Y - Universität Passau

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Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2011/12
y,
s.y
y*
f(k)
4. Kurzfristige Schwankungen
c*
(n+d)k
s.f(k)
s.y*
k*
Makroökonomik WS 2011/2012, Prof. Dr. J. Graf Lambsdorff
k
Folie 154
Pflichtlektüre:
Keynes, J.M. (2008), On Air – Der Weltökonom am
Mikrofon der BBC. S. 61-69.
Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. S. 257262.
McDowell, M. et al. (2006), Principles of Economics, S.
703-716.
Taylor, J.B. und A. Weerapana (2009), Economics, 6.
Aufl., S. 640-670.
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• Bei der Betrachtung längerer Zeiträume ist, insbesondere bei
konstantem technischen Fortschritt, mit einem stetigen
Wachstum des BIP zu rechnen.
• In manchen Jahren fällt dieses Wachstum aber aus.
• Eine Rezession ist eine Periode unterdurchschnittlichen
Wachstums; evtl. stellt sich sogar ein fallendes Inlandsprodukt
und ein sinkendes Einkommen ein.
• Dies geht zumeist einher mit einer erhöhten
Unterbeschäftigung.
• Eine Depression ist eine besonders schwerwiegende
Rezession.
• Diese periodischen Entwicklungen werden
Konjunkturzyklus genannt.
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Bruttoinlandsprodukt Deutschland
Niveau, Quartalszahlen, indexiert (2005=100), Wachstum gegenüber Vorjahresquartal
120
10.00
8.00
100
6.00
80
4.00
2.00
60
0.00
40
-2.00
-4.00
20
-6.00
Q1 2010
Q1 2008
Q1 2006
Q1 2004
Q1 2002
Q1 2000
Q1 1998
Q1 1996
Q1 1994
Q1 1992
Q1 1990
Q1 1988
Q1 1986
Q1 1984
Q1 1982
Q1 1980
Q1 1978
Q1 1976
Q1 1974
Q1 1972
Q1 1970
Q1 1968
Q1 1966
Q1 1964
Q1 1962
-8.00
Q1 1960
0
1960-1990: Früheres Bundesgebiet; ab 1991: Gesamtes Bundesgebiet. Datenquelle: International Financial Statistics, IWF
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• Wie unterscheiden sich kurzfristige von langfristigen
Entwicklungen der Produktion?
• Langfristig wird die Produktion durch das Wachstum der
Einsatzfaktoren und den technischen Fortschritt bestimmt,
also durch die Angebotsseite einer Volkswirtschaft
determiniert.
• Dieses Niveau der Produktion nennen wir auch das
„potentielle Inlandsprodukt“ oder die
„Vollbeschäftigungsproduktion“.
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• Kurzfristig kann aber die tatsächliche Produktion von ihrem
potentiellen Niveau abweichen. Wie ist das zu erklären?
• Kurzfristig wird die Produktion entscheidend durch die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage beeinflusst.
• Während eines Booms erhöhen Firmen die Produktion, um
die zusätzliche Nachfrage zu befriedigen.
• In einer Rezession wird die Produktion dagegen reduziert
um eine hohe Lagerhaltung zu vermeiden.
• Wodurch wird aber die gesamtwirtschaftliche Nachfrage
bestimmt?
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• Im Wachstumsmodell waren Produktion und
gesamtwirtschaftliche Nachfrage identisch. Alles Produzierte
wurde für Konsum- oder Investitionszwecke verwendet.
• In der Realität können Wirtschaftssubjekte aber auch sparen
ohne zu investieren. Andere Wirtschaftssubjekte investieren,
obwohl sie keine Ersparnisse gebildet haben. Sie verschulden
sich dann bei anderen Wirtschaftssubjekten, die überschüssige
Ersparnisse gebildet haben.
• Wir müssen uns überlegen, wie diese Entscheidungen auf
Produktion und gesamtwirtschaftliche Nachfrage wirken.
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• Kein einzelner Sektor ist alleine verantwortlich für die
Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Vielmehr
beeinflussen die Aktionen eines jeden Sektors die Nachfrage
der anderen Sektoren.
• Hiermit ergibt sich das Problem der Zirkularität: Wie ein
System von Zahnrädern hängen die Entscheidungen einzelner
Wirtschaftssysteme von einander ab.
• In der Folge lässt sich beobachten, dass im Rahmen eines
Konjunkturzyklus die meisten makroökonomischen Variablen
im Gleichlauf reagieren.
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• Eine steigende Produktion geht mit steigenden Einkommen
der Haushalte und mit erhöhter Beschäftigung einher. Die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage steigt. Investoren sind
zuversichtlich bezüglich zukünftiger Erträge und steigern ihre
Investitionen.
• Eine fallende Produktion geht mit sinkenden Einkommen
der Haushalte einher sowie erhöhter Arbeitslosigkeit. Die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage sinkt. Investoren befürchten
Überkapazitäten und werden keine zusätzlichen Investitionen
durchführen.
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• Diese Zirkularität lässt sich formal veranschaulichen.
• Für die Konsumentscheidung können viele
Einflussgrößen relevant sein (Vermögen, Steuerzahlungen,
das zu erwartende Lebenseinkommen …).
• Im Rahmen der absoluten Einkommenshypothese von
Keynes (1936) wird dem laufenden Einkommen eine
zentrale Rolle zugewiesen:
C = C(Y)
• Hierbei wird argumentiert, dass ein Anstieg des
Einkommens zu einem Anstieg des Konsums als auch
einem Anstieg der Ersparnis führt.
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• In linearisierter Form gilt: C = a + cY, mit
a>0, autonomer Konsum
c, marginale Konsumquote, mit 0<c<1.
• Die private Ersparnis, S, ist die Differenz zwischen
Einkommen und privatem Konsum:
S = Y – C.
• Es folgt in linearisierter Form:
S = Y – a – cY = –a + sY; s=1-c
• Hierbei ist s die marginale Sparquote (0 < s < 1). Für den
einzelnen Haushalt ist die Ersparnis nun nicht mehr identisch
zur Investition, im Gegensatz zum Wachstumsmodell.
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C,S
S>0
S = -a+(1-c)Y
a
S>0
45°
-a
C = a+cY
Y0
Y1
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Y
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• Die Produzenten planen dabei die Produktion, Y, kurzfristig
in Höhe der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, Y=YD.
• Im Gegensatz zu obigem Cartoon unterstellen wir
unterausgelastete Produktionskapazitäten.
• Diese bewirken, dass Unternehmen eine zusätzliche
Nachfrage befriedigen können.
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• Kurzfristig werden Überstunden oder höhere
Maschinenlaufzeiten hingenommen, um die Produktion zu
erhöhen.
• Bei fehlender Nachfrage ergibt sich hingegen Kurzarbeit,
Arbeitslosigkeit sowie eine Unterauslastung der Kapazitäten.
• Wir unterstellen dabei, dass eine zusätzliche Nachfrage
nicht die Inflation erhöht. Solche Rückwirkungen werden wir
erst später betrachten.
• Die Inflation und das Preisniveau sind daher im Rahmen der
Modellierung konstant (z.B. aufgrund von Menukosten).
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• Alle Umsätze aus dem Produktionsprozess werden als
Einkommen an die Haushalte wieder ausgeschüttet. Von
einbehaltenen Gewinnen sehen wir hierbei ab.
• Alle Größen wie Konsum und Produktion werden hierbei
real geplant. Der Konsumplan bezieht sich also nicht auf
eine nominale €-Größe, sondern auf (gewichtete) Mengen
an Konsumgütern. Eine Verdoppelung des Preisniveaus
würde diesen Konsumplan nicht ändern.
• Die Investoren werden in einem vorgegebenen Ausmaß
Investitionsgüter (netto) nachfragen, I=I. Damit lautet die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage YD=C+I.
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Das Gütermarktmodell
(1) Y=YD
(2) I=I
(3) C=a+cY
(4) YD=C+I
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• Zusammengefasstes Modell:
Y  C  I  a  cY  I
1
ˆ
Y 
(a  I )
1 c
Multiplikator
autonome
Komponenten
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• Es existieren Verhaltenshypothesen über geplante Größen.
Diese sind die Produktion, die Nettoinvestition und der
geplante Konsum (Y, I, C). Bei diesen Größen werden die
Pläne auch realisiert. Es gibt aber außerhalb des
Gleichgewichts ungeplante Investitionen
(Lagerinvestitionen).
• Bei Ungleichgewichten, Y > YD oder Y < YD, erfolgen
Planrevisionen in Form ungeplanter
Lagerbestandsänderungen. Bei dieser Größe können Plan
und Realisierung also voneinander abweichen.
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Einkommens-Nachfrage-Diagramm
(Keynessches-Kreuz)
Y,YD
C, I
P
IU
YD=C+I
S(Y1)
I
C=a+cY
a+I
I=I
a
45°
Y^
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Y1
Y
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• Dieses Gütermarktgleichgewicht lässt sich auch dadurch
abtragen, dass die gesamtwirtschaftliche Ersparnis der
Nettoinvestition gegenüber gestellt wird.
• Es gilt die Definitionsgleichung S=Y-C.
• Unter Verwendung der Gleichungen (1), (2) und (4) wird
hieraus die (alternative) Gleichgewichtsbedingung:
S=I
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S, I
S=-a+sY
P
^
-a
I
Y
Y
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• In einer Volkswirtschaft können nun Störungen
auftreten. Wie verändert sich hierbei das Gleichgewicht?
• Diese Frage wird im Rahmen einer so genannten
komparativ-statischen Analyse beantwortet.
• Hierzu leiten wir den Investitionsmultiplikator (dY/dI)
her:
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• Die Gleichung Y  1 1  c  (a  I ) wird total
differenziert:
1
dY 
(da  dI ).
1 c
• Sofern sich der autonome Konsum nicht ändert, gilt
da=0. Eine solche Konstanz nicht näher betrachteter
Variablen wird als „ceteris paribus“-Annahme
bezeichnet. Es folgt dann:
dY
1

.
dI 1  c
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Y,YD,
C, I
P1
YD=a+cY+I1
YD=a+cY+I0
P0
dI
I=I1
dI
I=I0
45°
Y^0
Y^1
dY (>dI)
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Y
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• Der Multiplikatorprozess kann mit Hilfe einer quasidynamischen Analyse beschrieben werden.
• Hierfür wird die Anpassung in einzelne
Multiplikatorrunden zerlegt für die angenommen wird,
dass die Anpassung nicht sofort erfolgt, sondern eine
gewisse Zeit benötigt.
• Es ergibt sich dann folgende Wirkungskette:
I
Y
C
S (Sickerverlust)
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• Im Kontenrahmen lässt sich dies folgendermaßen
darstellen:
Produktionskonto
1. Abschreibungen
2. Einkommen
Einkommenskonto
1. Privater Konsum
2. Investitionen
1. Privater Konsum
2. Ersparnis
1. Einkommen
Vermögensänderungskonto
1. Investitionen
1. Abschreibungen
2. Ersparnis
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Folie 181
• Eine andere Störung ergibt sich bei einer Variation des
autonomen Konsums.
• Haushalte könnten die Ersparnis erhöhen durch eine
Absenkung von a.
• Der Multiplikator hierzu lautet:
1
dY 
da  0.
1 c
• Dies entspricht einer Verschiebung der Nachfragekurve
im Einkommens-Nachfrage-Diagramm nach unten.
• Alternativ kann eine Darstellung im S/Y-Diagramm
vorgenommen werden.
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S, I
S=-a1+sY
P1
da < 0
^
Y1
P0
^
S=-a0+sY
I=I
Y
Y0
-da
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• Hierbei lässt sich das sogenannte „Sparparadoxon“
beobachten: Der einzelwirtschaftliche Versuch, die
Ersparnis zu erhöhen, scheitert im gesamtwirtschaftlichen
Kontext.
• Einzelwirtschaftlich halten wir einen Menschen, der
hinreichend spart, für weise und vorausschauend. In einer
Krise wünschen sich viele eine Rückkehr zu solchen
Tugenden. Aber dieses Kalkül verschlimmert die Krise, die
Produktion bricht weiter ein und nicht einmal die Ersparnis
nimmt gesamtwirtschaftlich zu.
• Seit Keynes (1936) wird dieser Zusammenhang auch
fallacy of composition genannt, also der Irrtum, aus der
Summe einzelwirtschaftlicher Kalküle auf
makroökonomische Zusammenhänge zu schließen.
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• Bestimmungsgröße für die gesamtwirtschaftliche
Ersparnis ist allein die Investition.
• Das erstaunliche Ergebnis ist, dass nicht etwa das
Zinsniveau zu einem Gleichgewicht zwischen Investitionen
und Ersparnis beiträgt.
• Eine jede Investition verschafft sich durch die
Multiplikatorrunden die zu ihrer Durchführung notwendige
Ersparnis.
• Das Inlandsprodukt treibt die Ersparnis auf die Höhe der
durchgeführten Investitionen.
• Bereits in der ersten Multiplikatorrunde wird dies erreicht.
Alle durch den Multiplikator induzierten Konsumgüterkäufe
übertragen die Ersparnistätigkeit nur auf andere Schultern.
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• Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Ersparnisse keine
Restriktion für die Durchführung von Investitionen
darstellen. Wir können also nicht vermuten, dass „zu
geringe“ Ersparnisse die Durchführung einer Investition
behindern.
• Investitionen benötigen keine „vorhandenen“ Ersparnisse,
die sich z.B. in Form von Sparguthaben bei Banken
angesammelt haben.
• Es reicht vielmehr aus, dass eine Bank eine Bürgschaft für
die Durchführung einer Investition ausstellt.
• Die Finanzierungsmittel entstehen dann automatisch mit
der Durchführung der Investition.
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• Eine zum Sparparadoxon ähnliche Logik ergibt sich in
einer Finanzkrise für den Bankensektor. Einzelne Banken
halten wir für solide, wenn sie relativ zu ihren teilweise
riskanten Anlagen hinreichend Reinvermögen besitzen.
Gehen die Kurse ihrer Anlagen herunter, so vermindert sich
ihr Reinvermögen. Daher sollten sie durch Verkäufe ihre
Bilanz verkürzen. Diese Maßnahme hilft aber nur der
einzelnen Bank. Alle anderen Banken werden durch die
Verkäufe und dadurch sinkenden Vermögenspreise noch
stärker in die Krise gestürzt.
• Der Versuch einzelner Banken, die Risiken ihrer
Geschäftstätigkeit durch Verkäufe von Finanzvermögen zu
verringern, scheitert im gesamtwirtschaftlichen Kontext.
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