Die EU-Agrarpolitik nach 2013 [ppt

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Die EU-Agrarpolitik
nach 2013
Lutz Ribbe
ASG Herbsttagung 19.11.10
Auffällig
• Einigkeit beim riesigen Ziel-/
Herausforderungskatalog (?)
• Irritation, dass die Gesellschaft sich plötzlich
mit dem Thema befasst. Ist GAP nicht
Bauernpolitik = eine Domäne der
Agrarvertreter?
• Es geht primär um die Frage des Geldes:
brauchen wir etwa ein „greening“, um das
Geld zu halten?
Gliederung
1. Warum muss sich die Agrarpolitik ändern?
(Partikularinteresse Umweltschutz)
2. Was muss sich aus unserer Sicht ändern?
3. Was wird sich voraussichtlich ändern?
Biodiversität
Ziel der EU Staats- und Regierungschefs:
Wir stoppen den Rückgang an Arten bis
2010!
Landwirtschaft und Biodiversität
„Ein großer Teil der Artenvielfalt Europas
hängt von der Land- und Forstwirtschaft ab,
und die Bemühungen zum Schutz der
Artenvielfalt müssen verstärkt werden...“
(KOM(2008)3006/4, S. 11.)
Landwirtschaft und Biodiversität
„Der Erhaltungszustand aller
Lebensraumtypen, die mit der Landwirtschaft
im Zusammenhang stehen, ist deutlich
schlechter als der anderer Lebensraumtypen “
Erkenntnisse der EU-Kommission
• Grasland und Feuchtgebiete am stärksten
betroffen (trotz Natura 2000, CC, AUP`s etc.)
• „Ursachen hierfür sind die Umstellung auf
eine intensivere Landwirtschaft, die Aufgabe
landwirtschaftlicher Flächen und schlechte
Bodenbewirtschaftung“
Bericht der EU-KOM zu geschützten Lebensraumtypen (13.7.09)
Bericht der EU Kommission Okt. 2010
„Der Zustand der Ökosystemleistungen in
Europa (wird) als gemischt oder geschädigt
beurteilt – d. h. die Ökosysteme sind nicht
mehr in der Lage, Basisleistungen wie
Bestäubung, saubere Luft und Wasser in
optimaler Quantität und Qualität
bereitzustellen …“
KOM(2010) 548, 8.10.2010, S. 3
Bericht der EU Kommission Okt. 2010
„Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ist das
politische Instrument, das sich am stärksten
auf die biologische Vielfalt im ländlichen
Raum auswirkt. …
…. Einer der Rückschläge in Bezug auf die
biologische Vielfalt war die Abschaffung
verpflichtender Flächenstilllegungen.“
KOM(2010) 548, S. 5
Bericht der EU Kommission Okt. 2010
„Der Europäische Landwirtschaftsfonds für
die Entwicklung des ländlichen Raums (vor
allem Achse 2) ist nach wie vor die
wichtigste Finanzierungsquelle der
Gemeinschaft für Natura 2000 und die
Biodiversität in der EU….
Nur 20 % des gesamten Finanzbedarfs für die
Bewirtschaftung von Naturschutzgebieten
einschließlich des Natura-2000-Netzwerks in
Europa sind gedeckt.“
KOM(2010) 548, S.13
KOM Mitteilung zu „GAP nach 2013“
Landwirtschaft erbringt „…öffentliche Güter
und insbesondere ökologische Güter wie
Landschaften, Agrarbiodiversität,
Klimastabilität …. Zugleich können jedoch
viele Bewirtschaftungsweisen zu
Umweltbelastungen führen und
Bodenverarmung, Wasserknappheit
und -verschmutzung sowie den Verlust von
Lebensräumen und biologischer Vielfalt nach
sich ziehen“.
Polemik gegen Naturschutz
„Heute bezahle man die Landwirte über die
2. Säule der EU mit Steuergeldern, damit
sie
den
Boden
nicht
effizient
bewirtschaften. Das sei ein nicht mehr
zeitgemäßes Politikkonzept“
C.-A. Bartmer (Präsident DLG), Quelle: Agra Europe 37/ 07, 10.9.2007
„Naturschutz
ist
der
Flächenverbraucher“ F. Deckers, DBV
größte
EU Mitteilung zu „GAP nach 2013“
„Obwohl die Treibhausgasemissionen aus der
Landwirtschaft seit 1990 um 20 %
zurückgegangen sind, kann und muss noch
mehr getan werden, um die Ziele der
ehrgeizigen Umwelt- und Klimaagenda der
EU zu erreichen“
Klimaschutz
Ziel der EU Staats- und Regierungschefs:
-80% CO2 bis 2050
Klimaschutz durch Festmist?!
Arbeitsplätze
Ziel der EU Staats- und Regierungschefs:
EU Strategie: neue Jobs
18
Entwicklung bis 2014
„Wenn die gegenwärtige Entwicklung anhält, werden
 in der EU-15 schätzungsweise 2 Millionen
vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer
 in den zehn neuen Mitgliedstaaten 1 bis 2 Millionen
vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer und
 zusätzlich 1 bis 2 Millionen Arbeitnehmer in Bulgarien und
Rumänien die Landwirtschaft verlassen
 Zu diesen Zahlen müssen noch rund 5 Millionen verdeckte
Erwerbslose in den landwirtschaftlichen Betrieben
hinzugezählt werden.“
Keine Daten vorhanden
< 10
10 – 40
40 – 80
80 – 120
120 – 170
> 170
Gliederung
1. Warum muss sich die Agrarpolitik ändern?
2. Was muss sich aus unserer Sicht ändern?
3. Was wird sich voraussichtlich ändern?
Was wollen wir, was will die GAP?
Farming
industrial orientation
Agri“culture“
multifunctional orientation
EU Agrarkommissar MacSharry 1992
• mit den Milliarden vernichten wir Bauern
und Umwelt
– Kritik: 20% der Bauern erhalten 80% der
Zahlungen
• neue Ziele formulieren:
– Bauern zum Bleiben motivieren, Umwelt
erhalten, ländliche Räume entwickeln
– Alle Instrumente hierauf ausrichten
Vorschläge MacSharry 1992
• Marktordnungen so gestalten, dass sie
Extensivierung und umweltverträgliche
Produktionsweisen fördern
• direkte Einkommensbeihilfen sozial und
regional staffeln
• dito „quantitativen Bestimmungen“ wie Quoten,
Flächenstilllegungen etc.
• Tierprämien an Extensivierungskriterien binden
• Zahlungen für Ackerfrüchte an den Einsatz
umweltverträglicher Produktionsweisen koppeln
Das Ergebnis
• Der Ministerrat blockierte diesen Ansatz
• ein Preisausgleichssystem wurde etabliert
• gerade einmal 5% der Mittel flossen in
„flankierende Maßnahmen“
• heute: 20% der Bauern erhalten 85% der
Zahlungen
Reformen 2000, 2003, 2008
1. Ja, wir müssen was ändern!
2. GAP muss sich neuen gesellschaftlichen
Herausforderungen stellen
-
Biodiversität, Klimaschutz, Erneuerbare Energien, Wasser
3. dafür: 2. Säule stärken (via Modulation, Degression)
4. es wird kein „frisches“ Geld geben
5. deshalb: im Agrarhaushalt umverteilen, nicht
kürzen
Ziele und Instrument der GAP
• Wofür und für wen wird Agrarpolitik
gemacht?
• Es gibt Zielkonflikte, über die nicht wirklich
geredet wird
• Über Instrumente erst dann reden, wenn man
Klarheit über die Ziele hat
• Instrumente: mehr als nur 56 Mrd € verteilen
 „Märkte stabilisieren“!!!
Forderungen der Agrarplattformverbände
1. Zieldiskussion führen. Was soll GAP?
 Förderung eines „Wachstumsmodells“
(monofunktionale, kostenoptimierte, regional
konzentrierte Agrarindustrie mit Ziel
Weltmarkt) (= Farming) oder
 „Europäisches Agrarmodell“ (multifunktional,
flächendeckend, nachhaltig, natur- und
umweltverträglich) (= Agrikultur).
Zwei Entwicklungsmodelle
Ansatz # 1: “Farming/ Kostenführerschaft“
– betriebswirtschaftlich optimiert, Rolle des Bauern: möglichst billig
Rohstoffe für die Weiterverarbeitung produzieren
– regionale und betriebliche Konzentration
– Rationalisieren und Intensivieren
– Das Maximum aus dem Boden, der Pflanzen, den Tieren …
– … und den Bauern herausholen (“Wachse oder Weiche”)
– Natur und Umwelt, öffentliche Güter = Kostenfaktor
Ansatz # 2: Multifunktionale Landwirtschaft
Wettbewerbsfähigkeit herstellen durch:
– Diversifizierung (neue Einkommen), u.a. öffentliche Güter
– mehr Ökologie, Kulturlandschaft Basis regionaler Entwicklung
– höhere Qualitätsstandarts, mehr Tierschutz
– das “Europäische Agrarmodell”, Landwirtschaft ist mehr als billig
produzieren, Natur und Umweltleistungen sind Einkommensquelle
Europäische Agrarmodell
• Das EP, der EWSA und die Agrarplattform fordern
eine “nachhaltige Landwirtschaft”, die …
–
–
–
–
–
Umweltfragen (Biodiv, Klima, Wasser, Boden, …)
Verbraucherinteresse, Tierschutz, regionale Fragen,
Soziale Kriterien (innerhalb und außerhalb der EU!)
die “millennium goals” (Hunger/ 3. Welt Problematik)
die Kulturlandschaft Agrar”kultur”
…integrativ berücksichtigt
30
aus: Der Spiegel
43/2000
Geplanter „Deltapark“ im Hafen von Rotterdam
Grafik: Der Spiegel (2000)
Brandenburg
Hohenlohe, Baden-Württemberg
Podlassien, Polen
Vogesen, Frankreich
Landwirtschaft unverzichtbar für …
… Kulturlandschaftspflege, auch als Basis
für Tourismus
Merke:
wo keine Kühe weiden kann man keine
Touristen melken
Öffentliche Güter
Bauern produzieren ….
… private Güter (=Nahrungsmittel) und
… (manche) öffentliche Güter wie
Kulturlandschaft, Biodiversität, …
für öffentliche Güter gibt es keinen Markt,
sie kosten dem Landwirten Geld!
Berechnung Prof. Heissenhuber
250 €/ha
Kosten ausgewählter
Landschaftsbilder
150 €/ha
Agrarplattform (und WSA)
1. Das Europäische Agrarmodell
(Multifunktionale Landwirtschaft) soll
Leitbild sein, ist aber nicht zu
Weltmarktpreisen zu haben
2. Politik muss sich entscheiden, was sie will
und wohin z.B. das Geld fließen soll
 wenige Betriebe fit machen
 oder dort ansetzen, wo der Markt versagt
Grünlandbezogene, extensive Milchproduktion
Direktzahlung: > 100 €/ ha
Tagfalter
Milchproduktion intensiv…
Direktzahlung: ca. 300 €/ha
Keine Tagfalter,
der Maiszünsler ist nachtaktiv
Oettinger
Betriebe fit machen für den Weltmarkt:
„ Gerade für den Milchsektor sei der
Weltmarkt eine Chance …
Wer vom Verkauf der Milch lebt, für den
heiße die Maxime `Wachstum oder Weichen“
Quelle: Stgt Nachrichten, online Ausgabe vom 20.3.09
Europäischer Rechnungshof (Okt 2009)
„Die europäischen Erzeuger für
Grunderzeugnisse (Butter und Milchpulver)
sind auf den Weltmärkten nur bei
entsprechend hohen Kursen
wettbewerbsfähig. Für diese Erzeugnisse
bleibt der Weltmarkt ein sekundärer Markt.
Lediglich die Hersteller von Käse und
anderen Erzeugnissen mit hohem Mehrwert
werden mit langfristigen Marktanteilen
rechnen können“
Forderungen der Agrarplattformverbände
4. Agrarpolitik ist mehr als Geldverteilung!
–
Milch und Konzentration der Tierhaltung zeigt: der
Markt regelt nicht alles
 Ziel: „Stabilisierung der Märkte“? Faire Preise, aber
wie?
 Markt“ordnungen“, Ordnungsrecht (Biodiv-verlust
im Rahmen der Gesetze)
5. Lösen vom „Denken in zwei Säulen“:
–
Nicht eine Säule, die Bauern und Umwelt schadet und
eine zweite, die Schäden ausgleicht
Forderungen der Agrarplattformverbände
6. Ja zu gerechten und funktionsorientierten
Direktzahlungen, nach dem Prinzip:
„Geld gegen Leistung“:
public money for public goods
–
–
Das vom Steuerzahler zur Verfügung gestellte
Geld braucht eine gute Legitimation
Gesetze einhalten ist eine solche Legitimation
nicht
(zumal viele Umweltprobleme im Rahmen der Gesetze entstehen)
KOM Mitteilung „GAP nach 2013“
„Es herrscht breites Einvernehmen darüber,
dass die Verteilung der Direktzahlungen
überprüft und dem Steuerzahler
verständlicher gemacht werden muss.“


DBV/ BMELV: Hausaufgaben sind mit der
Entkopplung gemacht!
Entkoppelte Zahlungen???
Diskussionen über Direktzahlungen
• Gesellschaftlicher „Gewinn“?
• Wer profitiert innerhalb der Landwirtschaft?
• Wird damit das Europäische Agrarmodell
gefördert?
• Ist das System gerecht/ fair?
• Ist es dem Steuerzahler vermittelbar?
Direktzahlungen 1. Säule
Begründung für die Flächenprämie heute?
1. Ausgleich für Standards oberhalb des
Weltmarktes (Marktfruchtbetrieb = Tierhalter?)
2. Ausgleich für öffentliche Güter
(= Rückgang Vielfalt?)
3. Einkommensbeitrag (ha Prämie richtig?)
Direktzahlungen Deutschland 2009
Betriebe D
Zahlungen in D
in Mio €
Anzahl
in %
bis 5.000 €
179.552
49,7%
279,19 €
4,8%
5.000 - 20.000 €
107.580
29,8%
1.174,88 €
20,4%
20.000 - 100.000 €
67.930
18,8%
2.545,94 €
44,2%
über 100.000 €
6.324
1,7%
1.760,88 €
30,6%
Summe
361.386
100,0%
5.760,89 €
100,0%
Quelle: BMELV Finanzstatistik
in %
Direktzahlungen und Einkommen
EU-Direktzahlungen je AK in Haupterwerbsbetrieben
nach Bundesland
BMELV-Testbetriebsnetz 2006/07
30000
26.942 €
24.818 €
25000
€/AK
20000
15000
10000
6.979 €
5.148 €
5000
0
BW BY
BB HE MV
NI
NW RP
SA
ST
SL
SH
TH
direct payments per ha EU(27)
Gliederung
1. Warum muss sich die Agrarpolitik ändern?
2. Was muss sich aus unserer Sicht ändern?
3. Was wird sich voraussichtlich ändern?
KOM Mitteilung (18.11.2010)
• Ciolos: Direktzahlungen müssen gerechter
und grüner werden
• Keine historischen Bezüge mehr
• Aufgabe der GAP: Wettbewerbsnachteile
nachhaltig wirtschaftender Betriebe
ausgleichen
• Honorierung von klar definierten Leistungen
Prinzipien für Direktzahlungen
• gesellschaftliche Legitimation muss her
• Zahlungen werden gekoppelt/ qualifiziert
• Gesetze einhalten reicht nicht, zumal sie
unsere Umwelt nicht ausreichend schützen
Niederländisches Modell
Neue Entscheidungsfindung
• bisher: 27 EU-Agrarminister schließen sich
in einem Raum ein und finden
„Kompromisse“
• zukünftig: Mitentscheidung durch das EP!
… neue Wege gehen!