Die Aufklärung

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Transcript Die Aufklärung

Deutschsprachige
Literatur von Aufklärung
bis Romantik
Levan Tsagareli
Die Aufklärung
Vorlesung 1
Inhalt:
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Grundzüge der Epoche
Aufgeklärter Absolutismus
Orthodoxie, Deismus, Pietismus
Rationalismus und Empirismus
Anthropologie
Die Empfindsamkeit
Klassizismus
Das Wahrscheinliche und das Wunderbare
Das Rokoko
Die Aufklärung
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Licht – heilbringende
Erkenntnis
enlightenment, siècle des
lumières, illuminismo,
ilustración,
განმანათლებლობა,
просвещение
meteorologische Bedeutung
(17. Jh.)
die Beseitigung von
Vorurteilen und
Aberglauben durch das
Licht der Vernunft (18. Jh.)
“Unsere aufgeklärten Zeiten”
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Fortschrittsoptimismus: Das Ziel der Geschichte –
vollständige Aufklärung, Emanzipation und
Glückseligkeit aller Menschen
Rationalismus: Im Kampf gegen Aberglauben und
klerikale Bevormundung die Vernunft des Menschen
entwickeln und ihn zur Tugend und Glückseligkeit
erziehen
Mut zur Wahrheitssuche trotz der Bevormundung durch
weltliche und geistliche Autoritäten
Aufklärung = “Ausgang des Menschen aus seiner
selbsverschuldeten Unmündigkeit” (Kant) [Unmündigkeit
= Bevormundung des Denkens durch Vorurteile und
Dogmatismus]
Erkenntnis: “Sapere aude, habe Muth, dich deines
eigenen Verstandes zu bedienen” (Kant)
Aufklärung in England
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17 Jh.
Isaac Newtons
naturwissenschaftliche
Erkenntnisse
Empirische
Erkenntnistheorie
Aufklärung in Frankreich
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Voltaire – rationalistisch,
antiklerikal
Jan Jacques Rousseau –
zivilisationskritisch und
pädagogisch: emotionale Seite
des Menschen, Unschuld des
Kindes und der Natur
Académie française –
Stützpunkt der Aufklärung
Encyclopédie (1751-1772) –
Diderot, d’Alembert –
Darstellung des gesamten
Wissens der Zeit
Aufgeklärter Absolutismus
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Rivalität zwischen
Brandenburg-Preußen und
Österreich → Großmächte
Siebenjähriger Krieg (1756-63)
um Schlesien
Friedrich II, Joseph II –
“aufgeklärte Monarchen”
Reformen von Oben →
administrative und
wirtschaftliche Modernisierung
der Gesellschaft
Fürst – “erster Diener des
Staates”
Fortschritte
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Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion (Kartoffeln)
Aufhebung der Leibeigenschaft
Aufnahme der Bevölkerungsgruppen, die aus religiösen Gründen
aus ihrer Heimat vertrieben waren (Hugenotten)
Abschaffung der Folter und der Hexenverfolgung → Humanisierung
des Gesellschaftslebens
Verminderung des Analphabetismus von 80% auf 50% → Hebung
des Bildungsstandes
Das Bildungsbedürfnis des Bürgertums
Hebung des Lebensstandards der mittleren Schichten der
Gesellschaft. Aber: keiner politischen Entscheidungen mächtig
Freiraum im Bereich der patriarchalischen Familie
“bürgerliche Öffentlichkeit” – Konvektikel, Logen, Lesezirkel
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Bildung eines literarischen Publikums
Aufklärung des “Frauenzimmers”
Orthodoxie, Deismus,
Pietismus
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Wachsende religiöse Toleranz (aber keineswegs
Religionsfeindlichkeit)
Kritik an religiösen Vorstellungen und Bräuchen
(Weihrauch = Symbol der Vernebelung)
Neologie = Offenbarung + Vernunft
Deismus:
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Gott = teilnahmsloser Schöpfer,
Jesus von Nazareth = Lehrer und moralisches Vorbild
Pietismus:
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Religiöse Erfahrung, Nächstenliebe
Interesse für das Innenleben und die Verfeinerung der
seelischen Wahrnehmung → psychologische Terminologie
Geistiges Leben des einzelnen
Menschen
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Erziehung und Geschmacksbildung durch
moralische Wochenschriften und schöne Literatur
Diesseitige Tugend (statt christlicher Moral)
Glaube an die Möglichkeit, den Menschen zu
verbessern (statt des Pessimismus und der
Autoritätsgläubigkeit des 17. Jh.-s)
Bejahung des Strebens nach Glückseligkeit
(Eudämonismus)
Die Religion vieler aufgeklärter Persönlichkeiten –
überkonfessionell: Dreiklang – Gott + Tugend +
Unsterblichkeit der Seele
Rationalismus
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Kritische Infragestellung
überlieferter Anschauungen →
Loslösung der Philosophie von
der Autorität der Kirche
René Descartes – Begründer
des Rationalismus (17. Jh.)
Erkenntnistheorie des
“methodischen Zweifels”
Der einzig unbezweifelte Satz:
“cogito ergo sum” (“ich
denke, also bin ich”)
Erkenntnisprinzipien –
gottgegeben (“angeborene
Ideen”)
Rationalismus (Fortsetzung)
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Christian Thomasius (16551728) – bekämpfte den
Aberglauben und die
Bevormundung der Kultur
durch Theologie; hielt als
erster philosophische
Vorlesungen in dt. Sprache
(1687)
Gottfried Wilhelm Leibniz
(1646-1716):
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“Théodicée” (1710): die Welt =
die bestmögliche aller Welten
“Monadologie” (1714): ein
System, das von den Monaden
der leblosen Natur bis zur
vollkommen “aufgeklärten”
Gottmonade reicht
Englischer Empirismus und
Sensualismus
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Gegen die rationalistische Annahme angeborener Ideen
Sensualismus (John Locke): die menschliche Seele = tabula
rasa, bildet erst durch Sinneseindrücke und Erfahrung Begriffe
von der Wirklichkeit
Empirismus (~ Rationalismus):
 Glaube an die restlose rationale Erklärbarkeit der Wirklichkeit
und des Menschenlebens →
 Das Unerklärliche oder Übernatürliche – entmythologisiert oder
als Wahn und Aberglauben aus dem Weltbild der Aufklärung
ausgegrenzt →
 die uneingeschränkte Herrschaft der Vernunft ←
 Dogmatische Einengung der Erkenntnis (Grenzen der rationalen
Erkenntnis) ←
 Angst vor dem Unerklärlichen
Philosophie Immanuel Kants (1724-1804) Vollendung und Überwindung der
Aufklärung
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Kritik der reinen Vernunft (1781-1787) –
Erkenntnistheorie
Kritik der praktischen Vernunft (1788) –
Moralphilosophie
Kritik der Urteilskraft (1790) - Ästhetik
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Voraussetzungen jeder Erkenntnis:
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Anschauungsformen Raum und Zeit
Die reinen Verstandesbegriffe (Kategorien), u.a.
Kausalität
Das “Ding an sich” – unerkennbar, wir
erkennen nur Erscheinungen
Nicht-empirische Ideen (Gott, Freiheit des
Willens, Unsterblichkeit) = Gegenstände des
Glaubens (Grenzen des empirischen
Rationalismus)
Kategorischer Imperativ: Pflicht + Neigung
Ästhetisches Urteil = Ausdruck eines
interesselosen Wohlgefallens
Das Schöne = das sittlich Gute
Anthropologie
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Der Mensch der Aufklärung = ein Vernunftwesen
Selbstbewusstsein des Menschen – seine
Denkfähigkeit (Seele vs. Körper=Maschine)
“der ganze Mensch” = denkendes, fühlendes und
sinnlich wahrnehmendes Wesen
Die optimistisch angestrebte Entwicklung des
einzelnen Menschen und des ganzen
Menschengeschlechts:
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Vermittlung von nützlichem Wissen (Utilitarismus) und
Rationalisierung des Denkens + Entwicklung der
Gefühle und der sinnlichen Empfindung, die für die
Bildung einer tugendhaften Persönlichkeit unerlässlich
war.
Die Empfindsamkeit
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≠ Gegenströmung zur Aufklärung
≠ Säkularisierung des Pietismus
= Aufklärung der Gefühle
Das stoische Gleichgewicht zwischen Vernunft und
Affekten:
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Von der Vernunft geleitete Gefühle
Ein Gleichgewicht zwischen Kopf und Herz
Im Lauf der Zeit: modische und sentimentale Pflege
des Gefühls (“Empfindelei” vs. “Vernünftelei”)
Klassizismus
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Ästhetik des 18. Jh.-s: Prinzip der
Naturnachahmung und Kultur der Antike
Johann Joachim Winckelmann (17171758) – Begründer der wissenschaftlichen
Archäologie
Gedanken über die Nachahmung der
griechischen Werke in der Malerei und
Bildhauerkunst (1755)
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neue Auffassung antiker Kunst
(neuplatonisches Ideengut)
Laokoon
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Laokoon zwar seufzt, aber er
schreit nicht.
„edle Einfalt und stille Größe”
(der stoische Großmut)
Griechische Einfachheit und
natürliche Nacktheit → das innere
Ethos der aufgeklärten und
harmonischen Persönlichkeit
Die Aufklärungsdichtung: Streben
nach Allgemeinverständlichkeit,
Einfachheit und Klarheit (↔
barocke Kunst, unklarer und
geschmackloser Stil des
Maniersimus)
Das Wahrscheinliche und das
Wunderbare
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Die Poetik der Frühaufklärung – eine normative
Dichtungslehre:
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Grundsatz der Nachahmung
Befolgung von Regeln
Vorherrschaft der rhetorischen Tradition
imitatio antiker Vorbilder
Dreistillehre
Johann Christoph Gottsched (1700-1766)
Johann Jakob Bodmer (1698-1783) und Johann Jakob
Breitinger (1701-1776)
Literarische Fehde zwischen den Anhängern der
vernünftigen Poetik Gottscheds und den Befürwortern
einer freieren, inspiratorischen Auffassung der Dichtung
→ Sieg der Empfindsamkeit
Johann Christoph Gottsched
(1700-1766)
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Leipziger Professor, Popularisator der
Aufklärung
Programmatische Reinigung des Geschmacks
Bekämpfte Manierismus
Sprachlicher und stilistischer Purismus
Critische Dichtkunst (1732):
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rhetorische Tradition + Realitätsbezogenheit;
Prodesse et delectare (nützen und erfreuen)
Dichter – Scharfsinnigkeit + Witz
poeta artifex – Vernunft, Wahrscheinlichkeit
Dichtung – lernbar
Johann Jakob Bodmer (1698-1783) und
Johann Jakob Breitinger (1701-1776)
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Züricher
Gymnasialprofessoren
Dichtung = Nachahmung nicht
nur der gegebenen, sondern
anderer möglichen Welten
Befreiung der Einbildungskraft
von der Regelpoetik
Dichter = poeta vates (ein
Seher und Prophet), der dem
Wunderbaren und Erhabenen
gegenüber offen war und das
Unsichtbare und
Übernatürliche in seine
Dichtung einbezog
Ideal: John Miltons Paradise
Lost, Klopstocks Messias
Das Rokoko
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Ästhetisierung:
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Höfisches, französisches Rokoko –
Nihilismus und
Salonsentimentalismus:
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Der aufklärerische Witz →
spielerischer Scherz
Der stoische, heroische
Tugendbegriff → fröhliche Tugend
(sinnliche Freuden eines weisen
Lebensgenusses)
Natur → arkadische Idylle
(Schäfertopik, Anakreontik)
Der graziöse Plauderton
Die skeptische Ironie
Die mit frivolen Pointen spielende
Eleganz
Verserzählungen Martin Wielands
Danke für die Aufmerksamkeit!