Wie wir lernen - Das sprachliche Gehirn

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Hirnphysiologische Voraussetzungen
für das Lesen und Schreiben
Carolin Helm & Dagmar Konder
1. Das Gehirn, das Lesen und Schreiben kann
1.1 Das Alphabet als Grundlage der Lesefähigkeit

Lernen des Alphabets = Grundlage der Lesefähigkeit

Es ist normal, dass das Kindergehirn beim Buchstabenlernen
zunächst `verwirrt´ ist:
Es arbeitete bisher im dreidimensionalen Raum.
 Arbeiten in einer zweidimensionalen Welt ist zunächst neu!
Beispiel:
b / d und p / q
Stellt man sich b, d, p und q dreidimensional und als feste Objekte
vor, sind sie tatsächlich ein und dasselbe Objekt, nur räumlich
gedreht.
1.2 Die sichtbare Sprache im Gehirn
Das Gehirn eines Menschen, der Lesen
und Schreiben kann, ist anders als das
Gehirn eines Menschen, der dies nicht
kann!
BLAU
Lesen erfolgt
automatisch und
unwillkürlich !
„What is <told>
without the <t> ?“

Hat man das Prinzip des Alphabets einmal
begriffen, verändert sich die gesamte Sprachwahrnehmung.

Ab dann ist einem bewusst, dass die Laute der
Wörter zerlegt und wieder zusammengesetzt
werden können.
1.3 Das Lesesystem des Gehirns
und seine Feinanpassung

Broca-Areal
 Gehirnbasis für die gesprochene Sprache

Wernicke-Areal + Gyrus angularis
 bei der Übersetzung von Buchstaben in Laute aktiv

Wortformareal
 Region, die für das Speichern und Abrufen ganzer Wörter
zuständig ist
2. Schwierigkeiten beim Lesenlernen
2.1 Wörter lesen lernen
langjähriger Prozess des Lesenlernens führt zur
Verlagerung der Aktivität im Gehirn
von rechts nach links
2.2 Dyslexie
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
betrifft ca. 5% der Bevölkerung
tritt familiär gehäuft auf
genetisch bedingt  Grundlage im Gehirn

Schwierigkeiten mit der Verarbeitung von
gesprochener Sprache

individuelles Erscheinungsbild
Diagnose von Dyslexie = sehr komplex

Anomalie in der Gehirnentwicklung
emotionale und soziale Probleme
Probleme mit dem Sehen
u.a.
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aber in fast allen Fällen:
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

 Probleme
mit der Sprachverarbeitung
2.3 Das dyslektische Gehirn beim Lesen

schwächere Aktivierung in den wichtigsten
Bestandteilen des Lese- und Sprachverarbeitungssystems der linken Gehirnhälfte

vor allem das Wortformareal = weniger aktiv
2.4 Lesenlernen für Menschen mit Dyslexie

Möglichkeit eines kompensatorischen Lernens
 vollständige Heilung jedoch nicht möglich

langsamere Vorgehensweise im Unterricht

Lenkung der Aufmerksamkeit auf die Buchstaben-LautBeziehung
Innere Bilder von Buchstaben,
Wörtern und Sätzen aufbauen !
1. Lernschritt
Lernen, das Alphabet aufzusagen und zu wissen, in
welcher Reihenfolge die Buchstaben kommen.
2. Lernschritt
Aufbau eines inneren Lexikons der geschriebenen
Wortformen.
 dauert bei Dyslektikern sehr lange
2.5 Auswirkungen von Förderunterricht
auf das dyslektische Gehirn



starke Verbesserung der Lesekompetenz
erhöhte Gehirnaktivität
Aktivität der rechten Partiallappen
 Kompensation der schwachen Leistungen
des linken Partiallappens, indem die rechte
Seite herangezogen wird!
3. Morphemtraining
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Morpheme = kleinste bedeutungstragende Einheiten

Speichern von Ganzheiten =
wichtige orthographische Strategie

vielfältige Anregung und Erweiterung des
Sprachschatzes

systematisches Morphemtraining !