen:
 Belastung des Verhältnisses zwischen Eltern
und Kindern
 durch große Sorge um die schulische Entwicklung ihrer Kinder können Eltern unter starken
Druck geraten
 ODER UMGEKEHRT...

Symptome geschlechtsspezifisch:
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große Vielfalt im Auftreten der Symptome
geschlechtsspezifische Unterschiede 
Überforderung oder Schulangst bei Jungen
häufig nicht erkannt
Mädchen häufiger introverse Symptome (nach
innen - auf den Körper oder die Seele gerichtet)
Jungs typischer extroverse Symptome (nach
außen gerichtet – Motorik, Sozialverhalten...)
Exkurs: „Schulangst“
Zwei wichtige Kriterien:
 Leistungsabfall und Zeitpunkt: Nicht alle
Betroffenen sind schlechte Schüler, aber alle
hätten ohne die Furcht bessere Noten.
 Schmerz, Schwäche oder Kummerattacken
treten immer nur während der Schulzeit auf und
am Samstag ist es plötzlich meistens wieder gut.
 „Angst vor Schule“ vs. „Schulphobie“ (ein anderes seelisches Problem führt zur Schulvermeidung)
Mögliche Ursachen komplex:

Zusammenspiel verschiedener Einflussfaktoren:
SCHULE
UMWELT
SCHUL- KIND bzw.
STRESS JUGENDLICHER
FAMILIE
Mögliche Ursachen sozial:
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
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
starke Wettbewerbsorientierung und hohe
Leistungsbereitschaft
Schlagwörter wie „Lehrstellenmisere,
Bildungsnotstand, Arbeitslosigkeit und PisaProbleme…“
Ostdeutsche Wirtschaftssituation
Minderwertigkeitsgefühle
Identitätsunsicherheit in Kindheit und Jugend
Mögliche Ursachen familiär:



hohe Ansprüche von Eltern, Wunsch nach dem
Besten für ihre Kinder  (60 % wünschen sich
Abitur der Kinder)
innerfamiliäre Ursachen, zum Beispiel Trennung
der Eltern, Erkrankungen oder Todesfall,
Umzug
eigener problematischer Umgang der Eltern mit
Druck und Leistungsanforderungen
(Biographien!)
Mögliche Ursachen individuell:
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schulische Über- oder Unterforderung 
zusätzliche Motivationsprobleme
passende Schulform?
vermehrte Probleme nach Schulwechsel, meist ab
7./8. Klasse
Hausaufgaben, Vorträge, Lernen für Klausuren
und lange Fahrtwege Schultag oftmals länger
als ein normaler 8h-Arbeitstag für einen
Erwachsenen  enorme Belastung
teilweise angespanntes Verhältnis zwischen
Schüler und Lehrer
Mögliche Ursachen psychisch:
möglicherweise psychische/psychiatrische
Symptome und Erkrankungen (z.B. Depression!)
 ADHS oder Teilleistungsstörungen wie
Dyskalkulie (Rechenschwäche) oder LRS (Leseund Rechtschreibschwäche)
 Diagnostik dringend notwendig!
 Arbeitsorganisationsprobleme

Weitere mögliche Ursachen:
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
außerschulische Aktivitäten dienen nicht mehr
ausschließlich zum Ausgleich, sondern schaffen
teilweise zusätzlichen Erfolgsdruck
Probleme mit Freunden, „Mobbing“?
Mangel an sozialen Kompetenzen
Persönlichkeitseigenschaften wie
Perfektionismusstreben, überhöhte Ansprüche
oder Versagensängste, Misserfolgserwartung
Prüfungsängste (Ausdruck hoher Anspannung)
Was können wir tun?
stabiles soziales Umfeld für Schüler schaffen
 gute und vertrauensvolle Beziehung zwischen
Kindern und ihren Eltern
 gemeinsame Zeit
 mit Ihrem Kind reden, soweit dies darauf
eingeht
 für ihr Kind da sein und Hilfe anbieten
 Nachfragen, was ihm oder ihr helfen könnte
 Zuversicht und Vertrauen ausstrahlen
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Was können wir tun?
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Lob oder eine Belohnung für gute Leistungen
bzw. Anstrengung
auch kleine Fortschritte erkennen & anerkennen
keine Vergleiche mit besseren Mitschülern
auch Leistungen in Nebenfächern wertschätzen
Trost und Aufmunterung bei schlechten Noten
nicht das Kind vor Dritten mit schlechten Noten
erniedrigen
Schule nicht als einziges Gesprächsthema
Was können wir tun?
Notendruck in jungen Jahren vermeiden, letzten
Schuljahre eher entscheidend
 Realitätsprüfung, tatsächliche Folgen abwägen
 nicht nur Schulnoten wichtig, sondern auch
Förderung sozialer Kompetenzen (Teamarbeit,
Rücksichtnahme…)
 Kind muss und darf lernen „NEIN“ zu sagen
 Überprüfung der eigenen Erwartungen,
Wünsche und Ansprüche:
„Wessen Traum verfolge ich hier eigentlich???“

Was können wir tun?



weniger Lernstoff abfragen, sondern
Lebensinhalte und Interessen des Kindes
diskutieren und anregen
frühzeitig auch weitere Interessen des Kindes
entdecken und fördern  Abgleich zwischen
Berufswunsch und Schullaufbahn bringt
Entlastung
wissen, wofür man lernt
Was können wir tun?




Freunde und regelmäßige soziale Kontakte zu
Gleichaltrigen
ausreichend Freizeit, um sich von den Strapazen
der Schule zu erholen
Ausgleiche schaffen (bspw. Theater-AG, Sport,
Entspannung…)
viel Bewegung und gesunde Ernährung
Was können wir tun?
Einbeziehung von Klassen- oder
Vertrauenslehrern des Kindes
gemeinsam Lösungsmöglichkeiten finden
 regelmäßiger Austausch zwischen Lehrern und
Eltern – über Leistungen, Aufwand sowie
Belastung zu Hause  mehr Transparenz
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Was können wir tun?




wenn nötig Organisation von Nachhilfe, jedoch
nur wenn tatsächlich notwendig und auf
begrenzte Dauer
Hilfe bei der übersichtlichen Strukturierung von
Schultagen oder –wochen: Was muss ich tun?
Wie gehe ich vor?
ausreichend Pausen, fester Arbeitsplatz möglichst im eigenen Zimmer
eigenständiges Lernen LERNEN
Was können wir tun?
Thematisierung von Schulstress und diesen zu
bemerken ist der erste Schritt
 Stellenwert von Schulnoten überdenken
 Kind ist nicht nur ein Schulkind, sondern auch
Sohn, Tochter, Freund(in) und vieles mehr
 mehr Vertrauen in die Kinder haben
 selbstverantwortliches Lernen und
Selbstvertrauen entscheidend für positive
Ergebnisse und persönliche Stärke

Was können wir tun?


Fokus auf Stärken der Kinder!
Schulprobleme frühzeitig erkennen und
angehen  sonst drohen Schulunlust,
Schulverweigerung, depressive Verstimmungen
oder Schulangst
Bei Bedarf Hilfe organisieren!!!
(Vertrauenslehrer, Schulpsychologin,
Therapeuten, Institutsambulanz der Tagesklinik)
Diskussion
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!