Literarisches Lernen

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Literarisches Lernen
Was ist Literatur?
Mögliche textbezogene Kriterien:
 Fiktionalität
 Autofunktionalität, d.h. kein direkter Bezug zur
außersprachlichen Realität



Verfremdung
Vorherrschen der Konnotation
Vorherrschen der Symbolik
„Literarisch ist nicht der
Text, sondern der
Gebrauch, den man von
ihm macht.“
(Abraham 1998)
Elf Aspekte literarischen Lernens
Lesen Sie den Aufsatz „Literarisches
Lernen“ von Kaspar H. Spinner.
Spinner, Kaspar H.: Literarisches Lernen. In: Praxis
Deutsch 33 (2006) 200, S. 6-16.
Machen Sie sich zu jeder der
genannten elf Kompetenzen kurze
Notizen, so dass Sie diese im
Plenum vorstellen können.
Beim Lesen und Hören
Vorstellungen entwickeln
imaginative Vergegenwärtigung sinnlicher
Wahrnehmung
Entfaltung dessen, was im Text angelegt ist
z.B. Schilderung von Räumen und Landschaften


von einzelnen Gegenständen,
von Figuren,

Geräuschen,

Nachvollzug von Stimmungen, usw.
Subjektive Involviertheit und genaue
Wahrnehmung miteinander ins Spiel bringen
Diese literarische Kompetenz ist kaum überprüfbar,
aber dieser Aspekt bewirkt nachhaltige
Leseerfahrung.
In der Grundschule bleiben kann der subjektive
Bezug explizit zum Thema gemacht werden,
bei älteren Schülern sollte die Tatsache genutzt
werden, dass im Gespräch über Literatur eigenes
verarbeitet werden kann, ohne deutlich zu
machen, wie hoch der subjektive Anteil ist.
Sprachliche Gestaltung aufmerksam
wahrnehmen
Die ästhetische Wirkung
sprachlicher und stilistischer
Mittel,
von Form und Struktur des Textes
erkennen und erfahren
Perspektiven literarischer Figuren
nachvollziehen





Wechselspiel zwischen Identifikation und
Alteritätserfahrung
in der Logik des Textes denken können
den Zusammenhang zwischen innerer Welt (Gefühle,
Gedanken, Erfahrungen, Erinnerung der Figuren) und
äußerer Handlung herstellen (= Handlungsintention
erkennen)
mitfühlende (Empathie) und kognitive
Auseinandersetzung mit Fremdheit
Beziehung zwischen den Figuren erkennen
Narrative und dramaturgische
Handlungslogik verstehen



Herstellen innertextlicher Bezüge (da literarische
Texte nicht primär auf außertextliche, reale
Gegebenheiten verweisen)
ein literarischer Text überlässt die Herstellung
der Zusammenhänge stärker dem Leser als zum
Beispiel ein argumentierender Text
durch das Herstellen von innertextlichen
Bezügen werden die Texte aussagekräftiger,
aspektreicher und interessanter
Mit Fiktionalität bewusst umgehen



literarische Texte verweisen nicht direkt auf
die außersprachliche Realität, sondern
schaffen ein eigenes Bezugssystem
Sch. den Unterschied zwischen fiktionalen
Texten und direkten Wirklichkeitsaussagen
deutlich machen
aber: Fiktion und Wirklichkeit sind in
literarischen Texten eng miteinander
verwoben, darin liegen die vielfältigen
Wirkungsmöglichkeiten von Literatur
Metaphorische und symbolische
Ausdrucksweise verstehen



Bei Metaphern und Symbolen ist in der
Literatur - anders als in der
Alltagssprache - sowohl die wörtliche,
bildliche als auch die übertragene
Bedeutung wichtig
Eigene Bedeutungsassoziationen müssen
in Bezug zum Text gesetzt werden
Wissen um tradierte Symbolik kann
helfen, muss aber immer am konkreten
Fall geprüft werden
Sich auf die Unabschließbarkeit des
Sinnbildungsprozesses einlassen
Sinnbildungsprozesse kommen bei literarischen
Texten nicht ohne weiteres zu einem
definitiven Ende (-> Rezeptionsästhetik,
Dekonstruktion)
 Literaturunterricht darf nicht dem Text jede
Rätselhaftigkeit nehmen
Ziel: Bereitschaft aufbauen, sich auf
Verstehensprozesse einzulassen, Irritationen
zulassen
Mit dem literarischen Gespräch
vertraut werden


Die Fähigkeit am literarischen Gespräch
teilzunehmen = wichtige Teilkompetenz
für die Teilhabe an literarischer Kultur.
Forderung der Bildungsstandards:
„eigene Deutungen des Textes
entwickeln, am Text belegen und sich
mit anderen darüber verständigen.“
Äußerungsformen des Interpretierens
im Gespräch:




das expressive Interpretieren (= eigene
Eindrücke und Deutungen als subjektive
Kundgabe)
behauptendes Interpretiere(= mit Anspruch auf
Wahrheit verbunden)
erklärendes Interpretieren (= Deutungen
werden erläutert, argumentierender Charakter)
erörterndes Interpretieren ( =verschiedenen
Deutungsmöglichkeiten werden besprochen,
Mehrdeutigkeit bleibt bestehen)
Prototypische Vorstellungen von
Gattungen / Genres gewinnen




Aneignung von Gattungs- und Genrewissen,
Merkmale bestimmter Textsorten erkennen und
benennen können
Aber: Literaturunterricht nicht auf
Merkmalsbestimmungen reduzieren, da eine
Großzahl der tatsächlichen Texte nicht eindeutig
diesen Merkmalen entspricht,
immer auch die Besonderheit des jeweiligen
Textes ernst nehmen.
Literaturhistorisches Bewusstsein
entwickeln
Ziel: Einblick in die Literaturgeschichte,
aber: Epochenbegriff immer wieder problematisiert
 nicht nur Aneignung von Epochenmerkmalen
wichtiger:



Aufbau der Fertigkeit literarische Texte auch als
Reaktion auf Vorausgegangenes sehen zu
können (Weiterführung oder Opposition)
den Erwartungs- / Erfahrungshorizont der
Entstehungszeit vergegenwärtigen
Einblick in intertextuelle Zusammenhänge
ermöglichen
Subjektive Involviertheit und genaue
Wahrnehmung miteinander ins Spiel bringen Identifikatorisches Lesen
Identifikatorisches Lesen



= alle möglichen emotionalen Reaktionen auf
literarische Figuren
Rezeptionsstudie von Faulstich 1985: das
primäre Interesse des Lesers gilt den
literarischen Figuren
Figuren sind zentrales Element literarischer
Texte, zahlreiche Texte sind nach der
Hauptfigur benannt, z.B. Effi Briest, Emilia
Galotti, Mutter Courage, Michael Koolhaas, Pipi
Langstrumpf,…
Gründe für eine identifikatorische
Lektüre



Kontaktaufnahme mit den Figuren ist
wichtig für Lesemotivation
Aufbau einer stabilen Ich-Identität
Ermöglicht ein „Probehandeln“, d.h. der
Leser begegnet literarischen Figuren
entlastet von Handlungsverpflichtungen
Methoden



Literarische Figuren visualisieren
(z.B. durch zeichnen oder szenisches
Spiel)
Figuren zu Wort kommen lassen
(Tagebucheinträge, Briefe, Dialoge
verfassen)
Figuren in der Wahrnehmung
fiktionaler Anderer zeigen
(z.B. Leser mischt sich unter die
Romanfiguren)
Willkommen und Abschied
(Goethe 1771)
Willkommen und Abschied
(Goethe 1771)
Verfassen Sie einen Brief –
entweder aus Sicht der
Verlassenen oder des
Verlassenden – an den
jeweiligen Partner!
Wege zur Metapher
Die Metapher ist eine rhetorische Figur,
bei der ein Wort nicht in seiner wörtlichen,
sondern in einer übertragenen Bedeutung
gebraucht wird,
und zwar so, dass zwischen der wörtlich
bezeichneten Sache und der übertragen
gemeinten eine Beziehung der Ähnlichkeit
besteht.
Metaphern werden vorwiegend aus den
folgenden Gründen gebraucht:



Weil für die gemeinte Sache kein eigenes Wort
existiert. Beispiel: „Stuhlbein“.
Weil ein existierendes Wort oder die
bezeichnete Sache als anstößig gilt oder
negativ bewertet wird und deshalb durch einen
unverfänglicheren Ausdruck umschrieben
werden soll. Beispiel: „von uns gehen“ für
„sterben“.
Weil ein abstrakter Begriff durch einen
anschaulicheren Sachverhalt versinnbildlicht
werden soll. Beispiel: „Zahn der Zeit“.
Rose Ausländer: "April"
Da kommt er
wirft Luftlappen ins Gesicht
drückt Sonne auf den Rücken
lacht überlaut wickelt den
Park in grünen Taft zerreißt
ihn wieder stellenweise
pufft die Kinder spielt mit den
Röcken erschreckter Gouvernanten
drückt alle Regenhebel
macht los die Nordhunde von den Ketten und
lässt sie laufen nach Windlust
Ein toller Geselle
eine Art Eulenspiegel
auch gangsterhafte Gesten hat er
(ja ja mein Lieber du
machst es uns nicht leicht
dich liebzuhaben)
und doch und doch
im großen und ganzen
ein prächtiger Kerl
dieser April
AA: Wetterbericht erstellen


In der linken Spalte der Tabelle stehen
Teile des Gedichtes „April“ von Rose
Ausländer. Versuchen Sie diesen Text
in einen Wetterbericht zu
„übersetzen“.
Welches Wissen und welche
Kompetenzen werden durch Aufgabe 1
auf- und ausgebaut?
Literarische Gespräche führen
Zielsetzungen des literarischen
Gesprächs:





Individuelle Kontaktaufnahme mit dem
Text
Austausch literarischer Erfahrungen
untereinander
Gemeinsam erarbeitete Sinndeutung
Begriffsbildung
Sensibilisierung der Wahrnehmung
Angemessene Reaktionen auf
Schüleräußerungen



Gespräche und Reaktionen der Schüler
behutsam immer wieder auf den
Ausgangstext zurückführen
Um eine gleichberechtigte und
schülerzentrierte
Unterrichtskommunikation zu sichern,
soll die Reaktion des Lehrenden nicht
wertend sein.
Formulierungshilfen anbieten, um die
Äußerungen der Schüler allen
verständlich zu machen
Formen der Strukturierung
1.) einleitende Strukturierung
Ziel: thematischen Fokus des
Unterrichtsgesprächs festzulegen
Auftreten: regelmäßig zu Beginn einer
Phase, aber auch innerhalb einer Phase,
wenn ein bestimmter Aspekt
‚abgearbeitet’ ist.
2. Begleitende Strukturierung
Ziel: Steuerung der thematischen
Entfaltung, entweder retrospektiv auf
Schülerbeiträge reagieren oder eine
weiterführende Orientierung
vermitteln.
3. Abschließende Strukturierung
Ziel: eine Phase oder das gesamte
Gespräch beenden
Resümiert abschließend retrospektiv den
Gang der thematischen Entfaltung
Der Rauch
Bertolt Brecht
Das kleine Haus unter Bäumen am
See.
Vom Dach steigt Rauch.
Fehlte er
Wie trostlos dann wären
Haus, Bäume und See.
Bert Brecht: Der Rauch
Gestalten Sie eine Zeichnung der im
Gedicht dargestellten Szene mit
Rauch und eine Zeichnung ohne
Rauch!
Bert Brecht: Der Rauch
Überlegen Sie sich – ausgehend von
den beiden Zeichnungen – Impulse
für ein literarisches Gespräch über
das Gedicht von Brecht.