bei B § 250 I Nr. 1 lit. b StGB?

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Klausur S 243 Strafrecht
WS 2011-2012
Friedrich Toepel
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1. Tatkomplex: Der Überfall
A. Strafbarkeit des A
I. § 145 I Nr. 2 StGB, Vortäuschen eines
Notfalls durch Pkw quer zur Fahrbahn
Stellen in Verbindung mit Körperhaltung
des A beim Erscheinen des O (Kopf auf
dem Lenkrad)
unproblematisch +
III. §§ 249, 22, 23 I durch das Ziehen der
Pistole Vorprüfung: unproblematisch
Tatentschluss:
a) Vorsatz bezüglich Nötigungselement:
zumindest Drohung unproblematisch
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b) Vorsatz bezüglich Wegnahme?
Gewahrsamsbruch - wegen
Einverständnisses?
aa) Rspr.:
äußeres Erscheinungsbild,
hier „Geben“ = Einverständnis,
Gewahrsamsbruch –
bb) h.L.:
Einverständnis erst bei
Vermögensverfügung
(= Tätervorstellung, Gewahrsamsübergang
von der Mitwirkung des Opfers abhängig),
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hier Vermögensverfügung + (keine Öffnung
des Koffers ohne Mithilfe des O),
Gewahrsambruch ebenfalls -,
keine Streitentscheidung erforderlich
II. §§ 253 I, II, 255, 22, 23 I StGB durch das
Ziehen der Pistole
1. Vorprüfung: unproblematisch
2. Tatentschluss:
a) Vorsatz bezüglich Nötigungselement:
zumindest Drohung +
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b) Vorsatz bezüglich
Wegnahme/Abgrenzung zum Raub:
Bereits oben, nach allen Ansicht Geben bzw.
Vermögensverfügung +
c) Vorsatz bezüglich Vermögensnachteil +
d) Bereicherungsabsicht +,
3. § 22 StGB: nach Ziehen der Pistole +,
4.Rechtswidrigkeit und Schuld +
Strafbarkeit wegen versuchter räuberischer
Erpressung +
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IV. §§ 253 I, II, 255, 250 I Nr. 1 a, 22, 23 I
StGB aufgrund desselben Verhaltens
(geladene Schreckschusspistole)
1. geladene Schreckschusspistole =
Waffe?
a) h. L.:
Waffe i. S. der §§ 244, 250 = zum
Angriff/Verteidigung konstruierte
Gegenstände,
bei bestimmungsgemäßem Gebrauch
geeignet, erhebliche Verletzungen
hervorzurufen
hingegen: geladene Schreckschusswaffen,
bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine
erheblichen Verletzungen
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b) Rspr. seit der BGHSt 48, 197:
Waffen = geladene Schreckschusspistolen
soweit Explosionsdruck nach vorn aus dem
Lauf austritt, +
(kein wesentl. Unterschied zu GasdruckPistolen)
2. geladene Schreckschusspistole =
anderes gefährliches Werkzeug?
[a) kaum mehr vertreten: Anlehnung an
§ 224 I Nr. 2 (keine tatsächliche Verwendung
in § 250 vorausgesetzt]
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b) Teil des Schrifttums:
„Verwendungsvorbehalt“ bzw. eine
„Widmung“ zur Verwendung des
Gegenstands als Waffe,
= Angriffs- oder Verteidigungsmittel durch
verletzungsgeeignete gewaltsame
Anwendung oder durch (realisierbare)
Drohung damit
hier vertretbar: +
(A muss sich (nur) noch zwischen dieser
Schreckschusspistole und der normalen
Pistole entscheiden
(Gegenteil ebenfalls vertretbar)
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c) h. M. (BGHSt 52, 257): objektive
„abstrakte“ Gefährlichkeit des
Gegenstands
Sicht objektiven Betrachters
Gegenstand hier sinnvollerweise nur zwecks
Benutzung wie eine Waffe mitgeführt?
beides + oder – vertretbar
3. ungeladene Pistole:
a) eindeutig Waffe – (nicht objektiv
gefährlich)
b) gefährliches Werkzeug?
+ noch vertretbar, da notfalls als Schlagwaffe
verwendet werden kann
(Gegenteil auch vertretbar)
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V. §§ 253, 255, 250 I Nr. 1 b, 22, 23 I StGB
aufgrund desselben Verhaltens
(ungeladene Pistole)
1. falls lit. a verneint:
im Zeitpunkt des Ziehens einer Pistole
(gleich welcher, insofern unechte
Wahlfeststellung = Tatsachenalternativität,
aber nicht Gesetzesalternativität): lit. b +
2. falls lit. a bzgl. Schreckschusspistole +:
vertretbar, lit. b bzgl. der „normalen“ Pistole –
in dubio pro reo: Absicht, dies Mittel nur
eventuell anzuwenden
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VI. §§ 253, 255, 250 II Nr. 1, 22, 23 I StGB
aufgrund desselben Verhaltens
in dubio pro reo –,
keine Feststellung, dass geladene
Schreckschusspistole gezogen wurde
VII. § 316 a I bzw. §§ 316 a I, 22, 23 I StGB
aufgrund desselben Verhaltens
Angriff auf die Entschlussfreiheit des O =
Bedrohen + (vollendet oder versucht)
O als Kfz-Führer angegriffen/Ausnutzung
der besonderen Verhältnisse des
Straßenverkehrs?
inzwischen einhellig: Führer eines Fahrzeugs  wer dieses verlassen hat
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VII. § 316 a I wegen Vortäuschens eines
Notfalls
Angriff auf die Entschlussfreiheit des O =
Vortäuschen einer Notlage iSd § 323 c
StGB?
h.M. + (BGHSt 49, 8, 13),
Angriff mit Aussteigen des O vollendet
Ausnutzen der besonderen Verhältnisse
des Straßenverkehrs? Vertretbar: +,
Chance des O, Täuschung zu durchschauen,
wegen Konzentration auf den Fahr- und
Anhaltevorgang reduziert
(Gegenteil vertretbar)
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B. Strafbarkeit des B
I. §§ 253, 255, 250 I Nr. 1 lit. a, 22, 23 I, 26
StGB durch Rat, geladene
Schreckschusspistole mitzunehmen
obj. Tb.:
1. rw Haupttat +,
2. Hervorrufen des Tatentschlusses?
Problem: omnimodo facturus bezüglich
§§ 255, 250 I Nr. 1 lit. b StGB
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(A = zu Mitnahme ungeladener Pistole in
Drohungsabsicht entschlossen),
nur eventuell Hervorrufen des
Tatentschlusses bezüglich § 250 I Nr. 1
lit. a StGB, falls dieser bei A bejaht wurde;
aber: insoweit sog. „Umstiftung =
Modifikation derselben Tat,
§ 26 StGB –
bleibt (psychische) Beihilfe
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II. §§ 253, 255, 250 I Nr. 1 lit. a, 22, 23 I, 27
StGB aufgrund desselben Verhaltens
nur psychische Beihilfe bezüglich § 250 I
Nr. 1 lit. a StGB, falls bei A +
III. §§ 253, 255, 250 I Nr. 1 lit. b, 22, 23 I, 27
StGB aufgrund desselben Verhaltens und
Übergabe der Schreckschusspistole
Wenn bei A § 250 I Nr. 1 lit. a StGB -:
bei B § 250 I Nr. 1 lit. b StGB?
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1. Rat
= „Rathilfe“ zur effektiveren Tatbegehung/
Übergabe
= „Tathilfe“ durch Lieferung des
Tatwerkzeugs ?
Problem: A benutzt die
Schreckschusspistole nicht
nachweislich/führt sie nicht während der
Tatbegehung nachweislich in
Benutzungsabsicht mit sich.
Was kann hier „Hilfe leisten“ zur Haupttat
noch bedeuten?
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Lösung: +/-, beides vertretbar, unter
folgenden Aspekten:
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„Kausalität“ der Beihilfe
(nach h. M. sehr weit gefasst,
fast alles vertretbare Annahme einer
Kausalkette unter
„Verstärkerkausalität“ oder
„Förderkausalität“, „Mitursächlichkeit“
akzeptiert;
Mindermeinung:
schränkt hingegen ein durch Auslegung des
Merkmals „Hilfeleistung“
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(es müsse z. B. eine „tatsächliche
Förderung“ der Haupttat erfolgen)
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ebenfalls vertretbar:
Kausalität +, da B den Erfolg in seiner
konkreten Gestalt verursacht hat
(Musterlösung:
ohne Übergabe der Schreckschusspistole
wäre A nicht mit einer solchen in der
Jackentasche in das Versuchsstadium
gelangt
= schwaches Argument, da hier nur
Rahmenbedingungen beeinflusst werden,
die nichts mit dem Tatbestand zu tun haben.)
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objektive Zurechnung:
a) Verwirklichung der von B geschaffenen
Gefahr im Versuch des A?
zw., A hätte jedenfalls die ungeladene „echte“
Pistole bei sich gehabt und diese verwenden
können
b) eventuell auch Schutzzweck der
Beihilfestrafbarkeit?
beide möglichen Ergebnisse bei plausibler
Begründung vertretbar
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2. „psychische“ Beihilfe?
nur wenn nicht ganz fester Tatentschluss
weiter gefestigt oder ein Tatentschluss
aufrecht erhalten wird,
hier kein Indiz dafür.
(Omnimodo facturus leistet nicht
Beihilfe.)
Falls Beihilfe bezogen auf lit. a und lit. b +:
eine Verwirklichung von § 27 in zwei
Varianten
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IV. §§ 253, 255, 250 II Nr. 1, 30 I StGB
(Versuchte Anstiftung) aufgrund
desselben Verhaltens
1. Wenn „Waffe oder anderes gefährliches
Werkzeug“ in Abs. 2 = selber Begriff in
Abs. 1,
dann Lösung wie oben zu § 250 I StGB,
2. oder BGH NStZ 2002, 31, 33:
„Waffe oder anderes gefährliches
Werkzeug“ in Abs. 2  wie in Abs. 1
In Abs. 2 = Rückgriff auf Definition in
§ 224 I Nr. 2 StGB
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Drohung mit einer Benutzung, deren
Wahrmachen tatsächlich
verletzungsgeeignet wäre, reicht),
Ergebnis danach: Versuch der Bestimmung
des A zur Verwendung eines gefährlichen
Werkzeugs
Wenn vertreten, dass die Haupttat, die
sich B vorstellt, unter § 250 II Nr. 1 StGB
fällt, dann Problem:
B war klar, dass A zu §§ 253, 255, 250 I
Nr. 1 lit b StGB bereits fest entschlossen
war;
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Bs Vorsatz nur „Aufstiftung“ (Bestimmen
zur Verwirklichung eines schwereren
Qualifikationstatbestands gem. § 250 II Nr. 1,
genügt hier nach h. M.
(Gegenteil vertretbar).
Wenn sowohl Anstiftung bzw. Beihilfe zur
versuchten schweren räuberischen
Erpressung als auch versuchte Anstiftung
zur („besonders“) schweren räuberischen
Erpressung bejaht wurde:
beide in Tateinheit (§ 52 StGB)
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2. Tatkomplex: Das Wegfahren
Strafbarkeit des A
I. § 316 I, II StGB durch Fahren in
akoholisiertem Zustand
+ 1. obj. Tb.:
absolute (BAK von 1,2-1,6‰)
und relative Fahruntüchtigkeit (riskante
Fahrweise),
2. Vorsatz -, A hält sich noch für fahrtüchtig,
aber: Fahrlässigkeit +, § 316 II StGB
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II. § 315 c I Nr. 2 lit. d, III Nr. 1 StGB wegen
Auffahrens auf die Autobahn mit 120 km/h
obj. Tb.:
1. grob verkehrswidrig an einer
Straßeneinmündung zu schnell gefahren +
2. Gegenstand der Gefährdung = fremde
Sachen von bedeutendem Wert?
+, Leitplanken, Hinweisschilder,
Bepflanzungen
(nach BGH mindestens Verkehrswert von
EUR 750), hier mehrere tausend EUR, +
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3. Gefährdung?
Sogar Schädigung,
Aber: Verwirklichung spezifischer Gefahr
grob verkehrswidrigen Fahrfehlers
(Kausalität rechtmäßigen
Alternativverhaltens!), obj. Tb. –
III. § 315 c I Nr. 1 lit. a, III Nr. 2 StGB wegen
Auffahrens auf die Autobahn in
alkoholisiertem Zustand?
obj. Tb.:
a) Führen des PKWs trotz
alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit +
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b) Gegenstand der Gefährdung: fremde
Sachen von bedeutendem Wert +,
c) Gefährdung verursacht durch Fahren
im alkoholisierten Zustand? Realisierung
der spezifischen Gefährlichkeit des Fahrens
trotz alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit?
in der Situation nicht, als er in die Auffahrt
mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h
einfuhr
(auch ein Nüchterner hätte nichts an dem
weiteren Ablauf ändern können)
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beim Entschluss zum Einfahren in die
Autobahnauffahrt mit dieser
Geschwindigkeit aber +,
Wahl dieser besonders riskanten Fahrweise
geht auf die alkoholbedingte Enthemmung
zurück
weitere Zurechnung
des Verhaltens: Fahrlässigkeit + s. oben
der Gefährdung: insoweit bewusste
Fahrlässigkeit (Riskantheit war A
bewusst)
Rechtswidrigkeit, Schuld +; Strafbarkeit
insoweit +; § 316 II StGB ist subsidiär.
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Ergebnis:
Tatbestände der Tatkomplexe 1. und 2.:
zueinander gemäß § 53 StGB
A = §§ 253, 255, 250 I Nr. 1 a und/ oder b;
316a I, 145 I Nr. 2; 52; 315 c I Nr. 1 lit. a, III
Nr. 2; 53 StGB
B = §§ 253, 255, 250 I Nr. 1 lit. a und/oder
b, 22, 23 I, 27; 253, 255, 250 II Nr. 1, 30 I;
52 StGB oder straflos