Prof. Dr. phil. Dipl.Psych. Siegfried Gauggel - EOS

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Transcript Prof. Dr. phil. Dipl.Psych. Siegfried Gauggel - EOS

Siegfried Gauggel
Institut für Medizinische Psychologie
und Medizinische Soziologie
Plädoyer für eine wissenschaftlich
fundierte Psychotherapie
[email protected]
Erklärung zu Interessenkonflikten
• Mitgliedschaften in Fachgesellschaften:
•
•
•
•
•
Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs)
Deutsche Psychotherapeutenvereinigung (DPtV)
American Psychological Association (APA)
American Psychological Society (APS)
Gesellschaft für Neuropsychologie (GNP)
• Berufspolitische Aktivitäten
• Prüfungsausschussvorsitzender Klinische Neuropsychologie
(Psychotherapeutenkammer NRW und Ostdeutsche
Psychotherapeutenkammer)
• Mitgliedschaft in wissenschaftlichen Gremien
• Wissenschaftlicher Beirat Psychotherapie nach § 11 PsychThG
• Wissenschaftlicher Beirat der GNP
• Psychotherapie
• Verhaltenstherapeut mit Schwerpunkt Klinische Neuropsychologie
• Geschäftsführer eines staatlich anerkannten
Psychotherapieausbildungsinstitutes (PP und KJP)
Themen des Vortrags
• Historische Entwicklung der Psychotherapie
• Wissenschaft und Wissenschaftlichkeit von Psychotherapie
• Evidenz-basierte Psychotherapie
• Notwendige und wichtige Entwicklungsschritte
Die menschliche Psyche
Religion
Spiritualität
Seelsorge
heilkundliche
Psychotherapie
Seele
(Psyche)
Existenzialismus
Anthropologie
Philosophie
Humanismus
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Bolten, J. Ch. (1751). Gedancken von psychologischen
Curen. Halle im Magdeburgischen: Hemmerde
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Bolten, J. Ch. (1751). Gedancken
von psychologischen Curen.
• Als Adressaten seiner Schrift nennt Bolten: Prediger, Ärzte und die
betroffenen Kranken
• Seine Schrift stellt eingangs Begriff und Nutzen der psychologischen Kur
heraus und gibt Anleitung, „wie man es anzufangen habe, um die
Krankheiten der Seele psychologisch curieren zu lernen“ (Vorrede, A6)
• Die „psychologische Cur“ wird als Ergänzung zur „leiblichen Cur“ gesehen,
aber auch als eigenständiger Behandlungsansatz
• Bolten betrachtet die Ästhetik (Wissenschaft von der sinnlichen Erkenntnis)
als Basiswissenschaft für seine „psychologische Cur“
• Die „psychologische Cur“ muss sich nach den Gesetzen der Natur richten.
• Bolten beschreibt in seinem Buch die Ausbildung eines philosophischen,
insbesondere in der Ästhetik, Logik und Ethik geschickten Therapeuten.
6
http://www.theralupa.de/therapien-verfahren.html
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8
Psychotherapie
• Die Ausübung von Psychotherapie im Sinne des
Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) von 1998 ist
eine mittels wissenschaftlich anerkannter Verfahren
vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder
Linderung von Störungen mit Krankheitswert, bei denen
Psychotherapie indiziert ist.
• Eine wissenschaftliche Anerkennung erfordert eine
wissenschaftlichen Wirkungsnachweis.
• Bei vielen psychischen Störungen ist Psychotherapie
die oder eine Therapie der Wahl.
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Wissenschaft und
Wissenschaftlichkeit
• Objektivität
• Reliabilität
• Validität
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Wann handelt es sich nicht um
Wissenschaft?
• Wenn keine Forschungslogik und –methodik vorhanden ist, die zu
befolgen ist, um bestimmte Probleme zu lösen bzw. Erkenntnisse
zu gewinnen.
• Wenn keine Versuche unternommen werden, offensichtliche
Widersprüche und logische Probleme aufzuklären
• Wenn sich die entwickelten Theorie(n) grundsätzlich nicht
falsifizieren lassen
In der Wissenschaft geht es um die Gewinnung
von sicherem Wissen. Der Grad der Sicherheit ist
je nach Forschungsgegenstand unterschiedlich
hoch.
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Evidenzbasierte Medizin
• Evidenzbasierte Medizin (EbM = beweisgestützte Medizin) ist demnach der
gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig
besten externen, wissenschaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der
medizinischen Versorgung individueller Patienten.
• Unter Evidenz-basierter Medizin ("evidence based medicine") oder
evidenzbasierter Praxis ("evidence based practice") im engeren Sinne versteht
man eine Vorgehensweise des medizinischen Handelns, individuelle Patienten
auf der Basis der besten zur Verfügung stehenden Daten zu versorgen.
• Diese Technik umfasst die systematische Suche nach der relevanten Evidenz in
der medizinischen Literatur für ein konkretes klinisches Problem, die kritische
Beurteilung der Validität der Evidenz nach klinisch epidemiologischen
Gesichtspunkten; die Bewertung der Größe des beobachteten Effekts sowie die
Anwendung dieser Evidenz auf den konkreten Patienten mit Hilfe der klinischen
Erfahrung und der Vorstellungen der Patienten.
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Beliebte Argumente gegen EbM in
der Psychotherapie
• Kontrollierten Studien haben keine vorrangige Priorität mehr, da die
Wirksamkeit von Psychotherapie generell belegt ist.
• Es wird unkritisch die „Medikamentenmetapher“ übernommen.
• Therapeuten-Variablen und Variablen der Therapeut-Patient-Beziehung
werden nicht ausreichend berücksichtigt. Die therapeutische Beziehung
ist der eigentliche Wirkfaktor, Techniken spielen nur eine untergeordnete
Rolle.
• Kontrollierte Studien sind u. a. wegen der starken Patientenselektion
nicht generalisierbar für die klinische Praxis.
• Kontrollierte Studien sagen nichts über die Wirkfaktoren aus und sind
deshalb nicht für den Wirksamkeitsnachweis geeignet.
• EbM-Psychotherapiestudien orientieren sich zu sehr an den Symptomen,
vernachlässigen die zugrundeliegende eigentliche Problematik.
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Sozialgesetzbuch V
• § 2 Leistungen
• (1) …
• (2) …
• (3) …
• (4) Krankenkassen, Leistungserbringer und
Versicherte haben darauf zu achten, daß die
Leistungen wirksam und wirtschaftlich
erbracht und nur im notwendigen Umfang in
Anspruch genommen werden.
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Informationsquellen für die
Verbesserung der Therapie
Externe Evidenz
aus Studien
Erfahrung des
Therapeuten/der
Klinik
EBM
Erfahrung des
Patienten
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Grundlagen für die Entscheidung über die
Wissenschaftlichkeit eines Verfahrens
Bio-psycho-soziale
Theorie der Psyche
und Psychopathologie
EBM
Buchkremer & Klingberg, 2001, Was ist
wissenschaftlich fundierte Psychotherapie?
Nervenarzt
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824 publizierte
Psychotherapiestudien im Jahr
2013
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Efficacy und Effectiveness
• Efficacy-Studie
• Effectiveness-Studie
• explizierte Ein- und
Ausschlusskriterien,
• randomisierte Zuteilung,
• Einbeziehung einer
Kontrollgruppe,
• manualisierte Therapie mit
festgelegten
Rahmenbedingungen,
• operationalisierte Zielkriterien,
• „blinde“ Rater bzw. minimal:
therapeutenunabhängige
Erfolgsbeurteilung,
• statistische Auswertung im Sinne
konfirmativer Hypothesenprüfung
• operationalisierte OutcomeErfassung,
• prospektives Design,
• Kosten-Nutzen-Analysen,
• Lebensqualität als eines der
Zielkriterien (keine Beschränkung
auf reine Symptomveränderungen),
• weiter gefasste Einschlusskriterien
(u. a. Berücksichtigung von
Komorbiditäten).
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Prototypisches Design zur
Evaluation von Psychotherapien
Therapie
Kontrollgruppe
Prä
Post
- keine Behandlung
- Warteliste (WLC)
- Aufmerksamkeits-Plazebo
- Standardbehandlung (TAU)
Follow-up
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Phasen der Therapieevaluation
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Perspektiven
• Etablierung einer methodisch fundierten Psychotherapieforschung
• Stärkerer Fokus auf die Erforschung der psychotherapeutischen
Mechanismen und Prozesse
• Moderator (z. B. Geschlecht, Ethnizität, sozioökonomischer Status,
Komorbidität), berücksichtigen
• Qualitative Forschung ermöglichen und berücksichtigen
• In der klinischen Praxis müssen Outcome-Maße etabliert werden, um den
Fortschritt von Patienten besser zu dokumentieren
(Versorgungsforschung)
• verstärkte Zusammenarbeit zwischen Vertretern verschiedener
Therapieverfahren bei der Evaluation
• Gemeinsames theoretisches Fundament für eine einheitliche Störungsund Behandlungstheorie entwickeln (auf Anschlußfähigkeit der Konzepte
achten)
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Nature, 2011, 478, 15
Published online 4 October 2011
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Institut für Medizinische Psychologie
und Medizinische Soziologie
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
[email protected]
Informationsquellen für die
Verbesserung der Therapie
Erfahrung des
Therapeuten/der
Klinik
Erfahrung des
Patienten
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Common Factors in der
Psychotherapie
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