Transcript Ethanol

Alkoholische Gärung
Gärungen sind mikrobielle Abbauprozesse zur Energiegewinnung in Abwesenheit von Sauerstoff.
Sie sind allerdings deutlich weniger energieeffizient als die biochemischen Abbauprozesse in Gegenwart von O 2.
Ein bekanntes Beispiel dafür ist die alkoholische Gärung, die beim Bierbrauen
eine Rolle spielt.
D-Glucose
Quelle: gsn-donau.de
(offenkettige Aldehydform)
(Katalysator: Enzyme der Hefe)
2
2
+
Ethanol
CO2
Kohlendioxid
Diese Folie kennen wir bereits (siehe „Alkoholische Gärung“)
Warum entsteht ausgerechnet Ethanol beim Vergären von fermentiertem Getreide (= Kohlenhydraten)?
Benjamin Franklin
1706 - 1790
„Beer is proof that God loves us and wants us to be happy.“
Betrachten wir den Grund für das Entstehen von Alkohol im Rahmen der Gärung aus einem
rein naturwissenschaftlichen Blickwinkel.
2-Phosphoglycerat
Salz der 3-Phospho-glycerinsäure
(= 3-Phosphoglycerat)
Phosphoenolpuruvat [gemischter Ester aus dem
Salz der (anorganischen) Phosphorsäure und dem Salz
der (organischen) Enolform der Brenztraubensäure]
Dehydratisierung
(= Abspaltung von Wasser)
Isomerisierung
Hydrolyse
Oxidation
Ethanol
Reduktion
Decarboxylierung
Isomerisierung
(hier: Keto-EnolTautomerie)
Glycerinaldehyd-3-phosphat
Ethanal
(= Acetaldehyd)
Auch diese Folie kennen wir bereits (siehe „Alkoholische Gärung)
Salz der 2-Hydroxy-propensäure
(= Salz der Enolform
der Brenztraubensäure)
Salz der 2-Oxopropansäure
(= Salz der Brenztraubensäure =
= Pyruvat)
Salz der 3-Phospho-glycerinsäure
(= 3-Phosphoglycerat)
Oxidation
Glycerinaldehyd-3-phosphat
Welche Verbindung fungiert in diesem Schritt als Oxidationsmittel?
?
Kann es der Luftsauerstoff sein?
(Man beachte im Übrigen die Wiedergabe des Sauerstoff-Moleküls als diradikalische Spezies!)
Quelle: chemie-master.de
Nein – denn die Funktion des Gärröhrchens ist es ja gerade, das Eindringen von Luftsauerstoff
in den Gärbottich zu verhindern.
Die alkoholische Gärung ist ein anaerober Prozeß.
Quelle: wikipedia.de
Ein weiterer Grund dafür, daß Luftsauerstoff nicht das Oxidationsmittel bei diesem ersten Schritt sein kann ist,
daß Tiere in sauerstoffarmen Regionen wie z.B. der Tiefsee keinen energieliefernden Kohlenhydrat-Stoffwechsel
(= Glykolyse) betreiben könnten!
Das Oxidationsmittel für die energieliefernde Umwandlung von Glycerinaldehyd-phosphat zum Salz der Phosphoglycerinsäure ist die hier abgebildete Verbindung namens Nicotinsäureamid-adenin-dinucleotid NAD+.
Der Name der Verbindung leitet sich ab vom Nicotinsäureamid (siehe Rechteck in der Abbildung).
Das N-Atom im Pyridin-Ring ist vierbindig und daher positiv geladen .
Daher stammt auch das „+“ in der Abkürzung NAD+.
Diese Struktur zeigt den Naturstoff Nicotin, welcher der Namensgeber für die …
… Nicotinsäure …
… bzw. das hier abgebildete Nicotinsäureamid ist.
Die Struktur des Restes, der mit dem N-Atom des Pyridin-Rings verbunden ist, können wir der Abbildung des
NAD+ auf der vorhergehenden Folie Nr. 10 entnehmen.
Er spielt für die Wiedergabe des entscheidenden Schritts der Redoxreaktion allerdings keine Rolle.
Zur Verdeutlichung des Redoxprozesses geben wir eines der H-Atome am aromatischen Ring gesondert wieder,
nämlich das H-Atom am C-Atom Nr. 4, welches in para-Position zum N-Atom steht (also dem N-Atom gegenüber).
Da das NAD+ das Oxidationsmittel ist, muß es im Rahmen der Redoxreaktion logischerweise reduziert
werden, also Elektronen aufnehmen.
Eine „klassische“ Form dieser Elektronenaufnahme ist die Anlagerung von Wasserstoff, und zwar mit den
entsprechenden Elektronen (andernfalls wäre es definitionsgemäß keine Reduktion!).
katalytische Hydrierung
+
Der obere Teil der Abbildung zeigt uns die drei Optionen:
a)
Anlagerung von Wasserstoff als Molekül (wie z.B. bei der katalytischen Hydrierung von ungesättigten
Fettsäuren zu den entsprechenden gesättigten Fettsäuren);
Hydrierung mit
H-Atomen
+ 6 H•
- 2 H2O
b)
Anlagerung von zwei Atomen Wasserstoff (= „nascierender Wasserstoff“, falls diese H-Atome im
Reaktionsgefäß durch die Aufnahme je eines Elektrons durch je ein Proton hergestellt wurden, wie z.B. bei der
Reduktion von Nitrobenzol zu Anilin in einem Gemisch aus Eisenschrott und Salzsäure – die Protonen H+ der
Salzsäure werden dabei durch Aufnahme je eines Elektrons des metallischen Eisen zu H-Atomen H• reduziert);
Reduktion mit
Hydrid-Ionen
c)
Letztendlich können die beiden Elektronen auch so aufgeteilt werden, daß ein Wasserstoff beide
Elektronen erhält (wir sprechen in dem Fall von einem Hydrid-Ion) und der andere Wasserstoff „leer
ausgeht“ und als Proton H+ übrigbleibt.
In diesem Fall kann logischerweise nur das Hydrid-Ion als Reduktionsmittel fungieren, da es im Gegensatz zum Proton über Elektronen
verfügt.
Dieser Fall c) tritt, zumindest rein formal, bei der Reduktion des NAD + ein.
Beim Angriff des Wasserstoffs auf das C-Atom Nr. 4 des Rings werden beide Elektronen mitgenommen.
De facto greift hier also ein Hydrid-Ion an.
Übrig bleiben das Proton H+ und die reduzierte Form des Nicotinsäureamid-adenin-dinucleotid, welche als
NADH abgekürzt wird.
Hier nochmals die reduzierte und die oxidierte Form des Nicotinsäureamid-adenin-dinucleotid im Vergleich.
Die bei der Oxidation von NADH freigesetzten Elektronen (hier in Form der Elektronen im 1s-Orbital von H-Atomen
vorliegend; siehe obere Reaktionsgleichung rechts) werden im Fall von aeroben Prozessen letzten Endes, nach einer
Kaskade von Elektronenübergängen auf andere Moleküle und Elektronenabgängen von den entsprechenden reduzierten
Formen jener Verbindungen, von einem Sauerstoff-Molekül aufgenommen (siehe untere Reaktionsgleichung in der
Abbildung).
Das Sauerstoff-Molekül wird dabei zu zwei Äquivalenten Wasser reduziert.
Oxidation
+
+
Reduktion
Reduktion
4
+
2
Oxidation
2
Auf dieser abschließenden Aufnahme der Elektronen durch Sauerstoff und der Bildung von Wasser beruht unsere Atmung.
Dieser Vorgang ist essentiell für den Stoffwechsel und somit unser Leben, denn nur eine abschließende Fixierung der
Elektronen – im Fall der „normalen“ Atmung im Wasser-Molekül – kann das NAD+ wieder regeneriert werden, so daß es
erneut ein Molekül Glycerinaldehyd-phosphat oxidieren und die Energiegewinnung im menschlichen Körper aufrecht
erhalten kann.
Oxidation
+
+
Reduktion
Reduktion
4
+
2
Oxidation
2
Steht der Sauerstoff als ultimativer „Fixierer“ jener Elektronen aber nicht zur Verfügung (wie im Fall der alkoholischen
Gärung), dann muß das System eine andere Art und Weise der abschließenden Fixierung dieser Elektronen entwickeln.
Im Fall der Gärung hat die Evolution den Aldehyd Ethanal dazu auserkoren, für diesen letztendlichen „Einfang“ von
Elektronen zu sorgen.
Das Endprodukt jener lebensnotwendigen Elektronenfixierung ist Ethanol (andernfalls wären die Reserven an NAD+
rasch aufgebraucht).
+
4
+
2
+
+
2
2
Die Evolution hat in einigen Spezies (z.B. bei den Tintenfischen der Tiefsee) einen alternativen „Elektronenfänger“
entwickelt.
Diese Tintenfische setzen Brenztraubensäure (= 2-Oxo-propansäure) ein, um die Elektronen abschließend zu binden.
Das Endprodukt ist Milchsäure (= 2-Hydroxy-propansäure).
+
4
+
2
+
+
2
2
Der gleiche Vorgang spielt sich in unserem Körper ab, wenn Energie freigesetzt werden muß, obwohl nicht genügend
Sauerstoff zur Verfügung steht.
Ein Beispiel dafür ist ein 200-Meter-Sprint.
+
4
+
2
+
+
2
2
Wir müssen dabei im ersten Schritt der Glykolyse so viel Glycerinaldehyd-phosphat mit NAD+ oxidieren, daß der
eingeatmete Sauerstoff mit der Fixierung der Elektronen nicht mehr nachkommt.
Der Körper wird gezwungen, auf Brenztraubensäure als Elektronenfixierer umzustellen.
Dies kann nach Sprints oder vergleichbaren Anstrengungen unter „Sauerstoffschuld“ durch die Messung des Lactat-Werts
bestimmt werden („Lactat“ = Salz der Milchsäure).
+
4
+
2
+
+
2
2
Auch dieses Tier lebte lange Zeit unentdeckt in tieferen Bereichen der Ozeane und muß aufgrund des dortigen Sauerstoffmangels Brenztraubensäure als ultimativen Elektronenakzeptor für die Verbrennungsvorgänge im Körper bereitstellen.
Quelle: wikipedia
Quelle: wikipedia
Ethanol
Was passiert mit dem Ethanol beim Stoffwechsel in unserem Körper?
Man könnte auch fragen: was passiert mit dem Ethanol im Wein, wenn wir den Wein längere Zeit an der Luft
stehen lassen?
In beiden Fällen passiert das Gleiche:
Das Ethanol wird oxidiert – im Körper durch das körpereigene Oxidationsmittel NAD+ (Nicotinsäureamidadenin-dinucleotid, positiv geladene oxidierte Form), welches dadurch zu NADH reduziert wird
(Nicotinsäureamid-adenin-dinucleotid, ungeladene reduzierte Form).
Ethanol
Beim Stehenlassen von Wein an der Luft passiert zunächst einmal nichts.
Hier müssen erst Essigsäurebakterien hinzukommen und ihre Wirkung entfalten.
Dabei ist anzunehmen, daß deren Enzyme ebenfalls Cofaktoren wie NAD+ benötigen und letzten Endes, wie
beim menschlichen Stoffwechsel, der Luftsauerstoff durch seine Oxidationswirkung über mehrere
Zwischenstufen hinweg das NAD+ wieder regeneriert.
Ethanol
Ethanal
Das Oxidationsprodukt des Ethanols ist Ethanal (Trivialname: Acetaldehyd).
Der Trivialname leitet sich vom lateinischen Ausdruck acetum (Essig) ab.
Ethanol
Ethanal
Es fällt auf, daß der Begriff „Oxidation“ (lat.: oxygenium dare = Sauerstoff hinzugeben) nicht zwingend
wörtlich anzuwenden ist.
Das Ethanal enthält nämlich genau wie das Ethanol auch nur ein O-Atom. Es wurde demnach kein Sauerstoff
hinzugefügt.
Aber: Dem Ethanol wurden bei der Oxidation zwei H-Atome weggenommen (siehe Kreise in der Abbildung)
– wohlgemerkt: H-Atome, keine Protonen !!)
Jedes dieser H-Atome hat auch jeweils ein Elektron mitgenommen, und genau darauf kommt es bei einer
Oxidation an:
Eine Oxidation ist nicht anderes als eine Abgabe bzw. ein Verlust von Elektronen.
Ethanol
Ethanal
Ethansäure
Das Oxidationsprodukt des Ethanals ist Ethansäure (Trivialname: Essigsäure).
Sie ist in einer Konzentration von ca. 3% im Haushaltsessig enthalten.
In diesem Fall dürfen wir das „oxygenium dare“ ausnahmsweise wörtlich nehmen.
Ethansäure enthält ein O-Atom mehr als Ethanal.
Wie ist dies mit unserer Definition der Oxidation als Abgabe bzw. Verlust von Elektronen unter einen Hut zu
bringen?
Ethanol
Ethanal
Ethansäure
Die Antwort darauf lautet:
Die Abgabe bzw. der Verlust jener Elektronen muß für das betreffende Atom (hier: das C-1 im Ethanal) nicht
immer vollständig sein (d.h. das Elektron muß den Molekülverband nicht zwingend verlassen).
Auch ein gewisser Verlust an Elektronendichte, bedingt durch den stark elektronegativen Sauerstoff als
Bindungspartner, ist eine Form der Oxidation.
Ethanol
Ethanal
Ethansäure
Dieses Prinzip können wir auch auf die Oxidation des Ethanols zum Ethanal anwenden.
Im Ethanol „leidet“ das C-1 unter dem Elektronenzug über eine Bindung zu einem O-Atom.
Im Ethanal sind es hingegen zwei Bindungen zu diesem O-Atom, über die Elektronendichte näher hin zum
O-Atom transferiert wird, nämlich die s- und die p-Bindung der C=O-Doppelbindung.
Ethanol
Ethanal
Ethansäure
2-Propanol
Wie sieht es mit der Oxidierbarkeit eines sekundären Alkohols wie z.B. 2-Propanol aus?
In einem sekundären Alkohol ist das C-Atom, welches die OH-Gruppe trägt, mit zwei weiteren C-Atomen
verbunden.
(Nota bene: In einem primären Alkohol wie dem Ethanol ist das C-Atom, welches die OH-Gruppe trägt, mit
einem weiteren C-Atom verbunden).
Ethanol
2-Propanol
Ethanal
Ethansäure
Propanon
Auch in diesem Fall läuft die Oxidation analog ab:
Dem Alkohol werden zwei H-Atome weggenommen (Atome heißt: hier geht nicht nur ein Proton ab, sondern
auch ein Elektron wird mitgenommen!), und es entsteht das entsprechende Keton (in diesem Fall Propanon,
welches eher unter seinem Trivialnamen Aceton bekannt ist und gerne als Reinigungs- und Lösungsmittel
verwendet wird).
Ethanol
2-Propanol
Ethanal
Ethansäure
Propanon
Im Gegensatz zum Aldehyd ist das Keton nicht weiter oxidierbar (zumindest nicht mit den üblichen Oxidationsmitteln).
Ethanol
2-Propanol
Ethanal
Ethansäure
Propanon
Kann ein tertiärer Alkohol wie 2-Methyl-2-propanol oxidiert werden?
2-Methyl-2-propanol
(In einem tertiären Alkohol ist das C-Atom, welches die OH-Gruppe trägt,
mit drei weiteren C-Atomen verbunden).
Ethanol
2-Propanol
Ethanal
Propanon
Die Antwort lautet: nein.
2-Methyl-2-propanol
Ethansäure
Hier ein Überblick über die auf den letzten Folien betrachteten Verbindungsklassen:
Primärer Alkohol
Sekundärer Alkohol
Tertiärer Alkohol
Aldehyd
Keton
Carbonsäure