Folien vom 18.11 - Rechts

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Teil 7
Beteiligte und Organe in FGFamiliensachen
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A. Beteiligte
Neuregelung des Beteiligtenbegriffs ist nach
Intention des Gesetzgebers ein Kernstück des
neuen FamFG.
Das FamFG unterscheidet
• Beteiligte kraft Gesetzes
• Beteiligte kraft Hinzuziehung
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I. Bedeutung und Funktion der Beteiligten
• Subjekte des Verfahrens
• Bedeutung für Einleitung und Fortentwicklung
des Verfahrens, z.B.:
 Begründung der örtlichen Zuständigkeit
 Gewährung von Verfahrenskostenhilfe
• Begründung von Rechten und Pflichten
• Eintritt von Verfahrenswirkungen
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II. Formeller und materieller Beteiligtenbegriff
• Formell Beteiligter: Derjenige, der an einem
Verfahren formell als Verfahrenssubjekt teilnimmt,
unabhängig davon, ob die Teilnahme zulässig ist.
• Materiell Beteiligter: Derjenige, dessen Rechte und
Pflichten – unabhängig von seiner Teilnahme – durch
das Verfahren beeinflusst werden.
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1. Formeller Beteiligtenbegriff der ZPO
ZPO-Verfahren: formeller Beteiligtenbegriff =
Hier: Parteibegriff
Die Parteien werden durch die Klage bestimmt,
ohne dass es auf deren Begründetheit
ankommt.
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2. Doppelter Beteiligtenbegriff des FGG
• In FGG-Verfahren ist der formelle Beteiligtenbegriff
der ZPO nur bei Antragsverfahren möglich (hier:
Antragsteller und Antragsgegner)
• Bei Amtsverfahren ist der materiell Beteiligte
Verfahrenssubjekt und wird durch die Hinzuziehung
durch das Gericht auch formell Beteiligter
• Formell und materiell Beteiligte können
auseinanderfallen
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3. Reformgedanke des FamFG
• Situation des FGG unbefriedigend
• Ziel: Beteiligung vom materiellen Recht zu
lösen und mehr an das formelle Recht – in
Annäherung an die ZPO – anzulehnen (BT-Drs.
16/6308, S. 178).
• Das FamFG unterscheidet nicht mehr zwischen
formellen und materiellen Beteiligten
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III. Die Beteiligten nach § 7 FamFG
1. In Antragsverfahren ist Beteiligter kraft
Gesetzes nach § 7 Abs. 1 FamFG der
Antragsteller.
2. Kraft Hinzuziehung:
 Muss-Beteiligte: § 7 Abs. 2 FamFG
 Kann-Beteiligte: § 7 Abs. 3 FamFG
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§ 7 Abs. 2: Muss-Beteiligte
• Nr. 1: dessen Recht durch das Verfahren unmittelbar
betroffen wird:
o Recht = subjektive Rechte aller Art, geschützte
Individualinteressen
o Unmittelbare Betroffenheit = direkte Einwirkung auf das
geschützte Recht
• Nr. 2: wer auf Grund des FamFG oder eines anderen
Gesetzes von Amts wegen oder auf Antrag zu
beteiligen ist
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§ 7 Abs. 3 FamFG: Kann-Beteiligte
• Hinzuziehung weiterer Personen, soweit dies
im FamFG oder einem anderen Gesetz
vorgesehen ist:
– unmittelbar in ihren Rechten Betroffene
(Ermessensreduzierung auf Null)
– Personen mit ideellem oder sozialem Interesse
(Ermessen)
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IV. Sonderregelungen
Ergänzende oder abändernde Sonderregelungen zu § 7
FamFG für Familiensachen im 2. Buch des FamFG,
•
•
•
•
•
•
Kindschaftssachen (§ 158 Abs. 3 S. 2)
Abstammungssachen(§ 172)
Adoptionssachen (§ 188)
Ehewohnungs- und Haushaltssachen (§ 204)
Gewaltschutzsachen (§ 212)
Versorgungsausgleichssachen (§ 219)
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VI. Begründung der Beteiligung
• ohne förmlichen Beschluss
(arg. e contrario: § 7 Abs. 5)
• Empfehlung, bei Verfahrenseinleitung die Beteiligten
zu bestimmen und ggfs. später zu erweitern.
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VII. Informations- und Belehrungspflichten des
Gerichts
§ 7 Abs. 4 FamFG:
Benachrichtigung über Verfahrenseinleitung
Belehrung über Antragsrecht
Beschränkung auf Personen, die dem Gericht
bekannt sind (rechtliches Gehör gegen
Verfahrensbeschleunigung)
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VIII. Beteiligtenfähigkeit
§ 8 FamFG:
• Nr. 1: natürliche und juristische Personen
• Nr. 2: Vereinigungen, Personengruppen und
Einrichtungen, soweit ihnen ein Recht
zustehen kann
• Nr. 3: Behörden
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VIII. Verfahrensfähigkeit
§ 9 Abs. 1 FamFG:
1.
2.
3.
4.
Geschäftsfähige
Beschränkt Geschäftsfähige, soweit sie für den Gegenstand des
Verfahrens nach BGB als geschäftsfähig anerkannt sind (z.B. §§ 112, 113
BGB)
Jugendliche zwischen 14 und 18, soweit ihnen in Verfahren, die ihre
Person betreffen, nach BGB ein Recht zusteht (z.B. Widerspruchsrecht
nach § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB und Widerrufsrecht nach § 1746 Abs. 2 S. 1
BGB)
diejenigen, die auf Grund dieses Gesetzes oder eines anderen Gesetzes
dazu bestimmt sind (z.B. Verfahrensfähigkeit für Betroffene in
Betreuungs- und Unterbringungssachen nach§§ 275 316 FamFG)
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IX. Gesetzliche Vertretung des betroffenen
Kindes
Bsp.: Die Eltern streiten um das Sorgerecht für das
gemeinsame zehnjährige Kind K. Das Familiengericht
bestellt für das Kind einen Ergänzungspfleger. Zu Recht?
(BGH, Beschl. v. 07.09.2011 – XII ZB 12/11, FamRZ 2011, 1859; v.
18.01.2012 – XII ZB 489/11, FamRZ 2012 436; vgl. OLG Koblenz
NJW 2011, 236; Stuttgart NJW-RR 2010, 222; aA OLG Hamburg
NJW 2011, 235)
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1. Gesetzliche Vertretung des nicht
verfahrensfähigen Kindes
§ 9 Abs. 2:
Soweit ein Geschäftsunfähiger oder in der Geschäftsfähigkeit
Beschränkter nicht verfahrensfähig ist, handeln für ihn die nach
dem bürgerlichen Gesetzbuch dazu befugten Personen.
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2. Vertretung des Kindes nach dem BGB
§ 1629 Abs. 1 BGB
 S. 1: Gesetzliche Vertretung durch Sorgeberechtigte
 S. 2: Gemeinschaftliche Vertretung
 S. 3: Alleinvertretung durch einen Elternteil, wenn elterliche Sorge allein
ausgeübt wird oder bei § 1628 BGB
 S. 4: Alleinvertretung bei Gefahr im Verzug mit Unterrichtungspflicht des
anderen
§ 1629 Abs. 2 BGB
 S. 2: Bei gemeinsamer Sorge: Alleinvertretung des Kindes im
Unterhaltsprozess durch Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet
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3. Ausschluss der Vertretung nach dem BGB:
 § 1629 Abs. 2 S. 1: Ausschluss kraft Gesetzes nach § 1795 BGB:
Abstrakte Gefährdungssituationen für das Kind führen zum Ausschluss
beider Elternteile,
 Bei § 1795 Abs. 1 Nr. 1 bereits dem Wortlaut nach
 Bei § 1795 Abs. 1 Nr. 2 u. 3, Abs. 2 (§ 181 BGB) nach dem Telos und
der Systematik (Umkehrschluss zu § 1678 Abs. 1)
 § 1629 Abs. 2 S. 3: Gerichtliche Entziehung der
Vertretungsmacht nach § 1796 BGB
Konkrete Interessenkollisionen
 § 1629 Abs. 2a: Ausschluss der elterlichen Vertretung im
gerichtlichen Verfahren zur Durchsetzung der
Abstammungsuntersuchung nach § 1598a BGB
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4. Keine Vertretung bei Unterhalt während der
Trennungszeit der Eltern
§ 1629 Abs. 3 BGB:
Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im
eigenen Namen während Trennung und
Scheidungsverfahren mit Wirkung für und gegen das
Kind
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Zurück zum Ausgangsfall
Fragen:
1. Ist der 10-jährige K Verfahrensbeteiligter?
2. Ist K selbst verfahrensfähig?
3. Können die Eltern K wirksam vertreten?
4. Ist die Bestellung eines Ergänzungspflegers erforderlich?
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BGH, Beschl. v. 7.9.2011 – XII ZB 12/11,
FamRZ 2011, 1859
Leitsatz 1:
„Das minderjährige Kind ist im Verfahren zur Übertragung der
elterlichen Sorge vom Familiengericht hinzuzuziehen und somit
formeller Verfahrensbeteiligter ("Muss-Beteiligter"). Ist das
Kind nicht selbst verfahrensfähig und bedarf es im Verfahren
daher der gesetzlichen Vertretung, so ist diese grundsätzlich von
den sorgeberechtigten Eltern ungeachtet ihrer eigenen
Verfahrensbeteiligung wahrzunehmen.“
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Tz 8:
„Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts, dass das
betroffene Kind im Unterschied zu der bis August 2009 bestehenden
Rechtslage am Kindschaftsverfahren immer formell beteiligt ist
(missverständlich Bassenge/Roth/Wagner FamFG 12. Aufl. § 158 Rn. 19) und
es, weil es nicht verfahrensfähig ist, zur Wahrung seiner (Verfahrens-)Rechte
eines gesetzlichen Vertreters bedarf. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG sind vom
Familiengericht diejenigen als Beteiligte hinzuzuziehen, deren Recht durch das
Verfahren unmittelbar betroffen wird. Das ist bei dem vom Sorgeverfahren
betroffenen Kind der Fall, weil das Verfahren zu einer Änderung des zwischen
Eltern und Kind bestehenden Sorgeverhältnisses führen kann (aA bezüglich der
Beschwerdebefugnis OLG Düsseldorf FamRZ 2011, 1081). Gemäß § 9 Abs. 1
FamFG sind die nach bürgerlichem Recht beschränkt Geschäftsfähigen nur
ausnahmsweise verfahrensfähig, wenn sie als geschäftsfähig anerkannt sind
(Nr. 2) oder soweit sie das 14. Lebensjahr vollendet haben und sie in einem
Verfahren, das ihre Person betrifft, ein ihnen nach bürgerlichem Recht
zustehendes Recht geltend machen (Nr. 3). Ist das Kind in diesem Sinne nicht
verfahrensfähig, so handeln für dieses gemäß § 9 Abs. 2 FamFG die nach
bürgerlichem Recht dazu befugten Personen, mithin im Regelfall seine
sorgeberechtigten Eltern in gemeinschaftlicher Vertretung (§ 1629 Abs. 1 Satz
1, 2 BGB).“
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Tz. 9:
„Gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 3 1. Halbs. BGB kann das Familiengericht dem
Vater und der Mutter nach § 1796 BGB - wie einem Vormund - die Vertretung
entziehen. Nach § 1796 Abs. 1 BGB kann das Familiengericht dem Vormund
die Vertretung für einzelne Angelegenheiten oder für einen bestimmten Kreis
von Angelegenheiten entziehen. Die Entziehung soll nach § 1796 Abs. 2 BGB
nur erfolgen, wenn das Interesse des Mündels zu dem Interesse des
Vormunds in erheblichem Gegensatz steht.“
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Leitsatz 2:
„Auch im Fall eines erheblichen Interessengegensatzes zwischen Eltern und
Kind darf den Eltern die Vertretungsbefugnis im Zusammenhang mit einem
Kindschaftsverfahren dann nicht entzogen werden, wenn bereits durch die
Bestellung eines Verfahrensbeistands für eine wirksame Interessenvertretung
des Kindes Sorge getragen werden kann. Dass der Verfahrensbeistand nicht
gesetzlicher Vertreter des Kindes ist, steht dem nicht entgegen.“
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Lösung des Ausgangsfalls
Im Verfahren nach § 1671 BGB könnten die Eltern nach § 1629 Abs. 2
S. 1 i.V.m. § 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB gesetzlich von der elterlichen
Vertretung ausgeschlossen sein. Dann wäre nach § 1909 BGB ein
Ergänzungspfleger zu bestellen.
Aber: Sorgerechtssachen sind kein Rechtsstreit iSv § 1795 Nr. 3 (für
Familienstreitsachen bejaht).
BGH geht also den Weg über 1629 Abs. 2 S. 3 i.V.m. § 1796. Nimmt
Interessenkonflikt an, hält aber § 158 FamFG als geringeren Eingriff in
das Elternrecht für ausreichend: Die Interessen des Kindes sind durch
einen Verfahrensbeistand hinreichend geschützt.
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B. Organe
In FG-Familiensachen sind Organe nur:
 Familiengericht – Richter und Rechtspfleger • Oberlandesgericht
• Bundesgerichtshof
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C. Nicht-Beteiligte
• Anzuhörende
• Auskunftsverpflichtete
• Jugendamt, wenn nicht Antrag auf Beteiligung
gestellt wird
• Zeugen
• Sachverständige
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