zu §§ 249 I, 13 I StGB

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Klausur S 249 Strafrecht
WS 2011-2012
Friedrich Toepel
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Strafbarkeit des A
1. Tatkomplex: Das Geschehen im
Büroraum bis zum plötzlichen Erscheinen
des G
[I. § 242 I StGB durch verbotswidriges
Aufladen des Mobiltelefons:
heute eindeutig -,
Tatobjekt: keine Sache mangels
Körperlichkeit von Elektrizität,
Annahme wäre Verstoß gegen Art. 103 II
GG/§ 1 StGB (Analogie zu Lasten des
Täters)]
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II. § 248c I StGB aufgrund desselben
Verhaltens
1. obj. Tb.:
a) fremde Energie entzogen? +, Elektrizität
in Gs Verfügungsgewalt
b) Leiter, nicht zur ordnungsgemäßen
Entnahme von Energie bestimmt?
Wille des Verfügungsberechtigten
entscheidet über ordnungsgemäße
Bestimmung
(parallel zur Widmung eines „falschen
Schlüssels“ im Rahmen des § 243 I 2 Nr. 1
StGB):
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Hier: mitgebrachtes Kabel?
beides vertretbar:
+ (Einverständnis des Berechtigten
entscheidend)
oder – (verbotene Nutzung nur Zivilunrecht)
2. subj Tb.: Vorsatz, Zueignungsabsicht +
3. Rw, Schuld: unproblematisch +;
4. §§ 248c III, 248a StGB: Antragsdelikt
wegen Geringwertigkeit + (§ 77 II 1 StGB
kann hier bereits angesprochen werden,
jedoch käme es im Falle besonderen
öffentlichen Interesses nicht darauf an.)
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2. Tatkomplex: Das Geschehen im
Büroraum bis nach Erscheinen des G
I. § 249 I StGB durch das Schieben des G
in die Putzkammer und weiteres
Aufladen:
-, Energie ist keine Sache, s.o.
II. §§ 253 I, II, 255 StGB aufgrund
desselben Verhaltens
1. obj. Tb.:
a) Nötigungsmittel: Schieben in die
Putzkammer
= vis absoluta, also +
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b) Täterverhalten Vermögensverfügung?
aa) Rspr.:
Täterverhalten irrelevant.
Raub = lex specialis zu § 255 StGB
jedenfalls im Hinblick auf den obj. Tb.
Da Raub -, bleibt § 255 StGB als lex
generalis.
bb) Lit.:
Vermögensverfügung, § 255 StGB =
Selbstschädigungsdelikt,
bei vis absoluta keine Selbstschädigung/
keine von der Mitwirkung des Opfers
abhängige Gewahrsamserlangung,
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daher: obj. Tb.: -,
Streitentscheidung erforderlich
2. falls obj. Tb. bejaht:
subj. Tb. (Vorsatz, Bereicherungsabsicht)
unproblematisch
3. Rw (einschließlich besonderer
Verwerflichkeit § 253 II StGB), Schuld
unproblematisch,
Strafbarkeit gemäß § 255 StGB +
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III. §§ 249 I, 13 I StGB durch
1. Sperren in die Putzkammer und
2. Nichtöffnen der Putzkammer,
jeweils i. V. m. Einstecken des
Füllfederhalters
1. obj. Tb. durch Tun:
a) Gewalt gegen Person: Einsperren in die
Putzkammer + (vis absoluta)
b) Wegnahme +
c) Finalzusammenhang -,
Gedanke der Wegnahme kam erst nach
Gewaltanwendung,
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Fortwirkung reicht nicht,
daher obj. Tb. durch aktives Tun 2. obj. Tb. durch Unterlassen:
a) Nötigungsmittel: Fortwirkung der Gewalt?
Aber: Teil der Lit. nimmt an, dass Gewalt
aktive Tätigkeit sei (Wortsinn), keine
Entsprechung iSd § 13 I StGB a. E.,
beides, + oder –, daher vertretbar. Falls +:
b) Wegnahme: unproblematisch
c) Finalzusammenhang: zwischen
Unterlassen und Wegnahme +
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d) Garantenstellung, § 13 I StGB:
+, Ingerenz (vorangegangenes,
gefährliches, pflichtwidriges Tun) +
3. subj. Tb. (Vorsatz, Zueignungsabsicht)
unproblematisch
4. Rw, Schuld unproblematisch
Strafbarkeit gemäß §§ 249 I, 13 I StGB +
IV. Falls § 249 I StGB bezüglich des
Füllfederhalters abgelehnt wird: §§ 242 I,
243 I 2 Nr. 6 StGB aufgrund desselben
Verhaltens
1. Tb. +,
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2. Regelbeispiel § 243 I 2 Nr. 6 StGB :
G = hilflos in der Putzkammer,
A hat dies ausgenutzt, daher +.
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V. §§ 253 I, II, 255, 13 I StGB durch
Nichtöffnen der Putzkammer und
Kopieren der Textdatei
obj. Tb.:
a) Gewalt: Wiederum Problem der Gewalt
durch Unterlassen, zu entscheiden wie oben
unter III.
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b) Vermögensverfügung:
aa) nach der Rspr. nicht erforderlich
bb) nach der Lehre:
nicht bei vis absoluta, hier daher jedenfalls
nach der Lehre obj. Tb. -,
c) falls § 255 StGB bis hier obj. bejaht:
Problem des Vermögensnachteils zu
erörtern: unmittelbar durch das Handeln des
A = Kopieren der Dateien?
-, weiteres deliktisches Handeln erforderlich
für Schadenseintritt,
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bis dahin stehen G seine Dateien
unverändert zur Verfügung,
Vermögensgefährdung: muss
schadensgleich sein,
hier durch bisheriges Handeln hat sich noch
nicht zu schadensgleicher
Vermögensgefährdung verdichtet,
daher Nachteil: –
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VI. §§ 253 I, II, 255, 13 I, 22, 23 I StGB
aufgrund desselben Verhaltens und
beabsichtigten Angebots zum
„Rückkauf“:
1. Insoweit Tatentschluss +,
2. § 22 StGB: -, nicht zum Angebot angesetzt
VII. Ausspähen von Daten nach § 202a
StGB durch Kopieren der Textdatei
1. obj. Tb.:
a) Daten (§ 202a II StGB),
die durch Geheimwort gegen unberechtigten
Zugang besonders gesichert +
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b) sich Zugang verschafft
= Kenntnis der Daten erlangt: +,
c) Problem: Sind die Daten „nicht für ihn
bestimmt“?
G hat ihm das Geheimwort für einheitlichen
Zugang zu allen Computerdaten überlassen.
Vertretbar daher: A = generell
zugriffsberechtigt,
obj. Tb. dann -,
Gegenteil ebenfalls vertretbar:
Zugriffsrecht inhaltlich auf bestimmten
Bereich beschränkt, vorliegende Daten –
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2. Falls obj. Tb. bejaht: Vorsatz
unproblematisch +
3. Antragsdelikt, § 205 StGB
(Antragsrecht des verstorbenen Verletzten, §
205 I 2 StGB,
ist nach § 205 II StGB nicht im Sinne des
§ 77 Abs. 2 StGB auf Angehörige
übergegangen.
[Es bedarf nach § 205 I 2 StGB der Annahme
eines besonderen öffentlichen Interesses
durch die Staatsanwaltschaft, dies muss
nicht im Einzelnen angesprochen werden]
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[II. § 303a I StGB aufgrund desselben
Verhaltens:
-, da Originaldatei unverändert auf G’s
Festplatte verbleibt.]
IX. Freiheitsberaubung nach § 239 I
StGB durch Einsperren
unproblematisch +
X.
§ 240 aufgrund desselben
Verhaltens:
+, aber nur genauer erörtern, wenn § 255
StGB wegen Aufladens des Handys -,
sonst Gesetzeskonkurrenz zu § 255 StGB;
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zu §§ 249 I, 13 I StGB: § 53 StGB
(verschiedene Nötigungszwecke)
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XI. § 223 I StGB aufgrund desselben
Verhaltens:
1. Gesundheitsschädigung
-, keine Indizien für bleibende körperliche
Schäden aufgrund Einsperrens,
2. körperliche Misshandlung:
-, kein hinreichender Bezug zur körperlichen
Unversehrtheit
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(Gegenteil schwer vertretbar, sonst jeder
§ 239 I StGB auch körperverletzendes
Unrecht)
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XII. Falls § 223 I StGB bejaht: auch § 224 I
Nr. 3 StGB aufgrund desselben
Verhaltens?
Hinterlistig?
-, in Ermangelung eines die wahren
Absichten verschleiernden Verhaltens
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3. Tatkomplex: Das Geschehen im
Verkaufsraum nach Rückkehr des A
I.
§ 249 I StGB bezüglich Geldscheinen
durch das Werfen der Flasche
obj. Tb.:
1.) Gewalt gegen eine Person +
2.) Wegnahme: +
3.) aber Finalzusammenhang: -,
hängt von Zeitpunkt der
Gewahrsamserlangung ab:
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Alleingewahrsam an den Geldscheinen nach
Apprehensionstheorie bei kleinen
Gegenständen bereits mit Ergreifen und
Einstecken in eine Gewahrsamsexklave,
daher trotz generell beherrschten
Verkaufsraums Begründung neuen
Gewahrsams durch Einstecken in die
Jackentasche,
also keine Gewalt durch Werfen der Flasche
zur Gewahrsamserlangung möglich
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II.
§ 249 I StGB bezüglich Geldscheinen
durch die Aufforderung, sich nicht zu
bewegen
1. obj. Tb.:
a) Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für
Leben + (durch Androhung „Lichtlein“
auszuknipsen)
b) Wegnahme +, durch Einstecken der
Geldscheine
c) Finalzusammenhang +
2. subj. Tb.: Vorsatz, Zueignungsabsicht +
3. Rw, Schuld +,
Strafbarkeit gemäß § 249 I StGB insoweit +
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III. §§ 249 I, 250 StGB durch den
zusätzlichen Einsatz des Metallrohres
1. § 250 II Nr. 1 StGB:
-, Metallrohr „verwendet“, aber kein
„gefährliches“ Werkzeug
2. § 250 I Nr. 1 lit. a StGB:
gefährliches Werkzeug?
nur ein Gegenstand, der generell geeignet
ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen
a) weder subjektive Widmung als ein solcher
Gegenstand noch
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b) außerdem objektiv abstraktes
Verletzungspotential
(in Bedrängnissituation typischerweise
verletzungsgeeigneter Einsatz,
im konkreten Fall wurde das Metallrohr völlig
ungefährlich eingesetzt)
3. § 250 I Nr. 1 lit. b StGB: „sonst ein
Werkzeug oder Mittel“ bei sich geführt,
um den Widerstand einer anderen Person
durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu
verhindern oder zu überwinden?
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a) Inzwischen einhellige Ansicht:
lit. b = alle Gegenstände, die als Mittel zur
Überwindung des Widerstands des
Tatopfers geeignet sind,
auch solche, die objektiv ungefährlich sind
und deren Verletzungstauglichkeit vom Täter
lediglich vorgetäuscht wird, Argument dafür:
Perspektive eines objektiven Betrachters
anstelle des Opfers, vom Empfinden her
b) Gegenteil aber vertretbar,
Gesetzgeber ging bei Neuregelung 1998 von
fortdauernder Beachtung der Rspr. zum
Einsatz von „Scheinwaffen“ aus
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(BGHSt 38, 116 [„Plastikrohr“]
und BGH NStZ 1997, 184 [„Labellostift“),
Argument dafür:
Perspektive des objektiven Betrachters vom
Sehen der Situation von außen her
(Bedrohen durch Drücken des Metallrohrs in
den Rücken)
IV.§§ 252, 251 (bzw. § 250 II Nr. 1) StGB
durch Aufforderung, sich nicht zu
bewegen, Ansichnehmen der Geldscheine
und Werfen der Flasche
1. obj. Tb.: bei einem Diebstahl betroffen?
Vortat = Raub, taugliche Vortat (§ 242 I StGB
darin enthalten) +
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2. subj. Tb.:
a) Vorsatz +
b) Erhaltungsabsicht? -, A handelte
ausschließlich, um die Personenfeststellung
zu unterbinden/Strafverfolgung zu entgehen,
also -.
V.
§ 251 StGB aufgrund desselben
Verhaltens
1.) Grundtb.: Raub +, s. oben II.
2.) Erfolgsqualifikation?
besonderer Zusammenhang zwischen Raub
und Tod?
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Raub bereits vollendet zur Zeit des Wurfes,
nur noch nicht beendet:
a) BGHSt 38, 295 [298 f.]:
bei Raubdelikten ist tatspezifische
Gefährlichkeit auch in der Phase der Flucht
und Beutesicherung,
da Raubopfer häufig versuchen, den
fliehenden Täter zu verfolgen und die Beute
zurückzuerlangen,
daher hier +
b) Gegenansicht:
Existenz des § 252 StGB zeigt:
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sonst keine Strafbarkeit nach der
Wegnahmevollendung,
hier also -,
beide Ansichten vertretbar, je nachdem
§ 251 StGB + oder –
VI. §§ 249 I, 250 II StGB aufgrund
desselben Verhaltens
1. § 250 II Nr. 1 StGB:
a) Einsatz der Bierflasche
= anderes gefährliches Werkzeug?
(auch am Tatort aufgefundene Gegenstände)
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aa) Lit. teilweise:
Werkzeug iSd § 250 II StGB = Werkzeug in
§ 250 I StGB,
danach hier:
objektiv verletzungsgeeignet,
auch entsprechend „gewidmet“, also
jedenfalls +
bb) Rspr.:
Für § 250 II StGB Auslegung wie in § 224 I
Nr. 2 StGB
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Gegenstand gefährlich, der nach Art seiner
konkreten Verwendung geeignet ist,
erhebliche Verletzungen herbeizuführen
(„objektives Verletzungspotential“),
hier: kräftiger Wurf mit Glasflasche aus
nächster Nähe an den Kopf geeignet,
lebensgefährlich
b) Verwendung „bei der Tat“:
eher gegeben als bei § 251 StGB,
aa) ältere Rspr.:
auch Verwendung nach Tatvollendung
(BGHSt 20, 194 [197])
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bb) jüngere Rspr.:
nur bei Zueignungs- oder
Beutesicherungsabsicht (BGHSt 52, 376
[377 f.]; ähnlich BGH NJW 2010, 1385
[1386]; vgl. BGHSt 53, 234 [236 f.] zu § 250
II Nr. 3 lit. a StGB und BGH NStZ 2010, 451
zu § 250 II Nr. 3 lit. b StGB),
wie jüngere Rspr. auch überwiegende
Literatur
(Qualifizierung in der Beendigungsphase nur
unter den Voraussetzungen des § 252
StGB),
beides, + oder –, im Ergebnis vertretbar
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2. § 250 II Nr. 3 lit. a StGB (schwere
körperliche Misshandlung):
-, keine intensive Beeinträchtigung der
körperlichen Unversehrtheit oder des
körperlichen Wohlbefindens,
G sofort verstorben
(Vorsatz jedenfalls auch -)
3. § 250 II Nr. 3 lit. b StGB:
-, mangels Vorsatzes bezüglich Todesgefahr
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VII. Falls § 251 StGB oder §§ 252, 251
StGB abgelehnt wurden: § 227 I StGB
durch Werfen der Flasche
1. Grundtb. § 223 Abs. 1 StGB obj., subj.
verwirklicht.
Rw, Schuld unproblematisch
2. Erfolgsqualifikation:
Todesfolge eingetreten und obj. zurechenbar,
besonderer Zusammenhang mit der
Erfolgsqualifikation ist nach allen
Auffassungen gegeben.
Strafbarkeit gemäß § 227 I StGB daher +
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VIII. § 222 StGB aufgrund desselben
Verhaltens:
ebenfalls +, tritt gesetzeskonkurrierend
zurück.
IX. § 224 I StGB aufgrund desselben
Verhaltens
1. § 224 I Nr. 2 StGB: +,
wie § 250 II Nr. 1 StGB nach der Rspr.,
Werkzeug nach Art seiner konkreten
Verwendung ohne weiteres geeignet,
erhebliche Verletzungen herbeizuführen
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2. § 224 I. 1 Nr. 5 StGB:
a) nach der Ansicht unproblematisch obj. +,
die auf abstrakte Lebensgefahr abstellt
(konkrete Körperverletzungshandlung
typischerweise lebensgefährlich),
subj., Vorsatz:
A muss in zutreffender Parallelwertung in der
Laiensphäre nur die Gesichtspunkte
erkennen, aus denen sich die Gefährlichkeit
ergibt +
(Gegenteil vertretbar)
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b) wenn konkrete Todesgefahr gefordert:
objektiv +,
Vorsatz aber –
X.
§ 123 I StGB durch Rückkehr in den
Getränkemarkt
Eindringen = Gelangen in den Schutzbereich
gegen den Willen des Berechtigten?
Beides, + oder – (generelle Erlaubnis),
vertretbar wegen deliktischer Absicht.
Aber: keine Strafverfolgung, da Antragsdelikt
§ 123 II StGB, der tote G kann Strafantrag
nicht mehr stellen, Antragsrecht ist nicht auf
Angehörige übergegangen (§ 77 II StGB).