6. Zusammenfassung und Ausblick

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Transcript 6. Zusammenfassung und Ausblick

Gernot Mühge, Institut Arbeit und Qualifikation, Universität Duisburg-Essen
Der Beschäftigtentransfer in der BRD –
Chancen und Stolpersteine auf dem Weg
zur besseren Wirkung
Projekt Transfer-Impulse
Abschlusskonferenz: Beschäftigtentransfer in Europa –
Neue Herausforderungen
Friedensgedächtniskirche Lauchhammer, 7. März 2012
Agenda
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Entstehungsgeschichte und ihre Konsequenzen
Jüngere Entwicklungen - Qualitätsdiskussion
Mythen des Beschäftigtentransfers
Chancen des internationalen Vergleichs
Institutionelle Inkonsistenzen, Dysfunktionalitäten
Schlussfolgerung, Ausblick
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1. Entstehungsgeschichte des BT und ihre Folgen
• BT entstanden durch widerstrebende Reaktion auf ökonomische
Notlagen, selten durch proaktive Politik
• Ausgangspunkt: betriebliche Sozialbeziehungen; sprunghafte
Weiterentwicklung des Transfers in Krisenzeiten
• Schlaglichter in der Entwicklung
•
•
•
•
Struktur-KuG 1988;
schrittweise Ausweitung von Kohle und Stahl auf alle Branchen
ABS-Gesellschaften nach der Wende
1991: "betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit" - rechtlich
selbständiger Träger möglich (bis heute nicht gesetzlich expliziert)
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1. Entstehungsgeschichte des BT und Folgen (2)
• Arbeitsmarktpolitische Reformen des BT häufig als Einschränkungen
oder "Bekämpfung von Missbrauch" konnotiert, z.B.
• 1998 AFG  SGB III: verschärfte Anrechnung von Abfindungen auf
ALG; Diskurs: Transfer statt Abfindung
• 2004 – Hartz III: Sanktionsbewehrte Verpflichtung zur frühzeitigen
Arbeitssuchend-Meldung, Verkürzung der KuG-Laufzeit, Deckelung der
Zuschüsse zu Transfermaßnahmen, Anforderung
Weiterentwicklung weniger auf Basis
Qualitätssicherungssystem
eines positiven (arbeitsmarkt-)
• Seit 2009: Doppelte Zuständigkeit von Träger und BA in neuer HEGA;
politischen
Diskurses, …
Diskussion über Sanktionen
im KuG-Bezug;
… sondern als passive Reaktion
innerhalb von (unreflektierten)
Pfadabhängigkeiten
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Konsequenzen: Hohe Komplexität des Beschäftigtentransfers:
Dreiseitiger Vertrag u.v.m.
framed in collective agreement between employer and works council
employer
• voluntary annulment of open-ended
labour contract …
• …to replace imminent dismissal
• no legal recourse possible
• prolongation of employment beyond
notice period
• transfer services
• possibly: supplement to short-time
allowance
• possibly: severance payment
‘transfer
company’
exchange of
 ressources and
 services
•
•
•
obligation to actively participate
in transfer activities
fixed-term labour contract
on short-time basis
transfer services
subsidised by PES as ‘short time working
Spezifische Entwicklung des Beschäftigtentransfers
allowance’

unemployment
benefit not counting against
hat geführt zur:
eligibility period
• Überkomplexität des Instruments,
• Pfadabhängigkeiten: KuG und Sozialplan,
• Anfälligkeit für negative symbolische
Zuschreibungen
employee
2. Jüngere Entwicklung und Qualitätsdiskussion
• Mitte der 90er Jahre: Differenzierung der AMP
nach Stufen der Gefährdung
• kurativ - proaktiv
• Paradigmenwechsel: „Arbeitslosigkeit verhindern, bevor sie entsteht“
• 1996: Beginn der Transferprojekts der G.I.B., Bottrop
• Professionalisierung der Träger, Fortbildung
• Beratung von Unternehmen, Moderation von Netzwerken
• Öffentlichkeitsarbeit, best practices, Trägerbefragung etc.
• 1998: (Regionale) Initiativen zur „Aktivierung von Sozialplänen“
•
•
•
•
zahlreiche Handlungshilfen und Leitfäden; BAVC-Transfersozialplan
AG Transfergesellschaften im Bündnis für Arbeit
Gründung regionaler Kompetenznetzwerke
erstes „Qualitätspapier“
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2. Jüngere Entwicklung und Qualitätsdiskussion
• Bruch 2005 (ff.): Skandalisierung des Transfers
• ARD-Sendung „Monitor“ über Opel
• Artikel von Meyer-Timpe, Demmer, Dommer etc.
• Hartz III-Evaluierung
• 2007 (?) Neue Qualitätsinitiativen
•
•
•
•
Gründung BVTB 2008
BMAS/BA-Arbeitskreis "Einsatz der Transferinstrumente“
AK G.I.B. – BA
Noah-Net, Netzwerk Beschäftigtentransfer Bad.-Württ. etc.
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3. Zwei Mythen des BT
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Mythos 1: Transfergesellschaft sind Parkplatz oder
Abzocke
• Meyer-Timpe, Demmer, Dommer und andere: BT sind „Parkplatz“
resp. „Abzocke“
• Anekdotischer Polarisierungsstil mit großer Wirkung
• rekursive Pressearbeit
• ...erzeugt nachhaltiges negatives Image
• Verkürzung des BT auf das Vermittlungsziel
• Bilder sind empirisch nicht haltbar
• Zufriedenheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der
Regel hoch
Quelle: Mühge u.a. 2012
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Mythos 2:
Personalabbau resultiert aus Managementfehlern
• Gängiges, medial produziertes Deutungsmuster
• Typisierende Zuschreibungen von internen „guten“
Flexibilisierungsstrategien und „schlechten“ Strategien externer
Flexibilisierung
• „Arbeitszeitkonten sind überlegen“ (Pfarr 1998)
• Segmentationstheorie, Prekäre Beschäftigung
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Mythos 2:
Personalabbau resultiert aus Managementfehlern
• Fehlende Legitimität von Personalabbau trotz Rede von
Strukturwandel und „Entlassungsgesellschaft“ (Meyer-Kramer
1994) auf der Makroebene
• Auf der Mikroebene mediale „Falschdarstellungen“
(Ehrmann/Meyseberg 2010)
• Defensive Diskussion von Downsizing: „weißer Fleck in der
Landkarte der Managementliteratur“ (Spiess 2004)
• Wichtige normative und politische Rahmenbedingung für
Transfergesellschaften
• siehe Nokia, „Struktursozial-Plan“-Vorschlag der IG Metall oder
die Diskussion um Flexicurity
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4. Chancen des internationalen Vergleichs
• Position IAQ in der Qualitätsdebatte:
„Über den Tellerrand hinaus“
• Impulse in die Diskussion durch internationalen Vergleich von
Transferregimes
• Trägerqualität vs. institutionelle Qualität
• Effektivität wird nicht allein durch Qualität der Maßnahmen
beeinflusst, sondern ganz entscheidend durch institutionelle
Rahmenbedingungen
• Kritik an zentralen Institutionen des deutschen Transfermodells:
Sozialplan und Kurzarbeiterstatus
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4. Chancen durch internationalen Vergleich
Mehr-Länder-Vergleich
• Schweden
• Belgien/Wallonie
• (Österreich)
• Deutschland
• Frankreich
• (GB)
Überbetriebliche Regelung
Image des BT positiv
Einzelbetriebliche Regelung
Image des BT negativ
Zwei zentrale Ergebnisse:
• Ähnlichkeiten im Transfer-Design
• Unterschiede des institutionellen Rahmens
• Unterschätzung prozeduraler sozialer Sicherheit (Schmid 1997)
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Chancen durch internationalen Vergleich
Vorbild Schweden: Arbeitsplatz-Sicherungs-Stiftungen
• Träger des Transfers: Arbeitsplatz-Sicherungs-Stiftungen
in elf Branchen
• Regelungsbasis: Tarifvertrag
• Steuerung über paritätisch besetzte Gremien
• Finanzierung über Umlage: AG zahlt 0,3% seiner Lohnkosten an
die Stiftung
• Klar definierte Transferleistung an jeden Beschäftigten, der
(unfreiwillig) seine Stelle verliert
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5. Institutionelle Inkonsistenzen
• Institutionelle Qualität – Prozedurale Sicherheit und
Verlässlichkeit als zentrale Prinzipien sozialer Sicherheit auf
Arbeitsmärkten (Schmid 1997; Kieselbach 2001)
• BT Ergebnis von Sozialplanverhandlungen...
• ...mit widersprüchlichen Zielen
• Transfersozialpläne folgen sowohl dem Prinzip der Absicherung
und des Nachteilsausgleichs als auch dem Prinzip der Aktivierung
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Prinzip des
Nachteilsausgleichs
Prinzip der Aktivierung
Kompensation des
Arbeitsplatzverlusts:
- Abfindung
- Aufstockung des KuG
- Zeitliche Absicherung
Orientierung auf neuen
Arbeitsplatz
- Anreize, Belohnung der
raschen Arbeitsaufnahme
- Ressourcen für Beratung,
Vermittlung, Qualifizierung
Ressourcen an die
Transfergesellschaft
Ressourcen unmittelbar an
den Arbeitnehmer
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Dysfunktionalitäten innerhalb des BT
•
•
•
•
•
→
Absicherung oder Aktivierung? Das Dilemma von
Transfersozialplänen
M.a.W.: Sprinterprämie oder Aufstockung?
Wichtiges Ergebnis: Konkurrenz zwischen aktiven und
passiven Ressourcen des Sozialplans
Tendenz zur Unterausstattung von
Transfergesellschaften im Verhältnis zur Abfindung
Presse und negatives Image als Hintergrund
Abwärtsspirale des BT
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6. Zusammenfassung und Ausblick
•
•
•
Kleine Reformschritten und Verbesserungen innerhalb des
Transerregimes sind wichtig
Reformpotential ist vorhanden
Aber: immanente Widersprüche des deutschen
Transferregimes bleiben bei „kleiner Reform“ bestehen
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6. Zusammenfassung und Ausblick
• Nachdenken über ein ideales Transfersmodell der Zukunft
wichtig
• Ziel: Abkoppeln des BT von der betrieblicher
Verhandlungsebene – Tarifvertrag zu BT
• Projekt „Beschäftigtentransfer Plus NRW“
• Modellvorhaben, z.B. Regionale Transferstiftungen
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Schlussfolgerung und Ausblick
Unternehmen
I
Unternehmen
II
Unternehmen
III
Unternehmen
IV
Unternehmen
V
Tarifpartner schließen Tarifvertrag ab
• Gründung einer Transferstiftung
• Finanzierung anteilig an Personalkosten
• Transfer-Leistungen aus der Stiftung
Transfer- und
arbeitsmarkpolitische
Dienstleister
Auftrag
Dienstleistung
- Beratung
- Qualifizierung
- Vermittlung
Regionale
Transferstiftung
Beirat
Aufgaben:
- Transfermanagement
- AG-Funktion, Zahlung von Transfer-KuG
- Weiterentwicklung AMP
- Qualitätskontrolle und Entwicklung
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6. Zusammenfassung und Ausblick
• Weitere, „kleine“ Verbesserungen
• Ausdifferenzierung der Angebote, Attraktivität der TG für
arbeitsmarktnahe TN anheben
• Stärkung von Qualifizierungen mit Perspektive auf TN und
Strukturwandel:
• Investive Qualifizierungen für hoch- und
abschlussbezogene für niedrigqualifizierte TN
• Problemzone: Entgeltsicherung
• Stärkung der Transferagentur - aber: institutionelle
Schwäche des „kleinen“ Transferinstruments
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6. Zusammenfassung und Ausblick
• Erfolgskriterien diskutieren – Abkehr von der
Vermittlungsquote
• Autonomie der Träger stärken
• Beschäftigte in kritischen Umbruchsituationen erwarten –
und haben Anspruch – auf eine professionelle AMPDienstleistung
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Vielen Dank für
Ihre Aufmerksamkeit!
[email protected]
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