Transcript Frauenförderung, Gender Mainstreaming & Diversity Management
Frauenförderung Gender Mainstreaming Diversity Management
Münster 27.09.2011
Prof. Dr. Erika Bock-Rosenthal Dipl.-Volkswirtin
Frauen können heute alles erreichen:
Bundeskanzlerin
Frauen können heute alles erreichen:
Ministerpräsidentin NRW
Frauen können heute alles erreichen:
Bildungsministerin NRW
Frauen können heute alles erreichen:
Präsidentin der Fachhochschule Münster
Karrierebedingungen der Spitzenfrauen:
Bildung u. Qualifikation als Voraussetzung hohe Motivation und Leistung (150%) Durchsetzungsfähigkeit Sozialisation in „Männerberufen“ keine Kinder oder familiäres Arrangement Karrierechancen in schwierigen Situationen, die Männer eher meiden Unterschätzung der Frauen
Was ist heute noch zu tun?
Einige Spitzenfrauen in Politik und Medien -
aber:
Armut u. Niedriglohn weiblich Private Arbeit: Frauensache Strukturelle Unvereinbarkeit v. Beruf u. Familie unterbrochene Erwerbsbiographien Bildungsniveau der Frauen besser als der Männer, aber Rückstand im Berufsleben Frauenanteil abnehmend mit steigendem Status des Berufs u. der Hierarchieebene Hochschule: Schaltstelle als Sozialisationsinstanz
Aktuelle Daten
Quelle: ZDF
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1. Gleichstellungsbericht der Bundesregierung: Neue Wege – gleiche Chancen
Fächerwahl genderspezifisch nicht professionalisierbare Arbeit „aus Liebe“ in vollzeitschulischer Ausbildung für Frauen , Lehre im Dualen System (Lohn) für Männer Jungen aus bildungsfernen Familien: „Inszenierung einer mit Bildungsanstrengungen nicht verträglichen Männlichkeit“
Neue Wege – gleiche Chancen
Lohndifferenz zwischen Frauen u.Männern: 23% Diskontinuitäten im Berufsleben der Frauen Teilzeit: hoher Frauenanteil 2/3 aller niedrig Entlohnten sind Frauen Frauen erreichen nur ½ Männerrente Minijobs u. typische Frauenberufe als Sackgasse Steuerrecht wirkt retraditionalisierend Work-Life-Balance: fehlende Voraussetzungen Hohes Armutsrisiko von alleinerziehenden Frauen
Neue Wege – gleiche Chancen
Frauenanteil in Führungspositionen in: der Privatwirtschaft: 19,6 % Großunternehmen: 5,9% DAX-Unternehmen: 3,2 % Arbeitsplätze männl. definiert (Arbeitszeit) Nur in der Politik, den Medien und dem öffentlichen Dienst höhere Anteile von Frauen in Spitzenpositionen
Frauen in Führungspositionen
Typische Arbeitsbereiche: eher kleine u. mittlere Unternehmen eher neue Bundesländer als alte Branchen: Gesundheits-u. Sozialwesen Rechnungswesen, Öffentlichkeitsarbeit, Personalwesen, Marketing International hohe Anteile von Spitzenfrauen Quotenvorgaben und Diversity Politik
Frauen in Führungspositionen
Verhindern Männer eine Frau, schützen sie eine „basale Vorstellung von sich selbst“.(166) Macht gehört bei Männern zum Charisma Frauen müssen nicht nur die verlangte Qualifikation mitbringen sondern Statur, Stimme, Aggressivität, Sicherheit im Auftreten, Rollendistanz, „natürliche“ Autorität „Normen, an denen man die Frauen misst, haben nichts Universelles“ (Bourdieu. 111)
Geschlechtsspezifische Berufskultur
Hist. Segregation als Voraussetzung für die Integration von Frauen in die Berufswelt Typische Männer- und Frauenberufskulturen Unterschiedl. Lohn für helfende u. techn. Berufe Nutzung mitgebrachter geschlechtstypischer Kompetenzen ohne Honorierung Führungspositionen als Anderthalb-Personen Berufe (Beck-Gersheim) Führungspositionen: „männl.“ Eigenschaften Strukturelle Diskriminierung / Gläserne Decke
Klassische Arbeitsteilung, auch wenn Väter als „mithelfende Familienangehörige“ wirken
Männer übernehmen:
Hausmeisterarbeiten Einkaufen mit den Kindern spielen jedenfalls sonntags Hilfstätigkeit nach Aufforderung
Frauen bleibt:
Gesamtverantwortung für den Haushalt Kinderbetreuung und Pflege der Alten Putzen – ggf. Org. einer Hilfe Logistik von Feiern etc.
Herstellung des häuslichen Klimas Funktion als „Springerin“ ◦ Chauffeurin für die Kinder ◦ Konfliktmanagement
Gender als soziales Grundmuster
Kategorien männlich- weiblich in den Grundstrukturen der Gesellschaft als System von
Gegensätzen
verankert: Gerade – krumm, hart – weich, klar und diffus (Bourdieu 2005)
Androzentrische Sicht
gilt als
neutral
Geschlecht als
symbolische Macht
Ineinandergreifen von Vorurteilen, Interpretation von Verhalten und tatsächlichem Verhalten Gesellschaftliche
Institutionen gegendert
Geschlechtswandel von Berufen nach Status
Geschlechtsspezifische Sozialisation
• Erziehung geschlechtsspezifisch (besonders stark in unteren sozialen Lagen u. bei muslimischen Migranten) • • • • • • • Modellwirkungen der Erwachsenen Medienwirkungen Identitätszwänge und Selbstsozialisation Geschlechtsspezifische Fächerwahl in der Schule „Heimliche Lehrpläne“: Gender in Schulbüchern Geschlechtstypische Fächerwahl an der Hochschule Ineinandergreifen von Vorurteilen, Interpretation von Verhalten und tatsächlichem Verhalten
Strategien der Genderpolitik
1. Frauenförderung
Beginn 70er Jahre
2. Gleichstellungspolitik 3. Gender Mainstreaming
seit 1999 Bundesgleichstellungsgesetz 5.12.2001
4. Diversity-Management
Strategien der Genderpolitik
Aber auch: ◦ Steuerpolitik (Splitting) ◦ Bildungspolitik ◦ ◦ ◦ Familienpolitik Unternehmenspolitik Arbeitsmarktpolitik etc.
1. Phase: Frauenforschung Frauenbewegung
1968 erste Frauengruppen Seit 1974 erste Forschungen in Deutschland Entdeckung der strukturellen Diskriminierung geschlechtspezifische Arbeitsmärkte Typische Frauenberufe: Assistenz, Nutzung „weiblicher“ Qualifikationen, Zuverdienst Berufliche Wiedereingliederung Führungspositionen 1 1/2Personenberufe Geschlechtspezifische Sozialisation
1. Phase Frauenförderung
Frauen u. ihre „Defizite“ im Focus Qualifizierungsmaßnahmen zum Wiedereinstieg nach der Familienphase Frauen- bzw. Gleichstellungsbeauftragte als Beschwerdestelle Abwehr von Diskriminierungen Frauenpolitik als Reservat Anpassung an männliche Karrieren Frauen in „Männerberufe“ (KFZ-Mech.)
2. Phase: Gleichstellung Neuinterpretation des Art. 3 GG
Abs. 1
Männer und Frauen sind gleichberechtigt. (
Autorinnen: Mütter des GG)
Abs. 2
Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(Ergänzung 1994)
Bundesgleichstellungsgesetz,
§
2
„ Alle Beschäftigten, insbesondere auch solche mit Vorgesetzen- und Leitungsaufgaben, sind verpflichtet, die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern. Diese Verpflichtung ist als durchgängiges Leitprinzip in allen Aufgaben bereichen der Dienststelle sowie auch bei der Zusammenarbeit von Dienststellen zu berücksichtigen.“
Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern für NRW vom 9.11.1999 – LGG NRW
„Bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung sind Frauen bei Begründung eines Arbeitsverhältnisses bevorzugt einzustellen, soweit ... in der jeweiligen Gruppe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weniger Frauen als Männer sind, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen.“ Leistungsbezogene Quoten widersprechen nicht Art. 3GG und auch nicht dem EU-Vertrag
z.B. Sozialgesetzbuch VIII (Kinder- und Jugendhilfe)
§
9 Nr. 3 SGB VIII
„Bei der Aufgabenerfüllung im Bereich der Kinder und Jugendhilfe müssen die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen berücksichtigt, Benachteiligungen abgebaut und die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen gefördert werden“
3. Phase: Gender Mainstreaming
EU: Amsterdamer Vertrag v.1. Mai 1999
Art. 3:
"Bei allen in diesem Artikel genannten Tätigkeiten wirkt die Gemeinschaft darauf hin, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern." Dazu 4 Mitteilungen der EU-Kommission "Einbindung der Chancengleichheit in sämtliche politische Konzepte und Maßnahmen der Gemeinschaft"
3. Phase: Gender Mainstreaming
bei
allen gesellschaftlichen Vorhaben
die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vornherein und regelmäßig berücksichtigen (keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit) Gender Mainstreaming ist eine Strategie, um durchgängig sicherzustellen, dass Gleichstellung als Staatsaufgabe (Art. 3 Abs. 2 GG) in der
öffentlichen Verwaltung von Männern und Frauen
verwirklicht wird.
Optimierung des Verwaltungshandelns
Bewertung des eigenen Handelns. im Hinblick auf die systematische Beachtung der Lebenswirklichkeiten von Männern und von Frauen bei der Planung, Durchführung und Geschlechterdifferenzierte Folgenabschätzung
.
3. Phase: Gender Mainstreaming
Umsetzung: Geschäftsordnung (GGO) der Bundesministerien GM als durchgängiges Leitprinzip bei allen politischen, normgebenden und verwaltenden Maßnahmen (2000) Kein Reservat mehr: alle Akteure beteiligt Alle Entscheidungsprozesse betroffen Einbeziehung der Männer Ergänzung der Frauenpolitik
Gender Mainstreaming - Probleme
Gefahr: Bürokratisches „Versickern“ im Alltag Mangelnde Justiziabilität?
Reduzierung von Gleichstellungsvorstellungen in der Öffentlichkeit auf formale Aspekte Fehlende deutsche Begrifflichkeiten Genderrotation in Wahlämtern als Rückwärtsbewegung Strukturelle Diskriminierung, kaum noch direkte „neue“ Probleme: Demographische Entwicklung, Migration, Finanzkrise, Globalisierung....
4. Phase: Diversity-Managment als freiwillige Unternehmensstragegie
Diversität
• im Sinne von Geschlecht
Vielfalt
bezieht sich auf: • • • • Alter Behinderung Nationalität, Ethnische Zugehörigkeit Familiäre Situation (Babypause, Pflege, Partnerschaft) • • sexuelle Orientierung Religion und Weltanschauung ect.
4. Phase: Diversity-Managment als freiwillige Unternehmensstragegie
Minderheitenposition
kein Makel, sondern eine
Chance für lernende Organisationen
: • • • • • Nutzung der Vielfalt an Humanressourcen Aufmerksamkeit und Achtsamkeit für Mitarbeitende Stärkung der Lern- u. Anpassungsfähigkeit d. Org.
Bessere Kunden- u. Klientenbezogenheit Anpassung an sozialen Wandel, Individualisierung und Globalisierung
Diversity Management
Vielfalt:
• Unterschiede
und
Gemeinsamkeiten • Vielfältige Identitäten, Teilidentitäten Diversity Management: • Statt Antidiskriminierungperspektive Verschiedenheit als Potenzial • • • • Sicherung kultureller Vielfalt Erschließung von neuem Kreativitätspotenzial Orientierung an der bunten Kundenvielfalt Verschiedenheit des Humankapitals als soziale Produktivkraft • Integrationsmotor in der Gesellschaft
Diversity Management
Kompetenzspektive statt Defizitsuche Statt formaler Richtlinien kreatives Vorgehen „Schöpfen aus dem Vollen“ Genderpolitik „nebenbei“ möglich Zusammenhänge der „Diversitäten“ Offenheit, Vielfalt, Entfaltungsperspektiven Definitionsmacht (Genderpolitik) möglich aufgrund der Unbestimmtheit von Diversität Lernen von Unternehmen, Charta der Vielfalt
4. Phase: Diversity Management –
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) §
1 Ziel des Gesetzes
Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Im arbeitsrechtlichen Teil wird auch mittelbare Diskriminierung und sexuelle Belästigung verboten. Im privatrechtlichen Teil gilt das Diskriminierungsverbot … nur bei Massengeschäften §
22 Beweislast bei Bewerbungsverfahren
bei den der Diskriminierung Beschuldigten
4.Phase Diversity Managemnt
Umsetzungsstrategien:
Institutionalisierung top down u. bottom up Leitbild, Betriebsvereinbarungen, AGs Beratung und Mentoring für Minderheiten Trainings für Vorgesetzte, Kommunikation Personalpolitische Instrumente Neue Einrichtungen: Kitas, Gebetsräume etc.
In Entscheidungsprozessen Gleichstellungs- und ggf. Diskriminierungspotenzial prüfen Mitarbeiterbefragungen, Evaluation Außendarstellung
Zukunftsperspektiven
Frauen: Bessere Bildungsvoraussetzungen Doppelorientierung an Beruf u. Familie Steigender Mangel an Fachkräften Wachsender Dienstleistungssektor (Gesundh.) Hohe Integrationsanforderungen Demographische Entwicklungen: Alterung Soziale Akzeptanz von Kinderbetreuung Individualisierungsprozesse
Im Blickfeld der Politik:
demographischer Wandel Work-Life-Balance zur langfristigen Sicherung der Sozialsysteme Kinderbetreuung und Pflege Bildungspolitik Elterngeld und Vätermonate Modernisierung des Familienrechts Arbeitsmarktpolitik Integrationspolitik Steuerrecht (?)
Strategische Perspektiven
Frauenförderung weiterhin nötig: Migrantinnen Durchsetzungstrainings für Frauen Gleichstellungspolitik als Daueraufgabe Voraussetzungen für Work-Life-Balance Maßnahmen zur Familienfreundlichkeit Inklusion von Behinderten, Älteren, Migranten etc. immer auch in der Gender-Perspektive Verknüpfung von Frauenförderung, Gender Mainstreaming, Integration u. Diversity Management
Undoing-Gender!
Strategische Perspektiven
Diversity-Management zur Profilierung Hochschule nach innen und außen Lehrstühle für Gender und Diversity Altenstudium, Weiterbildung in Diversity-Themen Integration von Migrantinnen u. Migranten Gender-Mainstreaming in der Hochschulpolitik und im Verwaltungshandeln z.B. bei Gründung neuer Studiengänge und Institute Verankerung im Präsidium
Ideen
Durchgängige Anwendung der GGO zu Gender Mainstreaming (auch Flyer etc) Dual Career-Hochschule: Berufungsverfahren mit Hilfestellungen für Partnerinnen/Partner (mit Uni) Maßnahmen zur Work-Life-Balance für Mitarbeiter, Professorinnen, Studierende (zeitl. Flexibilisierung) Kinderbetreuung: Notdienste, Ferienangebote Aufbau eines „Großeltern-Angebots“ für Studierende Abbau struktureller Diskriminierung, z.B. in Prüfungsordnungen bei Schwangerschaft
Ideen
Keine Angst vor Quoten! (gibt es ohnehin reichlich!) Netzwerke Alumni: Führungsfrauen – Studentinnen Mentoring für Migrantinnen zum Berufseinstieg Gender Mainstreaming interkulturell Vernetzung mit Frauen aus der Praxis Spezielle Angebote: Rhetorik, Konfliktmanagement Bewerbungs u. Durchsetzungsstrategien für Frauen Studium Generale (z.B: Islamkunde, deutsches Familienrecht für Migrantinnen)
Ideen
Lernen von Modellunternehmen strategische Partner einbeziehen Kooperationspartnerinnen: Kommune, Universität Ideenwettbewerbe intern zu GM u.DiM
Internes Förderprogramm für Projekte Beauftragte u. Multiplikatorinnen in den Fachbereichen, Beratung v. Migrantinnen
Ideen
Gender-Angebote in allen Fachbereichen, Mentoring für Doktorandinnen Angebote für Schülerinnen in den MINTs Angebote für Schüler in „Frauenfächern“ Weiterbildungsangebote GM/Diversity hausintern und für die Praxis Intern Übernahme der
Charta der Vielfalt